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Vollzug II: Treulich ausgeführt zur Bruderhochzeit?, oder: Was schert die JVA Burg die Auffassung der StVK?

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Die zweite Entscheidung kommt – wie gesagt – auch vom OLG Naumburg.

Es handelt sich um den OLG Naumburg, Beschl. v. 18.06.2024 – 1 Ws 254/24 RB-Vollzug. In der Entscheidung hat das OLG noch einmal wegen einer Genehmigung zur Ausführung eines Strafgefangenen aus wichtigem Anlass, nämlich der Hochzeit des Bruders, Stellung genommen.

Die JVA Burg hatte diesen Antrag zunächst am 06.03,2024 mündlich abgelehnt, Die StVK hatte am  27.03.2024 die Ablehnungsentscheidung aufgehoben und die Sache zur Neubescheidung über den Ausführungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer, wonach der Anwendungsbereich des § 46 JVollzGB I LSA eröffnet sei, da es sich bei der Hochzeit des Bruders um einen wichtigen Anlass im Sinne dieser Vorschrift handele, zurückverwiesen. Die JVA Burg lehnte den Ausführungsantrag dann am 11.04. 2024 erneut ab, da es sich bei der Hochzeit des Bruders des Antragstellers nicht um einen wichtigen Anlass im Sinne des § 46 JVollzGB I LSA handele.

Hiergegen wandte sich der Antragsteller dann mit einem erneuten Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 12.04.2024, beim LG eingegangen am 15.04.2024. Auf diesen Antrag hob das LG mit einem ersichtlich fälschlich auf den 24.03.2024 datierten, tatsächlich am 24.04.2024 erlassenen Beschluss die Entscheidung der JVA Burg vom 11.04.2024 auf und verpflichtete diese, den Antragssteller zur Hochzeit seines Bruders auszuführen. Gegen den ihr am 24.04.2024 zugestellten Beschluss wendet sich die JVA Burg dann mit ihrer Rechtsbeschwerde vom 24.05.2024, die am selben Tag beim LG einging und mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde als unzulässig angesehen bzw. ansehen müssen:

„Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung begehrte der Antragsteller die Ausführung zur Hochzeit seines Bruders. Diese Hochzeit hat jedoch bereits am 4. Mai 2024 stattgefunden. Damit hatte sich der Verfahrensgegenstand nach der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer, aber vor Einlegung der Rechtsbeschwerde erledigt. In diesem Fall ist die Rechtsbeschwerde unzulässig (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 12. Dezember 2019 – 2 Ws 172/19 Vollz –, Rn. 16; Arloth in Arloth/Kräh, StVollzG, 5. Auflage, § 116 Rn. 2).

Ergänzend merkt der Senat an, dass entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin durch die rechtskräftige Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 27. März 2024, mit der die Beschwerdeführerin unter Beachtung der Rechtauffassung der Kammer zur Neubescheidung verpflichtet wurde, im Hinblick auf diese Rechtsauffassung Bindungswirkung eingetreten ist (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 12. April 2021 – 2 Ws 167/20 Vollz –, Rn. 26, zitiert nach juris). Die Beschwerdeführerin wäre daher verpflichtet gewesen, bei ihrer erneuten Entscheidung über den Ausführungsantrag die Auffassung der Strafvollstreckungskammer, es handele sich bei der Hochzeit des Bruders um einen wichtigen Anlass im Sinne des § 46 JVollzGB I LSA, zugrunde zu legen.“

Das Verhalten/die Vorgehensweise der JVA Burg ist schon – gelinde ausgedrückt – „keck“. Denn: Da kassiert man sofort wegen der Ablehnung eine Abfuhr bei der StVK und soll „unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer“ neu entscheiden, was man aber offenbar nicht tut, sondern den Antrag erneut ablehnt. Als dann das passiert, was passieren musste, nämlich auf Antrag des Gefangenen eine erneute Abfuhr, nimmt man das nicht hin, sondern geht in die Rechtsbeschwerde. Die legt man aber nicht so zeitig ein, dass noch vor dem Ereignis, für das die Ausführung beantragt worden ist, entschieden werden kann. Nein, man wartet – genüsslich? – einen Monat und legt dann Rechtsbeschwerde ein. Deren Unzulässigkeit nimmt man – offenbar gern – in Kauf. Hat man doch das Ziel: Nämlich keine Ausführung des Gefangenen zur Hochzeit seines Bruders erreicht. Dass man dadurch die Rechte des Gefangenen missachtet und zu Lasten der Landeskasse auch noch unnötige Kosten verursacht hat, nimmt man in Kauf. Man ist ja mit dem Kopf durch die Wand.

Wie gesagt: Gelinde ausgedrückt – „keck“. Mir fielen noch andere Bezeichnungen ein. Aber die verkneife ich mir lieber.

Haft III: Entscheidung über Vollzugslockerungen, oder: Haftbefehl wegen Fluchtgefahr

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Und zum Schluss dann der OLG Celle, Beschl. v. 18.07.2024 – 1 Ws 159/24 (StrVollz). An dem Aktemnzeichen sieht man: Es geht um Strafvollzug.

Die JVA hatte Vollzugslockerungen während des Vollzuge einer Maßregel abgelehnt. Dagegen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, den die StVK zurückgewiesen hat. Sie hatte ich u.a. darauf bezogen, dass aufgrund des Fortgangs eines Auslieferungsverfahrens die Gefahr eines Lockerungsmissbrauchs sowie ein erhöhter Fluchtanreiz bestehe.

Dagegen die Rechtsbeschwerde des Verurteilten, die keinen Erfolg hatte. Die StVK hatte zwar mangelhaft begründet, aber:

„2. Der angefochtene Beschluss beruht indes nicht auf den aufgezeigten Begründungsmängeln, weil die Entscheidungen der Strafvollstreckungskammer und der Antragsgegnerin im Ergebnis richtig sind und aus rechtlichen Gründen keine andere Entscheidung in Betracht kam.

Denn der Erlass eines auf Fluchtgefahr gestützten Haftbefehls führt dazu, dass auch die Vollzugsbehörde bei der Entscheidung über Lockerungen vom Vorliegen von Fluchtgefahr ausgehen muss und sich ihr diesbezüglicher Beurteilungsspielraum auf Null reduziert (KG, Beschluss vom 13. April 2006 – 5 Ws 70/06 Vollz –, juris). Die Gewährung von Vollzugslockerungen ist mit einem gleichzeitig bestehenden, auf Fluchtgefahr gestützten Haftbefehl unvereinbar (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11. Februar 2020 – 1 Ws 20/20 –, Rn. 13, juris; OLG Braunschweig, Beschluss vom 16. Dezember 2019 – 1 Ws 299/19 –, Rn. 8, juris; OLG Jena, Beschluss vom 23. Januar 2019 – 1 Ws 13/19 –, Rn. 19, juris; KG, Beschluss vom 31. März 2017 – 5 Ws 81/17 –, Rn. 14, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28. Januar 2002 – 3 Ws 15/02 –, Rn. 7, juris; OLG Bremen, Beschluss vom 11. Oktober 1999 – Ws 153/99 –, juris).

Die Antragsgegnerin musste deshalb im vorliegenden Fall – in dem sich die Fluchtgefahr als Haftgrund der vom Oberlandesgericht angeordneten Auslieferungshaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 IRG) zumindest dem Gesamtzusammenhang des angefochtenen Beschlusses entnehmen lässt – die zuvor gewährten Vollzugslockerungen zwingend gemäß §§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG i. V. m. § 15 Abs. 1 Nds. MVollzG widerrufen.“

Vollstreckung III: Widerruf von Vollzugslockerungen, oder: Begründung der Ermessensentscheidung

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nd dann zum Schluss des Tages noch der LG Zweibrücken, Beschl. v. 23.08.2023 – 2 StVK 241/23 Vollz. Der Beschluss ist schon etwas älter, heute „passt2 er aber.

Es geht in der Entscheidung um den Widerruf von Vollzugslockerungen als Disziplinarmaßnahme. Das LG hat den als rechtwidrig angesehen:

„…..

Letztlich kommt es darauf nicht an, denn die Antragsgegnerin hat es zunächst versäumt, die Vorschrift des § 101 Abs. 4 LJVollzG zu prüfen, wonach begünstigende Maßnahmen – und um eine solche begünstigende Maßnahme handelt es sich bei der Gewährung von Vollzuglockerungennur aufgehoben werden dürfen, wenn die vollzuglichen Interessen an der Aufhebung in Abwägung mit dem schutzwürdigen Vertrauen der Betroffenen auf den Bestand der Maßnahmen überwiegen. Die insoweit vom Gesetz geforderte Interessenabwägung hat die Antragsgegnerin nicht vorgenommen – jedenfalls findet sich hierzu nichts in der angegriffenen Verfügung-.

Das Gericht hat darüber hinaus jedoch nach § 115 Abs. 5 StVollzG, soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, auch zu prüfen, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Bei dem Widerruf nach § 101 Abs. 3 LJVollzG handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, was bereits der Wortlaut der Vorschrift (begünstigende Maßnahmen „können“ widerrufen werden) klarstellt. Ausweislich der angegriffenen Verfügung hat die Antragsgegnerin aber von dem ihr zustehenden Ermessen hinsichtlich des Widerrufs keinerlei Gebrauch gemacht. So führt die Antragsgegnerin, nachdem sie kurz festhält, warum die materiellrechtlichen Voraussetzungen eines Widerrufs gegeben seien, lediglich aus, dass die Lockerungen nach § 101 Abs. 3 Nr. 1 LJVollzG widerrufen werden. Die Annahme ist gerechtfertigt, dass sich die Antragsgegnerin des ihr zustehende Ermessen bei der Entscheidung über den Widerruf nicht bewusst war und sie dieses deshalb nicht ausgeübt hat. Insoweit liegt ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs als Unterfall eines beachtlichen Ermessensfehlers auf Seiten der Antragsgegnerin vor, zu dessen Prüfung die Kammer nach § 115 Abs. 5 StVollzG veranlasst ist. Es finden sich in der angegriffenen Verfügung keinerlei erforderliche Ausführungen zum Gebrauch des der Antragsgegnerin zustehenden Ermessens. Dies gilt umso mehr, als dass in die anzustellenden Ermessenserwägungen wiederum die in die Abwägung nach § 101 Abs. 4 LJVollzG einzustellenden Umstände einzufließen haben, welche die Antragsgegnerin wie ausgeführt gänzlich nicht behandelt hat.

Die Antragsgegnerin hat zwischenzeitlich im gerichtlichen Verfahren zwar ihre Rechtsaulfassung deutlich gemacht, dass § 101 Abs. 4 LJVollzG bei der Prüfung des Widerrufs der Lockerungseignung zu beachten ist und dazu im Fall des Antragstellers näher begründet, warum der Vorfall veranschaulicht, dass eine notwendige Absprachefähigkeit, welche für die Gewährung von Vollzugslockerungen erforderlich ist, aus ihrer Sicht noch nicht in ausreichendem Maße gegeben ist (BI. 47-48 d.A.).

Die Ermessensentscheidung muss jedoch zum Zeitpunkt des Erlass der Entscheidung ausreichend begründet werden. Es besteht daher nicht nur eine Aufklärungsverpflichtung, sondern auch eine Begründungspflicht, die Grundlagen der Entscheidung sind im Einzelnen wiederzugeben. Genügt die Begründung den Anforderungen nicht, kann sie weder durch ergänzenden Vortrag der Vollzugsbehörde im gerichtlichen Verfahren, noch durch eigene Ermittlungen der Strafvollstreckungskammer ersetzt werden (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.05.2017 -1 Ws 235/16 Vollz, Rn. 17; KG, Beschluss vom 27.02.2014 – 2 Ws 55/14 Vollz, Rn. 25; OLG Hamburg, Beschluss vom 09.01.2020 – 5 Ws 61/19 Vollz, Ls. 2). Teilt die Antragsgegnerin mit, das ggf. Vorliegen von vorherigen Hausordnungsverstößen fließe grundsätzlich immer im Rahmen des Ermessens mit in die Entscheidung ein, die Tatsache, dass dies nicht verschriftet wurde kein,Beleg für ein unzulässiges Nachschieben von Gründen sei, trifft dies bei der Kammer nicht auf Zustimmung. Etwas anderes könnte vielleicht dann gelten, wenn es im konkreten Fall lediglich darum ginge, eine gedanklich bereits existierende, lediglich aus Zeitgründen nicht schriftlich ausgeführte Begründung nachträglich zu fixieren (KG, a.a.O). So liegt der Fall hier jedoch nicht. Es ist aus Sicht der Kammer, wie bereits dargelegt, nun nicht mehr nachvollziehbar, ob sich die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerruf der Lockerungseignung bewusst gewesen ist, dass ihr ein Ermessensspielraum zukommt und welche Gesichtspunkte maßgeblich waren. Dies darf sich nicht zum Nachteil der Antragstellerin auswirken (KG, a.a.O.).“

Strafvollzug II: Bestellung eines Kosmetikspiegels, oder: Kosmetikspiegel sind keine Mittel zur Körperpflege

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In der zweiten Entscheidung des Tages, dem OLG Celle, Beschl. v. 13.07.2023 – 1 Ws 180/23 (StrVollz) – geht es um den Kauf/die Bestellung eines Kosmetikspiegels durch einen Gefangenen. JVA und StVK haben das abgelehnt. Dagegen dann die Rechtsbeschwerde, die Erfolg hatte:

„Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Denn die Kammer hat ihre rechtliche Überprüfung an einer nicht einschlägigen Norm vollzogen. Sie stützt sich – wie auch die Antragsgegnerin – auf § 24 Abs. 1 S. 1 NJVollzG, wonach Gefangene sich aus einem von der Vollzugsbehörde vermittelten Angebot Nahrungs- und Genussmittel sowie Mittel zur Körperpflege kaufen dürfen. Die Regelung dient dazu, die Kontrollmöglichkeiten der Anstalt zu gewährleisten (vgl. Arloth/Krä, 5. Aufl., § 22 StVollzG Rn. 2), welche bei solchen Gegenständen besonderen Aufwand bedürfen. Insoweit kann die Anstalt nicht nur den Zeitraum und die Anzahl, sondern auch die Art und Weise des Einkaufs innerhalb des eröffneten Ermessensspielraums regeln. Auf bestimmte Gegenstände hat ein Gefangener keinen Anspruch (vgl. OLG Frankfurt am Main, ZfStrVo SH 1979, 33; OLG Saarbrücken. BeckRS 2016, 09800).

Bei einem Kosmetikspiegel handelt es sich jedoch nicht um einen der in § 24 Abs. 1 S. 1 NJVollzG genannten Gegenstände. Insbesondere handelt es sich nicht um ein Mittel zur Körperpflege. Weder den Gesetzesmaterialien zu § 24 NJVollzG noch denen des diesem als Vorlage dienenden § 22 StVollzG ist zu entnehmen, welche konkreten Gegenstände der jeweilige Gesetzgeber im Sinn gehabt hat. Schon der allgemeine Sprachgebrauch deutet darauf hin, dass es sich – anders als bei Gegenständen zur Körperpflege – um solche Produkte handelt, die unmittelbar im oder am Körper Verwendung finden (vgl. OLG Hamm, ZfStrVo 1988, 311). Die Systematik der Norm in Form der dort aufgestellten Vergleichbarkeit mit Nahrungs- und Genussmitteln legt zudem nahe, dass es sich bei Körperpflegemitteln um solche Mittel handeln muss, die einen ähnlichen Kontrollaufwand zur Folge haben, wie es etwa bei Zahnpasta (vgl. Arloth/Krä, a.a.O., Rn. 2a) oder Cremes und Lotionen der Fall wäre. Der Senat verkennt dabei nicht, dass in der Rechtsprechung auch Rasierklingen unter den Begriff der Körperpflegemittel subsumiert worden sind (vgl. OLG Dresden, BeckRS 2018, 15218). Ob der Senat diese Auffassung teilt, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Anders als Rasierklingen findet die Verwendung eines Kosmetikspiegels jedenfalls nicht unmittelbar am Körper statt.

Ob der Antragsteller einen Anspruch auf Bestellung eines Kosmetikspiegels geltend machen kann richtet sich deshalb nach § 21 NJVollzG. Zwar regelt dieser unmittelbar nur den Besitz von Ausstattungsgegenständen und äußert sich nicht zu den Möglichkeiten des Gefangenen, sich die fraglichen Sachen zu beschaffen. Es liegt jedoch auf der Hand, dass diesem Recht auch ein Anspruch auf Einkauf zulässiger Ausstattungsgegenstände entsprechen muss. Anderenfalls würde die Befugnis zur Ausstattung des Haftraums mit eigenen Sachen weitgehend leerlaufen; der Gefangene wäre auf die Zuwendungen von Angehörigen angewiesen oder auf solche Ausstattungsgegenstände beschränkt, die er schon beim Strafantritt mitgebracht hat. Eine derartige Einschränkung des  Anspruchs aus § 21 NJVollzG würde der Intention des Gesetzes nicht gerecht. Soweit es um die Beschaffung von nach § 21 NJVollzG zulässigen Ausstattungsgegenständen geht, muss die Vollzugsbehörde den Einkauf demnach gestatten (vgl. OLG Zweibrücken, NStZ 1986, 477). Dass der Antragsteller über einen Wandspiegel im Nassbereich seiner Zelle verfügt, stellt dabei einen unbeachtlichen Umstand dar (vgl. zur ähnlichen Konstellation des Kaufs einer Leselampe bei bereits ausreichender Beleuchtung im Übrigen OLG Celle, NStZ 1981, 238).“r. 8, 52, 60, 63 Abs. 3 Nr. 2, 65 GKG.“

Strafvollzug I: Menschenwürdige Unterbringung, oder: Anforderungen an den Haftraum

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Und ich starte in die neue Woche mit zwei OLG-Entscheidungen zum Strafvollzug.

Die erste kommt aus Bayern. Das BayObLG hat im BayObLG, Beschl. v. 19.07.2022 – 203 StObWs 249/22 – Stellung genommen zur Frage der menschenunwürdigen Unterbringung.

Auszugehen war von folgendem Sachverhalt:

„Der Antragsteller hat im gegenständlichen Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer mit Schreiben vom 1. November 2020 zunächst die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung im Haftraum C II der Justizvollzugsanstalt (JVA) Kaisheim, die Feststellung eines Anspruchs auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 100.- Euro täglich fortlaufend ab dem 21. September 2020 und eine Verlegung in eine andere Zelle beantragt. Zudem hat er einen Amtshaftungsanspruch geltend gemacht. Mit Schreiben vom 15. Februar 2021 hat er beantragt, die Rechtswidrigkeit der Unterbringung im Haftraum C II sowie der Lochbleche vor dem Fenster im Haftraum DK 15  festzustellen, die Justizvollzugsanstalt zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 860.- Euro und 1290.- Euro sowie von 15.- Euro täglich ab dem 3. November 2020 zu verpflichten, und den Antrag auf Verlegung für erledigt erklärt.

Der Antragsteller verbüßt derzeit eine Freiheitsstrafe. Vom 21. September bis zum 2. November 2020 befand er sich als alleiniger Insasse im Haftraum C II 26 in der Justizvollzugsanstalt Kaisheim (im Folgenden: Antragsgegnerin). Bei der Zelle handelt es sich um einen Einzelhaftraum im zweiten Stock des Zellenneubaus der Einrichtung. Ihre Grundfläche beträgt nach dem Vortrag des Antragstellers mindestens 7,58 qm, nach der Berechnung der Antragsgegnerin 8,04 qm. Das im Raum integrierte WC ist baulich nicht abgetrennt und verfügt nicht über eine gesonderte Abluftvorrichtung. Der Haftraum weist in einer Brüstungshöhe von etwa 180 cm ein Oberlichtfenster mit einer Gesamtfläche von etwa 1,30 qm auf. Ein Fensterflügel, der nach den Angaben des Antragstellers in einer seinem Schreiben vom 22. Oktober 2021 beigefügten Skizze mit mindestens 40 x 80 cm etwa ein Drittel der Fensterfront bildet, kann zur Belüftung geöffnet werden. Die übrigen zwei Drittel des Fensters sind nicht zu öffnen und bestehen aus einer Glasscheibe.  Zum Schutz vor Überwürfen ist vor dem Fenster ein Vorsatzgitter angebracht. Im verfahrensrelevanten Zeitraum war der Antragsteller bis zum 19. Oktober 2020 ohne Beschäftigung und befand sich ab dem 20. Oktober 2020 regelmäßig wöchentlich 36 Stunden und 45 Minuten im Arbeitsbetrieb. Die Aufschlusszeiten einschließlich der Aufenthaltsmöglichkeit im Freien betrugen außerhalb der Arbeitswochen von Montag bis Freitag insgesamt 5 Stunden 30 Minuten und am Wochenende 6 Stunden 30 Minuten. Die Reinigung mittels ihm zur Verfügung gestellten Reinigungsmitteln und die Belüftung des Haftraumes oblagen dem Gefangenen. Nachdem der Antragsteller am 30. Oktober 2020 der Antragsgegnerin seine Bedenken gegen die Bedingungen seiner Unterbringung in einem Gespräch mitgeteilt hatte, wurde er am 2. November 2020 in einen anderen Haftraum verlegt.

Der Antragsteller ist der Auffassung, sein Aufenthalt im Raum C II 26 sei aufgrund der Größe des Raumes und der Installation des WCs ohne Abluftvorrichtung und ohne bauliche Abtrennung mit der Menschenwürde nicht vereinbar gewesen und müsse mit einer Geldzahlung ausgeglichen werden. Er hält zudem ein Oberlichtfenster generell für unzulässig. Der Einbau hätte auch nicht den DIN-Vorgaben entsprochen. Das Fensterglas wäre nur mit einfachem Kitt befestigt gewesen. Das Fenster hätte zudem keine ausreichende Belichtung und Beleuchtung des Raumes zugelassen. Selbst bei Tag wären das Lesen und Schreiben nicht ohne künstliche Beleuchtung möglich gewesen. Die Aufschlusszeiten stellten sich ebenfalls als menschenunwürdig dar.

Die Antragsgegnerin ist dem Vorwurf einer menschenunwürdigen Unterbringung in ihrer Anstalt entgegengetreten. Die von ihr vorgetragene und mit einem Grundriß unterlegte Raumgröße von 8,04 qm, die von ihr dargestellte Ausstattung des Haftraumes und die von ihr detailliert aufgeführten Aufschlusszeiten entsprächen den Anforderungen an einen menschenwürdigen Strafvollzug. Die Gesamtfläche des Fensters würde 1,30 qm betragen.  Die Vorsatzgitter seien erforderlich geworden, nachdem Betäubungsmittel und Kommunikationsmittel in die Fenster der Anstalt hineingeworfen worden wären. Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter hätte die Gitter als gerechtfertigt beurteilt.

Der Verurteilte hatte im Verfahren keinen Erfolg. Hier die Leitsätze des BayObLG:

1. Die Frage nach der Menschenwürdigkeit der Unterbringung von Strafgefangenen hängt stets von einer Gesamtschau der tatsächlichen, die Haftsituation bestimmenden Umstände ab. Eine maßgebliche Bedeutung kommt der Größe und Belegung des Raumes, der Lage und Größe des Fensters, der Ausstattung und Belüftung des Haftraums, den hygienischen und klimatischen Verhältnissen, der Heizung, der Luftmenge und der Beleuchtung, dem Zugang zum Freistundenhof oder zu Frischluft und Tageslicht zu. Längere Aufschlusszeiten sind geeignet, mögliche Defizite zu kompensieren.

2. Auch wenn die Europäischen Strafvollzugsgrundsätze neben dem Erfordernis einer Sichtverbindung nach außen auch vorsehen, dass die Fenster zulassen, dass die Gefangenen unter normalen Bedingungen bei Tageslicht lesen und arbeiten können, führt eine Feinvergitterung nicht ohne weiteres dazu, eine Unterbringung als menschenunwürdig zu qualifizieren. Auch insoweit kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.