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Verbindung in der Hauptverhandlung, oder: Es kommt auf die „juristische“ Sekunde an

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Urheber Ulfbastel

Der Kollege Scheffler aus Bad Kreuznach hat mir vor ein paar Tagen den LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 07.08.2017 – 2 Qs 49/17 – geschickt. Der behandelt zwei Fragen, und zwar einmal die Problematik, ob die Nr. 4141 VV RVG auch aufgrund einer entsprechenden Anwendung entsteht, wenn der Verteidiger auf den Erlass eines – vom Angeschuldigten akzeptierten – Strafbefehls hinwirkt und dadurch eine Hauptverhandlung vermieden wird. Da sagt das LG nein, kein Fall der Nr. 4141 VV RVG, was man in dem entschiedenen Fall m.E. mittragen kann. Denn es lag folgenden Sachverhalt vor:

Der Kollege war Pflichtverteidiger des Angeklagten im Verfahren A einschließlich eines hinzuverbundenen Verfahrens B. Im Hauptverhandlungstermin des führenden Verfahrens A, an dem der Kollege teilgenommen hat, ist der Angeklagte nicht erschienen. Das AG hat sodann im Rahmen der Hauptverhandlung das weitere Verfahren C zur Hauptverhandlung zugelassen, das Hauptverfahren eröffnet und weiter beschlossen, dass die Verfahren A und C zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden und die bereits erfolgte Pflichtverteidigerbestellung insoweit erstreckt wird. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde sodann in das Strafbefehlsverfahren übergeleitet und ein Strafbefehl erlassen, der auch das hinzuverbundene Verfahren C erfasste. Im Rahmen der Kostenfestsetzung hat der Kollege dann u.a. für das Verfahren A die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVG geltend gemacht. Insoweit kann man das – wie gesagt – mittragen, da es ein etwas andere Fallkonstellation ist als in den bisher dazu vorliegenden Entscheidungen.

Interessanter ist die Frage nach einer Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG auch für das Verfahren C. Die hatte der Kollege ebenfalls beantragt und die ist ebenfalls nicht festgesetzt worden. Begründung des LG in Kurzfassung: Für die Entstehung einer Terminsgebühr bei Verfahren, die erst in der Hauptverhandlung verbunden werden, komme es darauf an, dass in allen Verfahren eine Hauptverhandlung stattgefunden habe (OLG Bremen NStZ-RR 2013, 128; OLG Dresden RVGreport 2009, 62). Hier habe vor der Verbindung des Verfahrens C zum führenden Verfahren aber keine eigenständige Hauptverhandlung in dieser Sache stattgefunden.

Auch diese Ausführungen des LG zum Anfall der Terminsgebühr beruhen auf und entsprechen der vom LG angeführten h.M. in der Frage. Der habe ich bisher auch immer zugestimmt. Allerdings ist dabei bislang, auch von mir, ein Punkt übersehen worden, auf den der Kollege  hier im Beschwerdeverfahren hingewiesen hatte. Er hat nämlich ausgeführt, dass auch die Terminsgebühr in dem hinzuverbundenen Verfahren angefallen sei, „da zwischen dem Eröffnungsbeschluss im Rahmen der mündlichen Verhandlung und dem Verbindungsbeschluss ein Termin auch in diesem Verfahren für mehrere tatsächliche Sekunden stattgefunden habe„. Das Argument, also die berühmte „juristische Sekunde“, ist – meine ich – nicht von der Hand zu weisen. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens findet eine Hauptverhandlung in dem hinzuverbundenen Verfahren statt, mag sie auch nur ganz kurz bis zum Erlass des unmittelbar auf die Eröffnung folgenden Verbindungsbeschlusses dauern. Das reicht für das Entstehen der Hauptverhandlung aus. Die kurze Dauer des Termins hat beim Pflichtverteidiger keine Auswirkungen auf die Höhe der Terminsgebühr, er erhält Festbetragsgebühren. Beim Wahlanwalt hängt die Höhe der entstandenen Terminsgebühr hingegen von der Dauer des Termins ab. Bei ihm wird im Zweifel also nur die Mindestgebühr anfallen. An dieser Stelle ist m.E. also für die Zukunft Umdenken angesagt.

Man wird also umdenken müssen. Kommentar ist leider schon weg 🙂 .

Terminsgebühr II, oder: Kreativ, aber leider falsch zum Abgeltungsbereich gedacht

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Bei der zweiten Entscheidung, die ich zur Terminsgebühr vorstellen möchte, handelt es sich um den OLG Celle, Beschl. v. 21.06.2017 – 3 Ws 297/16. Auch er ist nach einem „Schwurgerichtsverfahren“ ergangen. Gegen den früheren Beschuldigten war nämlich ein Sicherungsverfahren (wegen Totschlags) anhängig anhängig. Das Schwurgericht hat die Unterbringung des Beschuldigten durch Urteil abgelehnt. Zugleich hat das Schwurgericht entschieden, dem Beschuldigten für die Zeit der einstweiligen Unterbringung keine Entschädigung durch die Staatskasse zu gewähren. Gegen diese Entscheidung hat der Verteidiger sofortige Beschwerde eingelegt und diese begründet. Bei der Kostenfestsetzung war der Verteidiger dann der Auffassung, das Einlegen dieser Beschwerde werde vom Gebührentatbestand nach Nr. 4120 VV RVG erfasst, weshalb seine im Kostenfestsetzungsverfahren festgesetzte Wahlverteidigergebühr für den (letzten) Verhandlungstag zu niedrig bemessen worden sei. Die Staatskasse hat das anders gesehen. Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss hatte keinen Erfolg:

„Das Landgericht hat insbesondere zutreffend darauf abgestellt, dass die durch Einlegen und Begründen der Beschwerde entfalteten Tätigkeiten des Verteidigers nicht von der Terminsgebühr nach Nr. 4120 VV-RVG erfasst werden. Die maßgeblichen Vorschriften des Vergütungsverzeichnisses (VV) beziehen sich nach ihrem klaren Wortlaut nur auf die Hauptverhandlung (Hartmann, Kostengesetze, 46. Auflage, VV 4120 Rn. 1 ff.; VV 4108, 4109 Rn. 1). Hiervon erfasst  werden zwar auch die Vorbereitung des konkreten Hauptverhandlungstermins (Burhoff, RVG, 4108 VV Rn. 5). Bereits eine Tätigkeit während einer Unterbrechung der Hauptverhandlung reicht für Anwendung dieser Gebührentatbestände grundsätzlich bereits nicht aus (Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl., VV 4108, 4109 Rn. 6). Gebührenrechtlich beendet ist die Hauptverhandlung aber jedenfalls, wenn der Vorsitzende nach der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils und der anschließenden Rechtsmittelbelehrung die Verhandlung schließt (Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage, VV 4108-4111 Rn. 3). Nach diesem Zeitpunkt entfaltete Tätigkeiten des Verteidigers können hiernach somit nicht mehr von dem Gebührentatbestand nach 4120 VV-RVG erfasst werden.“

Dazu ist anzumerken: Die Entscheidung ist zutreffend, der sicherlich kreative Ansatz des Verteidigers also leider falsch. Allerdings hinkt die Begründung des OLG an zumindest einer Stelle. Denn zum Abgeltungsbereich der Terminsgebühr gehören nicht nur Vorbereitung- sondern, was das OLG übersieht, grundsätzlich auch Nachbereitungstätigkeiten für den konkreten Termin (vgl. dazu Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn 62). Das heißt, dass also auch noch Tätigkeiten nach Abschluss des Hauptverhandlungstermins ggf. von der Terminsgebühr abgegolten werden. Dazu zählt aber – insoweit hat das OLG Recht – nicht die Einlegung eines Rechtsmittels, hier der sofortigen Beschwerde gegen die Entschädigungsentscheidung des LG. Das ist keine bloße „Nachbereitung“ der Hauptverhandlung mehr, sondern wird als (originäre) Rechtsmitteleinlegung entweder von der gerichtlichen Verfahrensgebühr (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff/, RVG, Vorbem. 4 VV Rn 41 m.w.N.) oder ggf. als Einzeltätigkeit abgegolten (vgl. dazu Burhoff/Volpert/Volpert, RVG, Teil A: Beschwerdeverfahren, Abrechnung, Rn 569 ff m.w.N.). Es wäre als der richtige Ansatz für den Verteidiger gewesen, ggf. eine höhere gerichtliche Verfahrensgebühr geltend zu machen.

Und dann hier jetzt der Hinweis auf <Werbemodus an> Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl. 2017, der jetzt (hoffentlich) bald erscheinen wird. Da kann man alle diese Fragen nachlesen. Zum Bestellformular geht es hier. <Werbemodus aus>.

Terminsgebühr I: Hauptverhandlungsdauer beim Schwurgericht

Vor dem „Freitagsrätsel“ am heutigen Nachmittag stelle ich zwei gebührenrechtliche Entscheidungen zur Terminsgebühr vor. Bei der ersten handelt es sich um dem OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.05.2017 –  1 Ws 2/17 – in dem das OLG Vorgaben für die erforderliche Dauer von Hauptverhandlungen für Fortsetzungstermine in Verfahren des ersten Rechtszugs beim OLG, dem Schwurgericht oder der Strafkammer nach den §§ 74a, 74c GVG – also die in Nr. 4118 VV RVG genannten Verfahren – gemacht hat. Um die ist gestritten worden.

Das OLG Düsseldorf sagt: Objektiver Gradmesser für die Bestimmung der Gebühr für die Fortsetzungstermine ist die Dauer der Verhandlung. Und der Senat geht dann von folgender Abstufung aus:

„Hauptverhandlung bis zu einer Stunde 1,5 fache Mindestgebühr 195 EUR
Hauptverhandlung bis zu zwei Stunden 3 fache Mindestgebühr 390 EUR
Hauptverhandlung bis zu vier Stunden Mittelgebühr 424 EUR
Hauptverhandlung bis zu fünf Stunden 5 fache Mindestgebühr 650 EUR.“

Ob diese Abstufung zutreffend ist oder ob sie sich nicht ggf. mit anderen Kriterien, wie z.B. den Längenzuschlägen für Pflichtverteidiger, „beißt“, lassen wir mal dahin gestellt. Jedenfalls muss man bei Anwendung der Entscheidung Folgendes bedenken:

  • Die vomm OLG aufgestellten Bemessungskriterien gelten für Fortsetzungshautpverhandlungstermine im ersten Rechtszug beim OLG, dem Schwurgericht oder der Strafkammer nach den §§ 74a, 74c GVG. Für Verfahren bei anderen Gerichten wird man andere Stufen anwenden müssen.
  • Das OLG erwähnt neben der „Terminsdauer“ mit keinem Wort andere Kriterien, die auch für die Höhe der Gebühr von Bedeutung sind (Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn. 69 ff. . Das sind neben der Bedeutung der Angelegenheit auch Vorbereitung und Nachbereitung des Termins, und zwar auch bei Fortsetzungsterminen. Allein das Abstellen auf die Terminsdauer ist m.E. zu schematisch und ein Manko dieser Entscheidung.

Verbindung in der Hauptverhandlung, oder: Verteidiger aufgepasst, sonst ist die Terminsgebühr futsch

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Machen wir heute zum Ausklang der Woche mal wieder ein wenig Gebührenrecht. Den Auftakt macht der LG Dortmund, Beschl. v. 13.02.2017 – 34 Qs 70/16, den mir der Kollege Bleicher aus Dortmund geschickt hat. Es geht mal wieder um das Entstehen der Terminsgebühr bei Verbindung von Verfahren, wenn die Verbindung erst in der Hauptverhandlung erfolgt. Da muss man als Verteidiger aufpassen, denn sonst ist die Terminsgebühr in dem hinzu zu verbindenden Verfahren „futsch“:

„Für die Entstehung einer Terminsgebühr bei Verfahren, die erst in der Hauptverhandlung verbunden werden, kommt es darauf an, dass in allen Verfahren eine Hauptverhandlung stattgefunden hat (OLG Dresden, NStZ-RR 2009, 28; OLG Bremen, NStZ-RR 2013, 128; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 22. Auflage 2015, Nr. 4108-411 W Rn 12).

Vorliegend hat vor der Verbindung des Verfahrens 762 Ls – 111 Js 615/16 – 111/16 zum führenden Verfahren keine eigenständige Hauptverhandlung in dieser Sache stattgefunden. Dabei kommt es nicht darauf an, dass in der später hinzuverbundenen Sache kein Termin anberaumt war. Eine Terminsgebühr entsteht nämlich nicht nur, wenn eine Hauptverhandlung anberaumt war (Gerold/Schmidt/Burhoff, ebd), eine solche kann vielmehr auch dann stattfinden, wenn der Angeklagte und der Verteidiger auf die dispositiven Förmlichkeiten und Fristen verzichten. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass kein ausdrücklicher Aufruf des hinzuverbundenen Verfahrens erfolgt ist. Denn der Aufruf der Sache ist keine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens. Unterbleibt er, so ist der Beginn der Hauptverhandlung deshalb von dem Zeitpunkt an anzunehmen, in welchem der Vorsitzende kundgibt, die Verhandlung durchführen zu wollen (OLG Dresden, a.a.O.). In der Mitteilung des Vorsitzenden, dass hinsichtlich der Anklage in dem Verfahren 762 Ls-111 Js 615/16-111/16 die Einlassungs- und Ladungsfristen nicht eingehalten werden könnten und insoweit die Aussetzung des Verfahrens beantragt werden könne, ist jedoch noch kein Beginn der Hauptverhandlung zu sehen. Denn die Durchführung der Hauptverhandlung war noch nicht möglich, weil es an der Prozessvoraussetzung eines Eröffnungsbeschlusses (§§ 203, 207 StPO), im Unterschied zu der vom Verteidiger zitierten Entscheidung des LG Düsseldorf (Beschluss vom 07.08.2015 – Az. 10 KLs 1/14, beck-online), fehlte und dem Amtsgericht dadurch die Durchführung der Hauptverhandlung verboten war (vgl. BGH, NStZ-RR 2011, 150; OLG Hamm, Beschluss vom 06.09.2016 — Az. 11-1 Ws 348/16; OLG Dresden, a.a.O.; OLG Bremen, a.a.O.). Aus demselben Grund liegt auch in der Erklärung des Angeklagten, dass er mit der Verhandlung in dieser Sache einverstanden sei und auf die Einhaltung der Einlassungs- und Ladungsfristen verzichte, noch keine Durchführung einer Hauptverhandlung. Bei den in diesem Zusammenhang geführten Gesprächen handelt es sich vielmehr um Erörterungen gemäß § 202a StPO (vgl. OLG Bremen, a.a.O.). Hierfür ist ein eigenständiger Titel nach dem RVG nicht vorgesehen. Auch eine analoge Heranziehung anderer Gebührentatbestände kommt nicht in Betracht (vgl. OLG Bremen, a.a.O., m.w.N.). Nach der sodann erfolgten Verbindung der Verfahren und anschließenden Eröffnung des Verfahrens 762 Ls-111 Js 615/16-111/16 lag kein eigenständiges Verfahren mehr vor, so das auch keine eigene Terminsgebühr angefallen ist (vgl. OLG Dresden, a.a.O.; OLG Bremen, a.a.O.).

Die Kammer hat gesehen, dass das Amtsgericht zur prozessökonomischen Behandlung der Verfahren dergestalt auf die Bereitschaft der Angeklagten und insbesondere der Verteidiger angewiesen sein kann, dass diese ggf. auf Einlassungs- und Ladungsfristen verzichten. Dies vermag jedoch an dem Umstand nichts zu ändern, dass in der vorliegenden Konstellation — wie erörtert — von Gesetzes wegen kein einschlägiger Gebührentatbestand gegeben ist.“

Was lernt man aus dem zutreffenden Beschluss: Man muss als Verteidiger darauf achten, dass in der hinzu zu verbindenden Sache zunächst die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet werden muss, falls das noch nicht geschehen ist. Erst dann liegen die Voraussetzungen für die Durchführung der Hauptverhandlung vor und kann die Terminsgebühr entstehen. Wird erst nach der Verbindung die Anklage zugelassen und die Hauptverfahren eröffnet, liegt kein eigenständiges Verfahren mehr vor mit der Folge, dass eine Terminsgebühr – in dem hinzu zu verbindenden Verfahren – nicht mehr entstehen kann. Lässt sich das AG/LG auf diese Reihenfolge nicht ein, muss der Verteidiger erwägen, ggf. nicht auf die Ladungsfristen (§ 217 StPO) zu verzichten.

Wartezeit des Rechtsanwalts, oder: Das erhöht die Terminsgebühr

Die zweite gebührenrechtliche Entscheidung des heutigen Tages behandelt noch einmal das Problem der Berücksichtigung von Wartezeiten bei der Bemessung einer Terminsgebühr. Es handelt sich um den LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 22.11.2016 – L 5 SF 91/15 B E – ja LSG, man muss auch mal über den Tellerrand schauen 🙂 . Der Termin, zu dem der Rechtsanwalt geladen war, sollte um 11.15 Uhr beginnen. Aufgerufen wurde dann aber erst um 12.46 Uhr, die mündliche Verhandlung wurde um 13.25 Uhr geschlossen. Das SG wollte bei der Festsetzung der Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG die Wartezeit nicht berücksichtigen. Das LSG sieht das – zumindest teilweise – anders und sagt: Wartezeiten eines Rechtsanwalts vor einem Termin zur mündlichen Verhandlung, die die in der Ladung mitgeteilte Uhrzeit um mehr als 15 Minuten überschreiten und die allein der Sphäre des Gerichts zuzurechnen sind, wirken sich bei der Bewertung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit aus:

„Allerdings ist nach Ansicht des Senats hier auch die Dauer der Wartezeit vor dem Beginn der mündlichen Verhandlung gebührenerhöhend zu berücksichtigen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Verhandlung nicht nur geringfügig später als zu dem terminierten Zeitpunkt beginnt. Die Geringfügigkeitsgrenze wird bei einem Zeitraum bis zu 15 Minuten Wartezeit nicht überschritten. Eine Wartezeit von dieser Dauer ist noch als üblich und entschädigungsfrei hinnehmbar anzusehen (Beschluss des Senats vom 13. Mai 2015 – L 5 SF 327/14 B E -, juris). Hier lag jedoch eine Wartezeit von 1 ½ Stunden vor, die vom Beschwerdeführer nicht verschuldet worden war und in den Verantwortungsbereich des Gerichts fiel. Liegt eine dem Rechtsanwalt nicht zurechenbare und maßgebliche Verzögerung des Verhandlungsbeginns vor, darf diese bei der Taxierung der Gebührenhöhe aber jedenfalls dann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn sich eine mündliche Verhandlung, ein Erörterungs- oder ein Beweisaufnahmetermin anschließt. Zwar handelt es sich bei der Wartezeit – auch ab der in der Ladung mitgeteilten Uhrzeit – noch nicht um einen Termin im Sinne des Gebührentatbestands, es besteht jedoch ein enger zeitlicher, örtlicher und verfahrenstechnischer Zusammenhang mit der Verhandlung, der es nicht opportun erscheinen lässt, die zeitliche Inanspruchnahme des Rechtsanwalts bei der Vergütung gänzlich unberücksichtigt zu lassen (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 1. April 2015 – L 15 SF 259/14 E -, Sozialgericht Kassel, Beschluss vom 26. Juni 2014 – S 10 SF 50/14 E -, a.A. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 8. Januar 2014 – L 8 AS 585/12 B KO -, alle veröffentlicht in juris). Da die Wartezeit durch die Ladung veranlasst ist und in engem Zusammenhang mit dem Termin steht, für den die Terminsgebühr zu bestimmen ist, ist es auch am ehesten gerechtfertigt, diese der Terminsgebühr zuzuordnen. Soweit unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) im Beschluss vom 11. Februar 2010 – 9 KSt 3/10 -, juris vertreten wird, dass Wartezeiten nicht berücksichtigungsfähig seien, weil die Terminsgebühr mit dem Aufruf der Sache entstehe, soweit der Rechtsanwalt zu diesem Zeitpunkt vertretungsbereit anwesend sei (Sächsisches Landessozialgericht a.a.O), vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Die insoweit in Bezug genommenen Ausführungen des BVerwG besagen lediglich, dass die Terminsgebühr mit dem Aufruf der Sache entstehe. Für die Bestimmung der Gebührenhöhe gibt diese Entscheidung indessen nichts her, weil in der Fallkonstellation, die der Entscheidung des BVerwG zu Grunde lag, eine Terminsgebühr aus Nr. 3104 VV RVG a.F., mithin einer Wertgebühr und nicht wie vorliegend einer Rahmengebühr im Streit war. Für die Frage, ob Wartezeiten gebührenrelevant berücksichtigungsfähig sind, enthält die Entscheidung des BVerwG, das sich mit dem Problem befasst hat, ob die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG a.F. für die Vertretung in einem Verhandlungstermin, in dem mehrere Streitsachen nach Aufruf zur gemeinsamen Verhandlung verbunden worden sind, für die verbundenen Verfahren nur einmal nach der Summe der Einzelstreitwerte oder in jedem Verfahren gesondert nach dem jeweiligen Einzelstreitwert entsteht, keine Aussage. Insbesondere spielt bei der Bestimmung von Wertgebühren die Termindauer keine Rolle.“

Schön, dass das LSG auf meine Ausführungen zur Berücksichtigung der Wartezeiten bei der Hauptverhandlungsdauer im Gerold/Schmidt Bezug nimmt. Ich werde mich revanchieren 🙂 und im Gerold/Schmidt und im RVG-Kommentar das LSG zitieren.