Schlagwort-Archive: Urteilsgründe

Strafzumessung III: Kurzfristige Freiheitsstrafe, oder: Die kurze Freiheitsstrafe muss „unverzichtbar“ sein

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Als dritte und letzte Entscheidung des Tages dann noch der OLG Hamm, Beschl. v. 27.04.2021 – 5 RVs 28/21. Er nimmt mal wieder zu § 47 StGB Stellung. Das LG hatte u.a. wegen Beleidigung eine Einzel(freiheits)strafe von drei Monaten verhängt. Das hat dem OLG so nicht gefallen:

„Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 47 StGB soll die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen weitestgehend zurückgedrängt werden und nur noch ausnahmsweise unter ganz besonderen Umständen in Betracht kommen (Senatsbeschluss vom 08.01.2009 – 5 Ss 528/08 -, Rn. 19 – 20, juris; Fischer, StGB, 68. Aufl. 2021, § 47 StGB Rn. 1). Die Verhängung einer Freiheitsstrafe unter sechs Monaten hat danach regelmäßig nur dann Bestand, wenn sie sich aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als unverzichtbar erweist (vgl. hierzu Fischer, a.a.O., § 47 StGB Rn. 7; Heger, in: Lackner/Kühl, StGB, 29 Aufl. 2018, § 47 StGB Rn. 6, jeweils m.w.N.). Zwar können nähere Ausführungen zur Begründung einer kurzen Freiheitsstrafe – worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hingewiesen hat – ausnahmsweise dann entbehrlich sein, wenn sich aus den Urteilsgründen ergibt, dass die Voraussetzungen des § 47 StGB auf der Hand liegen, insbesondere der abgeurteilten Tat zahlreiche oder einschlägige Vorstrafen, wiederholte Bewährungsbrüchigkeit oder mehrfache Strafhaftverbüßungen vorangingen oder eine auffällig hohe Rückfallgeschwindigkeit vorliegt (Maier, in: MünchKomm, StGB, 4. Aufl. 2020, § 47 StGB Rn. 60). Stellt das Gericht hingegen dem Angeklagten eine günstige Legalprognose und setzt – wie vorliegend – die verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, versteht sich die Unerlässlichkeit der Verhängung nicht von selbst (Maier, in: MünchKomm, a.a.O., § 47 StGB Rn. 59).“

Verkehrsrecht III: Straßenverkehrsgefährdung, oder: Die fremde Sache vom „bedeutenden Wert“ im Urteil

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Und zum Abschluss des Tages dann noch ein Beschluss des OLG Hamm, und zwar der OLG Hamm, Beschl. v. 20.05.2021 – 4 RVs 48/21, ein Klassiker, nämlich zur Frage der Urteilsgründe hinsichtlich der konkreten Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert.

Da reicht der Leitsatz:

Um eine konkrete Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert i. S. v. § 315c StGB bejahen zu können, bedarf es bestimmter Angaben zum Wert der Sache und zur Höhe des drohenden Schadens, berechnet anhand der am Marktwert zu messenden Wertminderung.

JGG II: Wenn der JGH-Bericht nicht im Urteil auftaucht, oder: Sachrüge oder Verfahrensrüge?

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Die zweite Entscheidung des Tages stammt vom OLG Celle. Das hat im OLG Celle, Beschl. v. 28.05.2021 – 2 Ss 38/21 – zur Frage Stellung genommen, ob es einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils darstellt, wenn in den Urteilsgründen die  Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe nicht mitgeteilt wird. Falls ja, müsste das ggf. auf die Sachrüge hin beachtet werden, falls nicht, müsste ggf. eine Verfahrensrüge erhoben werden. Das OLG hat die Frage verneint:

„Der Erörterung bedarf insoweit lediglich folgendes: Ob bei der Verurteilung eines Heranwach-senden Jugendrecht anzuwenden ist, weil er – wie im vorliegenden Fall vom Landgericht angenommen – zum Tatzeitpunkt noch einem Jugendlichen gleichstand, ist im Wesentlichen Tatfrage. Dem Jugendgericht steht bei der Beurteilung der Reife des Heranwachsenden grundsätzlich ein erheblicher Ermessensspielraum zu (BGH, Urt. v. 09.08.2001 – 1 StR 211/11 – juris; OLG Celle, Beschl. v. 26.06.2012 – 32 Ss 78/12 – juris). Um dem Revisionsgericht die Überprüfung der getroffenen Entscheidung zu ermöglichen, müssen die für die Entwicklung des Heranwach-senden maßgeblichen tatsächlichen Umstände und die hieraus gezogenen rechtlichen Schluss-folgerungen dargelegt und in einer Gesamtschau gewürdigt werden (Senat, Beschluss vom 20. September 2019, Az.: 2 Ss 112/19). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil ge-recht, wenngleich es an der Mitteilung des Inhalts der Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe in der Berufungsverhandlung fehlt. Letzterer Umstand und seine rechtlichen Folgen werden von der Rechtsprechung unterschiedlich bewertet. Teilweise wird die fehlende Mitteilung bereits auf die allgemeine Sachrüge hin berücksichtigt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2011 – 5 StR 35/11 –, juris; KG Berlin, Beschluss vom 23. August 2012 – (4) 121 Ss 170/12 (202/12) -, juris). Allerdings handelte es sich in den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen um mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbare Sachverhalte: Bei der angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs war in den Gründen des angefochtenen Urteils lediglich ausgeführt worden, dass die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe in der Hauptverhandlung zur Frage etwaiger Reifeverzögerungen des Angeklagten eine von der Beurteilung des Tatgerichts abweichende Einschätzung abgegeben hatte, ohne dass den Urteilsgründen die von ihr vorgetragenen Argumente und eine Auseinandersetzung mit diesen zu entnehmen war. In der zitierten Entscheidung des Kammergerichts waren in dem zugrundeliegenden Urteil keine ausreichenden Feststellungen zur Entwicklung des Angeklagten getroffen worden, was als sachlich-rechtlicher Mangel gewertet wurde. Für die Annahme solcher Mängel der vorgenannten Art ist vorliegend indes angesichts der umfassenden Darlegung und sorgfältigen Würdigung der von der Jugendkammer zur Begründung der Anwendung von Jugendrecht auf den Angeklagten angeführten Gesichtspunkte sowie mangels Anhaltspunkten für gegenteilige Erkenntnisse oder Ausführungen der Jugendgerichtshilfe kein Raum gegeben.

In Fällen der vorliegenden Art, in denen in den Gründen des angefochtenen Urteils die für die Beurteilung des Vorliegens von Reifeverzögerungen maßgeblichen tatsächlichen Umstände der Entwicklung des Angeklagten sowie die hieran anknüpfenden rechtlichen Erwägungen des Tatgerichts dargelegt worden sind und es lediglich an der Mitteilung der Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe fehlt, ist die unterbliebene Mitteilung nicht als sachlich-rechtlicher Mangel an-gesehen worden (vgl. BGH, NStZ-RR 1999, 26; OLG Hamm, Beschl. v. 25.11.2004 – 2 Ss 413/04 –, juris). Es handele sich vielmehr um einen Verfahrensmangel, der nur mit einer den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Verfahrensrüge der Verletzung der gerichtlichen Amtsaufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO geltend gemacht werden könne (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 01. Juli 1998 – 1 StR 182/98, NStZ-RR 1999, 26; OLG Hamm, Be-schluss vom 25. November 2004 – 2 Ss 413/04 -, juris). Dies wird mit dem allgemein geltenden Grundsatz begründet, dass allein die fehlende Erwähnung eines erhobenen Beweises nicht belege, dass das Ergebnis dieser Beweiserhebung nicht in die Überzeugungsbildung eingeflossen sei, was für die Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe in der Hauptverhandlung entsprechend gelte (vgl. BGH aaO). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Eine entsprechende Verfahrensrüge ist im vorliegenden Fall durch den Angeklagten nicht erhoben worden.“

OWi II: Wer hat den Pkw gefahren?, oder: Anthropologisches Identitätsgutachten im Urteil

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Zu den Klassikern im Owi-Recht gehören Entscheidungen, die sich mit den Anforderungen an die Urteilsgründe in den Fällen der Identifizierung des bestreitenden Betroffenen als Fahrer zum Vorfallszeitpunkt anhand eines von dem Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes befassen. Das habe ich dann mal wieder eine, nämlich den OLG Koblenz, Beschl. v. 31.05.2021 – 3 OWi 32 SsBs 97/21, der Stellung nimmt zum Umfang der Darlegungspflicht bei Verwertung eines anthropologischem Identitätsgutachten im Urteil. Dem OLG haben die Ausführungen des AG nicht gereicht:

„Zunächst lässt sich vorliegend die Sacheinlassung des Betroffenen dem Urteil noch hinreichend entnehmen. In der Beweiswürdigung wird darauf eingegangen, dass der Betroffene pauschal auf Dritte als potentielle Nutzer verwiesen, mithin die Fahrereigenschaft abgestritten hat.

Mit Blick auf die erfolgte Fahreridentifizierung hat das Tatgericht – insoweit rechtsfehlerfrei – auf das Lichtbild ausdrücklich gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 46 Abs. zwar einen geminderten Schärfe- und Kontrastgrad aufweist, es die einzelnen Gesichtszüge und -konturen der abgebildeten Person aber im Wesentlichen – mit Ausnahme von Haaransatz und Stirn des Fahrers, die nur teilweise zu sehen sind – erkennen lässt. Das Messbild ist daher trotz der benannten Einschränkungen in der Bildqualität zur Fahreridentifizierung geeignet. In Ansehung dieser Einschränkungen hat der Tatrichter sich auch nicht allein auf die Verweisung nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG beschränkt, sondern daneben Ausführungen dazu getätigt, welche Identifizierungsmerkmale er zur Beurteilung der Identität des Betroffenen mit dem abgebildeten Fahrzeugführer herangezogen hat. Daneben wurde nachvollziehbar zur Haltereigenschaft (Firma, hinter der der Betroffene steht) als hinzutretendes Indiz für die Fahrereigenschaft ausgeführt.

Ergänzend hat das Amtsgericht ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob der Betroffene die Person auf dem genannten Messbild ist. Misst das Tatgericht – wie vorliegend – einem Sachverständigengutachten Beweisbedeutsamkeit bei, so muss es die Ausführungen des Sachverständigen in einer (wenn auch gerade in Bußgeldsachen nur gedrängt) zusammenfassenden Darstellung unter Mitteilung der zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen wenigstens insoweit wiedergeben, als dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner gedanklichen Schlüssigkeit erforderlich ist. Dies gilt insbesondere, wenn es sich, wie hier bei einem anthropologischen Identitätsgutachten, nicht um eine standardisierte Untersuchungsmethode (vgl. KG Berlin, Beschl. 3 Ws (B) 11/18 v. 26.01.2018 <Rn. 44 n. juris m.w.N.>), bei der sich die Darstellung im Wesentlichen auf die Mitteilung des Ergebnisses des Gutachtens beschränken kann (vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. 1 OWI 2 Ss Bs 98/17 v. 29.01.2018 – BeckRS 2018, 3979 <Rn. 10 m.w.N.>), handelt. Erforderlich ist in diesem Fall vielmehr eine verständliche und in sich geschlossene Darstellung der dem Gutachten zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen, der wesentlichen Befundtatsachen und der das Gutachten tragenden fachlichen Begründung; die bloße Aufzählung der mit einem Lichtbild übereinstimmenden morphologischen Merkmalsprägungen eines Betroffenen reicht dagegen nicht aus (vgl. OLG Bamberg, Beschl. 3 Ss OWi 180/08 v. 20.02.2008 <Rn. 10 n. juris>; OLG Celle, Beschl. 222 Ss 124/02 (OWi) v. 17.07.2002 – NZV 2002, 472). Enthält das anthropologisches Sachverständigengutachten – wie im vorliegenden Fall – keine Wahrscheinlichkeitsberechnung, so muss das Urteil, da den einzelnen morphologischen Merkmalen jeweils eine unterschiedliche Beweisbedeutung zukommt, Ausführungen dazu enthalten, welchen der festgestellten Übereinstimmungen – gegebenenfalls in Kombination mit anderen festgestellten Merkmalen – eine besondere Beweisbedeutung zukommt, das heißt, welche Aussagekraft der Sachverständige den Übereinstimmungen zumisst und wie er die jeweilige Übereinstimmung bei der Beurteilung der Identität gewichtet hat (vgl. OLG Koblenz, Beschl. 2 OWi 6 SsBs 210/20 v. 31.08.2020; 2 OWi 6 SsBs 67/20 v. 25.03.2020; 1 OWi 6 SsBs 59/19 v. 29.04.2019; KG Berlin, a.a.O. <Rn. 45 n. juris m.w.N.>). Soweit der Sachverständige im Rahmen seiner Gutachtenerstattung zudem (weitere) Lichtbilder in sein Gutachten einbezogen hat, muss prozessordnungsgemäß (auch) auf diese verwiesen werden (vgl. OLG Bamberg, a.a.O.).

Diesen Anforderungen wird das angegriffene Urteil nicht gerecht.

Das Amtsgericht beschränkt sich letztlich auf die Bezugnahme einer schlichten Aufzählung derjenigen Merkmale, bezüglich derer es selbst Übereinstimmungen zwischen dem Betroffenen und dem Messbild festgestellt hat. „Auch aufgrund“ dieser Merkmale (“gesamte Kopf- und Gesichtsform, die weit auseinanderstehenden Augen, die relativ breite Nasenwurzel, die insgesamt relativ gerade Nase mit rundlicher Nasenspitze und etwas weiter nach unten gezogener linker Nasenhälfte sowie mittelgroßen, hinten geraden, oben runden Ohren“) soll die Sachverständige nach den Urteilsausführungen zu der Einschätzung gelangt sein, dass die Person auf dem Messbild „sehr wahrscheinlich“ mit dem Betroffenen identisch sei. Hiernach bleibt schon offen, wie viele bzw. ob die Sachverständige weitere Merkmale („auch“) benannt hat und wenn ja welche, die eine – wie hohe (weitere) – Übereinstimmung begründen oder auch solche, die eher dagegen sprechen. Darüber hinaus verhalten sich die Urteilsgründe nicht dazu, mit welchem Gewicht die Sachverständige die einzelnen benannten Merkmale in die Gesamtbewertung der Identitätswahrscheinlichkeit eingestellt hat. Es kann nicht nachvollzogen werden, ob die Sachverständigen das Wahrscheinlichkeitsprädikat allein aufgrund der Anzahl der als übereinstimmend identifizierten Merkmale vergeben hat oder ob und weshalb einzelne Merkmale von besonderer Individualität und damit Aussagekraft gewesen sind. Im Übrigen verhält sich das Urteil zu dem von der Sachverständigen im Rahmen zu Vergleichszwecken gefertigten und im Rahmen ihrer Begutachtung als Anlage zum Protokoll gereichten Lichtbild des Betroffenen nebst digitaler Ausschnittsvergrößerung des Messbildes nicht, insbesondere erfolgt hierauf keine Bezugnahme gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG. Dem Beschwerdegericht ist es nach alledem nicht möglich, die Schlüssigkeit des von der Sachverständigen gefundenen Ergebnisses nachzuprüfen…“

Einziehung I: Einziehung des Handys beim BTM-Handel, oder: Ermessen ausgeübt?

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Und dann – bevor es morgen RVG-Entscheidungen gibt – noch ein „normaler“ Tag. An dem werde ich heute Entscheidungen vorstellen, die mit „Einziehung“ (§§ 73 ff. StGB) zu tun haben.

Ich beginne mit dem KG, Beschl. v.23.11.2020 – (4) 121 Ss 165/20 (205/20) -, den mir der Kollege O. Sydow aus Berlin geschickt hat. Das Jugendschöffengericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen und ihn angewiesen, an einem sozialen Kompetenztraining, teilzunehmen. Ferner hat es „das sichergestellte Handy und die beschlagnahmten 30 € Handelserlös“ eingezogen. In den Urteilsgründen findet sich (nur) die Feststellung, dass der Angeklagte das. abgeurteilte Handelsgeschäft über „das sichergestellte iPhone 7 Plus mit Schutzhülle, SIM-Karte und mit der IMEI ppp., das dem Angeklagten gehörte“ vereinbart habe.  Die Einziehungsentscheidungen hat das Amtsgericht  wie folgt begründet: „Die Einziehung von 30,00 € basiert auf § 73 Abs. 1 StGB, jene des Mobiltelefons auf § 74 Abs. 1 StGB“.

Das reicht dem KG so nicht. Es hat den Rechtsfolgenausspruch aufgehoben:

2. Zu Recht beanstandet die Revision, dass das angefochtene Urteil hinsichtlich der getroffenen Einziehungsentscheidung des. Mobiltelefons keine Erwägungen enthält, die über die Nennung der Vorschrift des § 74 Abs. 1 StGB hinausgehen. Dafür, dass das Jugendschöffengericht sich des ihm nach § 74 Abs. 1 StGB eröffneten Ermessens überhaupt bewusst war, lässt sich den Urteilsgründen nichts entnehmen (vgl. KG, Beschluss vom 30. Juli 2020 – (5) 161 Ss 74/20 (31/20) -).

Es entspricht indes (auch) der kammergerichtlichen Rechtsprechung, dass, wenn die Einziehung nicht zwingend vorgeschrieben ist, das Urteil erkennen lassen muss, dass sich der Tatrichter der Befugnis, nach seinem Ermessen zu entscheiden, bewusst gewesen ist. Die Erwägungen, die der Ermessens-entscheidung zugrunde liegen, sind in dem Urteil darzulegen. In diesem Rahmen bedarf es auch sowohl der nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als auch des Tätigens von Angaben zum Wert des Einziehungsgegenstandes oder solcher, auf deren Basis der Wert geschätzt werden kann (KG, Beschluss vom 5. April 2019 – (3) 161 Ss 28/19 (20/19) -). Dies lässt das angefochtene Urteil vermissen, weshalb der diesbezügliche Ausspruch keinen Bestand haben kann.

3. Der dargelegte Mangel des Urteils führt aus dem oben zu 1. genannten Grund zur Aufhebung der gesamten Rechtsfolgenaussprüche. Das neue Tatgericht wird diese auch in ihrer Wechselwirkung neu zu beurteilen haben; es liegt dabei nicht fern, dass es erneut zu einer Einziehungsentscheidung gelangt. Das Ansinnen der Revision, dass der Strafsenat selbst die Entscheidung treffen möge, von einer Einziehung abzusehen, ist zurückzuweisen, zumal das Vorbringen, das Gerät gehöre nicht dem Angeklagten, sondern dessen Mutter, als urteilsfremd keine Berücksichtigung finden kann.

Das Urteil ist mithin in den Rechtsfolgenaussprüchen mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache gemäß § 354 Abs. 2 S. 1 StPO an eine andere Jugendabteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen.“

Der Senat tritt diesen Ausführungen, die auch seiner Rechtsprechung entsprechen (vgl. etwa Beschluss vom 29. November 2019 — [4] 161 Ss 115/19 [203/19] —), bei; er entscheidet deshalb (unter weiterer Anwendung des § 349 Abs. 4 StPO) gemäß dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft.

Das neu mit der Sache befasste Gericht wird die Gelegenheit haben, die Vorausset-Zungen des § 74 Abs. 3 Satz 1 StGB unter Auswertung aller aktenkundigen Umstände in nachprüfbarer Weise zu begründen; hierbei wird es bedenken können, dass allein die Tatsache, dass der Erwerb des Smartphones durch die Mutter des Angeklagten zu einem Zeitpunkt erfolgte, als dieser noch 16-jährig war, entgegen der Auffassung der Revision nicht notwendig gegen das Vorliegen dieser Voraussetzungen sprechen muss. Zudem ist bei erneuter Einziehungsentscheidung zu beachten, dass ein einzuziehender Gegenstand (schon) im Urteilstenor so genau zu bezeichnen ist, dass bei allen Beteiligten und der Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (vgl. KG, Beschluss vom 30. Juli 2020, aaO, mwN); dass sich die erforderliche Individualisierung notfalls auch unter Zuhilfenahme der Urteilsgründe ergeben kann (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2020 — 6 StR 71/20 — [juris] mwN), ändert nichts an dem grundsätzlichen Erfordernis der Vollstreckbarkeit des Urteils schon anhand eines hinreichend klaren Entscheidungssatzes.“