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5 Jahre U-Haft, oder: BGH – das ist doch noch beschleunigt

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Aus der „Abteilung U-Haft-Sachen“ weise ich dann zum Abschluss des Tages hin auf den BGH, Beschl. v. 23.02.2017 – StB 4/17, ergangen in einem beim OLG München anhängigen Verfahren. Der Angeklagte befindet sich seit dem 29.11.2011 in U-Haft. Der BGH hat seitdem immer wieder Fortdauer der U-Haft angeordnet und Beschwerden des Angeklagten gegen Haftfortdauerbeschlüsse des OLG verworfen. So dann jetzt auch wieder in dem Beschl. vom 23.02.2017, in dem er folgende Ausführungen zum „Beschleunigungsgebot“ macht:

3. Die Untersuchungshaft hat mit Blick auf das Spannungsverhältnis zwi-schen dem Freiheitsanspruch des Angeklagten und dem Interesse der Allgemeinheit an einer effektiven Strafverfolgung bei Berücksichtigung und Abwägung der gegebenen Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens – auch angesichts der nunmehr über fünf Jahre währenden Untersuchungshaft und der zu erwartenden Gesamtdauer des Verfahrens – fortzudauern. Ihr weiterer Voll-zug steht angesichts der gegebenen Besonderheiten auch nicht außer Verhält-nis zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).

a) Dies gilt auch mit Blick auf das in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Recht des Einzelnen auf persönliche Freiheit. …..

Das damit angesprochene Beschleunigungsgebot in Haftsachen verlangt, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen. Zur Durchführung eines geordneten Strafverfahrens und einer Sicherstellung der etwaigen späteren Strafvollstreckung kann die Untersuchungshaft deshalb nicht mehr als notwendig anerkannt werden, wenn ihre Fortdauer durch vermeidbare Verfahrensverzögerungen verursacht ist. Bei absehbar umfangreicheren Verfahren ist daher stets eine vorausschauende, auch größere Zeiträume umgrei-fende Planung der Hauptverhandlung mit im Grundsatz durchschnittlich mehr als einem Hauptverhandlungstag pro Woche notwendig. Insgesamt ist eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung des Verfahrensablaufs erforderlich. Zu würdigen sind auch die voraussichtliche Gesamtdauer des Verfahrens und die für den Fall einer Verurteilung konkret im Raum stehende Straferwartung (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2013 – 2 BvR 2098/12 mwN, juris Rn. 39 ff.; BGH, aaO).

Gemessen an diesen Anforderungen ist das Verfahren und insbesonde-re die Hauptverhandlung mit der in Haftsachen gebotenen besonderen Be-schleunigung geführt worden. Wie das Oberlandesgericht in seinem Beschluss vom 21. Dezember 2016 im Einzelnen dargelegt hat, wird die Hauptverhandlung weiterhin in aller Regel an drei Verhandlungstagen pro Woche durchgeführt und betrifft nahezu durchgängig auch den Angeklagten. Auch die weiteren Einwände gegen die Verhandlungsführung (Ladung nur eines Zeugen pro Verhandlungstag, zu geringe Verhandlungszeit pro Sitzungstag) verfangen aus den Gründen des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 21. Dezember 2016, die der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsmittel auch nicht angreift, nicht.

Im Übrigen verweist der Senat zum Umfang und zu den Schwierigkeiten des Verfahrens auf seine Beschwerdeentscheidung vom 5. Februar 2015 (StB 1/15, juris Rn. 8) und hält daran fest, dass die dem Angeklagten vorgeworfenen Beihilfehandlungen isolierter Betrachtung nicht zugänglich sind; ein gesondertes Urteil im Verfahren gegen den Angeklagten scheidet deshalb nach wie vor aus.

b) Wie der Senat zuletzt im Beschluss vom 14. Juli 2016 ausgeführt hat, stellt sich das aufzuklärende Tatgeschehen nicht nur nach der gesetzlichen Strafandrohung als eine erhebliche Straftat dar, sondern wiegt auch unter den konkret gegebenen Umständen schwer. Die im Falle der Verurteilung des Angeklagten zu erwartende und zu verbüßende Strafe wird deshalb bis auf Weiteres die Untersuchungshaft nicht nur unwesentlich übersteigen. Soweit der Beschwerdeführer meinen sollte, die Vollziehung von Untersuchungshaft über fünf Jahre hinaus stelle sich bei einem Gehilfen aus grundsätzlichen Erwägungen als unverhältnismäßig dar, könnte der Senat dem nicht folgen. Gerade die Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordert vielmehr eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls.“

Mich würde interessieren, was das BVerfG dazu sagt….

Keine zwangsweise Verabreichung von Beruhigungsmittel in der U-Haft….

SpritzeUnd als letzte der (quasi)vollzugsrechtlichen Entscheidungen des heutigen Tages (vgl. vorhin schon den OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2015 – III-3 Ws 231/15 und dazu Der Besuch der eigenen Ehefrau/Mittäterin im Knast…) nun noch der OLG Hamm, Beschl. v. 17.03.2016 – 5 Ws 88/16. In ihm geht es um die Frage, ob die Zwangsmedikation eines in U-Haft Inhaftierten, der der als gefährlich und unberechenbar eingestuft wird, auf der Grundlage des UVollzG NRW erfolgen darf oder nicht. Das OLG sagt: Nein. Erforderlich ist vielmehr eine besondere gesetzliche Grundlage, die die Zulässigkeit des Eingriffs klar und bestimmt regelt.

Im Verfahren gin es um einen 27-jährigen Angeklagten, gegen den beim LG Arnsberg unter strengen Sicherheitsauflagen die Hauptverhandlung wegen Totschlages lief. Dem sollten in einem Justizkrankenhaus wegen einer psychischen Erkrankung und damit verbundenen Aggressionen zwangsweise Neuroleptika verabreicht werden.

Das haben LG und OLG aber abgelehnt. Das OLG weist in seinem Beschluss darauf hin, dass eine Zwangsmedikation nicht allein mit Gefahrenabwehr gerechtfertigt werden könne. Das NRW-Gesetz erfülle nicht die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für einen so schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte wie die Verabreichung von Medikamenten gegen den Willen des Betroffenen. Aus der Begründung:

„Die Vorschrift des § 28 UVollzG lässt bereits eine Regelung der Eingriffsvoraussetzungen in Gestalt einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder einer schwerwiegenden Gefahr für die Gesundheit des Inhaftierten oder anderer Personen (vgl. hierzu etwa § 78 Abs. 1 Satz 1 SVVollz NRW) vermissen. Des Weiteren fehlt es an einer – soweit möglich – näheren Beschreibung durchzuführender Zwangsmaßnahmen (medizinische Untersuchung und Behandlung, ggfs. Ernährung). Weder sind Einzelheiten zur Feststellung noch zur Dokumentation der krankheitsbedingten Einwilligungsunfähigkeit geregelt. Gleiches gilt für eine Ankündigung der beabsichtigten Maßnahme gegenüber dem Inhaftierten und deren Verhältnismäßigkeit einschließlich der geplanten Dauer sowie des zu erwartenden Nutzens. Insbesondere sieht § 28 UVollzG NRW – wie bereits vom Oberlandesgericht Köln bemängelt – keine von der Vollzugsanstalt unabhängige ärztliche Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen vor. Diese unabhängige ärztliche Überprüfung muss sich zugleich dazu verhalten, dass die Maßnahme nicht mit einer erheblichen Gefahr irreversibler Gesundheitsschäden verbunden ist. Schließlich beinhaltet § 28 UVollzG NRW keine Regelung zur notwendigen Dokumentation der Eingriffsvoraussetzungen, der ergriffenen Maßnahmen, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der Wirkungsüberwachung sowie auch des Untersuchungs- und Behandlungsverlaufs.“

Hinten anstellen? oder: Nein, denn auch bei Überhaft muss man beschleunigen

AktenstapelSchon etwas länger hängt in meinem Blogordner der OLG Jena, Beschl. v. 28.05.2015 – 1 Ws 179/15, auf den ich dann heute bei der Suche nach „Blog-Entscheidungen“ wieder gestoßen bin. An sich nichts Besonderes, aber eine Haftentscheidung, die noch einmal die Bedeutung des Beschleunigungsgrundsatzes in Haftsachen betont/ins Gedächtnis ruft und zwar eben auch in sog. Überhaft-Sachen.

Das Beschleunigungsgebot findet grundsätzlich ungeachtet der geringeren Eingriffswirkung auch dann Anwendung, wenn ein Haftbefehl wegen Strafhaft in anderer Sache nicht vollzogen wird und lediglich Überhaft vermerkt ist (KK-Graf, StPO, 7. Aufl., § 112 Rdnr. 60 m. w. N.). Auch die Überhaft ist auf das sachlich vertretbare Mindestmaß zu beschränken; sie stellt einen Grundrechtseingriff für den Betroffenen dar, weil sich für diesen aus Gründen des Haftrechts Einschränkungen ergeben, wenn neben Strafhaft Untersuchungshaft angeordnet wird (vgl. BVerfG a. a. O. m. w. N.).

Dieser Konsequenz dürfen sich die Verfolgungsbehörden im Übrigen nicht dadurch entziehen, dass sie (zunächst) davon absehen, den Erlass eines „Überhaft-Haftbefehls“ herbeizuführen, und diesen erst bei Herannahen des Endes einer in anderer Sache verbüßten Haft beantragen (vgl. BVerfG StV 2006, 251; Senatsbeschluss vom 08.05.2014, 1 Ws 167/14; OLG Koblenz, Beschluss vom 09.12.2010, Az. 1 Ws 569/10, bei juris). Ein sog. Aufsparen („Vorrätighalten“) von Tatvorwürfen (während anderweitig laufender Haft) für einen zusätzlichen Haftbefehl zulasten des Beschuldigten ist damit unzulässig (KK-Schultheis, a. a. O., § 120 Rdnr. 10 a. E.).“

Und insoweit hatte das OLG dann Bedenken, die zur Aufhebung eines Haftbefehls wegen Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgebotes – 18 Monate nach Anklageerhebung und noch nicht möglicher Terminierung der Hauptverhandlung – geführt haben:

„Begegnet es nach dem Vorstehenden bereits Bedenken, dass der Haftantrag der Staatsanwaltschaft – unter ausdrücklichem Hinweis auf eine in Betracht zu ziehende Beendigung der (anderweitigen) Strafhaft durch Reststrafenaussetzung – erst im Januar 2014, also deutlich nach Anklageerhebung im Oktober 2013 und insbesondere nach Vorliegen des polizeilichen Schlussberichts vom 05.04.2013, gestellt wurde, ist jedenfalls mit den weiteren, im Zwischenverfahren entstandenen Verzögerungen die Verhältnismäßigkeit der Haftanordnung nicht mehr gewahrt.

Insbesondere lassen die dem Senat vorgelegten Akten nicht erkennen, aus welchem Grunde vom Eingang des psychiatrischen Gutachtens vom 10.08.2014 bei Gericht Mitte August 2014 bis zur Eröffnungsentscheidung am 12.02.2015 das Verfahren nicht gefördert worden ist. Dass die Kammer „genügend andere Sachen zu verhandeln hatte, in denen auch tatsächlich Untersuchungshaft vollzogen wurde“ rechtfertigt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine andere Beurteilung. Denn für die Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes kommt es letztlich nur darauf an, ob die Verzögerung den Justizorganen – gleich welchen – anzulasten ist. Es ist Sache des Staates, in Erfüllung der Justizgewährungspflicht für eine ausreichende personelle Ausstattung der mit Haftsachen befassten Gerichte zu sorgen, damit insbesondere Haftsachen in angemessener Zeit verhandelt werden können (BVerfG NJW 2003, 2895 f, bei juris, Rdnr. 20 m. w. N.; Senatsbeschluss vom 09.10.2014, Az. 1 Ws 459/14).

„Sehr schön“ (?) die Formulierung, die das OLG – offenbar aus einer Stellungnahme der Strafkammer zitiert: „Dass die Kammer „genügend andere Sachen zu verhandeln hatte,….„. Das heißt: Hinten anstellen…… Nur, so geht es im Haftrecht nicht. Zur Not muss die Verwaltung dann eben für mehr Kammern sorgenb, die verhandeln können.

Wer in den Hungerstreik tritt, verstärkt die Fluchtgefahr

© beermedia.de -Fotolia.com

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Mit einer „Wiederinvollzugssetzungsproblematik“ befasst sich der OLG Hamm, Beschl. v. 07.04.2015 – 5 Ws 114 u. 115/15, von dem ich hier heute nur die Leitsätze einstellen will – der Rest mag/kann dem Selbststudium überlassen werden.

  1. Gemäß § 116 Abs. 4 StPO ist die Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls nur unter den dort bezeichneten Voraussetzungen zulässig. Die Generalklausel des § 116 Abs. 4 Nr. 2 StPO gilt immer, aber auch nur dann, wenn sich nachträglich aufgrund alter oder neu bekannt gewordener Tatsachen herausstellt, dass die Annahme, der Beschuldigte werde Pflichten und Beschränkungen erfüllen und sich dem Verfahren stellen, ein Irrtum war.
  2. Dies setzt einen schwerwiegenden, dem Beschuldigten zurechenbaren Verstoß voraus, der das Vertrauen des Gerichts in ihn und in die Wirksamkeit von Ersatzmaßnahmen nachhaltig erschüttert. Bloße Nachlässigkeiten und Versehen als solche reichen nicht aus. Maßgeblich ist, ob der Beschuldigte durch sein Verhalten den vorhandenen Haftgrund (hier: Fluchtgefahr) wieder derart verstärkt hat, dass der Haftbefehl vollzogen werden muss.
  3. Wer sich bewusst in einen Zustand länger dauernder Verhandlungsunfähigkeit versetzt, insbesondere durch den Entzug von Flüssigkeit bzw. Nahrung oder die Nichteinnahme von Medikamenten, entzieht sich dem Verfahren im Sinne des § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO.
  4. Ein Beschuldigter, der in den Hungerstreik tritt und eigenmächtig seine Medikamente absetzt, begründet durch dieses Verhalten die konkrete Gefahr der Herbeiführung der eigenen Verhandlungsunfähigkeit und verstärkt den Haftgrund der Fluchtgefahr (wieder) derart, dass es des Vollzugs der Untersuchungshaft bedarf.

Ein Hauptverhandlungstag/Woche reicht nicht, oder: Wenn ein LG es besser kann als ein OLG

© Birgit Reitz-Hofmann - Fotolia.com

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Es gibt sie – „schöne Beschlüsse“ aus Dresden. Über einen weniger „schönen“ des OLG Dresden hatte ich ja neulich erst berichtet müssen (vgl. den OLG Dresden, Beschl. v. 23.12.2014 – 2 Ws 542/14 und dazu Freibrief/Freilos – Erstaunliches zur U-Haft-Fortdauer vom OLG Dresden und dazu dann noch der VerfGH Sachsen, Beschl. v. 26.02.2015 – Vf. 7-IV-15 (EIS) mit Freibrief/Freilos – Erstaunliches zur U-Haft-Fortdauer aus Sachsen – II). Heute dann auch zu einer Haftfrage der LG Dresden, Beschl. v. 30.03.2015 – 4 Qs 25/15, ein „schöner“ Beschluss. Er verhält sich u.a. zur Frage der Verletzung des Beschleunigungsgebotes durch das AG Dresden. Das hatte in einem Verfahren wegen gewerbs- u. bandenmäßigen Fälschens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion u.a. nach Auffassung des LG nicht ausreichend „hautpverhandelt“. Die Beschlussgründe sprechen m.E. für sich, wenn es heißt:

…. Durch Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 25.11.2014 wurde bei der gesetzlichen Haftprüfung im Sinne der §§ 121, 122 StPO die Fortdauer der Untersuchungshaft bei beiden Angeklagten angeordnet. Das bei Haftsachen zu beachtende Beschleunigungsgebot wurde u.a. auch deshalb als gewahrt angesehen, da der Vorsitzende des Schöffengerichts in Absprache mit den Verteidigern bereits Hauptverhandlungstermin auf den 21.01.2015 festgesetzt hatte. An diesem Hauptverhandlungstag, bei dem die Strafsache zwischen 13:33 Uhr und 14:55 Uhr verhandelt wurde, wurden keine Zeugen geladen. Auch der weitere Fortsetzungstermin am 10.02.2015 war erkennbar als sogenannter Schiebetermin geplant und war ausweislich des Protokolls nur von 15-minütiger Verhandlungsdauer. Gleiches gilt für den dritten Fortsetzungstermin am 03.03.2015, bei dem ebenfalls keine Zeugen gehört sondern im Wesentlichen nur Bestandteile der Akte in Augenschein genommen wurden. Auch dieser Termin erstreckte sich über lediglich 15 Minuten. Erst am weiteren Fortsetzungstermin am 13.03.2015 wurde erstmals eine Polizeibeamtin als Zeugin gehört, wobei sich die Verhandlung über einen Zeitraum von 2 Stunden und 25 Minuten – einschließlich einer Sitzungsunterbrechung von 35 Minuten – erstreckte. In diesem Hauptverhandlungstermin stellten die beiden Verteidiger der Angeklagten, die Rechtsanwälte pppp. und pppp. jeweils Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls. Durch Beschluss des Amtsgerichts Dresden, der noch in der Hauptverhandlung verkündet wurde, wurden die Anträge jeweils abgelehnt. Zur Begründung wurde hierbei folgendes ausgeführt: „Nach der bis her durchgeführten Beweisaufnahme besteht weiterhin dringender Tatverdacht. Auf Beschluss des Landgerichts Dresden vom 22.10.2014 wird Bezug genommen. Das Verfahren wurde, soweit es die Terminplanung mit den Verteidigern ermöglichte, zügig bearbeitet. Krankheitsbedingte Ausfälle der Zeugen sind nicht vom Gericht zu verantworten. In Anbetracht der Straferwartung im Falle einer Verurteilung ist die Aufrechterhaltung des Haftbefehls und Fortdauer der Untersuchungshaft zu beiden Angeklagten derzeit verhältnismäßig.“  …..

Die Haftbeschwerden sind zulässig und sind auch in der Sache begründet……

Darüber hinaus liegt zugleich auch eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes vor. Zwar hat das Amtsgericht mit dem ersten Hauptverhandlungstermin am 21.01.2015 dem Beschleunigungsgebot noch genügt. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts reicht eine Verhandlungsdichte von durchschnittlich einem oder knapp über einem Verhandlungstag pro Woche jedenfalls dann nicht mehr aus, wenn die Untersuchungshaft schon lange andauert bzw. an einzelnen Verhandlungstagen nur kurz verhandelt wird. Das Beschleunigungsgebot ist jedenfalls dann nicht mehr gewahrt, wenn die in Haftsachen gebotene Terminierungsdichte nicht annähernd eingehalten wird und es sich bei den bislang stattgefunden Hauptverhandlungsterminen seit dem 21.01.2015 – wie dargestellt – überwiegend um sogenannte Schiebetermine gehandelt hat, mit denen nur ein äußerst geringer Verfahrensfortschritt erzielt werden konnte. Es kommt hinzu, dass die weiteren geplanten Hauptverhandlungstermine (07.04., 28.04. und 12.05.2015) mit dem Beschleunigungsgebot in Haftsachen nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden können. Dies gilt umso mehr, da sich die Angeklagten derzeit bereits mehr als 10 Monate ununterbrochen in Untersuchungshaft befinden.“

Weniger schön für das AG im Übrigen auch die Ausführungen des LG zur Nichtabhilfeentscheidung:

„Vorliegend enthält weder die Nichtabhilfeentscheidung noch der Beschluss vom 13.03.2015 eine – wenn auch noch so rudimentäre – Auseinandersetzung mit dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme….

Dies gilt umso mehr, da die Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts jegliche Auseinandersetzung mit den in den beiden Beschwerdeschriftsätzen vorgetragenen Umständen vermissen lässt.

Ach so. Nein, ich habe kein „O“ vergessen, es ist „nur“ ein LG Beschluss, aber manchmal können die es besser als ein OLG 🙂 .