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Hoch her geht es offenbar beim LG Mönchengladbach – das Geständnis als Folge einer Ingewahrsamnahme?

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Ich hatte vor einigen Tagen über den dem BGH, Beschl. v. 18.09.2012 – 3 StR 348/12 – berichtet, in dem der BGH sich u.a. mit der Frage der Beschränkung von Verteidigerrechten befasst hatte. Ich erinnere: der Vorsitzende der Strafkammer hatte dort einen Antrag des Angeklagten einfach zerrissen (vgl. hier: “und reichte den …. Antrag dem Vorsitzenden, den dieser zerriss” – so bescheidet man Anträge in Mönchengladbach).

Der BGH, Beschluss befasst sich aber nicht nur mit der Frage, sondern auch noch mit folgender Vorgehensweise: Der Angeklagte A. lässt sich zur Sache ein. Nach dieser Einlassung lässt der Vorsitzende alle vier anderen zu diesem Zeitpunkt von ihrem Schweigerecht Gebrauch machenden Angeklagten während einer Sitzungsunterbrechung in Gewahrsam nehmen. Die machen dann einen Verstoß gegen § 136a StPO geltend. Im Ergebnis ohne Erfolg. M.E. merkt man dem BGH, Beschluss aber an, dass dem BGH (auch) diese Vorgehensweise nicht passt.

c) Die vom Angeklagten S. erhobene Verfahrensrüge, die Kammer habe ihn sowie den Angeklagten A. durch Täuschung und unzulässigen Zwang (§ 136a Abs. 1 StPO) zu Einlassungen veranlasst, hat im Ergebnis ebenfalls keinen Erfolg.

Allerdings ist der Revision zuzugeben, dass aus sich heraus nicht ohne Weiteres die Gründe dafür ersichtlich sind, dass der Vorsitzende nach einer Einlassung des Angeklagten A. alle vier anderen zu diesem Zeitpunkt von ihrem Schweigerecht Gebrauch machenden Angeklagten während einer Sitzungsunterbrechung in Gewahrsam nehmen ließ. Eine allein in Betracht kommende Ingewahrsamnahme nach § 231 Abs. 1 Satz 2 StPO setzt voraus, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, der Angeklagte werde sich aus der Verhandlung entfernen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 12. Mai 2003 – 3 Ws 498/03, NStZ-RR 2003, 329, 330; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 231 Rn. 3; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 231 Rn. 2, 4). Es erscheint zweifelhaft, ob allein die geständige Einlassung des Angeklagten A. eine entsprechende Prognose begründen konnte, nachdem die in Freiheit befindlichen Angeklagten zu den vorangegangenen Hauptverhandlungsterminen erschienen waren und der Nebenkläger die Tatvorwürfe in seiner Zeugenaussage bereits bestätigt hatte. Jedoch lässt sich hieraus nicht entnehmen, dass der Gewahrsam gezielt zur Herbeiführung einer Einlassung angeordnet wurde und diese damit unverwertbar war (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 1995 – 2 StR 758/94, NJW 1995, 2933, 2936 mwN). Zudem liegt ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Gewahrsam und der Einlassung des Angeklagten S. deshalb nicht nahe, weil dieser erst sechs Tage nach dem – knapp eine Stunde dauernden – Gewahrsam Angaben machte.