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Auswertung von Kipo-Dateien, oder: 9.331,74 € muss die Staatskasse selbst tragen

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Nun, was kann man an Karfreitag noch für Entscheidungen vorstellen. Nicht alle passen ja so gut, wie der OLG Hamm, Beschl. v. 29.05.2016 – 2 RBs 59/16 – und dazu: „Das Leben des Brian“, oder: (Film)Vorführung am Krafreitag erlaubt?. Ich habe mich dann für den OLG Schleswig, Beschl. v. 10.01.2017 – 2 Ws 441/16 (165/16) – entschieden. Kein Bezug zu Ostern, aber vielleicht für den ein oder anderen Verteidiger dann doch ein schönes Osterei. Denn in der Entscheidung kann „Geld stecken“.  Sie betrifft nämlich eine Problematik, die in der Praxis häufiger auftritt und die in die Rubrik gehört: Und das dicke Ende kommt dann noch.. So auch hier. Der Angeklagte ist wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden, welche zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Er hat u.a. die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es wird dann unter Bezugnahme auf Nr. 9005 KV-GKG eine Sachverständigenvergütung in Höhe von 9.331,74 € zu seinen Lasten festgesetzt. Zugrunde liegt dem eine auf diesen Betrag lautende Rechnung der Firma X. GmbH gegenüber der Staatsanwaltschaft über ein Gutachten zur forensischen Auswertung von sichergestellten Datenträgern. Um die Berechtigung dieses Kostenansatzes wird gestritten.

Das OLG Schleswig sagt: Der Ansatz der Sachverständigenkosten muss zwar nicht schon deshalb unterbleiben, weil es eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 Abs. 1 GKG darstellt, dass im Rahmen der Auswertung von sichergestellten Datenträgern überhaupt ein externes Sachverständigengutachten eingeholt worden ist. Jedoch können die Sachverständigenkosten nicht gemäß Nr. 9005 KV-GKG als Auslagen dem Verurteilten weiter belastet werden, weil die abgerechneten Leistungen nicht die Leistungen eines Sachverständigen darstellen:

„2. Indessen sieht der Senat nicht, dass die von der Firma X. GmbH abgerechneten Dienstleistungen die Qualität eines Sachverständigengutachtens hätten. Mangels eines andersgearteten geeigneten Auslagentatbestands sind damit die tatsächlich entstandenen Auslagen mit der Verfahrensgebühr nach GKG abgegolten bzw. aus Haushaltsmitteln zu finanzieren.

Die Aufgabe eines Sachverständigengutachtens besteht darin, dem Richter oder Staatsanwalt die Kenntnis von Erfahrungssätzen zu übermitteln und ggf. aufgrund solcher Erfahrungssätze Tatsachen zu ermitteln (BGH, Urteil vom 18. Mai 1951 – 1 StR 149/51 -, NJW 1951, 771). Die bloße Vornahme einer organisatorischen oder technischen Dienstleistung allein reicht nicht, mag auch hierfür umfangreiches Expertenwissen erforderlich sein………….

Nicht anders liegt es aber auch im vorliegenden Fall:

Mit Auftrag der Kriminalpolizeistelle K. vom 2. Dezember 2012, wurde im Wesentlichen um eine Auflistung kinderpornografischer Dateien in einer Excel-Tabelle gebeten und im Falle eines Auffinden von Mails kinderpornografischen Inhalt um die Mitteilung von Daten von Absender, Empfänger und Datum sowie Fundstelle des Ausdrucks. Laut dem vorliegenden Gutachten der Firma X. GmbH wurden der beschlagnahmte Rechner und die beschlagnahmten Datenträger mittels einer dafür geeigneten Software auf die Existenz von kinderpornografischen Darstellungen untersucht wie auch – insoweit zum Teil überschießend – unter Verwendung von hinterlassenen Spuren das einschlägige Kommunikationsverhalten des Betreibers des Rechners. Die Ergebnisse wurden in geeigneter Weise teils tabellarisch, teils auszugsweise sichtbar gemacht.

Der Senat verkennt nicht, dass die von der Firma X. GmbH erbrachte Leistung die Anwendung einer spezifischen Software ebenso voraussetzt wie ein diese Anwendung begleitendes entsprechendes fachliches Wissen, welches dasjenige eines durchschnittlichen Computerbenutzers in den Justizbehörden übersteigen dürfte. Allerdings wurde auf diese Weise – wie es die Beschwerdekammer des Landgerichts richtig gesehen hat – nicht mehr erbracht als eine technische Sichtbarmachung von Datenmaterial und eine technisch bedingte Vorsortierung von Dateimaterial, dessen Bewertung im Übrigen selbstverständlich von den ermittelnden Polizeibeamten oder Staatsanwälten noch vorzunehmen war. Eine Beantwortung spezifischer Fragestellungen auf dem Gebiet der Informationstechnologie – allein hierfür dürfte die Firma X. GmbH auch fachlich ausgewiesen sein – war weder in Auftrag gegeben worden noch ist sie erfolgt.

So hätte es – vielleicht – liegen können bei der Erstellung eines spezifischen Kommunikationsprofils in Bezug auf wiederholtem Kontakt zu bestimmten Internet-Adressen oder bei Fragen nach der Wirksamkeit oder der Provenienz bestimmter Verschlüsselungstechnologien, wenn derartige Fragen gestellt worden wären. Dies war aber nicht der Fall und hätte zudem eine erste „Durchsicht“ des Datenmaterials erfordert, welche vor Beauftragung der Firma X. GmbH gerade noch nicht geleistet worden war. Auch liegt der Fall nicht etwa derart, dass die Firma X. GmbH eine Auswertung mittels eines allein von ihr entwickelten speziellen Verfahrens vorgenommen hätte; die laut Angaben des Gutachtens eingesetzte Software EnCase Version 6.16 ist vielmehr ein auf dem Markt erhältliches Produkt des Herstellers „Guidance Software“, welches nach Erwerb und Schulung grundsätzlich auch von anderen IT-Spezialisten angewendet werden kann. Damit verbleibt die Leistung der X. GmbH im Bereich der bloßen technischen Dienstleistung. Die – technisch qualifizierte – Erleichterung der im Ermittlungsverfahren ohnehin notwendigen Durchsicht eines Datenbestandes mittels Sichtbarmachung und Vorsortierung allein macht diese Dienstleistung aber noch nicht zu einem Sachverständigengutachten.“

Muss/sollte man sich als Verteidiger merken bzw. im Auge behalten. Und: Die Abrechnung der entsprechenden Tätigkeiten erfolgt über Vorbem. 4 Abs. 5 VV RVG i.V.m. Teil 3 VV RVG, und zwar der Nr. 3500 VV RVG.

Riegl FG21P ohne Displaytest, nicht standardisiert, oder: Was die OLGs so machen….

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So, versprochen ist versprochen. Die Kollegin Pichler-Gieser aus Wiesbaden hatte in der Fachanwaltsgruppe bei Facebook auf den von ihr erstrittenen OLG Bamberg, Beschl. v. 02.12.2016 – 2 Ss OWi 1185/16 – hingewiesen. Auf meine Bitte hin hatte sie ihn mir geschickt und ich hatte versprochen, ihn auf meiner HP einzustellen. Das habe ich nun getan, so dass alle interessierten Kollegen den Beschluss dort downloaden können.

Zur Sache: Es geht um eine Messung ohne Beachtung der Gebrauchsanleitung des Messgerätes. Das bringt bei einem standardisierten Messverfahren ggf. Schwierigkeiten für den Amtsrichter. Denn bei einem standardisierten Messverfahren kann der Tatrichter im Urteil nur dann nur die Messmethode und den berücksichtigten Toleranzwert angeben, wenn das verwendete Messgerät von seinem Bedienungspersonal auch wirklich standardgemäß, d.h. im geeichten Zustand, seiner Bauartzulassung entsprechend und gemäß der vom Hersteller mitgegebenen Bedienungs- bzw. Gebrauchsanweisung verwendet wurde. Das hat das OLG Bamberg in dem Beschluss noch einmal bekräftigt.

Gemessen worden war mit dem Laserhandmessgerät Riegl FG21P, bei dem es sich nach der Rechtsprechung ja grundsätzlich um ein sog. standardisiertes Messverfahren handelt. Allerdings hatte der Messbeamte nach den Urteilsfeststellungen des AG vor Inbetriebnahme des Geräts den Display-Test nicht entsprechend den Vorgaben der Gebrauchsanleitung für das zum Einsatz gekommene Messgerät durchgeführt. Damit war die erfolgte Messung als solche zwar nicht generell unverwertbar. Allerdings musste das AG bei der Verwertung des Messergebnisses von einem individuellen Messverfahren. ausgehen, das nicht mehr die Vermutung der Richtigkeit und Genauigkeit für sich in Anspruch nehmen kann. Das bedeutet, dass die Korrektheit der Messung individuell überprüft werden musste, Dazu verweist das OLG darauf, dass es insoweit zwar nicht ausnahmslos der Erhebung eines Sachverständigenbeweises bedarf. Nehme der Richter jedoch eigene Sachkunde für sich in Anspruch, müsse er diese in den Urteilsgründen in einer für das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbaren und überprüfbaren Weise. Dazu enthielten aber die Urteilsgründe des AG keine Ausführungen. Sie genügten damit nicht den Anforderungen an die Darstellung eines außerhalb eines standardisierten Messverfahrens zustande gekommenen Messergebnisses. Fazit: Aufhebung des AG-Urteils.

Bei der Gelegenheit: Ich habe immer Interesse an OLG-Beschlüssen zu OWi-Fragen. Und zwar auch dann, wenn es sich nicht um bahnbrechend Neues handelt. Nur so behält man die Rechtsprechung der OLG im Blick. Daher bitte gerne senden, vor allem weil man so auch die „Veröffentlichungspolitik“ der OLG, die ja nicht immer alles veröffentlichen, unterlaufen kann.

Das DNA-Gutachten in den Urteilsgründen, oder: Warum weiß die StK nicht, wie es geht?

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Das BGH, Urt. v. 21.07.2016 – 4 StR 558/16 – zeigt noch einmal einen Fehler auf, der in tatrichterlichen Urteilen häufig(er) festzustellen ist. Nämlich die Darstellung eines Sachverständigengutachtens, auf das die Verurteilung des Angeklagten gestützt wird, in den Urteilsgründen. Im vom BGH entschiedenen Fall war es ein DNA-Gutachten, das vom LG zur Grundlage der Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung gemacht worden ist. Da haperte es mit der Einbindung in die Uteilsgründe:

„Das Rechtsmittel des Angeklagten ist begründet. Die Beweiswürdigung der Strafkammer zur Täterschaft des Angeklagten begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Darstellung des DNA-Vergleichsgutachtens in den Urteilsgründen den in sachlich-rechtlicher Hinsicht zu stellenden Anforderungen nicht genügt.

Das Tatgericht hat in den Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich ist. Für die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung ist danach erforderlich, dass der Tatrichter mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben, mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merk-malskombination zu erwarten ist und, sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, inwieweit dieser Umstand bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war (vgl. BGH, Urteile vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212, 217; vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, NStZ 2014, 477 ff.; Beschlüsse vom 19. Januar 2016 – 4 StR 484/15, NStZ-RR 2016, 118 f.; vom 12. April 2016 – 4 StR 18/16 Rn. 4). Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe, die sich weder zur Anzahl der untersuchten Systeme noch zu den sich in den untersuchten Systemen ergebenden Übereinstimmungen verhalten, nicht gerecht.“

Auch wieder so eine Stelle, an der ich mich angesichts der doch recht zahlreichen Entscheidungen des BGH zu dieser Frage, gerade auch DNA-Gutachten betreffend, frage: Warum weiß eine Strafkammer das eigentlich nicht?

Das Sachverständigengutachten im Urteil – immer wieder „zu knapp“

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Und zum Abschluss des heutigen Tages dann – noch einmal – Grundkurs: Das Sachverständigengutachten in den Urteilsgründen. Immer wieder und häufig von Bedeutung und leider immer wieder von den Instanzgerichten falsch gemacht. So auch vom LG Wiesbaden in dem dem BGH, Beschl. v.  27.01.2016 –  2 StR 314/15 – zugrunde liegenden Urteil. Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Diebstahls verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Das LG hat – so der BGH „– stereotyp – in allen diesen Fällen „aufgrund der Psychose des Angeklagten“ einen „Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht auszuschließen“ vermocht. Hinsichtlich weiterer angeklagter Taten – Nötigung und versuchte Nötigung im Februar 2013, drei Fälle des (versuchten) Diebstahls aus unverschlossenen Kraftfahrzeugen sowie Körperverletzung und Beleidigung im Dezember 2013, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung im April 2014 – hat das sachverständig beratene LG den Angeklagten freigesprochen, weil entweder die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgrund seiner schizophrenen Erkrankung bzw. Psychose aufgehoben bzw. „die vollständige Aufhebung der Steuerungsfähigkeit“ nicht ausgeschlossen werden könne.

Das LG hat sich hinsichtlich der Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten dem Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen angeschlossen. Danach bestünde beim Angeklagten eine paranoide, aktuell unvollständig remittierte Schizophrenie und ein Abhängigkeitssyndrom von multiplen psychotropen Substanzen.

Und der BGH hat Bedenken, wie das LG mit dessen Gutachten im Urteil umgeht – oder auch nicht. Denn:

„a) Wenn sich der Tatrichter – wie hier – darauf beschränkt, sich der Beurteilung eines Sachverständigen zur Frage der Schuldfähigkeit anzuschließen, muss er dessen wesentliche Anknüpfungspunkte und Darlegungen im Urteil so wiedergeben, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juni 2014 – 4 StR 171/14, NStZ-RR 2014, 305, 306 mwN). Dies gilt auch in Fällen paranoider Schizophrenie; denn die Diagnose einer solchen Erkrankung führt für sich genommen noch nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten erheblichen Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 24. April 2012 – 5 StR 150/12, NStZ-RR 2012, 239; vom 17. Juni 2014 – 4 StR 171/14, NStZ-RR 2014, 305, 306 mwN). Erforderlich ist vielmehr die Feststellung eines akuten Schubs der Erkrankung sowie die konkretisierende Darlegung, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der jeweiligen Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (Senat, Be-schluss vom 29. Mai 2012 – 2 StR 139/12, NStZ-RR 2012, 306, 307)….“

Also: Urteilsgründe an der Stelle zu knapp. Wie gesagt – ein häufiger/klassischer Fehler…..

„Disziplinierung“ durch „vorauseilenden Gehorsam“, oder: Das zu schnell eingeholte Sachverständigengutachten

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Kollegen haben mir in der letzten Zeit wiederholt davon berichtet, dass die AG teilweise dazu übergegangen sind, bei Einwänden des Betroffenen gegen die Ordnungsgemäßheit einer Messung (von sich aus) Sachverständigengutachten einzuholen. Darüber habe ich hier ja auch schon im Zusammenhang mit dem AG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 25.01.2013 – 4.9 OWi 289 Js 14760/12 (156/12) berichtet (vgl. dazu: „Zu schnelle“ Einholung eines SV-Gutachtens – unrichtige Sachbehandlung – Niederschlagung der Kosten). Hintergrund für dieses Vorgehen – in quasi vorauseilendem Gehörsam – dürfte u.a. eben häufig sein, dass man Verteidiger/Betroffene disziplinieren und von weiteren Anträgen (in anderen Verfahren) abhalten/abschrecken will, indem hohe Kosten verursacht werden, die möglicherweise in keinem angemessenen wirtschaftlichen Verhältnis zur verhängten Geldbuße stehen.

Dem lässt sich vom Verteidiger jetzt auch der LG Ingolstadt, Beschl. v. 30.09.2015 – 2 Qs 48/15 – entgegenhalten. Da hatte der Verteidiger  lediglich die Übersendung der Messdatei nebst Beweisfoto beantragt, um diese von einem durch den Betroffenen zu beauftragenden Sachverständigen überprüfen zu lassen. Allein das führte zu einem Beweisbeschluss über die Einholung eines SV-Gutachtens – Kosten dann über 2.000 € -, von dem das AG noch nicht einmal Abstand genommen hat, als der Verteidiger ausdrücklich klargestellt und mitgeteilt hat, dass es lediglich darum gehe, die Messung von einem eigenen Sachverständigen überprüfen zu lassen, um ggf. im Anschluss hieran konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlbedienung oder Fehlmessung vorzutragen.

Das LG verweist auf die Rechtsprechung der Obergerichte zum standardisierten Messverfahren und darauf, dass danach nur konkrete Einwände das AG zur Beweisaufnahme zwingen. Und dann:

„…. Derartige konkrete Anhaltspunkte für Messfehler waren im Verfahren nicht dargetan. Der Betroffene hat vielmehr mit Schriftsatz vom 19.05.2014 lediglich die Übersendung der Messdatei nebst Beweisfoto beantragt, um diese von einem durch den Betroffenen zu beauftragenden Sachverständigen überprüfen zu lassen.

Der Antrag des Betroffenen vom 19.05.2014 konnte auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Betroffene hiermit die Richtigkeit der Messung in einer Art und Weise angezweifelt hätte, dass die Erholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen wäre. Denn konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler waren, was Voraussetzung für die Erholung eines Sachverständigengutachtens gewesen wäre, seitens des Betroffenen gerade noch nicht aufgezeigt worden.

Vorstehendes hat der Betroffene unmittelbar im Nachgang zum Beweisbeschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 22.05.2014 mit Schriftsatz vom 02.06.2014 unter näherer Darlegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nochmals ausdrücklich klargestellt und mitgeteilt, dass zum damaligen Zeitpunkt konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler weder bestünden noch dass ein solcher seitens des Betroffenen konkret behauptet würde. Dem Betroffenen gehe es lediglich darum, die Messung von einem eigenen Sachverständigen überprüfen zu lassen, um ggf. im Anschluss hieran konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlbedienung oder Fehlmessung vorzutragen.

Spätestens im Anschluss an den klarstellenden Schriftsatz vom 02.06.2014 wäre der Tatrichter zur Vermeidung unnötiger Verfahrenskosten gehalten gewesen, den Beweisbeschluss auf entsprechenden Antrag des Betroffenen aufzuheben.

Da angesichts der dargestellten gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung letztlich eine Beweisaufnahme über erkennbar nicht erhebliche Tatsachen stattgefunden hat (vgl. Binz/Dörndorfer/Petzold/ Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Auflage 2014, § 21 Rn 7 m. w. N.; OLG München NJW-RR 2003, 1294), ist es vorliegend geboten, gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG von der Erhebung der Gutachterkosten i. H. v. 2.054,54 € abzusehen.“