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Pflichti II: „Rückwirkungsentscheidungen“, oder: Nachträglicher Pflichtverteidiger/nachträgliche PKH

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Das zweite Posting enthält dann zwei Entscheidungen zur „Rückwirkung“, und zwar einmal nachträgliche Bestellung eines Pflichtverteidigers und dann noch die rückwirkende Bewilligung von PKH.

Zunächst hier der LG Bielefeld, Beschl. v. 16.04.2021 – 2 Qs 138/21 – zur nachträglichen Bestellung. Das LG folgt der m.E. h.m. in der Rechtsprechung der LG, die die nachträgliche Bestellung als zulässig ansehen nicht. M.E. falsch, da damit der Umgehung der Neuregelung Tür und Tor geöffnet wird, aber muss man – leider – akzeptieren.

Und als zweite „Rückwirkungsentscheidung“ dann der BGH, Beschl. v. 18.03.2021 – 5 StR 222/20 – zur rückwirkenden Bewilligugng von Prozesskostenhilfe für den Nebenkläger im Adhäsionsverfahren. Die hat der BGH – in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung – abgelehnt:

2. a) Eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt nicht in Betracht. Nach § 404 Abs. 5 Satz 1 StPO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält eine Partei unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen Prozesskostenhilfe für eine „beabsichtigte“ Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich muss die Förderung eines noch nicht abgeschlossenen Rechtsstreits in Rede stehen. Aufgabe der Prozesskostenhilfe ist es demgegenüber nicht, finanziell bedürftige Personen für prozessbedingte Kosten oder dafür eingegangene Verpflichtungen nachträglich zu entschädigen. Nach Abschluss der kostenverursachenden Instanz kommt demgemäß die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mehr in Betracht. Etwas anderes gilt ausnahmsweise für den Fall, dass vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens ein Bewilligungsantrag mit den erforderlichen Unterlagen gestellt, aber nicht bzw. nicht vorab beschieden worden ist und der Antragsteller mit seinem Antrag bereits alles für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe Erforderliche getan hat (BGH, Beschlüsse vom 13. Oktober 2010 – 5 StR 179/10; vom 25. Juli 2017 – 3 StR 132/17; vom 7. März 2018 – 5 StR 587/17; Zöller-Schultzky, 33. Aufl., § 127 Rn. 12, 18). Daran fehlt es hier, weil der Antrag des Nebenklägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe erst am 9. November 2020, nach Erlass des – das Verfahren rechtskräftig beendenden – Senatsbeschlusses vom 1. September 2020, beim Bundesgerichtshof eingegangen ist.

b) Für eine Wiedereinsetzung nach § 44 StPO ist kein Raum. Der Wiedereinsetzungsantrag mit dem Ziel, das Verfahren in den Stand vor Erlass der Senatsentscheidung vom 1. September 2020 zurückzuversetzen, ist unzulässig, da keine Frist versäumt wurde. Die bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss reichende Zeitspanne, innerhalb der ein Prozesskostenhilfeantrag gestellt werden kann, ist weder bestimmt noch im Voraus bestimmbar und somit keine Frist im Sinne des § 44 StPO (BGH, Beschluss vom 10. Juli 1996 – 2 StR 295/96 [für den vergleichbaren Fall des Anschlusses als Nebenkläger]).

Prozesskostenhilfe/PKH für den Nebenkläger, oder: Ja, aber eine beschränkte PKH gibt es nicht

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Die zweite Entscheidung, die ich vorstelle – es handelt sich um den OLG Naumburg, Beschl. v. 16.03.2021 – 1 Ws (s) 60/21 – befasst sich mit der Frage, ob PKH bei der Nebenklage beschränkt bewilligt werden kann.

Der Mandant des Kollegen Schröder, der mir den Beschluss geschickt hat, ist als Nebenkläger zu einem Strafkammer-Verfahren zugelassen, das sich gegen drei Mitangeklagte richtet. Am ersten Sitzungstag hat der Kollege für den Nebenkläger die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung beantragt. Dem hat das LG nur dahin entsprochen, „soweit das Verfahren die den Angeklagten und mit Anklage der Staatsanwaltschaft Magdeburg — Zweigstelle Halberstadt — vom 23. Juli 2018 zur Last gelegte Tat betrifft“. Dagegen die Beschwerde, die  beim OLG Erfolg hatte:

„Die Beschwerde des Nebenklägers hat in der Sache Erfolg. Denn eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Nebenklägervertreters nach § 397a Abs 2 StPO kann für das Strafverfahren und für den Rechtszug nur einheitlich ergehen und nicht einzelne Teile des Verfahrens, insbesondere einzelne Hautverhandlungstage oder einzelne Tatvorwürfe. hiervon ausnehmen.

§ 397a Abs. 2 Satz 1 StPO definiert die Voraussetzungen. unter denen Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Dem Nebenkläger ist für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts auf Antrag Prozesskostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, wenn er seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder ihm dies nicht zuzumuten ist. Weitere Bedingungen sieht das Gesetz nicht vor. Die Verweisung auf die Vorschriften der §§ 114 ff. ZO durch die Formulierung „nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten“ führt unzweifelhaft nicht dazu, dass sich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe danach orientiert, ob und inwieweit eine Nebenklage Erfolg haben kann oder nicht. § 114 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO wird von § 397a Abs. 2 Satz 3 StPO für nicht anwendbar erklärt, so dass die Erfolgsaussicht der Nebenklage für die Bewilligungsentscheidung keine Rolle spielt.

Der Nebenkläger genießt nach den Vorstellungen des Gesetzes eine besondere Verfahrensrolle. Das kommt dadurch zum Ausdruck. dass § 397 StPO dessen Rechte besonders definiert und damit die Stellung des Nebenklägers in Abgrenzung zu einem Privatkläger hervorhebt. Dazu gehört insbesondere das Recht des Nebenklägers zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung (§ 397 Abs. 1 Satz 1 StPO), so dass die seine Anwesenheit beschränkenden Vorschriften der §§ 58 Abs. 1, 243 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht gelten (u.a. Schmitt. in: Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO. 63. Aufl. 2021, § 397 Rn. 2). Das Anwesenheitsrecht erstreckt sich hierbei auf die gesamte Hauptverhandlung (Valerius in MüKoStPO, 1 Aufl. 2019. § 397 Rn. 4).

Mit dem Wesen der Nebenklage ist es nicht zu vereinbaren, die Entscheidung des Nebenklägers und des ihm beigeordneten Rechtsanwalts zur Ausübung des Anwesenheitsrechts über die Form der Prozesskostenhilfebewilligung zu steuern und ihn kostenrechtlich davon abzuhalten. das Anwesenheitsrecht auszuüben. Diese Kompetenz steht dem Gericht nach dem gesetzgeberischen Willen nicht zu, selbst wenn der Vorsitzende die Hauptverhandlung so gestaltet, dass einzelne Teile (insbesondere Verhandlungstage oder Verhandlungsinhalte) keinen unmittelbaren Bezug zum Nebenkläger und den ihn unmittelbar berührenden Tatvorwurf gegen den Angeklagten aufweisen sollen und Rechte dem Nebenkläger nach Sachlage des Einzelfalls nur im Hinblick auf das Nebenklagedelikt zustehen (Hilger, in: Löwe-Rosenberg, StPO. 26. Aufl. 2009. § 397, Rn. 2). Hierbei geht es jedoch vornehmlich um Befugnisse des Nebenklägers in einer Hauptverhandlung wie etwa Beteiligungsrechte, nicht das Anwesenheitsrecht des Nebenklägers selbst. Die Hauptverhandlung unterliegt außerdem einer Dynamik. Es lässt sich nicht sicher vorhersagen, dass die Erörterungen in der Hauptverhandlung an einem konkreten Verhandlungstag stets den anfangs erwarteten Verlauf nehmen und sich die Erwartung des Gerichts bei Abfassung einer Bewilligungsentscheidung erfüllt, dass den Nebenkläger betreffende Themen an bestimmten Verhandlungstagen nicht oder erst an einem späteren Verhandlungstag zur Sprache kommen. Ungeachtet dessen stehen einem Nebenkläger Erklärungsrechte im Hinblick im Hinblick auf eine mögliche Gesamtstrafenbildung, Maßregel der Besserung und Sicherung nach Nebenfolgen zu. sodass keinesfalls von vornherein eine Beschränkung der Teilnahme erfolgen darf. Schon deshalb kann die Beschränkung der Bewilligung keinen Bestand haben, wobei wie ausgeführt, der Gesetzgeber sich gegen eine Beschränkung entschieden hat.

Nichts anderes folgt aus der Tatsache, dass die Bewilligung im angefochtenen Beschluss, so zeigt es der Nichtabhilfebeschluss, praktisch zwei Hauptverhandlungstage von der Bewilligung ausnimmt. an denen zwei Mitangeklagten und deren Verteidigern nach § 231c StPO eine Entfernung von der Hauptverhandlung gestattet wurde. Denn die Beurlaubung einzelner Mitangeklagter schränkt das allein maßgebliche Anwesenheitsrecht eines Nebenklägers aus § 397 Abs. 1 StPO nicht ein. § 231c StPO stellt nämlich nur auf das „Betroffensein“ der Mitangeklagten ab. Eine Regelung zu anderen Verfahrensbeteiligten als zu Mitangeklagten enthält die Norm nicht. Deshalb ist es auch nicht zulässig, aus der Beurlaubung von Mitangeklagten ab-zuleiten, dass Nebenkläger nicht anwesend sein müssen und ihnen im Falle einer Anwesenheit die Kostenlast auferlegt werden darf. § 231c StPO erlaubt keine Rückschlüsse auf den Gebrauch des umfassend vorgesehenen Anwesenheitsrechts eines Nebenklägers, auch wenn der Zweck der Vorschrift. Verteidigern Zeit zu ersparen und einzelne Mitangeklagte zeitlich nicht über Gebühr zu belasten, sinngemäß auch für einen Nebenklägervertreter und einen Nebenkläger gilt. Im Unterschied zu einem Angeklagten existiert für den Nebenkläger jedoch keine Anwesenheitspflicht in der Hauptverhandlung (§ 231 StPO).

Kostenrechtliche Erwägungen, etwa zum Umfang der Erstattungsfähigkeit von notwendigen Auslagen des Nebenklägers, sind für das Zustandekommen einer Bewilligungsentscheidung nach § 397a Abs. 2 StPO hingegen ohne Bedeutung. Wäre es anders, hätte es der Gesetzgeber regeln müssen. Das ist nicht geschehen. Um einer „ausufernden“ Kostentragungspflicht des Staates zu begegnen, stehen andere Instrumente zur Verfügung. Die Trennung von Verfahren nach den §§ 2 ff. StPO dürfte allerdings nur selten kostenrechtlich (oder gar zeitlich) Vorteile bringen.“

„PKH-Anspruch der Staatskasse“, oder: Verjährt, verjährt, verjährt

Und die zweite „gebührenrechtliche“ Entscheidung des heutigen Tages kommt ebenfalls aus einer „abgelegenen Ecke“. Es handelt sich um den VGH Kassel, Beschl. v. 18.04.2018 – 2 C 2009/12.T. Mit „abgelegene Ecke“ meinte ich nicht Kassel 🙂 , sondern die Thematik. Sie ist im bereich von PKH angesiedelt, die ja auch im Strafverfahren – Stichwort: Nebenklage und Adhäsionsverfahren – eine Rolle spielen kann. Ist das geschehen, gilt: Soweit dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Partei oder einen ersatzpflichtigen Gegner zusteht, geht der Anspruch nach § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG mit der Befriedigung des Rechtsanwalts durch die Staatskasse auf diese über. Nach allgemeiner Meinung erwirbt die Staatskasse den Anspruch in dem Zustand, in dem er sich zur Zeit des Forderungsübergangs befindet, denn er ändert seinen Rechtscharakter nicht. Es handelt sich der Sache nach um den privatrechtlichen Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegenüber seinem Mandanten, dessen Geltendmachung in diesem Verhältnis aufgrund der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO lediglich ausgeschlossen ist.

In dem  vom VGH entschiedenen Verfahren ging es dann um die Frage der Verjährung des Anspruchs der Staatskasse. Der VGH sagt: Der gemäß § 59 RVG auf die Staatskasse übergegangene Vergütungsanspruchs unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB, und zwar:

„Die Rechtsanwaltsvergütung nach §§ 1, 2 RVG wird für eine Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 RVG nach rechtskräftiger Entscheidung oder anderweitiger Erledigung fällig. Das dem Vergütungsanspruch zugrunde liegende isolierte Prozesskostenhilfeverfahren wurde hier aufgrund gerichtlicher Verfügung von 30. April 2013 nach § 17 Abs. 4 der Aktenordnung – AktO – für anderweitig erledigt erklärt, nachdem innerhalb eines Monats nach Zugang der Prozesskostenhilfeentscheidung keine Klage erhoben worden war (Bl. 54 R der Gerichtsakte). Ab Eintritt der Fälligkeit gilt für die Rechtsanwaltsvergütung die regelmäßige Verjährung von drei Jahren nach § 195 BGB, die nach § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Anspruch fällig geworden ist (Mayer in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 8 Rn. 33; Schneider in: RVG AnwaltKommentar, 7. Aufl. 2014, § 8 Rn. 106). Die Verjährungsfrist begann danach vorliegend mit Ablauf des Jahres 2013 und endete mit Ablauf des Jahres 2016.

Bei Geltendmachung des nach § 59 RVG übergegangenen Anspruchs durch die Staatskasse mit Kostenrechnung vom 18. Januar 2018 war demnach die Verjährung bereits eingetreten.

Entgegen der Ansicht des Erinnerungsgegners gilt hier nicht die dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB für rechtskräftig festgestellte Ansprüche. Durch die Festsetzung der von der Staatskasse im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu leistenden Vergütung nach § 55 Abs. 1 RVG wird der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts im Verhältnis zu seinem Mandanten nicht rechtskräftig festgestellt ( Thüringer LSG, Beschluss vom 26. August 2016 – L 6 SF 177/16 B -, juris Rn. 12; Volpert in: RVG AnwaltKommentar, a.a.O., § 55 Rn. 7; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 55 Rn. 7; Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Beratungskostenhilfe, Beratungshilfe, 8. Aufl. 2016, Rn. 902). Die Festsetzung der Vergütung nach § 55 RVG betrifft nur den Anspruch des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse auf Zahlung der Vergütung aufgrund der bewilligten Prozesskostenhilfe. Der aus dem Anwaltsvertrag herrührende privatrechtliche Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegenüber seinem Mandanten, der im Umfang der geleisteten Zahlungen nach § 59 RVG auf die Staatskasse übergeht, ist nicht Gegenstand der Festsetzung nach § 55 RVG und wird durch diese nicht berührt. Die Festsetzung wirkt nur im Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und der Staatskasse. Die vertretene Partei wird an dem Festsetzungsverfahren nicht beteiligt; ein Erinnerungs- und Beschwerderecht gegen die Festsetzung nach § 56 RVG steht ihr nicht zu (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 6. März 2012 – 17 E 1204/11 -, juris Rn. 1; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 55 Rn. 7 und § 56 Rn. 7; Stollenwerk in: Nomos Kommentar Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2016, § 55 RVG Rn. 3 und § 56 RVG Rn. 3; Volpert in: RVG AnwaltKommentar, a.a.O., § 55 Rn. 7 und § 56 Rn. 5). Der Beschluss nach § 55 RVG entfaltet demnach gegenüber der prozesskostenhilfeberechtigen Partei keine Rechtskraft, die Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB findet keine Anwendung.

Etwas anderes ergibt auch nicht aus der von dem Antragsgegner angeführten Literaturstelle (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 59 Rn. 39), wonach Verjährung des nach § 59 RVG übergegangenen Anspruchs erst nach 30 Jahren eintrete. Dies betrifft – wie aus der dort zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin (Beschluss vom 7. März 2012 – 35 KE 5.12 -, juris Rn. 9 und RVGreport 2012, 418 f.) folgt – nur den Erstattungsanspruch gegen den Prozessgegner, der auf die Staatskasse übergegangen ist, nicht aber den übergegangenen Anspruch auf Anwaltsvergütung gegen die eigene Partei (so auch: OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10. August 1987 – 5 WF 222/87 -, zit. nach juris [nur Orientierungssatz]; Grothe in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2006, § 197 Rn. 16). Die rechtskräftige Entscheidung i.S. des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB ist in diesen Fällen indes nicht die Vergütungsfestsetzung nach § 55 RVG, sondern die rechtskräftige Kostengrundentscheidung im Erkenntnisverfahren zulasten der gegnerischen Partei, durch die der prozessuale Kostenerstattungsanspruch im Sinne von § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB bereits rechtskräftig festgestellt wird, obwohl die Bezifferung erst zu einem späteren Zeitpunkt im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 164 VwGO bzw. § 104 ZPO erfolgt (vgl. dazu: BGH, Beschluss vom 23. März 2006 – V ZB 189/05 -, juris Rn. 8).

Auch die – vorliegend ebenfalls abgelaufene – vierjährige Verjährungsfrist nach § 5 Abs. 1 GKG findet auf den nach § 59 RVG übergegangen Anspruch keine Anwendung. Zwar gelten nach § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG für die Geltendmachung des übergegangenen Anspruchs sowie für die Erinnerung und die Beschwerde die Vorschriften über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens entsprechend. Dies gilt aber ausdrücklich nur für „die Geltendmachung“, d.h. das entsprechende Verfahren der Anforderung durch gerichtliche Kostenrechnung und gegebenenfalls zwangsweisen Beitreibung nach dem Justizbeitreibungsgesetz und nicht für die für Gerichtskosten geltende Verjährungsfrist (VG Berlin, Beschluss vom 7. März 2012, a.a.O., juris Rn. 9; Schneider in: Nomos Kommentar Gesamtes Kostenrecht, a.a.O., § 5 GKG Rn. 3; Hartmann, Kostengesetze, a.a.O., § 5 GKG Rn. 1).“

Muss man nicht unbedingt auf dem Schirm haben, aber schön, wenn man es weiß, wenn der Mandant fragt…..

PKH für den Nebenkläger, oder: Ist das denn so schwer?

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Und in der letzten Entscheidung geht es heute dann noch einmal ums Geld, und zwar um PKH. PKH im Strafverfahren? Ja, die kann eine Rolle spielen, z.B., wenn wie im BGH, Beschl. v. 06.02.2018 – 5 StR 347/17 – der Nebenkläger einen PKH-Antrag gestellt hat. Dann werden häufig Fehler gemacht, obwohl doch die Antragstellung einfach ist und bekannt sein sollte, worauf es ankommt. Offenbar weiß „man“ das aber nicht, sonst würde es nicht so viele Ablehnungen von PKH-Anträge geben. Einfach mal in Ruhe den BGH-Beschluss lesen und: Umsetzen:

„Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug gesondert (§ 404 Abs. 5 StPO, § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO); dies erfordert in jeder Instanz erneut die Prüfung und deshalb die Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers, der sich insoweit grundsätzlich des vorgeschriebenen Vordrucks, § 117 Abs. 4 ZPO, zu bedienen hat. Zwar kann eine Bezugnahme auf die vor dem Landgericht dargelegten wirtschaftlichen Voraussetzungen verbunden mit der Versicherung, dass sich die Verhältnisse nicht verändert haben, ausreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2008 – 2 StR 563/08, NStZ-RR 2009, 190). Eine derartige Erklärung hat der Nebenkläger jedoch nicht abgegeben. Allein der Hinweis auf den Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss des Landgerichts Braunschweig, dem ein Bescheid der Stadt Braunschweig über die Gewährung von Leistungen nach SGB XII vom 17. Juni 2015 und die Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Nebenklägers vom 27. April 2016 zu Grunde liegt, genügt nicht. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe löst auch keine Verpflichtung des Revisionsgerichts aus, die – aktuellen – wirtschaftlichen Verhältnisse zu ermitteln (BGH, Beschluss vom 5. September 2017 – 5 StR 271/17). Das Erfordernis der Darlegung ergibt sich aus dem Gesetz, eines Hinweises auf diese Sachlage und eines Zuwartens mit der Entscheidung bedurfte es nicht.“

Ist also gar nicht so schwer, oder?

Opferanwalt im Revisionsverfahren, oder: Brett vorm Kopf?

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So, heute dann mal wieder drei BGH-Entscheidungen aus der letzten Zeit. Den „Opener“ macht der BGH, Beschl. v. 25.04.2017 – 5 StR 95/17 – mit einer Problematik, die für Vertreter/Vertreterinnen von Nebenklägern von Bedeutung ist. Nein, es geht nicht schon wieder um die Anforderungen an die Begründung von Rechtsmitteln. Aber es geht schon um Begründungs-/Darlegungsanforderungen, nämlich an PKH-Anträge. Im Verfahren wegen versuchten Totschlags u.a. war nämlich von der Nebenklägerin ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts – „Verletztenbeistand/Opferanwalt“ – für das Revisionsverfahren gestellt worden.

Der Vorsitzende des 5. Strafsenats des BGH lehnt ab:

„Prozesskostenhilfe ist für jeden Rechtszug gesondert zu gewähren (§ 397a Abs. 2 Satz 1 StPO, § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO); dies erfordert in jeder Instanz erneut die Prüfung und deshalb die Darlegung der wirtschaftlichen Ver-hältnisse des Antragstellers, der sich insoweit grundsätzlich des vorgeschriebenen Vordrucks, § 117 Abs. 4 ZPO, zu bedienen hat. In besonderen Fällen kann zwar die Bezugnahme auf eine in der früheren Instanz abgegebene Erklärung ausreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. März 1983 – IV b ZB 73/82, NJW 1983, 2145), aber auch eine solche Bezugnahme hat die Nebenklägerin unterlassen. Allein der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe löst auch keine Verpflichtung des Revisionsgerichts aus, die wirtschaftlichen Verhältnisse zu ermitteln. Das Erfordernis der Darlegung ergibt sich aus dem Gesetz, eines Hinweises auf diese Sachlage und eines Zuwartens mit der abschließenden Entscheidung durch den Senat bedurfte es nicht. Prozesskostenhilfe kann nicht über den Zeitpunkt hinaus rückwirkend bewilligt werden, zu dem erstmals ein vollständiges genehmigungsfähiges Gesuch dem Gericht vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2014 – 4 StR 57/14).

Im Übrigen kam schon allein deswegen keine Gewährung von Prozesskostenhilfe in Betracht, da eine anwaltliche Vertretung im Hinblick auf die nur vom Angeklagten eingelegte und nach § 349 Abs. 2 StPO unbegründete Revi-sion nicht erforderlich ist. Nach § 397a Abs. 2 Satz 1 StPO darf Prozesskostenhilfe bei Vorliegen der wirtschaftlichen Voraussetzungen nur gewährt werden, wenn der Verletzte seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder ihm dies nicht zuzumuten ist. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor (vgl. zum Ganzen auch BGH, Beschluss vom 23. Juli 2015 – 1 StR 52/15 mwN).“

Lehre daraus? Die Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse muss man im Blick haben, wenn es um eine Beiordnung nach § 397a Abs. 2 StPO geht. Und die muss für jede Instanz neu beantragt werden.

Anmerkung: Anders wäre es bei einer Beiordnung nach § 397a Abs. 1  StPO. Die gilt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens. Nach dem Sachverhalt ist mir im Übrigen nicht ganz klar, warum es sich nicht um eine solche gehandelt hat. Denn es geht um ein „versuchtes Tötungsdelikt“. Mehr teilt der Beschluss aber nicht mit. Nun ja, der BGH wird es schon richtig gemacht haben, oder: Habe ich ein Brett vor dem Kopf?