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beA II: Form(un)wirksamkeit eines Strafantrages, oder: Nicht „mittels“ einfacher E-Mail oder im Onlineportal

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Im zweiten Posting des Tages spielt nicht die Regelung in § 32d StPO eine Rolle, sondern die in § 32a StPO. Dazu habe ich zwei Entscheidungen, und zwar eine vom 5. Strafsenat des BGH und eine vom AG Frankfurt (Oder). Beide befassen sich mit der formwirksamen Stellung eines Strafantrages.

Dem BGH, Beschl. v. 12.05.2022 – 5 StR 398/21 – lag ein LG-Urteil zugrunde, das den Angeklagten u.a. wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht verurteilt hat. Hinsichtlich dieser hat der BGH das LG-Urteil aufgehoben. Begründung:

Das Urteil können insoweit keinen Bestand haben, da der nach § 145a Satz 2 StGB  erforderliche schriftliche (§ 158 Abs. 2 StPO) Strafantrag der Führungsaufsichtsstelle fehle. Die hatte nämlich innerhalb der Antragsfrist lediglich per E-Mail einen Strafantrag an die  Staatsanwaltschaft gesandt. Elektronische Dokumente, die der Schriftform unterliegen, müssten jedoch – so der BGH – entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein oder auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 32a Abs. 3 StPO). Eine unsignierte und direkt an den Empfänger versandte einfache E-Mail erfülle keine dieser Voraussetzungen. Nach dem Willen des Gesetzgebers gelte dies auch für Strafanträge, und zwar auch für solche, die von Behörden gestellt werden. Damit bestand ein Verfahrenshindernsi, was insoweit zur Einstellung und Aufhebung geführt hat.

Ich stelle hier nicht die ganze Begründung des umfangreich begründeten BGH-Beschlusses, der zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt ist, was seine Bedeutung unterstreicht, ein. Insoweit bitte selbst lesen. Hier soll der Leitsatz des BGH reichen. Der lautet – kurz und trocken:

Keine wirksame Anbringung eines Strafantrags mittels „einfacher“ E-Mail.

Auf der Linie liegt dann auch der oben bereits erwähnte AG-Beschluss. Es handelt sich um den AG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 19.08.2021 – 412 Ds 273 Js 19174/20 (2/21), zu dem zu dem hier interessierenden Teil des Beschlusses folgender Leitsatz passt:

Schriftliche Antragstellung bedeutet bei einem Strafantrag, dass der Strafantrag grundsätzlich vom Strafantragsteller unterzeichnet oder mit dessen qualifizierter elektronischer Signatur versehen sein muss.

StPO I: Wie stellt man Prozessvoraussetzungen fest?, oder: Freibeweisverfahren ist der richtige Weg.

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Heute dann ein Tag mit StPO-Entscheidungen.

Die Berichterstattung beginne ich mit dem KG,  Beschl. v. 20.08.2021 – (2) 121 Ss 92/21 (14/21) – zur Frage. Wie werden Prozessvoraussetzungen – hier ging es um den Strafantrag in einem Verfahren wegen Sachbeschädigung – festgestellt. Das KG gibt die – richtige – Antwort: Das erfolgt i.d.R. im Freibeweisverfahren:

„Der Senat merkt ergänzend Folgendes an:

Die auf die allgemeine Sachrüge veranlasste Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen ergab das Vorliegen eines wirksamen Strafantrages sowohl hinsichtlich der Sachbeschädigung als auch des Hausfriedensbruchs. Grundsätzlich gilt der Strafantrag bei idealkonkurrierenden Delikten für sämtliche in der Handlungseinheit verwirklichten Antragsdelikte (vgl. Fischer, StGB, 68. Aufl., § 77 Rn. 29), auch wenn eine Beschränkung auf eine von mehreren zusammentreffenden Gesetzesverletzungen (§ 52 StGB) zulässig ist (vgl. OLG Frankfurt, NJW 1952, 1388; Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 158 Rn. 19, 22). Ist eine Beschränkung der gewünschten Strafverfolgung weder erklärt, noch sonst eindeutig erkennbar, umfasst der Strafantrag den gesamten geschichtlichen Vorgang, welcher der Beschuldigung zugrunde liegt (vgl. BGHSt 33, 114, 116).

Anhaltspunkte für eine derartige Beschränkung liegen nicht vor. Sie folgt insbesondere nicht aus dem Umstand, dass das von der Polizei versandte Anhörungsformular neben Tatzeit und Tatort als Deliktsbezeichnung lediglich den Tatvorwurf „Sachbeschädigung“ enthält. Wie das Landgericht zutreffend ausführt, dient diese Angabe allein der Eingrenzung des lebensgeschichtlichen Sachverhalts unter Nennung der vorläufigen rechtlichen Einordnung der Polizeibehörde. Dass der Antragssteller bzgl. einzelner Gesetzesverletzungen, hier des Hausfriedensbruchs, keinen Strafantrag stellen wollte, ergibt sich aus dem Schreiben nicht.

Soweit der Revisionsführer im Rahmen der Verfahrensrüge die Verletzung des § 261 StPO rügt, da das den Strafantrag enthaltene Schreiben nicht ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden sei, dringt er ebenfalls nicht durch. Es kann dahinstehen, ob die Rüge den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt. Denn der Revisionsführer verkennt, dass die Feststellung des Vorliegens eines wirksamen Strafantrages als Prozessvoraussetzung im Freibeweisverfahren erfolgt und – anders als im Strengbeweis – Urkunden entgegen § 249 StPO nicht verlesen werden müssen (st. Rspr. seit RGSt 51, 72). Die Grundsätze der Mündlichkeit, Unmittelbarkeit und Öffentlichkeit finden keine Anwendung (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 244 Rn. 9).

Zwar kann es der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) gebieten, das Ergebnis von Beweiserhebungen im Freibeweis zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung zu machen, etwa wenn eine freibeweisliche Beweiserhebung notwendig geworden ist, weil eine Prozessvoraussetzung während der Hauptverhandlung zweifelhaft ist. Wenn die Zweifel aber mit einem Blick in die Akten zu klären sind, ist das Gericht nicht verpflichtet, die Verfahrensbeteiligten von dem Ergebnis der Akteneinsicht zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Wäre es anders, so müsste auch jede Feststellung zu den Prozessvoraussetzungen, die das Gericht vor der Hauptverhandlung getroffen hat, zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht werden, auch wenn dazu nur eine Akteneinsicht erforderlich war (vgl. Alsberg/Dallmeyer, Der Beweisantrag im Strafprozess, 7. Aufl., Rn. 294).

Vorliegend genügte zur Feststellung der wirksamen Strafantragsstellung ein Blick in die Akten. Das Gericht hat keine darüber hinaus gehenden Beweiserhebungen getätigt, über dessen Ergebnis es die Verfahrensbeteiligten hätte unterrichten müssen.

EV III: Schriftform beim Strafantrag, oder: Strafantrag stellt man nicht über die „Onlinewache“ der Polizei

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Und die dritte Entscheidung ist dann ein amtsgerichtlicher Beschluss, nämlich der AG Auerbach,  Beschl. v. 26.01.2021 – 3 Cs 500 Js 24368/20. In ihm geht es um das Formerfordernis des § 158 Abs. 2 StPO – also Stellung des Strafantrags.

Die StA hat den Erlass eines Strafbefehls wegen Beleidigung zu Lasten der Mitarbeiterin des Jobcenters vom 11.08.2020. Strafantrag wurde lediglich durch den Dienstvorgesetzten der Geschädigten per Onlineanzeige vom 12.08.2020 gestellt. Der Dienstvorgesetzte bediente sich dabei der Onlinewache der Polizei Sachsen und beantwortete die dort gestellte Frage „Stellen Sie Strafantrag?“ mit „Ja“.

Das AG hat das Verfahren eingestellt:

„Die Beleidigung kann gem. § 194 Abs. 1 S. 1 StGB nur auf Antrag verfolgt werden. Gemäß § 194 Abs. 3 StGB ist auch eine Antragstellung durch den Dienstvorgesetzten grundsätzlich möglich. Allerdings unterliegen alle Strafanträge wegen Beleidigung der Formvorschrift des § 158 Abs. 2 StPO. Nach dieser Vorschrift muss der Strafantrag bei Straftaten, den Verfolgung nur auf Antrag möglich ist, bei einem Gericht oder der Staatsanwaltschaft schriftlich oder zu Protokoll, bei einer anderen Behörde schriftlich angebracht werden. Daraus folgt, dass der Strafantrag bei der Polizei schriftlich zu stellen ist.

Die Schriftform ist jedenfalls dann gewahrt, wenn der Strafantrag der Form Vorschrift des § 126 BGB genügt. Danach muss die Urkunde eigenhändig zumindest durch Namensunterschrift unterzeichnet werden. Insgesamt werden aber keine hohen Anforderungen in diesem Zusammenhang gestellt. So genügt es, wenn der Strafantragsteller gegenüber der Polizei seinen Verfolgungswillen unmissverständlich und schriftlich zum Ausdruck bringt, vgl. BGH NStZ 1995, 353. Dementsprechend kann auch im Rahmen der schriftlichen Strafanzeige konkludent der Strafantrag enthalten sein. Auch wird das Merkmal schriftlich im Allgemeinen weit, d. h. über die Grenzen des § 126 BGB hinaus ausgelegt. Schriftlich wird danach als schriftlich niedergelegt, nicht aber zwingend als unterschrieben verstanden. So wurde es als ausreichend angesehen, dass ein Antragsteller im Rahmen seiner polizeilichen Zeugenvernehmung selbst auf Tonband den Strafantrag aufspricht und dieser dann durch die Polizei in ein schriftliches Protokoll umgesetzt wird, vgl. Bayrisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 09.04.1997, 5 StRR 18/97. Entscheidend sei, dass der Zweck der Formvorschrift, nämlich die Sicherstellung der Identität des Erklärenden und des Inhalts der Erklärung, gewahrt wird.

Diesen letzten Gedanken aufgreifend wird vereinzelt auch vertreten, dass ein über die Onlinewachen der einzelnen Polizeiverwaltungen eingereichter Strafantrag dem Formerfordernis genüge, vgl. Jesse DRiZ 2018, 28. Diese Auffassung wird jedoch nicht geteilt. Es ist bereits fraglich, ob allein durch die Angaben im Rahmen der Onlineanzeige die oben beschriebene Hauptfunktion des Schriftformerfordernisses, nämlich die zweifelsfreie Zuordnung der Erklärung zum Antragsteller als Basis für weitere Ermittlungen, durch eine Onlineanzeige gewahrt werden könnte. Die Nutzung der Onlinewache bleibt im Kern ein anonymer Vorgang. Selbst wenn dabei die IP-Adresse erfasst wird, lässt sich damit allenfalls der genutzte Computer, nicht aber der Nutzer identifizieren. Dies ist ein entscheidender Unterschied zur oben zitierten Rechtsauffassung des Bayrischen Oberlandesgerichts. Bei der Onlineanzeige findet gerade kein persönlicher Kontakt zwischen Polizei und Antragsteller statt, der weitere konkrete Überprüfungsmöglichkeiten im weiteren Verfahren, insbesondere durch Befragen des aufnehmenden Polizeibeamten, ermöglicht.

Darüber hinaus dient ein Schriftformerfordernis nicht nur dem Schutz des Erklärungsempfängers, sondern auch des Erklärenden. Er soll vor den Folgen einer weitreichenden aber überhastet abgegebenen Erklärung geschützt werden. Denn in der Regel geht mit der Abgabe einer schriftlichen Erklärung das Bewusstsein einher, eine Erklärung von erheblicher Tragweite abzugeben. Nichts anderes gilt, wenn die Erklärung persönlich zum Zwecke der späteren Niederschrift persönlich vor einem Polizeibeamten abgegeben wird, s. o. Für den Strafantrag gilt diese Schutzfunktion aus zweierlei Gründen. Zum einen betreffen die reinen Antragsdelikte im Sinne des § 158 Abs. 2 StPO häufig Straftatbestände, die im engen persönlichen Umfeld des Antragstellers verwirklicht wurden. Mit dem Erfordernis des Strafantrags hat der Gesetzgeber in den §§ 194 und 247 StGB ausdrücklich dem Geschädigten die Wahl gelassen, ob eine staatliche Einmischung in diese engen persönlichen Verhältnisse durch die Strafverfolgung erfolgen soll oder nicht. Zum anderen zieht ein gestellter Strafantrag für den Fall der Rücknahme auch immer die Kostenfolge des § 470 StPO nach sich. Diese finanziellen Auswirkungen können, etwa wenn sich der Beschuldigte eines Rechtsbeistands bedient, sehr erheblich sein. Gerade vor diesen persönlichen und wirtschaftlichen Folgen eines gegebenenfalls überhastet und unüberlegt gestellten Strafantrags schützt das Schriftformerfordernis im § 158 Abs. 2 StPO. Diese Schutzfunktion der Schriftform würde völlig aufgegeben, folgte man der Auffassung, auch einen nur online gestellten Strafantrag im Sinne des § 158 Abs. 2 StPO genügen zu lassen.“

StPO I: Beleidigung, oder: Wenn der Strafantrag fehlt

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Heute mal wieder ein Tag der StPO-Entscheidungen, den ich mit dem BGH, Beschl. v. 06.10.2020 – 4 StR 168/20 – eröffne. Gegenstand des Revisionsverfahrens war ein Urteil des LG Bielefeld. Das hatte den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung und in einem Fall in Tateinheit mit Beleidigung, wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung, Beleidigung und mit Bedrohung sowie wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Es hatte zudem die Unterbringunge des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug der Strafe von einem Jahr angeordnet. Ferner hatte das LG eine Adhäsionsentscheidung getroffen.

Dagegen die Revision des Angeklagten, die beim BGH Erfolg hatte: Der BGH beanstandet zwar die Verurteilung wegen Totschlags u.a. nicht, aber wegen der übrigen Delikte passt dem BGH so einiges nicht:

„1. Während der Schuld- und Strafausspruch im Übrigen keinen sachlichrechtlichen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweist, hält seine Verurteilung im Fall II. 2. g) wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung sowie wegen Beleidigung rechtlicher Prüfung nicht stand.

Nach den insoweit getroffenen Feststellungen des Landgerichts geriet der Angeklagte auf einem Platz in B. in eine Auseinandersetzung und wurde daraufhin von Polizeibeamten zur Verhinderung von Straftaten dem Zentralen Polizeigewahrsam des Polizeipräsidiums zugeführt. Dort kam er der Aufforderung, sein Mobiltelefon auszuhändigen, nicht nach und beschimpfte einen der Polizeibeamten u.a. als „Nazi“. Im Anschluss daran wehrte sich der Angeklagte gegen den Versuch, ihn vom Aufnahmeraum in die Gewahrsamszelle zu verbringen, und trat kräftig und gezielt gegen die Beine der Polizeibeamten, wodurch einer von diesen Verletzungen erlitt.

a) Der (tatmehrheitlichen) Verurteilung wegen Beleidigung steht ein Verfahrenshindernis entgegen. Das Verfahren ist deshalb insoweit einzustellen.

Es fehlt an dem nach § 194 Abs. 1 Satz 1 StGB, § 158 Abs. 2 StPO erforderlichen schriftlichen Strafantrag des Verletzten. Das Schriftformerfordernis des § 158 Abs. 2 StPO verlangt grundsätzlich die Unterschrift des Antragstellers (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2019 – 4 StR 392/19, Rn. 2 mwN). In der von PHK R. am 13. Januar 2019 aufgenommenen Strafanzeige findet sich zwar unterhalb der Angabe der Personalien des geschädigten Polizeibeamten der formularmäßige Vermerk „Ich stelle Strafantrag“; eine Unterschrift des Verletzten ist indes nicht beigefügt. Ein Fall, in dem eine Lockerung des Erfordernisses einer eigenhändigen Unterzeichnung des Strafantrags in Betracht kommt (vgl. RGSt 71, 358; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 158 Rn. 11 mwN; MüKo-StPO/Kölbel, 1. Aufl., § 158 Rn. 44), liegt nicht vor.

b) Soweit das Landgericht den Angeklagten in diesem Fall wegen tateinheitlich mit einer Körperverletzung begangenen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte (§ 114 StGB) verurteilt hat, liegt ein Darlegungsmangel vor, weil die Strafkammer keine Feststellungen zur Rechtmäßigkeit der Ingewahrsamnahme des Angeklagten getroffen hat.

Eine Ingewahrsamnahme nach polizeirechtlichen Vorschriften ist eine Vollstreckungshandlung im Sinne des § 114 Abs. 3 StGB. Hierunter fällt jede Handlung einer dazu berufenen Person, welche die notfalls zwangsweise durchsetzbare Verwirklichung des im Einzelfall bereits konkretisierten Staatswillens bezweckt (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 2020 – 5 StR 157/20, NJW 2020, 2347; Urteil vom 6. Mai 1982 – 4 StR 127/82, NStZ 1982, 328, jeweils mwN). Dies ist bei dem Vollzug eines polizeirechtlichen Gewahrsams der Fall. Infolgedessen ist nach § 114 Abs. 3 StGB die Vorschrift des § 113 Abs. 3 StGB entsprechend anwendbar, wonach die Tat nicht als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte strafbar ist, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist.

Das Landgericht hat nur festgestellt, dass der Angeklagte in den frühen Morgenstunden des Tattages „in eine Auseinandersetzung“ geraten war und „infolgedessen“ durch Polizeibeamte zur Verhinderung von Straftaten dem Zentralen Polizeigewahrsam des Polizeipräsidiums Bielefeld zugeführt wurde. Feststellungen zu den Hintergründen, die eine Prüfung ermöglichen, ob die Voraussetzungen des Gewahrsams nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW vorgelegen haben, hat das Landgericht nicht getroffen. Mit der Frage hat es sich auch an anderer Stelle des Urteils nicht befasst.

Damit unterliegt auch die für sich genommen rechtsfehlerfreie tateinheitliche Verurteilung wegen Körperverletzung der Aufhebung (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2019 – 1 StR 265/18, Rn. 25; Urteil vom 29. August 2007 – 5 StR 103/07, Rn. 51).“

Tja, man sollte bei einer Verurteilung wegen Beleidigung dann vielleicht doch mal prüfen, ob der erforderliche Strafantrag vorliegt; immerhin sollten sich der Vorsitzende und der Berichterstatter die Akte ja „angesehen“ haben.

Und: Bei solchen Entscheidungen frage ich mich immer, warum man eigentlich nicht von der segensreichen Vorschrift des § 154 StPO Gebrauch macht. Das würde manches vereinfachen. Aber nein: Die Verurteilung wegen Beleidigung muss dann auch noch sein.

Rücknahme des Strafantrags, oder: Wer trägt die Auslagen des Angeklagten?

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Und als zweite Entscheidung dann ein kostenrechtlicher Beschluss zu einer Vorschrift, die häufiger übersehen wird. Nämlich § 470 StPO, der die Kostentragungspflicht bei Zurücknahme des Strafantrags regelt. Dazu hat das LG Trier im LG Trier, Beschl. v. 05.10.2020 -1 Qs 65/20 – Stellung genommen.

Hier hatte die Geschädigte Strafantrag gestellt, die Staatsanwaltschaft hatte Anklage wegen Beleidigung erhoben. Das AG hatte das Hauptverfahren eröffnet, die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und Termin zur Hauptverhandlung bestimmt. Dann hatte die Geschädigte, nachdem die Angeklagten sich bei ihr entschuldigt hatten, ihren Strafantrag zurückgenommen. Das AG hat das Verfahren nach § 206a Abs. 1 StPO eingestellt. Die Kosten des Verfahrens hat es gemäß § 467 Abs. 1 und 3 Nr. 2 StPO der Staatskasse überbürdet, die notwendigen Auslagen der Angeklagten wurden diesen auferlegt. Mit Schreiben vom 24.09.2020 hat einer Angeklagten über seinen Verteidiger sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung eingelegt. Die hatte Erfolg:

„Prozessual führt die Rücknahme zur Kostenlast für den Zurücknehmenden gemäß § 470 StPO. Nach der Eröffnung des Hauptverfahrens richtet sich die Kostenentscheidung nach der Regelung des § 470 S. 2 StPO, wonach in Abweichung von der Regel des Satz 1 die Kosten und Auslagen auch dem Angeklagten auferlegt werden können, soweit er sich zur Übernahme bereit erklärt hat. Der Angeklagte A. war zur Übernahme der Kosten nicht bereit, so dass die Kostenentscheidung insoweit schon aufzuheben ist.

Jedoch kommt eine Belastung der Staatskasse in Betracht, wenn es unbillig wäre die Beteiligten damit zu belasten. Im Rahmen dieser Kostenentscheidung aufgrund richterlichen Ermessens darf die Staatskasse jedoch gleichwohl nur ausnahmsweise – belastet werden, wenn anerkennenswerte Gründe vorliegen, die es unbillig erscheinen lassen würden, die Anzeigeerstatterin mit den Kosten und Auslagen zu belasten (Meier-Goßner/Schmitt, StPO 63. Aufl., § 470 Rdnr. 6).

Eine Überbürdung der notwendigen Kosten des Angeklagten auf die Anzeigenerstatterin und Geschädigte wäre vorliegend aber nicht sachgerecht. So hat nicht nur die Staatsanwaltschaft Trier das öffentliche Interesse bejaht und Anklage erhoben, statt die Anzeigenerstatterin auf den Privatklageweg zu verweisen. Das Amtsgericht hatte die Anklage bereits zugelassen und Hauptverhandlungstermin bestimmt. Die Anzeigenerstatterin hat den Strafantrag erst zurückgenommen, nachdem die Angeklagten sich bei ihr entschuldigt hatten und das Jugendamt, welches ihre Anzeige unterstützt hatte, der Rücknahme zugestimmt hatte. Das Amtsgericht erachtete es als angemessen, dass die Staatskasse die Kosten des Verfahrens trägt. Damit bestehen mehrere anerkennenswerte Gründe, die es ausnahmsweise rechtfertigen, der Staatskasse auch die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers aufzuerlegen.“