Schlagwort-Archive: Strafaussetzung zur Bewährung

Bewährung II: Wer war für den Widerruf zuständig?, oder: Verurteilter war in Strafhaft

Bild von Peggy und Marco Lachmann-Anke auf Pixabay

Die zweite Entscheidung, die ich vorstelle, hat auch mit Bewährung zu tun. Allerdings nicht mit den materiellen Voraussetzungen der Vorschriften, sondern mit dem Verfahren. Es geht um die Frage: Wer ist eigentlich für den Bewährungswiderruf zuständig, wenn der Verurteilte sich in Strafhaft befindet.

Ja, richtig. Da gibt es BGH-Rechtsprechung und auf die verweist das LG Loblenz im LG Koblenz, Beschl. v. 13.04.2023 – 2 Qs 23/23 jug.

Hier nur der Leitsatz zu der Entscheidung:

Mit Beginn der Vollstreckung der Strafhaft geht die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung auf die Strafvollstreckungskammer über. § 462a Abs. 1 S. 1 StPO sieht insoweit vor, dass die Strafvollstreckungskammer für die gemäß den §§ 453, 454, 454a und 462 StPO zu treffenden Entscheidungen zuständig ist, wenn gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt wird. Örtlich ist nach dieser Regelung grundsätzlich die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befasst wird, aufgenommen ist. Die sachliche Zuständigkeit beginnt automatisch, eine konkrete Befassung der Strafvollstreckungskammer mit dem Verurteilten ist nicht erforderlich.

Bewährung III: Wirksame Berufungsbeschränkung?, oder: Reichen die tatsächlichen Feststellungen?

© robotcity – Fotolia.com

Im dritten Posting des Tages stelle ich das OLG Brandenburg, Urt. v. 15.02.2023 – 1 OLG 53 Ss 119/22 – vor. Es behandelt eine Frage, die insbesondere auch in Zusammenhang mit Strafaussetzung zur Bewährung immer wieder eine Rolle spielt. Nämlich die Frage, der Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung auf die Frage der Strafaussetzung.

Hier hatte der Angeklagte sein Rechtsmittel in der Berufungshauptverhandlung auf den Rechtsfolgenausspruch und diesen weiter auf die Frage der Vollstreckung der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung beschränkt. Das hat beim OLG „gehalten“. Das OLg führt dazu (noch einmal) aus:

„b) Gegenstand der revisionsgerichtlichen Überprüfung ist allein die Entscheidung des Landgerichts, die Vollstreckung der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe nicht zur Bewährung auszusetzen. Die seitens des Angeklagten schon im Berufungsverfahren erklärte Beschränkung des Rechtsmittels auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung ist auch im Revisionsverfahren nicht nur formell (§§ 302 Abs. 2, 303 StPO), sondern auch materiell wirksam. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf bestimmte Beschwerdepunkte (vgl. für die Berufung: § 318 Abs. 1 StPO; für die Revision: § 344 Abs. 1 StPO „inwieweit“) ist nach der so genannten Trennbarkeitsformel insoweit wirksam, als sie dem Rechtsmittelgericht die Möglichkeit eröffnet, den angefochtenen Teil des Urteils losgelöst vom nicht angegriffenen Teil der Entscheidung nach dem inneren Zusammenhang rechtlich und tatsächlich zu beurteilen, ohne die Prüfung des übrigen Urteilsinhalts notwendig zu machen. Die den Rechtsmittelberechtigten eingeräumte „Macht zum unmittelbaren Eingriff in die Gestaltung des Rechtsmittels“ (RGSt 69, 110, 111; vgl. auch BGHSt 14, 30, 36) gebietet es, den in Rechtsmittelerklärungen zum Ausdruck gekommenen Gestaltungswillen im Rahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren. Das Rechtsmittelgericht kann und darf diejenigen Entscheidungsteile nicht nachprüfen, deren Nachprüfung von keiner Seite begehrt wird, wenn und soweit der angegriffene Entscheidungsteil trennbar ist, also losgelöst vom übrigen Urteilsgehalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann (siehe schon: RGSt 65, 296; RGSt 69, 110, 111; ebenso: BGHSt 19, 46, 48; BGHSt 24, 185, 187; BGH NJW 1981, 589, 590, jeweils m.w.N.).

Die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung ist ein selbständiger Teil des Urteilsspruchs (§ 260 Abs. 4 S. 4 StPO). Sie kann isoliert angefochten werden, wenn sich die ihr zugrunde liegenden Erwägungen von denen der Strafzumessung trennen lassen (BGH NStZ 1994, 449; KG, Urteil vom 13. Dezember 2006, (5) 1 Ss 305/06 (49/06) m. w. N., Juris; OLG Dresden NStZ-RR 2012, 289; OLG Hamburg NStZ-RR 2006, 18, StraFo 2016, 518; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Auflage, zu § 318, Rz. 20a m. w. N.). An der Trennbarkeit fehlt es nicht schon dann, wenn sich die bei der Strafzumessung und bei der Aussetzungsentscheidung zu berücksichtigenden Tatsachen überschneiden (KG a.a.O.; OLG Frankfurt VRS 59, 106, 108). Insoweit doppelt relevante Feststellungen verknüpfen diese Entscheidungen regelmäßig miteinander; vom Gesetzgeber ist in § 46 Abs. 2 StGB und § 56 Abs. 1 S. 2 StGB vorgesehen, dass diejenigen Tatsachen, welche die Zumessung der Strafe im engeren Sinn mitbestimmen, auch für die Aussetzungsentscheidung wesentliche Bedeutung erlangen könnten (KG a.a.O. und m.w.N.).

Die Beschränkung der Revision auf die Aussetzungsentscheidung ist indes nur dann unwirksam, wenn die Tatsachenfeststellungen und Erwägungen zum Strafmaß so unzulänglich sind, dass sie keine hinreichende Grundlage für die Aussetzungsentscheidung bilden (KG a.a.O.; OLG Köln NStZ 1989, 90, 91; VRS 61, 365, 567; OLG Frankfurt VRS 59, 106, 107), die Entscheidung über die Bewährung an einem Fehler leidet, der zugleich die Strafzumessung betrifft (KG a.a.O.; OLG Frankfurt a.a.O., S. 110; OLG Köln VRS 61, 365, 367), der Anfechtende sich gegen die Feststellung oder Nichtfeststellung einer doppeltrelevanten Tatsache wendet (BGH NJW 2001, 3134; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 309; KG a.a.O.) oder eine unzulässige Verknüpfung von Strafmaß- und Aussetzungsentscheidung hergestellt worden ist (BGH NStZ 2001, 311; OLG Frankfurt VRS 59, 106, 109; OLG Köln VRS 61, 365, 367; KG a. a. O.). Stets muss gewährleistet sein, dass das stufenweise entstehende Urteil frei von inneren Widersprüchen bleibt (BGHSt 29, 359, 365; NJW 2001, 3134; NStZ-RR 1999, 359; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 309, 310; KG a.a.O.).

Hieran gemessen, erweist sich die Beschränkung der Berufung auf die Frage der Strafaussetzung als wirksam. Das Landgericht hat die Strafzumessung getrennt von der Strafaussetzung begründet und auch inhaltlich nicht unzulässig miteinander verknüpft. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Kammer wegen der Versagung der Strafaussetzung auf höhere oder niedrigere Einzelstrafen oder eine hieran angepasste Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. Die Tatsachenfeststellungen und Erwägungen zur Strafzumessung bilden – auch – eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung. Die Revision rügt ausschließlich Rechtsfehler bei der Anwendung des § 56 StGB, die das Strafmaß nicht berühren.“

Wegen der Ausführungen des OLG zur Sache dann bitte im verlinkten Volltext nachlesen.

Bewährung II: Bewährung trotz einiger Vorverurteilungen?, oder: Geht, aber muss begründet werden

© Gina Sanders – Fotolia.com

In der zweiten Entscheidung des Tages, dem KG, Urt. v. 26.02.2020 – 3 Ss 11/20 -, geht es um die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung trotz Vorverurteilungen.

Das AG hatte den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe  verurteilt und nach § 69a StGB eine isolierte Sperrfrist von zwei Jahren festgesetzt. Auf die Berufung des Angeklagten hat das LG die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Die hiergegen durch die Staatsanwaltschaft eingelegte Revision hatte  zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs durch das KG und zur Zurückverweisung an das LG geführt. Dieses hat dann am 28.10.2019 erneut entschieden und die Vollstreckung der Strafe wiederum zur Bewährung ausgesetzt; zugleich ist eine zwölfmonatige Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis festgesetzt worden. Hiergegen wendet sich dann abermals die Staatsanwaltschaft mit der auf die Sachrüge gestützten und (wirksam) auf die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung beschränkten Revision. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg:

„Der durch die Staatsanwaltschaft beanstandete Ausspruch über die Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ist frei von Rechtsfehlern.

1. Dem Tatrichter kommt bei der nach § 56 Abs. 1 StGB vorzunehmenden Legal- und Sozialprognose ein weiter Beurteilungsspielraum zu, in dessen Rahmen das Revisionsgericht bis zur Grenze des Vertretbaren jede rechtsfehlerfrei begründete Entscheidung hinzunehmen hat (vgl. zuletzt BGH NStZ-RR 2019, 336; Senat, Beschluss vom 19. Oktober 2015 – 3 Ss 107/15 [juris]; Fischer, StGB 67. Aufl., § 56 Rn. 11). Das Revisionsgericht kann nur in Ausnahmefällen eingreifen, wenn nämlich unzutreffende Maßstäbe angewandt, naheliegende Umstände übersehen oder festgestellte Umstände fehlerhaft gewichtet wurden (vgl. Senat aaO; Fischer, aaO).

Allerdings unterliegt der Tatrichter der Pflicht, seine Entscheidung zur Strafaussetzung zur Bewährung zu begründen. Er hat seine Prüfung durch eine Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise vorzunehmen (vgl. BGHSt 29, 324; Fischer, aaO, § 56 Rn. 23). Einer erschöpfenden Darstellung aller Erwägungen bedarf es hierbei nicht, wohl aber sind die wesentlichen Umstände darzulegen (vgl. BGH StV 1994, 126; Fischer, aaO, § 56 Rn. 23). Bei einem, wie hier, schon mehrfach und wiederholt wegen einschlägiger Delikte vorbestraften Täter, der die Tat zudem während laufender Bewährung begangen hat, bestehen erhöhte Anforderungen. Namentlich müssen spezifische Umstände dargelegt werden, die erwarten lassen, dass sich der Angeklagte in Zukunft straffrei führen wird. Der Tatrichter muss sich dabei mit der Tat und den Vortaten auseinandersetzen, die gegenwärtigen Lebensverhältnisse des Angeklagten darlegen und begründen, auf welchen geänderten Umständen sich die Erwartung künftig straffreien Lebens stützt (vgl. Senat VRS 133, 133).

2. All diese Voraussetzungen erfüllt das angefochtene Urteil. Das Landgericht hat seine positive Legal- und Sozialprognose ausführlich und nachvollziehbar begründet. Die auf die Sachrüge veranlasste Rechtsprüfung ergibt nicht, dass das Landgericht dabei unzutreffende Maßstäbe angewandt, naheliegende Umstände übersehen oder festgestellte Umstände fehlerhaft gewichtet hat.

Zunächst hat das Landgericht bei seiner Bewertung keinesfalls die Augen vor der Delinquenzhistorie des Angeklagten verschlossen. Die Urteilsgründe legen vielmehr dar, dass der Angeklagte im Oktober 2013 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, im Februar 2016 wegen fahrlässiger Körperverletzung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort sowie im Juni 2016 erneut wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt werden musste und dass sich die neuerliche Tat als Bruch der 2016 gewährten Bewährung darstellt. Die „geradezu impertinente Rückfallgeschwindigkeit“ (UA S. 4) hat die Kammer ebenso ausdrücklich in ihre Überlegungen eingestellt wie die Tatsache des Bewährungsbruchs und den Umstand, dass sich der Angeklagte bei der abgeurteilten Tat auch einer „Geschwindigkeitsüberschreitung exorbitanten Gewichts“ und einer Gefährdung des Gegenverkehrs (UA S. 5) schuldig gemacht hat. Dass die Kammer trotz dieser in hohem Maße negativen Strafzumessungsgesichtspunkte zu einer positiven Prognose gelangte, begründet sie u. a. mit einer „differenzierten Tataufarbeitung“ durch den Angeklagten (UA S. 6), die das Urteil auch ausführlich erörtert. Dabei stützt sich die Strafkammer nicht nur auf – gleichfalls ausführlich dargelegte – Erklärungen des Angeklagten, denen sie Einsicht und Reue sowie die Überzeugung, dass man „in Berlin kein Auto benötigt“ (UA S. 5), entnimmt. Die Urteilsgründe enthalten daneben auch spezifische äußere Umstände, die aus Sicht der Kammer einen Rückfall unwahrscheinlich machen. So wird etwa ausgeführt, dass der Angeklagte im Januar 2019 seinen PKW verkauft, Monatskarten des öffentlichen Personennahverkehrs erworben und einen „Kurs für Verkehrsstraftäter“ absolviert hat. Auch eine „gute berufliche und soziale Einbindung in ein familiäres Patchworkgefüge“ führt die Strafkammer für ihre positive Einschätzung an.

Die Urteilsgründe lassen damit nicht besorgen, dass die Kammer bei der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung belastende Umstände aus dem Blick verloren hat. Dass sie trotz dieser Umstände zu einer positiven Legal- und Sozialprognose gelangt ist, begründet das Urteil nicht formelhaft, sondern ausführlich und substanziell.

Schließlich befasst sich das angefochtene Urteil auch eingehend mit der Frage, ob die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Freiheitsstrafe gebietet (§ 56 Abs. 3 StGB). Der Senat kann offen lassen, ob bereits die rechtsfehlerfreie Bejahung der „besonderen Umstände“ des § 56 Abs. 2 StGB eine Versagung der Strafaussetzung nach § 56 Abs. 3 StGB ausschließt (so für den Regelfall: Fischer, aaO, § 56 Rn. 24a). Denn die Ausführungen des Landgerichts hierzu sind gleichfalls substanziell und lassen keinen Rechtsfehler erkennen, zumal zwischen der Begehung der Tat und dem angefochtenen Urteil etwa dreieinhalb Jahre vergangen waren, in denen der Angeklagte nicht erneut straffällig geworden war.

Bewährung I: Widerruf von Strafaussetzung, oder: BVerfG zum Weisungsverstoß

© Klaus Eppele – Fotolia.com

In die 22. KW. starte ich dann mit zwei Entscheidungen zu Bewährungsfragen.

Zunächst stelle ich den BVerfG, Beschl. v. 28.03.2019 – 2 BvR 252/19 – vor. Gegenstand der Entscheidung ist eine Verfassungsbeschwerde gegen den Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung wegen gröblichen und beharrlichen Verstoßes gegen eine Weisung, und zwar auf der Grundlage folgenden Sachverhalts:

„1. a) Der wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln im Jahr 2015 vorbestrafte Antragsteller wurde mit Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 24. August 2017 wegen des vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 32 Fällen, in 15 Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit zwei Fällen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt.

2. Mit Beschluss vom 5. Dezember 2018 hat das Amtsgericht Augsburg die gewährte Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen und die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten angeordnet; die bisher erbrachten Leistungen von 1.000 Euro würden in Höhe von einem Monat gemäß § 56f Abs. 3 Satz 2 StGB auf die Strafe angerechnet. Zur Begründung des Widerrufs führte das Gericht unter Verweis auf § 56f Abs. 1 Nr. 2 StGB aus, der Antragsteller habe die mit Beschluss vom 24. August 2017 erteilte Weisung, Urinproben zum Abstinenznachweis abzugeben, gröblich und beharrlich nicht erfüllt, was Anlass zur Besorgnis der Begehung neuer Straftaten gebe.

Der Antragsteller habe keinen der fünf Termine für eine Urinkontrolle wahrgenommen. Er habe dies damit begründet, dass er als selbständiger Monteur für Photovoltaikanlagen im gesamten süddeutschen Raum unterwegs sei. Er erhalte die Arbeitstermine regelmäßig kurzfristig mitgeteilt und habe daher die ebenfalls kurzfristig angesetzten Urinkontrolltermine nicht wahrnehmen können. Im Anhörungstermin sei ihm ein Abwarten bis Ende Oktober für die nächste Urinkontrolle zugesagt worden. Den neuen Termin am 3. Dezember 2018 habe er dennoch nicht wahrgenommen, da er sich bis Ende des Jahres im Raum Freiburg aufhalten werde.

3. Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2018 legte der Antragsteller sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts ein. Darin verweist er insbesondere darauf, dass die Möglichkeit bestanden hätte, ihm einzuräumen, die Urinkontrolle jeweils an seinem Einsatzort durchzuführen. Ein gröblicher und beharrlicher Weisungsverstoß liege nicht vor, da es ihm aus beruflichen Gründen nicht möglich gewesen sei, die Termine zur Urinkontrolle wahrzunehmen, und er diese nicht ohne unverzügliche Rückmeldung habe verstreichen lassen. Im Übrigen stünden weniger einschneidende Maßnahmen als der Bewährungswiderruf, wie beispielsweise die Verlängerung der Bewährungszeit, zur Verfügung.

Mit Beschluss vom 11. Januar 2019 hat das Landgericht Augsburg die sofortige Beschwerde als unbegründet verworfen. Das Beschwerdevorbringen entkräfte die Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht. Das Landgericht trete den Gründen der angefochtenen Entscheidung bei. Ganz am Rande sei zu bemerken, dass die Erfüllung von Auflagen eben nicht unter dem Vorbehalt schlechter Auftragslage stehe.“

Strafaussetzung zur Bewährung, oder: Wenn der Angeklagte schweigt….

© Co-Design – Fotolia.com

Als zweite Entscheidung dann  der OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.201.2018 – 3 RVs 58/18, den mir der Kollegen Lauterbach aus Solingen übersandt hat. Der war mit seiner Revision gegen ein AG-Urteil, das dem Angeklagten Bewährung versagt hatte erfolgreich. Das AG hatte die Versagung von Strafaussetzung zur Bewährung damit begründet, dass sich der Angeklagte nicht mit seiner Tat auseinander gesetzt habe. Geht so nicht, sagt das OLG:

„2. Die Versagung der Strafaussetzung gemäß § 56 Abs. 2 StGB hält dagegen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Wenngleich eine erschöpfende Darstellung aller in diesem Zusammenhang anzustellenden Erwägungen nicht erforderlich ist, sind doch die wesentlichen Umstände nachprüfbar darzulegen, im Falle der Versagung der Bewährung die dafür maßgeblichen Erwägungen (Fischer, StGB, 65. Aufl., § 56 Rd. 23 m.w.N.). Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das Schöffengericht hat keine „besonderen Umstände“ i.S,v. § 56 Abs. 2 StGB gesehen und seine diesbezügliche Entscheidung ausschließlich darauf gestützt, der Angeklagte habe sich mit dem Unrecht seiner Tat nicht auseinandergesetzt. Dies ist rechtsfehlerhaft, denn das bloße Schweigen des Angeklagten hätte nicht zu seinem Nachteil berücksichtigt werden dürfen (BGB Beschlüsse vom 04.02.2010, 3 StR 8/10 und vom 07.02.2007, 2 StR 17/07).“