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Pauschgebühr im „Oktoberfestattentat-Verfahren“, oder: Das OLG München springt über seinen Schatten

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Heute am RVG-Tag dann zunächst eine Entscheidung zu § 51 RVG. Dazu gibt es ja nicht mehr viele, über die man berichten könnte. Hier ist dann aber mal wieder eine, die ein Posting wert ist. Es handelt sich um den OLG München, Beschl. v. 22.01.2021 – 1 AR 251/20 – 1 AR 266/20, den mir der Kollege Dietrich aus München geschickt hat.

Ergangen ist der Beschluss im Verfahren betreffend das sog. Oktoberfestattentat. Ich erinnere Am 26.09.1980 wurde gegen 22:20 Uhr am Haupteingang der Theresienwiese in München ein Sprengkörper gezündet. Durch die Explosion inmitten der Menschenmenge auf dem Oktoberfest wurden dreizehn Personen getötet, mehr als 200 Menschen erlitten – z.T. schwerste – Verletzungen. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen hatte ein bei dem Anschlag selbst getöteter Attentäter den Sprengsatz gebaut, ihn zum Tatort gebracht und gezündet. Ein vom GBA zunächst geführtes Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung vom 23.11.1982 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, nachdem sich der Verdacht weder gegen die dortigen Beschuldigten noch gegen unbekannte Mittäter erhärten ließ. Nachdem die förmliche Wiederaufnahme von Ermittlungen zunächst mit Verfügung vom 5.6.1984 abgelehnt worden war, nahm der GBA mit Verfügung vom 05.12.2014 die Ermittlungen gegen Unbekannt wieder auf. Das Ermittlungsverfahren wurde – nach der Durchführung weiterer, äußerst umfangreicher Ermittlungen – mit Verfügung vom 06.07.2020 erneut gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Der Kollege ist im Oktober 1982 von mehreren Geschädigten mandatiert worden. Er bestellte sich mit Schriftsatz vom 14.10.1982 gegenüber dem GBA und verfolgte diesem gegenüber in den Folgejahren im Auftrag der Geschädigten das Ziel, die Einstellung der Ermittlungen zu verhindern bzw. ihre Wiederaufnahme zu erreichen. Im Jahr 2008 wurde ihm von den gleichen Geschädigten erneut eine schriftliche Vollmacht erteilt; der Antragsteller zeigte mit Schriftsätzen vom 05.12.2008 und 30.01.2009 gegenüber dem GBA deren Vertretung an – er sei beauftragt „im Lichte neuerer kriminaltechnischer Erkenntnismöglichkeiten sowie sonstiger neuer Informationen (…) eine Wiederaufnahme der Ermittlungen zu erreichen.“ In der Folgezeit korrespondierte er weiterhin mit dem GBA und verschiedenen Institutionen und nahm auch Einsicht in verschiedene Spurenakten, bis er mit Schriftsatz vom 25.09.2014 außerdem die Vertretung weiterer Geschädigter anzeigte und erneut die Wiederaufnahme der Ermittlungen insbesondere die Beiziehung verschiedener näher bezeichneter Akten beantragte, was dann am 05.12.2014 geschah.

Mit Beschlüssen des Ermittlungsrichters beim BGH vom 08.02.2016, vom 09.02.2016 und vom 02.11.2017 wurde der Kollege insgesamt 16 Geschädigten gem. § 406g Abs. 1, 3 Satz 1 Nr. 1 StPO a.F., 406h Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 n.F., § 397a Abs. 1 StPO als Beistand beigeordnet. Der Kollege hat am 28.4./25.5.2016 beim BGH einen Antrag auf Gewährung eines Vorschusses i.H.v. 88.000,- bis 110.000,- EUR auf eine Pauschgebühr beantragt. Der sich der Ermittlungsrichter beim BGH hat sich insoweit für unzuständig erklärt (BGH AGS 2016, 398 = RVGreport 2016, 454). Das OLG hat den Antrag mit Beschluss vom 01.06.2017 zurückgewiesen.

Der Kollege  hat nunmehr die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG zwischen 130.000,- und 160.000,- EUR beantragt. Die Vertreterin der Bezirksrevisorin hält eine Pauschvergütung in Höhe des Doppelten der Wahlverteidigerhöchstgebühren, welche 1.830,- EUR betragen würden, „zuzüglich eines gewissen Zuschlags im Hinblick auf die Vertretung von 15 Mandanten“ für angemessen. Das OLG hat eine Pauschgebühr von 36.600,– EUR bewilligt.

Das vorab. Hier stelle ich nur zwei Punkte umfangreicher vor. Im Übrigen sagt das OLG: Das Verfahren betreffend die Ermittlungen zum „Oktoberfestattentat“ war sowohl „besonders schwierig“ als auch „besonders umfangreich“ im Sinn des § 51 Abs 1. RVG, was wohl niemand bezweifeln will. Und: Die gesetzlichen Gebühren sind für den bestellten bzw. beigeordneten Rechtsanwalt nicht zumutbar i.S. des § 51 Abs. 1 RVG, wenn sie auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass ihm eine besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken abverlangt wird, ein unzumutbares Sonderopfer bedeuten würden,w as das OLG hier m.E. ebenfalls zutreffend bejaht.

Und dann nimmt das OLG noch zu der Frage Stellung, welche Tätigkeiten bei einem Verletztenbeistand für die Gewährung einer Pauschgebühr berücksichtigungsfähig sind, und zur Höhe der Pauschgebühr.

„b) Bei der Bemessung der Pauschvergütung sind jedoch die Tätigkeiten des Antragstellers seit seiner erneuten Vertretungsanzeige vom 05.12.2008 (einschließlich der dafür erforderlichen „Vorarbeiten“ seit 2006) zu berücksichtigen. Die Beiordnung durch den Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vom 08./09.02.2016 wirkte gebührenrechtlich zurück (§ 48 Abs. 6 RVG, vgl. Gerold/Schmidt a.a.O., Rn. 201 zu § 48 RVG); davon sind nach der Auffassung des Senats auch solche Tätigkeiten umfasst, die vor der förmlichen Wiederaufnahme der Ermittlungen mit Verfügung des Generalbundesanwalts vom 05.12.2014 vom Antragsteller mit dem Ziel der Wiederaufnahme unternommen wurden, da jedenfalls seit seiner neuen Bestellung klar war, dass seine nunmehrigen Bemühungen, Anregungen, Anträge, Einlassungen etc. bei der Entscheidung über die Wiedereröffnung des Verfahrens zu berücksichtigen sein würden.

c) Auch sind, wie der Antragsteller zutreffend vorträgt, keinesfalls nur solche Tätigkeiten berücksichtigungsfähig, die den Geschädigten unmittelbar zu Gute kamen, also „Beistand“ im engeren Sinne, z.B. bei der Erlangung von Entschädigung nach dem OEG. Den Geschädigten kam es vielmehr auch und gerade darauf an, die sogenannte „Einzeltäterthese“, die zur Einstellung der Ermittlungen am 23.11.1982 führte, zu hinterfragen. Unabhängig davon, ob sich diese These oder die vermutete Beteiligung Dritter an dem Bombenanschlag nach Jahrzehnten noch erhärten ließen oder nicht, kann es nach Auffassung des Senats den Verletzten im Sinne des Opferschutzes nicht versagt werden, sich in die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft „einzumischen“, um eigene Klarheit über den Hergang des ihnen zugefügten Unrechts zu erlangen. Dass dies dem Willen des Gesetzgebers entspricht, folgt bereits aus dem in § 406e Abs. 1 S. 1 StPO niedergelegten Akteneinsichtsrecht des Verletzten und etlichen weiteren Verletztenrechten, wie dem Recht, als Nebenkläger an der Hauptverhandlung teilzunehmen und dort eigene Rechte wahrzunehmen und gehört zu werden (vgl. § 397 Abs. 1 StPO einschließlich des Beweisantragsrechts aus § 244 Abs. 3 bis 6 StPO sowie des Erklärungsrechts, insbesondere des Rechts zum Schlussvortrag (vgl. §§ 257, 258 StPO).

Der Verletzte soll damit vom Verfahrensobjekt zum Verfahrenssubjekt werden; er hat nicht nur -als ineffektiv erkannte – Defensiv-, sondern „Offensivrechte“ (Anders, ZStW 2012, 374-410, juris). Das damit einhergehende Recht des Verletzten auf „aktive Einflussnahme“ (Anders a.a.O.) auf das Strafverfahren kann nach Auffassung des Senats nicht darauf beschränkt bleiben, sich mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auseinander zu setzen und sich ggf. nach der Ermittlung des Täters im Strafverfahren einzubringen.

Auch im Lichte des bereits fast 20 Jahre alten Rahmenbeschlusses des Europäischen Rates vom 15.03.2001 über die Stellung von Opfern in Strafverfahren (2001/220/JI, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 82/1), dessen Art. 3 S. 1 lautet: „Die Mitglieder gewährleisten, dass das Opfer im Verfahren gehört werden und Beweismittel liefern kann“ (Hervorhebung Senat), steht für den Senat außer Frage, dass Verletzten im Strafverfahren eine eigene, aktive Rolle zusteht.

Ob und in welchem Umfang der Verletztenbeistand diese Verletztenrechte im Ermittlungsverfahren ausübt, muss – vergleichbar dem Verteidigungsverhalten auf Seiten des Beschuldigten – dem pflichtgemäßen Ermessen des Rechtsanwalts überlassen bleiben. Zwar kann auch im Rahmen der Entscheidung über die Zubilligung einer Pauschgebühr nicht außer Betracht bleiben, ob die jeweils entfaltete anwaltliche Tätigkeit bei objektiver Betrachtung zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung des Mandats tatsächlich geboten bzw. bei Zubilligung eines entsprechenden Ermessens-spielraums zumindest noch als objektiv sinnvoll anzusehende Handlung zur Wahrung der Interessen des Vertretenen anzusehen war (ständige Senatsrechtsprechung, z.B. B. v. 27.09.2016, 1 AR 293/16; so auch OLG Hamm, Beschluss vom 14. Januar 2013 — 111-5 RVGs 108/12 —, juris, m.w.N.). Die umfängliche Tätigkeit des Antragstellers, die auch und gerade Ermittlungstätigkeit war, ist vorliegend angesichts der überaus schwerwiegenden Tat einerseits und der auch aus der Sicht des Senats jedenfalls aus damaliger Sicht nicht völlig fernliegenden Hinweise auf weitere Täter keinesfalls als sachwidrige Wahrnehmung des Mandats anzusehen.

Der Senat ist daher, anders als die Generalbundesanwaltschaft und die Vertreterin der Bezirksrevisorin, der Auffassung, dass auch diejenigen Tätigkeiten des Antragstellers seit dem Jahr 2006, die auf die Aufklärung der Tat vom 26.09.1980 und ihrer Hintergründe zielten, von seiner Beauftragung als Vertreter der Verletzten umfasst waren und gebührenrechtlich ins Gewicht fallen.

d) Die Höhe der festzusetzenden Pauschgebühr kann vorliegend die Wahlverteidigerhöchstgebühren und auch deren Doppeltes überschreiten.

aa) Die Überschreitung der vom Gesetzgeber grundsätzlich für angemessen erachteten Wahl-verteidigerhöchstgebühren bei der Festsetzung einer Pauschvergütung (BT-Drucks. 15/1971 S. 2, 146) kommt zwar nur in extremen Ausnahmefällen in Betracht, denn diesen wird – anders als Pflichtverteidigern – kein Beitrag für das Allgemeinwohl (BVerfG, Beschluss vom 20. März 2007 – 2 BvR 51/07 —, juris) abverlangt. Erforderlich sind daher Umstände, die weit über die – ohnehin schon außergewöhnlichen – Gründe, die zur Festsetzung einer Pauschgebühr berechtigen, hin-ausgehen. Das OLG Bamberg folgert daraus, dass Gebühren oberhalb der Wahlverteidiger-höchstgebühren grundsätzlich gar nicht in Betracht kommen (OLG Bamberg, B. v. 15.12.2015, 10 AR 29/15). Das OLG München will dagegen für Extremfälle, bei denen die Bemühungen des Pflichtverteidigers auch durch die Wahlverteidigerhöchstgebühren nicht mehr in entferntesten abgegolten werden, die Festsetzung einer Pauschgebühr oberhalb dieser Grenze nicht völlig ausschließen (B. v. 21.01.2016, 1 AR 477/15; so auch OLG Nürnberg, B. v. 30.12.2014, 2 AR 36/14, juris). In Betracht kommen insbesondere solche Fälle, in denen die Gebührenordnung – z.B. mangels abrechenbarer Termine – die Tätigkeiten des Anwalts nicht mehr angemessen erfassen kann.

Ein solcher Fall liegt hier vor. Auch die Wahlverteidigerhöchstgebühren i.H.v. 1830,– Euro würden die Anstrengungen des Antragstellers nicht im entferntesten vergüten.

bb) Einer höheren Festsetzung als der doppelten Wahlbeistandsgebühr steht der Rechtsgedanke des § 42 Abs. 1 S. 4 RVG zwar im Grundsatz, aber nicht absolut und immer entgegen, da Wahlbeistände – anders als Pflichtbeistände – eine höhere Vergütung frei vereinbaren und insoweit auf außergewöhnlich umfangreiche Belastungen reagieren können (Senatsbeschluss v. 14.10.2015, 1 AR 367/15, (3-fache Wahlverteidigerhöchstgebühr), Senatsbeschluss 18.10.2019, 1 AR 322/19 (5-fache Wahlverteidigerhöchstgebühr); so auch insoweit überzeugend Gerold/Schmitt, a.a.O. Rn 41 zu § 51 RVG m.w.N.).

Der Senat ist bei der Überschreitung dieser für Wahlverteidiger vom Gesetzgeber errichteten Schwelle zwar äußerst zurückhaltend, da, wie ausgeführt, Wahlverteidiger anders als Pflichtverteidigern nicht von der Allgemeinheit in Anspruch genommen werden und ihnen insoweit grundsätzlich höhere Gebühren als Pflichtverteidigern zustehen – vorliegend würde jedoch auch eine Gebühr von insgesamt 3.660,– Euro dem Antragsteller ein Sonderopfer im Sinne des § 51 Abs. 1 S. 1 RVG auferlegen.

e) Nach ständiger Senatsrechtsprechung (z.B. 1 AR 97/18, B. v. 23.05.2018) kommt eine Berechnung der Pauschgebühr anhand der Arbeitszeit des Rechtsanwalts in Form eines „Stundenlohns“ nicht in Betracht. Die aufgewendete Arbeitszeit ist vielmehr Indiz für Umfang und Schwierigkeit des Verfahrens, nicht unmittelbarer Maßstab für die Entscheidung über die Pauschvergütung (BGH Rpfleger 1996, 169 Rdn. 9 nach juris). Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz will zwar im Gegensatz zur Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung den Zeitaufwand des Rechtsanwalts stärker berücksichtigen. Es hat aber nicht Zeithonorare eingeführt, sondern es grundsätzlich bei Betragsrahmengebühren belassen (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 13.03.2013 – 5 RVGs 108/12, Rdn. 19 nach juris) und lediglich bei den Terminsgebühren hinsichtlich der Zeitdauer der Hauptverhandlungstermine Abstufungen eingeführt (zit. OLG Nürnberg, Beschluss vom 30. Dezember 2014 — 2 AR 36/14 —, juris).

Dies vorausgeschickt, kann bei der Bemessung der Pauschgebühr der immense Aufwand, den der Antragsteller angesichts des vorbeschriebenen Umfanges des Verfahrens betrieben hat, nicht außer Acht gelassen werden. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Antragsteller fast 1000 Stunden berücksichtigungsfähige Arbeitszeit seit 2008 aufgewendet hat. Er selbst teilt mit, er habe in den Jahren 1982 bis 2006, die der Senat aus vorbezeichneten Gründen für nicht berücksichtigungsfähig hält, insgesamt 410 Stunden aufgewendet. Bringt man diese von den 1382 Stunden in Abzug, die der Antragsteller – ohne weiteres glaubhaft – für seine gesamte Tätigkeit errechnet hat, bleibt ein Arbeitsaufwand, der den Rahmen einer „gewöhnlichen“ Beistandschaft bei weitem sprengt und zur Bewilligung einer großzügigen Pauschvergütung Anlass gibt.

f) Ebenfalls fällt ins Gewicht, dass der Antragsteller schwer traumatisierte Verletzte zu betreuen hatte. Beispielhaft sei auf den Geschädigten pp. verwiesen, der in seiner Mail vom 21.07.2014 die von ihm unmittelbar miterlebte Explosion und deren jahrzehntelangen schweren Folgen für seinen Lebensweg schilderte. Dass Schilderungen wie diese, die bereits beim Lesen erschüttern, den Antragsteller, der sich persönlich um die Geschädigten bemühte, besonders belasteten, bedarf keiner weiteren Begründung. Auch dieser Umstand ist nach ständiger Senatsrechtsprechung gebührenerhöhend zu berücksichtigen (z.B. Senatsbeschluss vom 08.10.2020, 1 AR 128/20).

g) Der Antragsteller war 16 Geschädigten beigeordnet. Auch wenn eine entsprechende Vervielfachung der ihm zustehenden Gebühren nicht in Betracht kommt, ist der mit der Vielfachvertretung verbundene erhöhte Aufwand selbstverständlich bei der Bemessung der Pauschgebühr erhöhend zu berücksichtigen.

h) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren, was bereits die Dauer der erneuten Ermittlungen von 5 1/2 Jahren nahe legt, im höchsten Maße kompliziert und verwickelt war. Der Antragsteller hat sich, was der Inhalt seiner zahlreichen Schriftsätze beweist, zum „Experten“ des Oktoberfestattentates entwickelt. Ausweislich dem der Einstellungsverfügung vom 06.07.2020 zu Grunde liegenden Vermerk des Generalbundesanwalts war der Hinweis des Antragstellers auf eine neue Spur („Spur pp.“) der Anlass für die Wiederaufnahme der Ermittlungen……“

Sorry, war ein wenig mehr Text, aber wenn solch ein Beschluss vom OLG München kommt, ist es das wert 🙂 .

Pauschgebühr, oder: Wirtschaftsstrafverfahren

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Und als zweite Entscheidung dann der OLG Hamm, Beschl. v. 15.12.2020 – 5 RVGs 81/20 – zur Gewährung einer Pauschgebühr in einem Wirtschaftsstrafverfahren, den mir der Kollege Föcking geschickt hat:

„Der Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG ist im tenorierten Umfang begründet. Der weitergehende Antrag war jedoch abzulehnen.

Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, die über die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis hinausgeht wenn die dort bestimmten Gebühren wegen der besonderen Schwierigkeit oder des besonderen Umfangs nicht zumutbar sind. Dies ist der Fall.

1. Der Senat ist in Übereinstimmung sowohl mit dem Gerichtsvorsitzenden, auf dessen Stellungnahme verwiesen wird, als auch mit dem Vertreter der Staatskasse der Auffassung, dass das Verfahren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht besonders schwierig war.

2. Ferner handelt es sich auch um ein besonderes umfangreiches Verfahren. Besonders umfangreich im Sinne des § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG ist eine Strafsache, wenn der vom Verteidiger hierfür erbrachte zeitliche Aufwand erheblich über dem Zeitaufwand liegt, den er in einer normalen Sache zu erbringen hat (OLG Dresden, Beschluss vom 11. Dezember 2019 — 1 (S) AR 60/19 —, Rn. 2, juris; OLG Celle StRR 2011, 240). Als -Vergleichsmaßstab sind dabei Verfahren heranzuziehen, die den Durchschnittsfall der vor dem jeweiligen Spruchkörper verhandelten Sachen darstellen (vgl. BGH Rpfl. 1996, 169; NStZ 1997, 98; OLG Hamm JurBüro 1999, 194; OLG Celle a.a.O.), vorliegend also solche einer Wirtschaftsstrafkammer.

Gemessen an diesem Maßstab stellt sich die Tätigkeit des Antragstellers als besonders umfangreich dar. Neben dem ganz erheblichen Aktenumfang war hierbei insbesondere zu berücksichtigen, dass dem Antragsteller nur ein Zeitraum von gut zwei Monaten zur Einarbeitung zur Verfügung stand und dieser Einarbeitungsaufwand überdies zu einer erheblichen Verkürzung der Hauptverhandlung beigetragen hat. Dieses prozessökonomische Verhalten wird durch die Terminsgebühren nur teilweise kompensiert. Aufgrund der geständigen Einlassung des Angeklagten haben insgesamt lediglich 16 Hauptverhandlungstermine stattgefunden, die ihrerseits allerdings allenfalls durchschnittlichen Umfang aufwiesen.

3. Bei zusammenfassender Gesamtwürdigung der vorgenannten Aspekte erscheint dem Senat anstelle der gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren in Höhe von 160,00 € für die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG und in Höhe von 316,00 € für die Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV RVG die Bewilligung von Pauschgebühren in Höhe von 1.600,00 € für die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG und von 3.160,00 € für die Verfahrensgebühr Nr. 4118 VV RVG für angemessen.

4. Die Festsetzung noch höheren Pauschgebühren kam hingegen nicht in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Pauschgebühr in Höhe bzw. im Bereich der Wahlverteidigerhöchstgebühren nur dann zu festzusetzen, wenn das Verfahren die Arbeitskraft des Verteidigers für längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch genommen hat (OLG Hamm, Beschluss vom 30. März 2017 — 5 RVGs 2/17 —, Rn. 10, juris). Dass ein solcher Arbeitseinsatz aufgrund des Umfangs des Verfahrens erforderlich war, ist durch den Antragsteller nicht aufgezeigt worden und — wie der Vertreter der Staatskasse zutreffend dargelegt hat — auch sonst nicht ersichtlich.“

„Knappe“ Pauschgebühr im Revisionsverfahren, oder: Kompensation ggf. zulässig

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Am „Gebühren-Friday“ natürlich RVG, und zwar zunächst der OLG Hamm, Beschl. v. 27.10.2020 – III-5 RVGs 61/20, den mir der Kollege Rahmlow aus Duisburg geschickt hat. Der Kollege war Pflichtverteidiger in einem Verfahren wegen Computerbetruges u.a., das dann in der Revision das OLG Hamm beschäftigt hat (vgl. dazu: StPO II: Richtiger Beweisantrag, oder: Ablehnung wegen Bedeutungslosigkeit und Beweiswürdigung II: Das OLG Hamm und “Aussage-gegen-Aussage”

Nach Verfahrensbeendigung hat der Kollege eine Pauschgebühr (§ 51 RVG) für das Revisionsverfahren (Nr. 4130 VV RVG) beantragt und auch teilweise erhalten:

„Zu diesem Antrag hat der Vertreter der Staatskasse am 02,09.2020 ausführlich Stellung genommen und dabei den Tätigkeitsumfang des Antragstellers sowie die ihm zustehenden Gebühren zutreffend dargelegt. Trotz des Umfangs und der besonderen rechtlichen Schwierigkeit des Revisionsverfahrens sei der Antrag zurückzuweisen, da die vom Antragsteller im Revisionsverfahren entfalteten Tätigkeiten durch die unterdurchschnittlichen bzw. durchschnittlichen Verfahrensabschnitte. welche vom Pauschgebührenantrag nicht erfasst seien, hinreichend kompensiert wurden.

Der Antragsteller hat in seiner Gegenerklärung darauf hingewiesen. dass die Hauptverhandlungstermine am 29.11.2017, 04.12.2017, 08.12.2017 und 13,122017 umfangreich vorbereitet werden mussten, da die entscheidenden Zeugen R über sämtliche Termine verteilt geladen gewesen seien. Zudem sei die durchschnittliche Verhandlungsdauer von 2 h Stunden für eine Berufungsstrafkammer nicht untypisch. In Zusammenschau mit den weiteren Umständen — Komplexität des Sachverhalts, Aktenumfang. rechtliche Schwierigkeit – seien die weiteren Verfahrensabschnitte als durchschnittlich zu werten,

Unter dem 30.09.2020 hat das Landgericht das Strafverfahren nach § 153a StPO endgültig eingestellt.

Der Antrag auf Festsetzung einer Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 RVG ist im tenorierten Umfang begründet: Der weitergehende Antrag war jedoch abzulehnen.

1. Der entscheidende Einzelrichter geht in Übereinstimmung mit den zutreffenden Ausführungen des Vertreters der Staatskasse vom 02.09.2020 sowie der Stellungnahme der Senatsvorsitzenden vom 28.07.2020 davon aus, dass das Revisionsverfahren besonders umfangreich und in rechtlicher Hinsicht besonders schwierig war. Insbesondere musste der Antragsteller in der Revisionsbegründung vom 26.04 2018 zu den rechtlichen schwierigen Fragestellungen Stellung nehmen. welche Anforderungen an die Beweiswürdigung bei einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation sowie an die Ablehnung von Beweisanträgen zu stellen sind. Die rechtsfehlerhafte Ablehnung der Beweisanträge musste hierbei im Wege der Verfahrensrüge geltend gemacht werden. Mit Einschüben besitzt die Revisionsbegründungsschrift einen Umfang von 163 Seiten.

2. Aufgrund der besonderen Schwierigkeit und des besonderen Umfangs sind die gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren dem Antragsteller nicht zumutbar, so dass eine Pauschvergütung zu bewilligen ist.

a) Entgegen der Auffassung des Vertreters der Staatskasse werden die im Revisionsverfahren entfalteten Tätigkeiten durch die Tätigkeiten in den weiteren Verfahrensabschnitten nicht hinreichend kompensiert. Zwar ist es zutreffend, dass sowohl die erstinstanzlichen als auch die zweitinstanzlichen Hauptverhandlungstermine locker terminiert waren sowie durchschnittlich lediglich 3.21 Stunden bzw. 2,37 Stunden und damit nicht lange dauerten, Außerhalb der Hauptverhandlung hat der Antragsteller jedoch umfangreiche Tätigkeiten entfaltet, welche über das normale Maß einer Strafverteidigung deutlich hinausgingen. So hat der Antragsteller zahlreiche Anträge und Anschreiben. hierunter insbesondere mehrere Arrestbeschwerden, mehrere Beweisanträge sowie eine siebzehnseitige Berufungsbegründung verfasst. In Zusammenschau mit den weiteren Umständen, vor allem dem Aktenumfang – und dem Verfahrensgegenstand lag der Tätigkeitsumfang des Antragstellers in den nicht vom Pauschgebührenantrag erfassten Verfahrensabschnitten, an der oberen Grenze des durchschnittlichen Bereichs.

b) Nach der somit vorzunehmenden umfassenden Abwägung erachtet der Senat unter Berücksichtigung sowohl der obigen Ausführungen zur Schwierigkeit und zum Umfang der Angelegenheit als auch der entfalteten Tätigkeiten in den weiteren Verfahrensabschnitten und der diesbezüglich entstandenen Pflichtverteidigergebühren anstelle der gesetzlichen Gebühr „Verfahrensgebühr für das Revisionsverfahren“ Nr. 4130 VV RVG in Höhe von 492,00 € eine Pauschgebühr in Höhe von 950,00 € für angemessen.

3. Die Bewilligung einer noch höheren Pauschgebühr kam hingegen nicht in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Pauschgebühr in Höhe bzw. im Bereich der Wahlverteidigerhöchstgebühren nur dann zu bewilligen, wenn das Verfahren die Arbeitskraft des Verteidigers für längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch genommen hat {OLG Hamm, Beschluss vom 30. März 2017 — 5 RVGs 2/17 Rn. 10, juris). Es ist nicht davon auszugehen, dass ein soIcher Arbeitseinsatz aufgrund des Umfangs des Revisionsverfahren vorliegend erforderlich gewesen ist.

Nix wesentlich Neues. Bemerkenswert, aber auch nicht wirklich überraschend, dass das OLG an seiner falschen Auffassung zur Kompensation festhält. Und: Knapp bemessen – wie immer.

Pauschgebühr für den Wahlanwalt, oder: Das Doppelte der Höchstgebühren ist zu viel

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Und als zweite Entscheidung dann ein Beschluss des BGH zur Pauschvergütung des Wahlanwalts. Nichts Neues, aber: In der Not frisst der Teufel fliegen,

Ergangen ist der Beschluss in dem Verfahren, dass mit dem BGH, Beschl. v. 07.09.2017 –1 StR 300/17 – geeendet hat. Über das hatte ich ja auch unter: Anfängerfehler, oder: Oder das selbst als unzulässig zurückgewiesene Ablehnungsgesuch – berichtet. Nun noch der Pauschantrag des Wahlanwalts. Der hatte 2.775 EUR beantragt, zugesprochen hat der BGH im BGH, Beschl. v. 23.07.2020 – 1 StR 300/17 – 2.100 EUR:

„Der Wahlverteidiger H.   hat wegen des besonderen Umfangs und der besonderen Schwierigkeit seiner Tätigkeit im Revisionsverfahren 1 StR 300/17 beantragt, eine Pauschgebühr von insgesamt 2.775 Euro festzustellen. Nach Auffassung der Bezirksrevisorin sind die gesetzlichen Gebühren nach Nr. 4130 und 4131 VV RVG mit Zuschlag in Höhe von maximal 1.387,50 Euro im vorliegenden Fall nicht zumutbar; sie hält eine Pauschgebühr von 2.100 Euro für angemessen.

Der Senat stellt eine Pauschgebühr von 2.100 Euro fest.

Sind die für das Revisionsverfahren gesetzlich vorgesehenen Gebühren eines Wahlanwalts – wie hier – wegen des besonderen Umfangs und der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar, hat der Wahlanwalt gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 RVG einen Anspruch auf Feststellung einer an die Stelle der gesetzlichen Gebühren (hier gemäß Nr. 4130 und 4131 VV RVG) tretenden Pauschgebühr, die das Doppelte der für die Gebühren des Wahlanwalts geltenden Höchstbeträge nicht übersteigen darf (§ 42 Abs. 1 Satz 4 RVG). Innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens steht die Feststellung der Höhe der Pauschgebühr im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Unter Berücksichtigung des Umfangs und der Schwierigkeit der Tätigkeit des Antragstellers im Revisionsverfahren hält der Senat in Übereinstimmung mit der Bezirksrevisorin eine Pauschgebühr von 2.100 Euro für angemessen.

Für eine Verdoppelung der Höchstgebühr – wie beantragt – ist unter den hier gegebenen Umständen hingegen kein Raum. Ein Sonderfall, der die Feststellung der absoluten Höchstgrenze rechtfertigt, liegt gerade nicht vor, da der Wahlverteidiger bereits im Verfahren vor dem Landgericht Heilbronn sowohl mit den materiell-rechtlichen als auch mit den strafprozessualen Fragen befasst war.“

BGH zur Pauschgebühr, oder: Antragsbegründung

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Und eine Entscheidung gibt es dann heute auch, und zwar den BGH, Beschl. v. 14.7.2020 – 1 StR 277/17 – zu den Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr für den Verfahrensabschnitt der Hauptverhandlung im Revisionsverfahren.

Der BGH sagt: Dafür gibt es nichts (mehr):

„Der bereits vom Landgericht als Pflichtverteidiger der Angeklagten R. beigeordnete Antragsteller wurde mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 27. Juli2017 neben einem weiteren Pflichtverteidiger als Verteidiger der Angeklagten für die Hauptverhandlung vor dem Bundesgerichtshof bestellt. Am 7.November 2017 fand im ersten Rechtsgang eine Hauptverhandlung mit einer Dauer von einer Stunde und zehn Minuten vor dem Bundesgerichtshof statt, an der unter anderem neben dem weiteren Pflichtverteidiger auch der Antragsteller als Verteidiger der Angeklagten R. teilnahm. Im zweiten Rechtsgang wurden die von beiden Angeklagten eingelegten Revisionen im Beschlusswege verworfen.

Im nachfolgenden Vergütungsfestsetzungsverfahren hat das Landgericht auf Antrag des Antragstellers durch Beschluss vom 4. Juni 2018 dessen gesetzliche Gebühren und Auslagen für das erste Revisionsverfahren einschließlich einer Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4131, 4130 RVG-VV in Höhe von 603 € und einer Terminsgebühr gemäß Nr. 4133, 4132 RVG-VV in Höhe von 328 € auf insgesamt 1.849,41€ festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 8. April 2020 hat der Antragsteller die Bewilligung einer Pauschvergütung gemäß § 51 RVG für beide Revisionsverfahren (ein-schließlich der Hauptverhandlung) beantragt und zur Begründung ausgeführt, das Revisionsverfahren sei –insbesondere im ersten Rechtsgang–mit einem außergewöhnlich großen Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden gewesen. Es sei um eine komplexe und schwierige Rechtsfrage und auch schwierige tatsächliche Fragen gegangen; zudem habe es sich um eine sehr schwierige Mandantschaft gehandelt, die einen hohen Erläuterungsbedarf gehabt habe. Durch Beschluss vom 30. April 2019 hat das Oberlandesgericht München eine Pauschvergütung für das gesamte Verfahren (erster und zweiter Rechtsgang) ausschließlich des Verfahrensabschnitts der Hauptverhandlung vor dem Bundesgerichtshof in Höhe von 10.000 € festgesetzt. Die Bundeskasse hat zu dem danach noch unbeschiedenen, die Haupt-verhandlung vor dem Bundesgerichtshof betreffenden Vergütungsantrag dahin Stellung genommen, dass für einen gerade mit der Hauptverhandlung im Revisionsverfahren in Zusammenhang stehenden besonderen Aufwand des Antrag-stellers, der eine Pauschgebühr rechtfertigen könnte, nichts ersichtlich sei. Sie hat beantragt, den Antrag abzulehnen.

II.

1. Die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs für die Entscheidung über die Bewilligung der vom Antragsteller geltend gemachten Pauschgebühr ist, weil der Bundesgerichtshof den Antragsteller für die Hauptverhandlung bestellt hat, gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 RVG eröffnet, soweit die Gebühr für die Hauptverhandlung im Revisionsverfahren des ersten Rechtsgangs (1 StR 277/17) geltend gemacht wird.

2. Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr für den Verfahrensabschnitt der Hauptverhandlung im Revisionsverfahren sind vorliegend nicht erfüllt.

a) Nach § 51 Abs.1 Satz 1 RVG ist dem in einer Strafsache gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt für das Verfahren oder einzelne Verfahrensabschnitte auf Antrag eine über die gesetzlichen Gebühren hinaus-gehende Pauschgebühr zu bewilligen, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache nicht zumutbar sind. Dies ist nur der Fall, wenn sich die anwaltliche Mühewaltung von sonstigen –auch über-durchschnittlichen–Verfahren so deutlich abhebt, dass dem Anwalt die gesetzlichen Gebühren als Vergütung seiner Tätigkeit auch in Anbetracht des gelten-den Prinzips der Mischkalkulation nicht zumutbar sind (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2020 –1 StR 492/15 Rn.5 mwN; BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober2008 –2 BvR 1173/08 Rn. 9 mwN; zum Prinzip der Mischkalkulation vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 2007 –1 BvR 910/05 und 1 BvR 1389/05 Rn. 72 mwN). Die Bewilligung einer Pauschgebühr ist nach dem gesetzlichen Vergütungssystem auf Ausnahmefälle beschränkt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Januar 2020 –1 StR 492/15 Rn. 5 mwN; vom 19. Januar 2017 –2S StR 549/15 Rn. 1 und vom 1.Juni 2015 –4 StR 267/11 Rn. 5). Entscheidend ist für die Bewilligung einer Pauschgebühr, ob die konkrete Strafsache umfangreich oder rechtlich schwierig war und sie deshalb eine zeit-aufwendige, gegenüber anderen Verfahren deutlich erhöhte Tätigkeit des Verteidigers erforderlich gemacht hat. Zu berücksichtigen ist insoweit nur der Zeit-aufwand, der allein aus verfahrensbezogenen Tätigkeiten des Pflichtverteidigers herrührt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Januar 2020 –1 StR 492/15 Rn. 5 mwN und vom 1. Juni 2015 –4 StR 267/11 Rn. 5mwN);etwa angefallene Fahrt- und Reisezeiten sind ohne Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2020 –1S tR 492/15 Rn. 5 mwN).

b) Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr für den Verfahrensabschnitt der Hauptverhandlung im Revisionsverfahren liegen hier nicht vor. Der Antragsteller hat sich schon nicht dazu erklärt, wie hoch der ihm gerade im Zusammenhang mit der Hauptverhandlung im Revisionsverfahren entstandene Aufwand im Einzelnen tatsächlich war. Er hat damit auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ihm ein Aufwand entstanden ist, der den üblicherweise für eine Hauptverhandlung im Revisionsverfahren anfallenden Aufwand in einem Maße übersteigt, dass dieser auch unter Berücksichtigung des dem Gesetz zugrundeliegenden Gedankens der gebührenrechtlichen Mischkalkulation nicht mehr mit den gesetzlichen Gebühren angemessen abgegolten ist. Dass es sich vorliegend um ein Revisionsverfahren gehandelt hat, in dem sich eine schwierige Rechtsfrage gestellt hat, und es sich zudem um eine schwierige Mandantin mit hohem Erläuterungsbedarf gehandelt haben mag, reicht zur Begründung der Voraussetzungen des § 51 Abs.1 Satz1 RVG nicht ohne Weiteres aus, zumal vorliegend unklar bleibt, welchen Aufwand dies dem Antragsteller gerade im Zusammenhang mit der Revisionshauptverhandlung tatsächlich verursacht hat. Zu berücksichtigen ist im Übrigen, dass die Hauptverhandlung im vorliegenden Fall mit einer Dauer von kaum mehr als einer Stunde nicht erheblich länger als eine durchschnittliche Hauptverhandlung gedauert hat, dass die rechtliche Aufarbeitung des Falles und der sich dabei stellenden revisionsrechtlichen Fragen auch und gerade durch die Verfahrensgebühr für das Revisionsverfahren abgegolten ist, wobei insoweit bereits eine Pauschgebühr bewilligt wurde, und dass der Vorbereitungsaufwand für die Hauptverhandlung zwischen dem Antragsteller und dem weiteren für die Angeklagte bestellten Verteidiger aufgeteilt werden konnte.2

Die Entscheidung zeigt die Bedeutung einer vernünftigen Antragsbegründung. Wegen der Änderungen in den §§ 142, 350 StPO werden wir im Übrigen demnächst m.E. in „neuen Verfahren“ nichts mehr vom BGH zur Pauschvergütung lesen.