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Urteilsgründe: Nochmals: Etwas mehr Sorgfalt bitte…

Ich bin dann doch auch immer wieder erstaunt, was die OLG immer wieder beanstanden müssen. Manche Dinge sind m.E. seit Jahren ausgepaukt, aber dennoch offenbar bei dem ein oder anderen  Amtsrichter nicht angekommen. Ein Beispiel ist dafür die Entscheidung des OLG Düsseldorf, Beschl. v. 02.02.2011 – 1 RBs 12/11, die einen Rotlichtverstoß betraf. Das amtsgerichtliche Urteil enthielt keinerlei Feststellungen zum verwendeten Messverfahren – geht im Grunde gar nicht – und darf man auch als Amtsrichter im Grunde nicht vergessen. Und: Auch die Zulässigkeit der Verwertung der Voreintragungen konnte das OLG nicht überprüfen, weil auch insoweit nicht alle Angaben im Urteil des Amtsrichters enthalten waren. Also insgesamt ein sehr knappes Urteil, oder man könnte auch sagen: Etwas mehr Sorgfalt bitte.

Urteilsgründe: Etwas mehr Sorgfalt bitte…

Manchen BGH-Beschlüssen merkt man deutlich an, dass der BGH mit der Arbeit des Tatrichters unzufrieden ist, so m.E. auch mit dem Beschl. v. 07.12.2010 – 3 StR 434/10. Es ging um eine Serie von Betrugstaten, zu denen der BGH einiges anzumerken hatte, worauf der BGH insgesamt 10 Seiten verwendet.

Auf der Seite 11 kommt es dann aber m.E. dicke :-). Der BGH schreibt:

Bei einer Serie von Straftaten mehrerer Angeklagter ist sorgfältig auf eine geordnete und übersichtliche Darstellung der einzelnen Taten zu achten, um Fehler zu vermeiden. Dem wird das angefochtene Urteil nicht in jeder Hinsicht gerecht. Gegen die Angeklagten S. und Ku. hat das Landgericht 51 Einzelstrafen verhängt, obwohl es sie nur wegen 35 Taten schuldig gesprochen hat. Den Angeklagten K. hat es wegen des nach § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO eingestellten Falles 1 der Urteilsgründe (Fall 186 der Anklageschrift) verurteilt. Hinzu kommt, dass dieser Angeklagte in der Urteilsformel zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und nach den Urteilsgründen zu einer solchen von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden ist. Fall 211 der An-klage wurde in den Urteilsgründen als Fall 14 und nochmals als Fall 16 – allerdings mit unterschiedlichen Anmeldedaten und nicht identischen Schadenshöhen – abgeurteilt. Die Fälle 183 und 206 der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage, wurden – soweit ersichtlich – weder nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt noch sind sie Gegenstand der Urteilsgründe. Sie sind also beim Landgericht anhängig geblieben.“

Nun ja: Der BGH hätte auch einleiten können: Etwas mehr Sorgfalt bitte.

Urteilsgründe: Eine 233 Seiten lange Tabelle mag ich nicht

Der BGH hat im Urt. v. 02.11.2010 – 1 StR 579/09 moniert, dass die Ausfuhr von Betäubungsmitteln in den Urteilsgründen in einer 233 Seiten langen, allgemeinen und unnummerierten Tabelle dokumentiert worden war. Das sei im Rahmen eines Strafverfahrens wegen bandenmäßiger Ausfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unzulässig. Das Gericht dürfe in den Urteilsgründen die einzelnen Versendungen nicht in einer Tabelle angeben, die sich über 233 Seiten der Urteilsgründe erstreckt und pro Seite in der Regel mehr als 20 Zeilen aufweist, wenn die einzelnen Fälle lediglich allgemein nach dem Aussteller des jeweiligen Rezepts und daran anschließend alphabetisch nach dem Namen des jeweiligen Bestellers aufgezählt werden und im Übrigen eine Nummerierung gänzlich fehle. In diesem Fall sei die tateinheitliche Begehungsweise im Einzelnen nicht nachvollziehbar.

Weniger ist manchmal offenbar mehr

dachte ich, als ich im Beschl. des BGH v. 15. 12. 2010 – 1 StR 556/10 – folgende(n) Passage/Zusatz gelesen habe:

Ergänzend bemerkt der Senat:

Die schriftlichen Urteilsgründe sollen dem Leser ermöglichen, die die Entscheidung tragenden Feststellungen ohne aufwändige eigene Bemühungen zu erkennen. Dementsprechend ist es nicht angebracht, eine Vielzahl von Details aneinander zu reihen, deren Bedeutung für den Schuld- oder Strafaus-spruch nicht erkennbar ist.

Auch die Ausführungen zur Beweiswürdigung sollen an deren Funktion orientiert sein und nur belegen, warum b e d e u t s a m e tatsächliche Um-stände, so wie geschehen, festgestellt sind. Nur soweit hierfür erforderlich, sind – 3 –

Angaben des Angeklagten, Zeugenaussagen und sonst angefallene Erkenntnisse heranzuziehen.

Urteilsgründe, die demgegenüber die Ergebnisse der Beweisaufnahme in der Art eines Protokolls referieren und sich mit einer Vielzahl wenig bedeutsa-mer Details befassen, können – von dem damit verbundenen, sachlich nicht ge-botenen Aufwand abgesehen – den Blick für das Wesentliche verstellen und damit letztlich sogar den Bestand des Urteils gefährden (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 13. September 2010 – 1 StR 423/10 mwN).“

Hatte die Kammer wohl ein bißchen viel geschrieben :-). Muss ja alles gelesen werden.

Das Mindestmaß an Sorgfalt bei der Abfassung der Urteilsgründe

Mit wohl gesetzten, aber deutlichen Worten hat der BGH in seinem Beschl. v. 19.08.2010 – 3 StR 226/10 zum Ausdruck gebracht, was er von den landgerichtlichen Feststellungen zum Handeltreiben mit Betäbungsmitteln gehalten hat. Nämlich nichts. Da hießt es:

„Diese „Feststellungen“ sind untauglich, den Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu belegen. Auch dem Gesamtzusammenhang des Urteils kann nicht entnommen werden, dass der Angeklagte und U. sich eigennützig um ein eigenes Betäubungsmittelgeschäft bemühten. Dass der Angeklagte seine Taten eingeräumt hat, ist insoweit ebenso wenig von Bedeutung wie der Umstand, dass dem Urteil eine Verständigung vorausgegangen ist (was entgegen § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO im Urteil nicht angegeben worden, dem Senat aber durch die Verfahrensrüge eines Mitangeklagten bekannt ist). Allein die Bereitschaft eines Angeklagten, wegen eines bestimmten Sachverhalts eine Strafe hinzunehmen, die das gerichtlich zugesagte Höchstmaß nicht überschreitet, entbindet das Gericht nicht von der Pflicht zur Aufklärung und Darlegung des Sachverhalts, soweit dies für den Tatbestand der dem Angeklagten vorgeworfenen Gesetzesverletzung erforderlich ist (BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2009 – 5 StR 171/09, StV 2010, 60).

Auch in einem solchen Fall bedarf es eines Mindestmaßes an Sorgfalt bei der Abfassung der Urteilsgründe (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 StR 222/10).

Wie gesagt: Wohl gesetzt, aber deutlich.