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StGB II: Versuchter Raub, oder: Wann geht es los, wenn man noch eine Maske aufsetzen will?

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Auch die zweite Entscheidung des Tages, der BGH, Beschl. v. 27.05.2020 – 5 StR 173/20, ist auch nicht mehr „taufrisch“. Er behandelt die Revision gegen ein LG Hamburg-Urteil. Das hat den Angeklagten u.a. wegen versuchten besonders schweren Raubes verurteilt. Das hat beim BGH keinen Bestand:

„Die Verurteilung wegen versuchten besonders schweren Raubes im Fall 2 hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Das Landgericht hat insoweit folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Nachdem der Angeklagte Ende Juni 2019 bei einem Raubüberfall auf eine Spielhalle 1.900 Euro erbeutet hatte (Fall 1), entschloss er sich wenige Tage später, diese erneut und nach dem gleichen Muster zu überfallen. Im Fall 1 hatte er das Gebäude um 23.50 Uhr durch den Hintereingang betreten und sich zunächst – noch unmaskiert – zur Herrentoilette begeben. Anschließend war er über die Treppe in die im Obergeschoss gelegene Spielhalle gelangt, wo er – mit einem hochgezogenen Halstuch maskiert – um 23.54 Uhr eine Spielhallenmitarbeiterin zur Öffnung des Tresors nötigte und das darin aufbewahrte Geld entwendete. Im Fall 2 scheiterte sein Tatplan, weil die Tür zum Hintereingang verschlossen war und der Angeklagte sich daher keinen Zugang zum Gebäude verschaffen konnte.

Das Landgericht hat die Tat als fehlgeschlagenen Versuch eines besonders schweren Raubes gewertet. Der Angeklagte habe mit dem Versuch, die Tür zum Hintereingang des Gebäudes zu öffnen, unmittelbar zur Tat angesetzt. Denn die Tatbestandsausführung hätte bei ungestörtem Fortgang in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Tür gestanden.

2. Diese Annahme begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Der Täter setzt dann im Sinne des § 22 StGB unmittelbar zur Verwirklichung des Tatbestandes an, wenn er aus seiner Sicht die Schwelle zum „jetzt geht’s los“ überschreitet. Das ist der Fall, wenn er eine Handlung vornimmt, die nach dem Tatplan in ungestörtem Fortgang ohne Zwischenschritte unmittelbar in die Tatbestandsverwirklichung einmünden oder in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen soll (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 16. September 1975 – 1 StR 264/75; BGHSt 26, 201, 203 f.; Beschluss vom 28. April 2020 – 5 StR 15/20 mwN).

Gemessen daran hat der Angeklagte mit dem (vergeblichen) Versuch, die Hintertür zu öffnen, die Schwelle zum „jetzt geht’s los“ noch nicht überschritten. Denn ausweislich seiner vom Landgericht als glaubhaft bewerteten Einlassung hätte er sich nach dem Betreten des Gebäudes – „genauso wie bei der ersten Tat“ – noch in den Toilettenbereich begeben und maskieren müssen. Unter Berücksichtigung der im Fall 1 festgestellten Zeitspanne bis zum Beginn der tatbestandlichen Handlungen von mehreren Minuten stellt der Aufenthalt im Toilettenbereich einen beachtlichen Zwischenakt dar. Dass das Öffnen der Tür zum Hintereingang – nach der Vorstellung des Angeklagten – unmittelbar in die Verwirklichung des Tatbestandes einmünden sollte, wird mithin nicht von den Urteilsfeststellungen getragen.

3. Der Senat schließt aus, dass weitere, das unmittelbare Ansetzen tragende Feststellungen getroffen werden können. Es hat den Angeklagten daher aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf des versuchten besonders schweren Raubes insoweit freigesprochen (§ 354 Abs. 1 StPO). Dies zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs und der Anordnung der Einziehung des als Tatmittel im Fall 2 eingezogenen Baseballschlägers nach sich. Der Angeklagte ist somit wegen besonders schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt…..“