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Verfahrensverzögerung II, oder: Acht Monate „Fahrtzeit“ vom AG/der StA zum OLG sind zu viel

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Bei der zweiten Entscheidung zur Verfahrensverzögerung handelt es sich um dem OLG Stuttgart, Beschl. v. 04.06.2018 –  3 Rb 26 Ss 786/17, den mir der Kollege Beyrle aus Nürnberg übersandt hat. Da hat das Rechtsbeschwerdeverfahren nach Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist noch acht Monate gedauert, so lange haben AG und/oder StA gebraucht, bis die Akten beim OLG waren. Das ist dem OLG zu lang – die Verfahrensverzögerung wird aber nur „festgestellt“.

„Eine Einstellung des Verfahrens, wie von der Verteidigung gefordert, ist nicht angezeigt. Allerdings ist vorliegend trotz Unbegründetheit des Antrages auf Zulassung der Rechtsbeschwerde im Tenor auszusprechen, dass das Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtsstaatswidrig verzögert worden ist i.S.d. § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 199 Abs. 3 Satz 1.

Das Beschleunigungsgebot gilt auch im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde und ist vorliegend dadurch verletzt worden, dass die Akten dem Senat — ohne aus den Akten ersichtlichen Grund – erst acht Monate nach Ablauf der Begründungsfrist vorgelegt worden sind. Die Feststellung, dass die Verfahrensdauer unangemessen war (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 199 Abs. 3 Satz 1 GVG), setzt nicht voraus, dass die Rechtsbeschwerde zugelassen worden ist, sondern allein, dass das Rechtsbeschwerdegericht auf einen in zulässiger Weise gestellten und begründeten Zulassungsantrag — wie vorliegend der Fall – mit der Sache befasst worden ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v, 23.12.2014 – 1\/-2 RBs 160/14, NStZ-RR 2015, 90, 91 , juris Rz 12) .

2. Ob eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vorliegt, d. h. das Verfahren ohne zwingenden Grund für eine nicht unerhebliche Dauer zum Stillstand gekommen ist, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab, Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das vorliegende Verfahren auf der einen Seite keine erheblichen Schwierigkeiten aufweist, auf der anderen Seite mit Blick auf den dem Betroffenen drohenden Eingriff nämlich lediglich einer Geldbuße von 120,00 € hingegen nicht besonders eilbedürftig ist, Denn es ist nicht ersichtlich, dass vorliegend die Ungewissheit über den Verfahrensausgang die Lebensführung des Betroffenen in signifikanter Weise beeinträchtigt hat. Denn diesem droht insbesondere kein Fahrverbot. Unabhängig davon, innerhalb welcher Zeit die Generalstaatsanwaltschaft vorliegend spätestens ihre Zuschrift hätte dem Oberlandesgericht übermitteln müssen, ist jedenfalls eine Zeitspanne von acht Monaten zu lang.

Auch wenn dies beim Betroffenen faktisch lediglich zu einem Vollstreckungsaufschub geführt hat, ist hier aufgrund der Vermutungswirkung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG von einem Nachteil für den Betroffenen auszugehen, da zumindest nicht auszuschließen ist, dass diesen das nicht abgeschlossene Bußgeldverfahren beschäftigt und damit belastet hat.

4. Der Ausspruch im Tenor, dass eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung vorliegt, reicht vorliegend als Kompensation aus. Selbst wenn men mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf (vgl. a. a. O., juris Rz. 9) im Fall einer Zulassungsrechtsbeschwerde fordern würde, dass die Zuschrift binnen eines Monats nach Ablauf der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist dem Oberlandesgericht hätte zugehen können, was aus Sicht des Senats mit Blick auf die geringe Eingriffsintensität eines solchen Verfahrens für den Betroffenen wohl eher zu streng sein dürfte, wäre auch bei einer hieraus folgenden rechtsstaatswidrigen Verzögerung von sieben Monaten der bloße Ausspruch im Tenor als Kompensation ausreichend.“