Schlagwort-Archive: Richter

Wer braucht Nachhilfe? Minister oder Richterin, bzw: Was denkt sich eigentlich ein IM,…

wenn er eine Richterin, die einen Polizeibeamten wegen des Einsatzes von Pfefferspray verurteilt hat, vor der Vorlage des schriftlichen begründeten Urteils anschreibt und „abmahnt“ (wenn man es denn so bezeichnen will)?

Offenbar gar nichts, denn sonst würde der Innenminister des Landes Schleswig-Holstein Schlie die Kollegin nicht angeschrieben und gleich dann auch noch durch Veröffentlichung des Schreibens bei den Polizeibeamten des Landes an den Pranger gestellt haben. Zu dem Thema ist ja schon im Lawblog gepostet worden (vgl. hier „Minsterin bietet Richterin „Nachhilfe„) oder beim Kollegen Nebgen. Beide haben schön herausgearbeitet, worum es gehen kann, nämlich um die richterliche Unabhängigkeit.

Dem ist nichts hinzuzufügen, außer: Ein wenig beruhigt hat mich die Reaktion des Kollegen Justizminister aus Schleswig-Holstein, der sich in seinem Schreiben dann doch mit recht deutlichen – öffentlich gemachten – Worten vor die Kollegin und die Richter des Landes gestellt hat. Wann liest man schon mal in der Politik „aus mehreren Gründen unangebracht„, oder unter: „5. Schließlich bitte ich bei Ihrem künftigen Umgang mit den schleswig-holsteinischen Gerichten…“ oder „Das ist schlicht nicht hinnehmbar.“ Alles in allem ein deutlicher Rüffel für den IM Schlie.

Was ich mich frage:

  1. Wo sind denn eigentlich die juristischen (und auch politischen) Berater des IM gewesen, als man das Schreiben erwogen hat. Normalerweise gibt es die in jedem Ministerium (oder ist Schleswig-Holstein so pleite, dass man sich die nicht mehr leistet bzw. leisten kann?). Die hätten sicherlich von der Absendung des Schreibens abgeraten. Oder haben Sie abgeraten und der IM hat allein entschieden?
  2. Und wenn ich mir die politische Vita des IM ansehe (hier auf Wikipedia – wenn es denn richtig ist -).
  • „Schlie trat als Schüler 1971 in die Junge Union und 1972 auch in die CDU ein. Seit 1999 ist er Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Herzogtum Lauenburg. Von 1978 bis 2005 gehörte er dem Kreistag des Kreises Herzogtum Lauenburg und von 1986 bis 1990 der Ratsversammlung der Stadt Mölln an.
  • Von 1996 bis zur Niederlegung seines Mandates am 27. April 2005 war er Mitglied des Landtages von Schleswig-Holstein. Hier war er von 2000 bis 2005 stellvertretender Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion. Außerdem war er von 1997 bis 2000 stellvertretender Vorsitzender des Sonderausschusses „Verfassungsreform“. Im Jahr 2000 zog er über die Landesliste in den Landtag ein, bei der Landtagswahl 2005 wurde er mit 46,9 % der Erststimmen im Wahlkreis Lauenburg-Mitte direkt gewählt.
  • Am 27. April 2005 wurde Schlie Staatssekretär für Verwaltungsmodernisierung und Entbürokratisierung im Finanzministerium. Am 27. Oktober 2009 folgte die Ernennung zum Innenminister.“

dann fragt man sich dann doch: „stellvertretender Vorsitzender des Sonderausschusses „Verfassungsreform“? Hat man da nicht vielleicht den Bock zum Gärtner gemacht?

Der jungen Kollegin (Proberichterin!!) kann man nur wünschen, dass Sie trotz dieses Schreibens den Spaß am Beruf behält.

„Die Mär von der Überversorgung von Richtern und Beamten“

so heißt ein Beitrag des Bundesgeschäftsführers des DRB in der DRiZ 2011, 157, auf den ich über Jurion Recht gestoßen bin. Der Beitrag passt ganz gut zu meinem gestrigen Posting zu den Nullrunden bei den Rechtsanwälten. In der Meldung von JurionRecht zu dem Beitrag heißt es:

Gegenstand des Beitrags ist eine Untersuchung des baden-württembergischen Landesfinanzministeriums zur Altersversorgung von Beamten, dessen Aussagen nach Ansicht des Autors auch auf die Altersversorgung von Richtern und Staatsanwälten übertragbar seien. Zunächst wird dargelegt, wie bei der Untersuchung die Vergleichbarkeit von Beamtenpensionen und Renten hergestellt wurde. So sei bei Angestellten nicht nur die gesetzliche Rente, sondern auch die betriebliche Altersversorgung zu berücksichtigen. Auch die Bildung der Vergleichsgruppen kommt zur Sprache. Anhand von vier Beispielsfällen wird aufgezeigt, dass in der Mehrzahl der Fälle die Alterssicherung der Rentner höher sei als die der vergleichbaren Pensionäre. So beziehe z.B. ein verbeamteter Bauingenieur (FH) als Pensionär eine Nettorente von 2.440,25 €. Ein vergleichbarer Kollege, der in der Wirtschaft tätig war, erhalte dagegen eine Nettorente von insgesamt 2.422,76 €. Vor diesem Hintergrund hält Schilling die in den Medien geäußerte Auffassung, Beamte seien überversorgt, für unzutreffend.“

Ok. Kann man so sehen, muss man aber nicht. Wen die Untersuchung aus Baden-Württemberg interessiert, der findet sie als LT-Drucksache 14/7405 im Angebot des dortigen Landtags.

Wochenspiegel für die 6. KW., oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Wir berichten:

  1. Richter richten Richter.
  2. Die lautlose Berufung.
  3. Und natürlich Kachelmann, vgl. hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier.
  4. Nette Werbeidee.
  5. Immer wieder: Kopien.
  6. Über den Anhalte-/Unfallort noch einmal hier.
  7. Über eine „Radarfallenwarnerin“ wurde hier berichtet.
  8. Gebühren für den Polizeigewahrsam?
  9. Zur Höhe der Geldstrafe hier.
  10. MPU für Radfahrer?

Wochenspiegel für die 46. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Wir berichten:

  1. Über die Strafanzeige gegen einen Richter, vgl. hier.
  2. Über den Richtervorbehalt und den Textbaustein wurde hier berichtet, vgl. auch noch hier.
  3. Nochmals zur Beförderungserschleichung hier.
  4. Vollmachtsfragen sind immer interessant, vgl. hier und hier, über manche Formulierung kann man streiten.
  5. Immer wieder, wenn ich das so aufgeschrieben habe…, vgl. hier.
  6. Das Internetportal zur Richterbewertung, vgl. hier.
  7. Zum Fest der Sachbeschädigung 🙂 hier ein Beitrag.
  8. Zu der Entscheidung BGH 1 StR 351/10 dann noch einmal hier.
  9. Über ein Verfahren gegen Marihuana-Züchter wird hier berichtet.
  10. Nochmals die Winterreifenpflicht, vgl. hier.

Laufbahnwechsel/Genieaustausch – aufgepasst

In den Bundesländern gibt es den sog. Laufbahnwechsel, in der Justiz auch etwas flapsig als „Genieaustausch“ bezeichnet. Da wechseln Richter vorübergehend zur StA und STA vorübergehend an die Gerichte (in Bayern ist das – wenn ich micht richtig erinnere – sogar obligatorisch). In der Strafjustiz kann das Probleme oder auch Vorteile bringen, je nachdem wie man es sieht. Denn ist ein Richter früher schon mal in einer Sache als Staatsanwalt tätig gewesen, dann ist er gem. § 22 Nr. 4 StPO als Richter ausgeschlossen. Und dabei kommt es auf den Umfang der Tätigkeit nicht an. Ausreichend ist jedes amtliche Handeln in der Sache, das geeignet ist, den Sachverhalt zu erforschen oder den Gang des Verfahrens zu beeinflussen. Und das wird auch erfüllt, wenn der jetzige Richter früher als StA in der Sache Akteneinsicht gewährt, eine Frist für eine eventuelle Stellungnahme eingeräumt und den Zeitpunkt der Wiedervorlage bestimmt hat (so BGH, Beschl. v. 12.08.2010 – 4 StR 378/10). Also: Es kann sich lohnen :-), die Akten auf solche Dinge mal durchzusehen.