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Strafvollzug II: Ausführung des Strafgefangenen zum Urologen, oder: So geht es nicht

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Die zweite Strafvollzugsentscheidung hat mir die Kollegin Brenner aus Saarlouis geschickt. Das OLG Saarbrücken behandelt in dem OLG Saarbrücken, Beschl. v. 25.08.2020 – Vollz (Ws) 4/20 – die mit der Ausführung eines Strafgefangenen zu einem Artbesuch – hier war es ein Urologe – zusammenhängenden Fragen.

Es geht um folgenden Sachverhalt:

„Am 16.10.2017 wurde der Antragsteller auf Veranlassung der Anstaltsärztin zu dem Facharzt für Urologie Dr. pp. in Saarbrücken ausgeführt. Hierbei musste er Anstaltskleidung tragen und wurde durch zwei uniformierte Vollzugsbeamte begleitet, die auch bei der fachärztlichen Untersuchung (rektal durchgeführte Tastuntersuchung der Prostata), der Diagnosebesprechung und beim Arztgespräch ohne jedwede optische und/oder akustische Abtrennungsmaßnahmen durchgehend im Behandlungszimmer anwesend waren. Diese konkrete Art und Weise der Ausführung beruhte nicht auf einer einzelfallbezogenen Ermessensentscheidung der Anstalts- oder Vollzugsabteilungsleitung. Vielmehr entsprach sie, soweit es die Ausführung in Anstaltskleidung anbelangt, einer generellen Handlungsanweisung für alle Strafgefangenen ohne Lockerungsgewährungen gemäß §§ 38, 39 SLStVoIIzG, die der — von dem Antragsteller bestrittenen — Behauptung des Antragsgegners zufolge vorsieht, dass Strafgefangene, bei deren Ausführung keine Fesselung angeordnet ist, auf Antrag in Privatkleidung ausgeführt werden können. Einen solchen Antrag hatte der Antragsteller, bei dem eine Fesselung bei Ausführungen nicht angeordnet war, nicht gestellt. Soweit es die Aus-führung durch uniformierte Vollzugsbeamte und deren Anwesenheit bei der ärztlichen Untersuchung, der Diagnosebesprechung sowie beim Arztgespräch betrifft, entsprach dies der generellen Handhabung in der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken.“

Gegen diese Ausführung hat sich der Strafgefangene gewehrt. Und er hat dann bei der StVK und beim OLG nach längerem Hin und Her Recht bekommen:

2. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist bereits mit der erhobenen Sachrüge begründet, so dass es auf die Verfahrensrüge nicht ankommt. Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners ist hingegen unbegründet……

a) Der als Feststellungsantrag gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist — wie die Strafvollstreckungskammer zutreffend angenommen hat — zulässig…..

b) Der Feststellungsantrag ist auch in vollem Umfang begründet. Die konkrete Ausgestaltung der am 16.10.2017 erfolgten Ausführung des Antragstellers zu einem Facharzt für Urologie war in dem von dem Antragsteller beanstandeten Umfang rechtswidrig.

aa) Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 SLStVoIIzG kann den Gefangenen das Verlassen der Anstalt unter ständiger und unmittelbarer Aufsicht gestattet werden, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist (Ausführung). Auch eine außerhalb des Strafvoll-zugs erforderliche Behandlung eines Strafgefangenen (§ 63 Abs. 1 SLStVoIIzG) kann im Wege der Ausführung erfolgen (vgl. Begründung zu § 63 des Gesetzentwurfs der Regierung des Saarlandes zur Neuregelung des Vollzugs der Freiheitsstrafe im Saar-land, LT-Drucks. 15/386, S. 107).

Die Art und Weise der Ausführung eines Gefangenen i. S. des § 41 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 SLStVoIIzG, insbesondere die hierbei zu treffenden Sicherungsmaßnahmen — also z. B. auch das Tragen von Anstaltskleidung oder Privatkleidung durch den Gefangenen, das Tragen von Uniform oder Privatkleidung durch die den Gefangenen hierbei begleitenden Vollzugsbediensteten und die Anwesenheit der Vollzugsbediensteten im ärztlichen Behandlungszimmer —, hängt von einer im konkreten Einzelfall zu treffenden Ermessensentscheidung des Anstaltsleiters ab; er hat die nach den konkreten Um-ständen des jeweiligen Einzelfalls erforderlichen Sicherungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Gefangenen sowie unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu treffen (vgl. Begründung zu § 41 des Gesetz-entwurfs der Regierung des Saarlandes zur Neuregelung des Vollzugs der Freiheits-strafe im Saarland, LT-Drucks. 15/386, S. 93 f.; BVerfG NStZ 2000, 166 f. — juris Rn. 917; Hanseatisches OLG Hamburg NStZ-RR 2014, 95 f. für den Fall der Ausführung eines Sicherungsverwahrten durch uniformierte Vollzugsbedienstete; Senatsbeschluss vom 10. Januar 2019 – Vollz (Ws) 18/18 -; Laubenthal in: Laubenthal/ Nestler/Neubacher/Nerrel, a. a. O., Abschn. E Rn. 162; Arloth/Krä, a. a. O., § 11 StVollzG Rn. 5, § 12 StVollzG Rn. 3, § 41 SLStVollzG Rn. 1, § 41 SächsStVollzG Rn. 1; Lau-benthal in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, Strafvollzugsgesetze, 7. Aufl., Kap. 6 A Rn. 4; Harrendorf/Ullenbruch in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, a. a. O., Kap. 10 C Rn. 7).

Der gerichtlichen Überprüfung unterliegt daher gemäß § 115 Abs. 5 StVollzG (i. V. mit § 118 Satz 2 Nr. 2 SLStVollzG) lediglich, ob der Anstaltsleiter die konkrete Art und Weise der Ausführung des Antragstellers zu einem Facharzt vom 16.10.2017 rechtsfehlerfrei getroffen hat, ob er also von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, die gesetzlichen Begriffe richtig angewendet, von dem ihm zustehenden Ermessen überhaupt Gebrauch gemacht, die Grenzen des Ermessens eingehalten und von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BGHSt 30, 320 ff. — juris Rn. 11; Senatsbeschlüsse vom 26. März 2014 – Vollz (Ws) 11/14 – und vom 18. April 2016 ¬Vollz (Ws) 13/14 -; Bachmann, a. a. O., Abschn. P Rn. 83 ff. m. w. N.; Arloth/Krä, a. a. O., § 115 Rn. 13 ff.; vgl. auch zu der § 115 Abs. 5 StVollzG entsprechenden Vorschrift des § 28 Abs. 3 EGGVG: Senatsbeschlüsse vom 15. Juni 2015 – VAs 7/15 – und vom 6. Oktober 2015 – VAs 14-15/15 -). Der gerichtlichen Überprüfung unterliegt demgemäß insbesondere auch, ob die Ausführung des Antragstellers in Anstaltskleidung durch uniformierte Vollzugsbeamte sowie deren Anwesenheit bei der ärztlichen Behandlung des Antragstellers durch Gründe der Sicherheit, insbesondere die Gefahr des Entweichens des Antragstellers, gerechtfertigt war und bei der Entscheidung auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. mit Art. 1 Abs. 1 GG), namentlich sein erkennbares Interesse, im Rahmen eines Arztbesuchs nicht ohne sachlichen Grund als Strafgefangener stigmatisiert zu werden, berücksichtigt wurde (Senatsbeschluss vom 10. Januar 2019 – Vollz (Ws) 18/18 -).

aaa) Mit Recht hat die Strafvollstreckungskammer angenommen, dass die Ausführung des Antragstellers, soweit er hierbei Anstaltskleidung tragen musste und von uniformierten Vollzugsbeamten begleitet wurde, schon deshalb rechtswidrig war, weil es in-soweit an einer im konkreten Einzelfall getroffenen Ermessensentscheidung des Antragsgegners des erstinstanzlichen Verfahrens von vornherein gefehlt hat. Die generelle Handlungsanweisung, wonach Strafgefangene, denen keine Lockerungen gemäß §§ 38, 39 SLStVollzG gewährt werden, grundsätzlich in Anstaltskleidung ausgeführt werden sowie der Umstand, dass Arztausführungen durch uniformiertes Personal der „generellen Handhabung“ in der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken entsprechen, vermögen die gebotene Einzelfallprüfung nicht zu ersetzen. Das gilt selbst dann, wenn — wie der Antragsgegner des erstinstanzlichen Verfahrens behauptet hat — solche Gefangene, soweit bei ihrer Ausführung — wie bei dem Antragsteller — keine Fesselung angeordnet ist, auf einen entsprechenden Antrag in Privatkleidung und möglicherweise auch durch nicht uniformierte Vollzugsbeamte ausgeführt werden können.

(1) Abgesehen davon, dass die in der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken einsitzenden Strafgefangenen auf die Möglichkeit der Ausführung durch nicht uniformierte Bedienstete überhaupt nicht hingewiesen werden, und es jedenfalls fraglich erscheint, ob der in der Hausordnung sowie in der (bei der Interessenvertretung der Strafgefangenen erhältlichen) „Gelben Mappe“ enthaltene Hinweis auf die Möglichkeit einer Erlaubnis zum Tragen privater Kleidung ausreicht, um die Strafgefangenen in die Lage zu versetzen, von ihrem Antragsrecht auch Gebrauch zu machen, wäre eine solche, lediglich antragsabhängige Prüfung der im konkreten Einzelfall erforderlichen Sicherungsmaß-nahmen zur Wahrung des berechtigten Interesses des Antragstellers, im Rahmen eines Arztbesuchs nicht ohne sachlichen Grund als Strafgefangener stigmatisiert zu werden, nicht ausreichend. Die Verpflichtung zum Tragen einer einheitlichen Anstaltskleidung, die von Strafgefangenen regelmäßig als Selbstwertkränkung und Deprivation empfunden wird, stellt eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. mit Art. 1 Abs. 1 GG dar (vgl. BVerfG NStZ 2000, 166 f. — juris Rn. 14 ff.). Verfassungsrechtlich geboten ist es daher zumindest, bei einer Ausführung das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Strafgefangenen bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen und hierbei seinem Interesse, in einer von ihm als angemessen empfundenen Kleidung ausgeführt zu werden, Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, a. a. O., juris Rn. 17). Ebenso verhält es sich hinsichtlich der Ausführung durch uniformierte Vollzugsbedienstete (vgl. OLG Hamburg NStZ-RR 2014, 95 f.). Generelle Handlungsanweisungen und eine generelle Handhabung sind nicht geeignet, diese verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte eines Strafgefangenen einzuschränken.

(2) Gleiches gilt, soweit sich der Antragsgegner bezüglich der Ausführung durch uniformierte Vollzugsbedienstete auf geltende Dienst- und Bekleidungsvorschriften sowie auf einen organisatorischen und gegebenenfalls personellen Mehraufwand — in der Regel würden mehrere Fahrten von Strafgefangenen zu niedergelassenen Arztpraxen pro Tag durch Beamte des Fahrdienstes durchgeführt, die dann mehrmals pro Tag zwischen Dienst- und Privatkleidung wechseln müssten — beruft. Zwar weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass bei der Prüfung der Notwendigkeit der Ausführung auch die personellen und organisatorischen Möglichkeiten der Strafanstalt zu berücksichtigen sind (vgl. Arloth/Krä, a. a. O., § 11 StVollzG Rn. 5 m. w. N.). Das ändert jedoch nichts daran, dass die Art und Weise der Ausführung — wie ausgeführt — einer einzelfallbezogenen Prüfung bedarf. Dementsprechend verpflichtet die AV des Ministeriums der Justiz Nr. 10/2013 vom 29.11.2013 (J 4400-107) zum Saarländischen Strafvollzugsgesetz in Abs. 1 VV zu § 41 SLStVoIIzG die Anstaltsleitung bei einer Ausführung zur Entscheidung über die „nach Lage des Falles“ erforderlichen besonderen Sicherungsmaßnahmen. Soweit der Antragsgegner meint, im vorliegenden Fall habe es der Antragsteller hinnehmen müssen, während des Aufenthalts in der Arztpraxis von Außenstehenden als Inhaftierter erkannt zu werden, weil „das Delikt des Antragstellers ohnehin mit einer öffentlichen Berichterstattung verbunden“ gewesen sei, trifft dies schon deshalb nicht zu, weil aus der öffentlichen Berichterstattung über die Taten, derentwegen der Antragsteller verurteilt wurde, nicht ohne Weiteres folgt, dass Dritte den ihnen nicht bekannten Antragsteller in der Öffentlichkeit wiedererkennen. Im Übrigen hätte dieser Umstand die gebotene Prüfung des Einzelfalls auch nicht entbehrlich gemacht.

(3) Schließlich hat bereits die Strafvollstreckungskammer mit Recht darauf hingewiesen, dass es selbst Strafgefangenen, die von der Möglichkeit, eine Ausführung in Privatkleidung durch nicht uniformierte Bedienstete zu beantragen, Kenntnis haben, praktisch kaum möglich wäre, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Denn nach dem unstreitigen Vorbringen des Antragstellers erlangen Strafgefangene — und so auch im vorliegenden Fall der Antragsteller am 16.10.2017 — von stattfindenden Ausführungen zu einem Arzt erst am Tag der Ausführung beim Wecken durch Vollzugsbeamte Kenntnis. Bei einer solchen Handhabung läuft das Recht der Strafgefangenen, einen entsprechenden Antrag zu stellen, von vornherein leer.

(4) Soweit der Antragsgegner im Rahmen der Begründung seiner Rechtsbeschwerde meint, die Strafvollstreckungskammer habe übersehen, dass über die Ausführungs-modalitäten im Rahmen der Vollzugsplanfortschreibungen entschieden worden sei, trifft dies nicht zu. Vielmehr wird im Vollzugs- und Eingliederungsplan nach dem eigenen Vorbringen des Antragsgegners lediglich darüber entschieden, ob Ausführungen mit oder ohne Fesselung erfolgen (vgl. §§ 9 Abs. 1 Nr. 16, 78 Abs. 2 Nr. 6 SLStVollzG).

bbb) Soweit im Rahmen der Ausführung des Antragstellers zum Facharzt für Urologie am 16.10.2017 die ihn begleitenden Vollzugsbeamten bei der ärztlichen Untersuchung, dem Arztgespräch und bei der Behandlung im Behandlungszimmer anwesend waren, gilt entgegen der Auffassung der Strafvollstreckungskammer nichts Anderes. Auch insoweit war die konkrete Art und Weise der Ausführung rechtswidrig, weil es an einer im konkreten Einzelfall getroffenen Ermessensentscheidung des Antragsgegners des erstinstanzlichen Verfahrens von vornherein gefehlt hat.

Zwar hat die Strafvollstreckungskammer zutreffend darauf hingewiesen, dass die Aus-führung nach der gesetzlichen Vorgabe des § 41 Abs. 1 Satz 1 SLStVoIIzG „unter ständiger und unmittelbarer Aufsicht“ zu erfolgen hat. Soweit sie angenommen hat, dieser Gesetzeswortlaut lasse „keinen Ermessensspielraum“ zu, so dass Begleitpersonen „während der gesamten Untersuchung im Arztzimmer anwesend sein müssen“, trifft dies indes nicht zu.

(1) Auch im Rahmen des Strafvollzugs sind die verfassungsrechtlich verbürgten Grundrechte der Strafgefangenen, insbesondere ihre Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. mit Art. 1 Abs. 1 GG), zu beachten. Die Verpflichtung der öffentlichen Gewalt zur Achtung und zum Schutz der Menschenwürde einer gefangenen Person setzt deren Behandlung im Rahmen des Strafvollzugs Grenzen. Auch im Strafvollzug ist der öffentlichen Gewalt jede Behandlung verboten, die die Achtung des Werts vermissen lässt, der jedem Menschen um seiner selbst willen zukommt (vgl. BVerfGE 109, 279, 313; BVerfG, Beschl. v. 13.11.2007 — 2 BvR 2354/04, juris Rn. 16). Ob eine bestimmte Maßnahme die Menschenwürde des betroffenen Strafgefangenen verletzt, hängt dabei von einer Gesamtschau der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls ab (vgl. zur Belegung und Ausgestaltung von Hafträumen: BVerfG, Beschl. v. 04.12.2019 — 2 BvR 1258/19, 2 BvR 1497/19, juris Rn. 56). Zudem gewährleistet das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch die Selbstbestimmung des Einzelnen über die Darstellung der eigenen Person. Der Einzelne soll selbst darüber befinden dürfen, wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit darstellen will und was seinen sozialen Geltungsanspruch ausmachen soll (vgl. BVerfG NStZ 2000, 166 f. — juris Rn. 15).

(2) Der in § 41 Abs. 1 Satz 1 SLStVollzG verwendete Begriff „unter ständiger und unmittelbarer Aufsicht“ ist entgegen der Auffassung der Strafvollstreckungskammer im Lichte dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben auslegungsbedürftig. Auch im Rahmen der Ausführung eines Strafgefangenen ist dessen berechtigtes Interesse, nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund einer Situation ausgesetzt zu werden, die sein Schamgefühl verletzt oder von ihm als demütigend und Kränkung seines Selbstwerts empfunden wird, zu berücksichtigen und diesem, soweit Sicherheitsbelange der Allgemeinheit nicht entgegenstehen, Rechnung zu tragen. So wird etwa ein Strafgefangener bei dem notwendigen Gang zur Toilette die persönliche Anwesenheit eines Vollzugsbediensteten während des Ausscheidungsvorgangs regelmäßig als Verletzung seines Schamgefühls empfinden. Diese Beeinträchtigung hat er nur dann hinzunehmen, wenn dies durch Sicherheitsbelange der Allgemeinheit, namentlich zwecks Vermeidung einer Missbrauchs- oder Fluchtgefahr, geboten ist. Die Beurteilung dessen, was zur Gewährleistung einer ständigen und unmittelbaren Aufsicht erforderlich ist, hängt daher von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, namentlich von dem von dem betroffenen Strafgefangenen ausgehenden Gefahrenpotential einerseits sowie von den örtlichen Gegebenheiten andererseits. Der Fall eines hochgradig gefährlichen, bereits wegen Geiselnahme verurteilten Strafgefangenen wird daher anders zu beurteilen sein als der Fall eines bislang lediglich wegen Vermögensdelikten verurteilten Strafgefangenen. Zudem ist zu berücksichtigen, welche konkreten Flucht-möglichkeiten an dem betreffenden Ort bestehen. Ist eine Fluchtmöglichkeit ausgeschlossen oder geht von dem Strafgefangenen keine Fluchtgefahr aus und ist eine Missbrauchsgefahr, insbesondere die Gefahr der erneuten Begehung von Straftaten, zu verneinen, so kann dem Erfordernis der ständigen und unmittelbaren Aufsicht nach den Umständen des Einzelfalls auch dadurch genügt sein, dass die den Strafgefangenen begleitenden Vollzugsbediensteten bei dessen Gang zur Toilette vor der Toilettentür warten. Andererseits kann bei auf der Hand liegender Flucht- oder Missbrauchs-gefahr das Ermessen dahin auf „Null“ reduziert sein, dass das Erfordernis der ständigen und unmittelbaren Aufsicht des Strafgefangenen nur durch die ununterbrochene persönliche Gegenwart der Vollzugsbediensteten im selben Raum gewährleistet ist.

(3) Nach Maßgabe dieser Grundsätze erweist sich die Ausführung des Antragstellers zum Facharzt für Urologie vom 16.10.2017 auch insoweit als rechtswidrig, als die ihn begleitenden Vollzugsbeamten während der ärztlichen Untersuchung, dem Arztgespräch und der Behandlung im Behandlungszimmer anwesend waren. Auch insoweit hat sich der Antragsgegner lediglich auf die in der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken geübte generelle Praxis berufen, ohne dass er im konkreten Einzelfall eine Ermessensentscheidung getroffen hat. Das reicht nicht aus. Nach den vorstehenden Ausführungen folgt aus dem in § 41 Abs. 1 Satz 1 SLStVollzG normierten Erfordernis der ständigen und unmittelbaren Aufsicht nicht, dass die einen Strafgefangenen zu einem externen Arzt ausführenden Vollzugsbediensteten während der Untersuchung, der Be-handlung und dem Arztgespräch unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls stets im Arztzimmer anwesend sein müssen. Die ärztliche Untersuchung des Antragstellers in Gestalt der rektal durchgeführten Tastuntersuchung der Prostata, dessen Behandlung sowie das Arztgespräch in Anwesenheit der beiden Vollzugsbediensteten berühren die Menschenwürde sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers. Ob die Anwesenheit der Vollzugsbediensteten im Behandlungs-zimmer erforderlich war, um die in § 41 Abs. 1 Satz 1 SLStVollzG vorgeschriebene ständige und unmittelbare Aufsicht zu gewährleisten, oder ob diesem Erfordernis auch durch ein Zuwarten der Vollzugsbediensteten vor der Tür zum Behandlungszimmer genügt worden wäre, hätte daher einer konkreten Einzelfallprüfung durch den Antrags-gegner des erstinstanzlichen Verfahrens bedurft. Daran fehlt es. Da der Antragsgegner überhaupt keine einzelfallbezogene Entscheidung getroffen hat, hat er auch von dem ihm zustehenden Ermessen, für dessen Reduzierung auf „Null“ im Falle des lediglich wegen Vermögensdelikten verurteilten Antragstellers, bei dem keine Fesselung bei Ausführungen angeordnet war, im Übrigen keine Anhaltspunkte bestehen, keinen Gebrauch gemacht.“

Anhörungstermin, oder: Wie komme ich da hin – Ausführung oder Sammeltransport?

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Die zweite vollzugsrechtliche Entscheidung, die ich heute vorstelle, ist der KG, Beschl. v. 13.06.2016 – 2 Ws 143/16. Er hat eine mit dem Anhörungstermin (eines Sicherungsverwahrten) zusammenhängende Frage zum Gegenstand. Der Gefangene hatte nämlich an dem Anhörungstermin nicht teilgenommen. Er hatte die Fahrt zum Termin mit einem Gefangenensammeltransport verweigert und auch eine sog. Ausführung bestanden. Das KG sagt: Es besteht regelmäßig kein (gebundener) Anspruch (eines Sicherungsverwahrten) auf Ausführung zu einem Anhörungstermin anstelle einer Fahrt mit einem Gefangenensammeltransport.

1.) Die Strafvollstreckungskammer war durch den Umstand, dass der Beschwerdeführer bei der Anhörung am 20. April 2016 nicht anwesend war, an einer Sachentscheidung nicht gehindert. Es lag zwar kein Absehensgrund i.S.d. § 454 Abs. 1 Satz 4 StPO vor, jedoch konnte die Strafvollstreckungskammer aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers davon ausgehen, dass er auf eine Anhörung berechtigterweise verzichtet (vgl. OLG Hamm NStZ 2011, 119; Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2011 – 2 Ws 564/11 –), jedenfalls aber das Recht auf Anhörung verwirkt hat. So beruht die Verweigerung der Vorführung zum Anhörungstermin nicht auf einem von der Strafvollstreckungskammer zu berücksichtigen und ggf. zu behebenden wichtigen und nachvollziehbaren Grund (vgl. hierzu OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2003, 59). Vielmehr ergibt sich aus dem Verhalten und dem im Anhörungstermin durch seine Rechtsanwältin verlesenem Schreiben vom 8. April 2016, dass er zu einer Teilnahme am Termin nur unter den von ihm aufgestellten Forderungen bereit war.

Der Beschwerdeführer wurde aufgrund der gerichtlichen Verfügung vom 6. April 2016 zum Anhörungstermin am 20. April 2016 geladen und seine Vorführung angeordnet. In Kenntnis des Termins beantragte er gegenüber seinem damaligen Sozialarbeiter in der Justizvollzugsanstalt Tegel eine Ausführung zu dem Termin. Die Justizvollzugsanstalt hat eine Ausführung rechtsfehlerfrei abgelehnt. Ausführungen als vollzugsöffnende Maßnahmen (§ 39 SVVollzG Bln) dienen nach § 43 Abs. 2 SVVollzG Bln der Erhaltung der Lebenstüchtigkeit, der Förderung der Mitwirkung an der Behandlung und der Vorbereitung von weiteren Lockerungen. Die Teilnahme an einem Anhörungstermin bei Gericht dient weder der Erhaltung seiner Lebenstüchtigkeit noch der Förderung seiner Behandlung.

Soweit eine Ausführung auch aus sonstigem Grund i.S.d. § 44 Abs. 1 SVVollzG Bln möglich ist, handelt es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung der Vollzugsbehörde. Hierbei muss erkennbar sein, dass die Vollzugsbehörde ihr Ermessen erkannt und ausgeübt, die anzuwenden Rechtsbegriffe nicht verkannt und die Grenzen der Ermessensfreiheit nicht durch unzulässige und sachfremde Erwägungen überschritten hat und hierdurch willkürlich oder grob missbräuchlich verfahren wurde. Die Vollzugsbehörde hat ihre Entscheidung darauf gestützt, dass kein wichtiger Anlass nach § 44 Abs. 1 SVVollzG Bln für eine Ausführung vorlag, eine Vorführung daher über § 46 SVVollzG Bln im Sammeltransport zu erfolgen habe. Einen wichtigen Anlass hätte die Vollzugsanstalt dann angenommen oder zumindest geprüft, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen wäre, an einem solchen Transport teilzunehmen. Daher forderte ihn der Sozialarbeiter auf, diese medizinischen Gründe durch eine ärztliche Bescheinigung des Arztes oder der Arztgeschäftsstelle in der Sicherungsverwahrung zu belegen. Dieser zumutbaren Mitwirkung ist der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt nachgekommen. Die Justizvollzugsanstalt konnte daher in rechtlich beanstandungsfreier Weise bei ihrer Entscheidung bereits den „wichtigen Anlass“ für eine Ausführung verneinen und durfte ergänzend die enge Personalsituation heranziehen und die Vorführung nach § 46 SVVollzG Bln als weiterhin geeignet ansehen. Da der Beschwerdeführer bereits am 8. April 2016 sein im Anhörungstermin verlesenes Schreiben anfertigte, muss vielmehr von einer grundsätzlichen Verweigerungshaltung ausgegangen werden. Dazu passt im Übrigen auch seine Ankündigung im Schreiben vom 26. März 2015 (VH Bd. II Bl. 198f.), in dem er angekündigte, zu etwaigen Anhörungen nicht mehr zu erscheinen.

Weiterhin ergibt sich auch aus den vorgetragenen Gründen in der Beschwerdebegründung kein Anhaltspunkt dafür, dass eine Vorführung im Gefangenentransport unzumutbar und unmöglich gewesen wäre. Soweit vorgebracht wird, eine Anhörung innerhalb des Gerichts sei dem Beschwerdeführer unmöglich und unzumutbar, da er aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung keine Treppen steigen könne, überzeugt der Einwand nicht. So fehlt es schon an einem nachvollziehbaren Nachweis für eine solch gravierende Beeinträchtigung; von der ihm aufgezeigten Möglichkeit dies ärztlich bescheinigen zu lassen, hat der Beschwerdeführer keinen Gebrauch gemacht. Ungeachtet dessen hätte ihm – körperliche Defizite insoweit unterstellt – mit Hilfe von Wachtmeistern und weiteren Hilfsmitteln (Rollstuhl oder Krankenbahre) ein Transport im Gebäude ermöglicht werden können. Außerdem steht im Gerichtsgebäude jederzeit eine Krankenschwester zur Verfügung, um in akuten Notfällen einzugreifen. Der Vortrag, der Beschwerdeführer werde durch eine Vorführung „stigmatisiert“, ist nicht nachvollziehbar und steht einer Teilnahme an der Anhörung ebenso wenig entgegen.

Schließlich bestimmt allein das Gericht Zeit und Ort der Anhörung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 59. Aufl. § 454 Rdn. 33 mit weit. Nachweisen), einen Anspruch auf die Terminsdurchführung in der Justizvollzugsanstalt gibt es nicht. ………..“

„Menschenverachtend“? – keine Ausführung zum lebensgefährlich erkrankten Vater

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Mit manchen obergerichtlichen Beschlüssen habe ich Probleme bzw. mit den ihnen zugrunde liegenden Entscheidungen der Instanzen. So ist es mir auch beim Lesen des OLG Celle, Beschl. v. 04.09.2013 – 1 Ws 337/13 (StrVollz) – gegangen, der die Ausführung eines Strafgefangenen aus wichtigem Grund behandelt.

Das OLG geht von folgendem Sachverhalt aus: „Der Antragsteller verbüßt derzeit wegen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe. 15 Jahre wird er im Juni 2024 verbüßt haben. Weil sein Vater schwer erkrankt und dessen Lebenserwartung nicht sicher abzusehen war, gestattete die Antragsgegnerin dem Antragsteller im September 2012 aus wichtigem Grund eine Ausführung, die beanstandungsfrei verlief. Einen erneuten Antrag auf eine entsprechende Ausführung hat die Antragsgegnerin abgelehnt und hierzu ausgeführt, seit der Ausführung im September 2012 habe sich der Zustand des Vaters nicht verschlechtert, weshalb ein wichtiger Grund im Sinne von § 14 NJVollzG nicht vorliege. Kontakt zum Vater könne der Antragsteller auch durch Briefe oder telefonisch pflegen. Zudem stehe eine Entlassung aus dem Strafvollzug voraussichtlich nicht vor Juni 2024 an, so dass der Vater dann bereits verstorben sein dürfte; von daher sei die Bedeutung einer Ausführung vor dem Hintergrund der Resozialisierung zu relativieren.“ Sorry, aber wie muss ich das den verstehen? Weil der Vater eh im Juni 2014 wahrscheinlich tot ist, gibt es keine Ausführung? Da liegt das Argument, dass der Verteidiger dagegen gebracht – nämlich „menschenverachtend“ nicht so weit weg.

Darauf stellt das OLG aber nicht ab, sondern geht einen anderen Weg:

„2. Aber auch soweit die Kammer das Vorliegen eines wichtigen Anlasses verneint, hält dies im Rahmen voller gerichtlicher Nachprüfbarkeit einer Nachprüfung durch den Senat nicht stand. Insofern steht vielmehr zu besorgen, dass die Antragsgegnerin – und nachfolgend die Strafvollstreckungskammer – den Begriff des wichtigen Anlasses im Sinne von §§ 14 NJVollzG, 35 StVollzG verkannt hat. Das Gesetz selbst nennt als wichtigen Anlass eine lebensgefährliche Erkrankung eines Angehörigen. Eine solche liegt in der Person des Vaters des Antragstellers offenkundig vor – was Anlass bot, dem Antragsteller im September 2012 aus wichtigem Anlass eine entsprechende Ausführung zu bewilligen. Das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung kann nunmehr aber nicht mit der Erwägung verneint werden, der Zustand des Vaters habe sich seit der letzten Ausführung nicht wesentlich verändert – zumal ausweislich des vom Antragsteller vorgelegten Attests die Lebenserwartung nach wie vor stark eingeschränkt ist. Das Attest teilt hierzu mit, ein plötzliches Ableben sei bei auch nur geringer Verschlechterung einer Komponente der Multimorbidität zu erwarten. Ein lebensbedrohlicher Zustand liegt also weiterhin dem Grunde nach vor. Alles Weitere ist keine Frage des wichtigen Anlasses, sondern kann erst und nur auf Rechtsfolgenseite im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden.

Nun, ein kleiner Stückchen weiter ist der Inhaftierte damit, am Ziel aber noch nicht…

Um Kommentaren vorzubeugen: Ich habe nicht übersehen, dass das OLG auf den erheblichen personellen Aufwand hinweist, den die Ausführung des Gefangenen ggf. verursacht. Vermutlich lebt der Vater in Tschetschenien. Das ändert aber an der „Macke“ in der Argumentation der StVK und der JVA nicht.

Gefesselt auf die Beerdigung der Mutter?

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Der Leitsatz des OLG Hamm, Beschl. v. 31.07.2012 – III – 1 Vollz (Ws) 278/12 – kommt verhältnismäßig harmlos daher, der sachverhalt ist aber schon von Gewicht.

„Die Fesselung eines im Vollzug der Maßregel nach § 63 StGB Untergebrachten im Rahmen einer Ausführung kann auf § 18 Abs. 3 MRVG NW i.V.m. § 5 Abs. 2 MRVG NW als Rechtsgrundlage gestützt werden.

Für Lockerungsmaßnahmen erlaubt § 18 Abs. 3 MRVG NW ihre Verbindung mit Auflagen und Weisungen. Die Aufzählung in § 18 Abs. 3 MRVG NW ist nur beispielhaft und nicht abschließend. Eine Fesselung kann eine zulässige Auflage sein.“

In der Sache ging es um den Wunsch des Betroffenen, an der „Beerdigung seiner Mutter  teilnehmen zu können. Dies wurde ihm durch die Maßregelvollzugsein­richtung ermöglicht, die allerdings auf einer Fesselung (sog. halbe Hamburger Fes­selung, bei der ein Fuß und eine Hand mit einer Kette verbunden werden, was bei geschickter Kleidung kaum sichtbar ist) bestand. Neben der Beerdigung konnte der Betroffene auch das anschließende familiäre Beisammensein aufsuchen. Anlass für die Fesselungsentscheidung war, dass die Maßregelvollzugseinrichtung vor dem Hintergrund des Krankheitsbildes, insbesondere der Kontrollschwäche, Erregbarkeit und Neigung zu dysfunktionalem, teilweise ungesteuertem Verhalten einen erhöhten Sicherungsbedarf sah. Noch am 17.06.2011 hatte der Betroffene im Rahmen einer BPK in einer Frustrationssituation gleich zu Anfang so reagiert, dass er unvermittelt aufsprang, die beteiligten Mitarbeiter verbal attackierte, seinem Stuhl einen heftigen Stoß versetzte und Türen knallend den Raum verließ.“
Da schluckt man schon, wenn man das liest. Gefesselt zur Beerdigung der Mutter? Nun das OLG hat aufrgund des Krankheitsbildes diese Entscheidung der StVK gehalten:

Die Auflage war für Sicherheit auch unerlässlich. Bei dem Betroffenen besteht ein Krankheitsbild, aufgrund dessen er zu hoher Impulshaftigkeit, Kontrollschwächen und Erregbarkeit neigt. Ein solches Verhalten hatte sich erst wenige Tage vor der Ausfüh­rung des Betroffenen im Rahmen der BPK vom 17.06.2011 gezeigt. Auch wenn es dabei nicht zur Gewaltanwendung gegen Menschen gekommen ist, so bestand doch angesichts des Krankheitsbildes des Betroffenen, angesichts der von ihm begange­nen Anlasstaten und angesichts des Umstandes, dass sich bei einer solchen Ausfüh­rung, noch dazu in einer solchen Sondersituation, wie der Beerdigung der eigenen Mutter, nicht vorhersehbare Anreize für plötzliche Impulsdurchbrüche ergeben könnten, welche schließlich doch zu einer Schädigung anderer Menschen oder zur Flucht des Betroffenen hätten führen können. Angesichts der zu gewärtigenden Plötzlichkeit und Heftigkeit solcher Impulsdurchbrüche ist es – unter dem hier zu Grunde zu legenden Maßstab des § 115 Abs. 5 StVollzG – nicht als ermessensfeh­lerhaft zu beanstanden, wenn die Maßregelvollzugseinrichtung die Sicherheit nicht schon durch die die Ausführung begleitende Person gewahrt sieht, sondern nur durch eine zusätzliche Fesselung. Warum die Annahme lebensfremd sein sollte, dass der Betroffene die Beerdigung seiner Mutter zur Flucht nutzen könnte (wie der Betroffene meint), erschließt sich bei dieser Sachlage nicht.