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Beihilfe zum Raub, oder: SMS und Anwesenheit reichen nicht.

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Und ebenfalls schon etwas älter ist ist der BGH, Beschl. v. 17.05.2018 – 1 StR 108/18. Manche Entscheidungen rutschen eben durch. Grundlage ist eine Verurteilung des Angeklagten wegen Raubes, und zwar mit folgenden Feststellungen:

„Der nicht revidierende Mitangeklagte B. beschloss, den ihm über WhatsApp bekannten Geschädigten R. in dessen Wohnung zu überfallen und unter Vorhalt eines Messers zu berauben oder zu erpressen. B. weihte den Angeklagten in den von ihm geplanten Überfall ein, wobei das Landgericht sich nicht davon überzeugen konnte, dass er dem Angeklagten mitteilte oder diesem sonst vorab bekannt wurde, dass ein Messer zum Einsatz kommen sollte. Der Angeklagte billigte den Überfall in dem ihm geschilderten Umfang und vereinbarte mit B. , dass er den Überfall absichern werde. Beide kamen überein, der Angeklagte solle zum Haus des Geschädigten R. mitkommen, davor warten und gegebenenfalls in dessen Wohnung nachkommen, sofern B. die Unterstützung des Angeklagten anfordern und diesem die Tür zur Wohnung öffnen sollte.

Am 8. Mai 2017 nach 20.15 Uhr begaben sich B. und der Angeklagte gemeinsam zur Wohnung des Zeugen R. . Beide postierten sich gegen 22.00 Uhr getrennt voneinander vor dem Mehrfamilienhaus, in dem der Geschädigte R. wohnte. Der Geschädigte R. holte B. unten vor der Haustür ab und nahm ihn mit in seine Wohnung, wo beide zunächst eine Flasche Wein tranken, rauchten und sich unterhielten. Nach den Feststellungen ließ sich B. hierfür etwa eine Dreiviertelstunde Zeit, um die Lage zu sondieren. Der vor der Haustür stehende Angeklagte wurde des Wartens überdrüssig; er schrieb mehrere SMS an B. und rief diesen mehrfach auf dem Mobiltelefon an, ohne dass B. die Anrufe annahm. Der Angeklagte verließ in der Folge seinen Posten vor der Haustür, was er B. um 23.01 Uhr per Kurznachricht mitteilte. B. hatte erst danach Gelegenheit, die SMS des Angeklagten zu lesen. Er erkannte, dass der Angeklagte ihn nicht mehr durch persönliches Eingreifen in der Wohnung würde unterstützen können, und führte die Tat sodann alsbald durch.

Die Strafkammer hat angenommen, der Angeklagte habe B. nicht nur im Vorbereitungsstadium verbal und durch zeitweises Bereitstehen vor dem Haus in seinem Tatentschluss bestärkt, sondern dies habe auch die Tat in ihrem konkreten Ablauf beeinflusst und gefördert.

Der BGH hebt auf: Nach seiner Ansicht tragen die Feststellungen eine Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Raub nicht, denn es ist nicht durch konkrete Fakten belegt, inwieweit der Angeklagte die Tat eines anderen gefördert oder erleichtert hat.

Wegen Beihilfe wird gemäß § 27 Abs. 1 StGB bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Diese Hilfeleistung muss sich auf die Begehung der Haupttat zwar nicht kausal auswirken; erforderlich ist aber, dass sie die Haupttat zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Versuchsbeginn und Beendigung in irgendeiner Weise erleichtert oder fördert (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 2015 – 2 StR 58/15, NStZ-RR 2015, 343, 344 und vom 4. Februar 2016 – 1 StR 344/15, NStZ-RR 2016, 136, 137; Urteil vom 16. Januar 2008 – 2 StR 535/07, NStZ 2008, 284 mwN). Die bloße Kenntnis von der Begehung der Tat und deren Billigung ohne einen die Tat objektiv fördernden Beitrag reicht allerdings nicht aus, um die Annahme von Beihilfe zu begründen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann zwar schon ein bloßes „Dabeisein“ die Tatbegehung im Sinne aktiven Tuns fördern oder erleichtern (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 – 2 StR 505/11, StV 2012, 287; Urteil vom 10. Februar 1982 – 3 StR 398/81, StV 1982, 517, 518). In derartigen Fällen bedarf es aber sorgfältiger und genauer Feststellungen darüber, dass und wodurch die Tatbegehung in ihrer konkreten Gestaltung objektiv gefördert oder erleichtert wurde, und dass der Gehilfe sich dessen bewusst war (BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 1993 – 3 StR 516/92, NStZ 1993, 233 und vom 24. März 1993 – 2 StR 99/93, NStZ 1993, 385).

Vorliegend ist nicht hinreichend belegt, inwieweit die (spätere) Haupttat durch die Anwesenheit des Angeklagten vor der Haustür allein im Vorbereitungsstadium sowie durch das Senden von SMS und die Anrufe bei dem Haupttäter B. , die diesen nicht erreicht haben, konkret gefördert oder erleichtert wurde. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe dadurch den Haupttäter B. in seinem Tatentschluss bestärkt, findet in den Urteilsgründen keine ausreichende Grundlage. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass nicht festgestellt ist, dass der Angeklagte zuvor aktiv in die Planung der Tat involviert war. Auch der Inhalt der Absprachen zwischen dem Angeklagten und B. ist nicht beweiswürdigend unterlegt. Überdies ist nicht belegt, dass und inwieweit der Angeklagte den Haupttäter B. nach Verlassen seines Postens vor der Haustür weiter unterstützt haben könnte. Die schlichte Behauptung der Strafkammer, der Angeklagte habe B. im Vorbereitungsstadium der Haupttat ein erhöhtes Sicherheitsgefühl verschafft, das dieser zum längeren Sondieren der Lage genutzt habe, und habe diesen dadurch – gleichsam fortwirkend – in seinem Tatentschluss bestärkt (UA S. 11, 26), reicht insoweit nicht aus; diese Umstände sind ihrerseits nicht beweiswürdigend belegt.“

StGB II: Raub, oder: Finaler Einsatz von Gewalt/Drohung erforderlich

Die zweite Entscheidung stammt aus dem Bereich der Eigentumsdelikte. Im BGH, Beschl. v.11.09.2018 – 1 StR 413/18 – geht es (mal wieder) um die finale Verknüpfung zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub. Ein Punkt, an dem in der letzten Zeit häufiger Verurteilungen gescheitert oder anders Revisionen erfolgreich waren. So auch hier:

1. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II.1. der Urteilsgründe hat keinen Bestand, weil das angefochtene Urteil hinsichtlich der Annahme eines besonderen schweren Raubes sachlich-rechtliche Mängel aufweist.

Die rechtliche Würdigung des Landgerichts wird von den Urteilsfeststellungen nicht getragen, da die bisherigen Feststellungen eine für die Verurteilung wegen Raubes notwendige finale Verknüpfung zwischen dem Einsatz der qualifizierten Nötigungsmittel und der Wegnahme dergestalt, dass es zu einer nötigungsbedingten Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Gewahrsamsinhabers über das Tatobjekt gekommen ist, nicht tragen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung muss zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst (vgl. nur BGH, Urteile vom 20. Januar 2016 – 1 StR 398/15, BGHSt 61, 141; vom 22. September 1983 – 4 StR 376/83, BGHSt 32, 88, 92 und vom 20. April 1995 – 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 124 und vom 16. Januar2003 – 4 StR 422/02, NStZ 2003, 431, 432; Beschlüsse vom 21. März 2006 – 3 StR 3/06, NStZ 2006, 508; vom 24. Februar 2009 – 5 StR 39/09, NStZ 2009, 325; vom 25. September 2012 – 2 StR 340/12, NStZ-RR 2013, 45, 46 und vom 18. Februar 2014 – 5 StR 41/14, NStZ 2015, 156). Deshalb genügt der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmevorsatz eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, für die Annahme eines Raubes nicht. Auch das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers vor Fortführung bislang nicht auf die Ermöglichung der Wegnahme von Sachen gerichteter Gewalthandlungen reicht – ohne aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung – nicht aus (vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 StR 398/15, BGHSt 61, 141 mwN).

Demnach ist der Straftatbestand des Raubes regelmäßig dann gegeben, wenn mit dem Nötigungsmittel körperlicher Widerstand überwunden oder aufgrund der Zwangswirkung unterlassen und es hierdurch dem Täter ermöglicht wird, den Gewahrsam zu brechen. Der Tatbestand verlangt allerdings nicht, dass der Einsatz des Nötigungsmittels objektiv erforderlich ist oder die Wegnahme zumindest kausal fördert (BGH, Urteile vom 20. Januar 2016 – 1 StR 398/15, BGHSt 61, 141; vom 21. Mai 1953 – 4 StR 787/52, BGHSt 4, 210, 211 und vom 19. April 1963 – 4 StR 92/63, BGHSt 18, 329, 331). Es genügt, dass aus Sicht des Täters der Einsatz des Nötigungsmittels notwendig ist (Finalzusammenhang). Allein seine Vorstellung und sein Wille sind für den Finalzusammenhang maßgebend (BGH, Urteile vom 20. Januar 2016 – 1 StR 398/15, BGHSt 61, 141 und vom 6. Oktober 1992 – 1 StR 554/92, NStZ 1993, 79; Beschluss vom 28. April 1989 – 4 StR 184/89, StV 1990, 159, 160).

b) Dieser notwendige Finalzusammenhang lässt sich den bisherigen Feststellungen des Landgerichts nicht entnehmen.

Das Landgericht hat zunächst keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob der Einsatz des Nötigungsmittels – hier des Messers – überhaupt zu dem Zweck erfolgte, um vom Geschädigten etwas Stehlenswertes oder Werthaltiges gewaltsam zu erlangen. Es bleibt auch offen, aus welchen Gründen der Angeklagte sich im Vorfeld der Tat hinter einem Vorhang versteckte sowie ob und wann er sich letztlich zur Wegnahme des Mobiltelefons entschieden hat. Soweit das Landgericht annimmt, dass der Geschädigte durch die massive Gewaltanwendung des Angeklagten mit dem Messer eingeschüchtert werden sollte, ist dies weder durch Angaben des Geschädigten noch durch sonstige Beweismittel belegt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Geschädigte durch den Messereinsatz eingeschüchtert war und bei Widerstand mit weiterer Gewaltanwendung rechnete, käme zwar auch eine konkludente Drohung des Angeklagten als Nötigungsmittel der Wegnahme in Betracht. Dies würde aber voraussetzen, dass der Angeklagte diese Situation bewusst ausgenutzt hätte, um den Geschädigten zu veranlassen, die Wegnahme zu dulden. Dafür reicht aber nach den bisherigen Feststellungen des Landgerichts das bloße Ergreifen des aus der Hosentasche des Geschädigten gefallenen Mobiltelefons, um es für sich zu behalten, noch nicht. Allein der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmeabsicht eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, vermag den erforderlichen Finalzusammenhang nicht zu begründen.“

Schöner Erfolg für den Instanzverteidiger, den Kollegen H. Stehr aus Göppingen, der mit die von ihm erstrittene Entscheidung geschickt hat.

Schwerer Raub, oder: Wenn der Täter ein Brecheisen „mit leichtem Druck in den Rücken hielt“

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Der BGH, Beschl. v. 20.01.2018 – 2 StR 200/17 – hat mal wieder eine Raubproblematik zum Gegenstand. Es geht um das Tatbestandsmerkmal des Verwendens im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB. Dazu der BGH:

„1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte in den Fällen 1 und 3 der Urteilsgründe den Tatbestand des besonders schweren Raubes im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB verwirklicht.

a) Das Tatbestandsmerkmal des Verwendens im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels bezogen auf den Grundtatbestand des Raubes; es liegt sonach vor, wenn der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Ausübung von Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht, um die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache zu ermöglichen (BGH, Urteile vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158 und vom 8. Mai 2008 – 3 StR 102/08, NStZ 2008, 687). Das Tatopfer muss das Nötigungsmittel und die Androhung seines Einsatzes wahrnehmen (BGH, Urteile vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, aaO und vom 8. Mai 2008 – 3 StR 102/08, aaO; Beschluss vom 17. Juni 1998 – 1 StR 270/98, NStZ-RR 1999, 7); denn eine Drohung ist das ausdrückliche oder schlüssige In-Aussicht-Stellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1961 – 1 StR 288/61, BGHSt 16, 386, 387). Eine Drohung erfordert daher, dass der Bedrohte Kenntnis von der Drohung erlangt und dadurch in eine Zwangslage versetzt wird (Senat, Beschluss vom 1. September 2004 – 2 StR 313/04, NStZ 2005, 41, 42). Nimmt das Tatopfer die Drohung des Täters mit einer Waffe oder einem gefährlichen Werkzeug nicht wahr, so wird es nicht in die von § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB vorausgesetzte qualifizierte Zwangslage versetzt und es fehlt an einem vollendeten Verwenden des Drohmittels (vgl. Senat, Beschluss vom 1. September 2004 – 2 StR 313/04, aaO; BGH, Beschluss vom 8. November 2011 – 3 StR 316/11, NStZ 2012, 389; Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 4 StR 351/14, NStZ-RR 2015, 13; Beschluss vom 12. Juli 2016 – 3 StR 157/16, NStZ 2017, 26).

b) Gemessen hieran hat der Angeklagte das Brecheisen im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB verwendet. Indem der Angeklagte beiden Tatopfern das Brecheisen „mit leichtem Druck in den Rücken hielt“, sich ihrer dadurch bemächtigte und sie zugleich aufforderte, seinen Anweisungen zur Vermeidung nachteiliger Konsequenzen Folge zu leisten, verwendete der Angeklagte bei der Tat ein gefährliches Werkzeug.

Der Annahme vollendeten Verwendens steht nicht entgegen, dass die Tatopfer das vom Angeklagten bewusst verdeckt in ihrem Rücken eingesetzte Werkzeug nur taktil und nicht visuell wahrnahmen und deshalb nicht erkannten, dass es sich dabei um ein Brecheisen handelte. Anders als in anderen von den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fallkonstellationen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 2007 – 4 StR 394/06, NStZ 2007, 332 mit Anm. Kudlich JR 2007, 381; Beschluss vom 6. September 2007 – 4 StR 227/07, StraFo 2008, 85; Beschluss vom 5. Juni 2007 – 4 StR 184/07, StRR 2007, 163; Beschluss vom 8. Juli 2008 – 3 StR 229/08, NStZ-RR 2008, 342 und Urteil vom 15. August 2007 – 5 StR 216/07, NStZ-RR 2007, 375) steht vorliegend aus Sicht eines objektiven Betrachters fest, dass es sich bei dem vom Angeklagten als Drohmittel verwendeten rund 50 Zentimeter langen Brecheisen aus Metall – ebenso wie bei einem Holzknüppel (Senat, Beschluss vom 4. September 1998 – 2 StR 390/98, NStZ-RR 1999, 15), einem Besenstiel (BGH, Beschluss vom 20. Mai 1999 – 4 StR 168/99, NStZ-RR 1999, 355), einem Schraubendreher (BGH, Urteil vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158) oder einem abgesägten Metallstück in Form eines Winkeleisens (Senat, Beschluss vom 21. November 2001 – 2 StR 400/01, NStZ-RR 2002, 108, 109) – um einen objektiv gefährlichen Gegenstand handelt, weil es im Falle seines Einsatzes als Schlag- oder Stichwerkzeug (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2014 – 1 StR 24/14, juris) geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Es genügt, wenn das Tatopfer – wie in den zugrunde liegenden Fällen – den Gegenstand als Drohungsmittel wahrnimmt, zutreffend davon ausgeht, dass von ihm im Falle eines Einsatzes eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben ausgeht, und es sich so in die von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB vorausgesetzte qualifizierte Zwangslage versetzt sieht.

Vor diesem Hintergrund ist es unschädlich, dass die Tatopfer den verwendeten Gegenstand zwar wahrnahmen, jedoch nicht als Brecheisen zu identifizieren vermochten. Anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Senats vom 1. September 2004 – 2 StR 313/04, NStZ 2005, 41, auf die sich das Landgericht für seine abweichende Rechtsauffassung beruft. In der dort entschiedenen Fallkonstellation hatte das Tatopfer den vom Täter als Drohmittel eingesetzten Schraubenzieher überhaupt nicht bemerkt. Dann aber fehlt es – anders als in der hier vorliegenden Fallkonstellation – daran, dass das Tatopfer Kenntnis von der Drohung erlangt. Der Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist sonach tragfähig belegt.“

Strafzumessung II: Mal wieder Doppelverwertungsverbot – heute: Einsatz einer Scheinwaffe als Druckmittel

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Bei der zweiten Strafzumessungsentscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich um den BGH, Beschl. v. 26.09.2017 – 4 StR 342/17. Problematik: Dauerbrenner „Doppelverwertungsverbot (§ 46 Abs. 3 StGB).

„Das Landgericht hat bei der Strafrahmenwahl sowie bei der Strafzumessung im engeren Sinne zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt, dass dieser, obwohl er um den Umstand wusste, dass eine Schreckschusspistole als Mittel zur Bedrohung zum Einsatz kommen werde, seine eigenen finanziellen Interessen über die Interessen der Betroffenen gestellt habe. Dies verstößt ge-gen § 46 Abs. 3 StGB, wonach Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, bei der Strafzumessung nicht berücksichtigt werden dürfen. Der – aus Sicht des Angeklagten geplante – Einsatz einer Scheinwaffe als Druckmittel gehört aber zum Regelfall der Tatbestandsverwirklichung des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 1999 – 2 StR 342/99, StV 1999, 597). Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass sich dieser Wertungsfehler auf die verhängte Strafe ausgewirkt hat. Die Feststellungen sind davon nicht betroffen und können aufrechterhalten bleiben.“

Abziehen im Drogenmilieu, oder: Wenn der ehemalige Vorsitzende nur noch ein „Zweifler“ ist

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Der Kollege Freese aus Heinsberg hat mir gestern das BGH, Urt. v. 17.05.2017 – 2 StR 342/17 – übersandt. Es geht um ein sog. Abziehen im Dogenmilieu.

Im Grunde genommen nichts Besonderes. Das Urteil ist das Ergebnis einer Hautpverhandlung beim BGH, in deren Vorfeld der Kollege und ich korrespondiert hatten. Anlass war mein Posting: Nötigung zur Herausgabe von BtM strafbar?, oder: Auf zum Großen Senat oder „kneift“ der 2. Strafsenat? vom 11.05.2017, also aus der Vorfeld der Hauptverhandlung. Es ging um die Frage, was denn nun wohl mit der Vorlage des BGH im 2. Strafsenat im  BGH, Beschl. v. 01.06.2016 – 2 StR 335/15 zur Frage, ob verkehrsfähige Betäubungsmittel Tatobjekt einer Erpressung sein können, sein würde. Die Frage wollte der 2. Strafsenat – unter „altem Vorsitz“ verneinen, die anderen Senate und dann auch der eigene zweite haben das anders gesehen; kann man alles in dem o.a. Posting nachlesen.

Und dabei bleibt es wohl. Dem 2. Strafsenat ist die Frage schon gar nicht mehr viel Worte wert. Es heißt dazu – bezogen auf Diebstahl und/oder Raub – nur:

„Nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel wie das in Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG aufgeführte Marihuana können nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fremde bewegliche Sachen und damit Tatobjekt eines Raubes oder eines Diebstahls sein (Senat, Urteil vom 20. Januar 1982 — 2 StR 593/81, BGHSt 30, 359, 360; BGH, Beschluss vom 21. April 2015 —4 StR 92/15, NStZ 2015, 571, 572; Urteil vom 12. März 2015 —4 StR 538/14, StraFo 2015, 216; Urteil vom 4. September 2008 —1 StR 383/08, NStZ-RR 2009, 22, 23; Beschluss vom 20. September 2005 — 3 StR 295/05, NJW 2006, 72 f.; SSW-StGB/Kudlich, 3. Aufl., § 242 Rn. 16; zweifelnd Fischer, StGB, 64. Aufl., § 242 Rn. 5a). An dieser Rechtsauffassung hält der Senat fest.“

Die eigene (?) Vorlage zur Erpressung wird mit keinem Wort mehr erwähnt. Und der ehemalige Vorsitzende ist nur noch ein Zweifler. So schnell kann es gehen.

Die Passage wäre im Übrigen m.E. nicht nötig gewesen. Denn Raub lag hinsichtlich der 10 EUR und des Schlüsselbundes so oder so vor. Da kam es auf die 10 Gramm Amphetamin gar nicht mehr an.