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Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich nach der RVG-Reform zumindest eine höhere Pauschgebühr?

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Für mich hat die Lösung zu der Frage vom vergangenen Freitag: Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich nach der RVG-Reform zumindest eine höhere Pauschgebühr? – auf der Hand gelegen: Sie ist eidneutig mit „Nein“ zu beantworten. Und das habe ich dem Kollegen auch geschrieben:

„Hallo Herr Kollege,

nein, eine solche Rechtsprechung kenne ich nicht. Und Sie wäre auch wohl – so leid es mir tut – falsch, da damit der § 60 RVG „umgangen“ würde. Das Ganze geht so ein wenig in die Richtung wie OLG Hamm, Beschl, v. 22. 09. 2005, 2 (s) Sbd. VIII – 181/05 -. Werden Sie nicht gern lesen, lässt sich m.E. aber nicht ändern. Wenn Sie eine andere Entscheidung erzielen: Die hätte ich dann gern.“

Ich habe wenig Hoffnung, dass ich vom Kollegen eine in seinem Sinne positive Entscheidung bekommen werde.

News aus Berlin: Neues zur Verjährungsfrist bei der Pauschgebühr

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Zum Wochenstart eine erfreuliche Entscheidung/Nachricht. Denn so ganz häufig sind Entscheidungen, in denen Obergerichte ihre Rechtsprechung aufgeben und sich einer anderen (richtigen) Aufassung anschließen, ja nicht. Und schon gar nicht im Gebührenrecht und häufig erst Recht nicht, wenn die neue Auffassung für den Rechtsanwalt/Verteidiger günstiger ist. Daher ist m.E. der KG, Beschl. v. 15.04.2015 – 1 ARs 22/14 – schon einen Hinweis wert. Vor allem auch deshalb, weil sich das KG in dem Beschluss der auch von mir im RVG-Kommentar und im Gerold/Schmidt vertretenen Auffassung anschließt.

Es geht um eine für den Pflichtverteidiger ggf. wichtige Frage in Zusammenhang mit der Gewährung von Pauschgebühr (§ 51 RVG), nämlich die Frage: Wann beginnt der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist? Am Ende des Jahres, in dem der Rechtszug beendet worden ist, also  z.B. das erstinstanzliche Urteil ergangen ist oder wird deer Anspruch auf Bewilligung einer Pauschgebühr erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens fällig und beginnt erst ab diesem Zeitpunkt bzw. ab Ende des Jahres der Lauf der Verjährungsfrist? Letzteres ist für den Verteidiger günstiger und ist in der Rechtsprechung von einigen OLG schon immer vertreten worden. Das KG hat es früher – zur BRAGO – anders gesehen. Es hat jetzt aber im KG, Beschl. v. 15.04.2015 – 1 ARs 22/14 – seine Rechtsprechung geändert: fast ist man geneigt zu sagen: Na bitte, geht doch.

Begründung des KG

Eine Gebühr, die besondere Schwierigkeiten anwaltlicher Tätigkeit im gesamten Verfahren pauschal honorieren soll, kann erst nach dessen Abschluss und nicht schon mit Erlass des ersten Urteils oder Beendigung des Rechtszuges bemessen werden.

Die Ansicht, dass der Anspruch aus § 51 RVG hinsichtlich des Verjährungsbeginns wie der nach § 55 RVG behandelt werden müsse, übersieht, daß der Anspruch aus § 51 RVG im Zeitpunkt der Fälligkeit einzelner Gebühren noch nicht entstanden ist. Denn von der für das gesamte Verfahren bewilligten Pauschgebühr werden auch Leistungen erfasst, die der Rechtsanwalt erst nach den in § 8 Abs. 1 Satz 2 RVG genannten Fälligkeitszeitpunkten erbracht hat, deren einzelne Vergütungen naturgemäß erst danach fällig werden können. Demzufolge sind bei der Prüfung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Pflichtverteidiger eine Pauschgebühr zusteht, in einer gebotenen Gesamtschau (std. Rspr. des KG, vgl. Beschluss vom 31. März 2015 – 1 ARs 1/13 –) die Tätigkeiten des Antragstellers in allen Verfahrensabschnitten zu berücksichtigen, was trotz einer überobligatorischen Belastung in einem Verfahrensabschnitt wegen einer unterdurchschnittlichen Beanspruchung in anderen Verfahrensteilen zu einer Versagung der Pauschgebühr führen kann. Deshalb läßt sich entgegen der Ansicht des OLG Braunschweig (aaO) keineswegs häufig schon mit Abschluss der ersten Instanz hinlänglich beurteilen, ob die Tätigkeit des bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalts die Voraussetzungen des § 51 RVG erfüllt. Hinzu kommt, dass der Zeitpunkt des Verjährungsbeginns einer Forderung aus Gründen der Rechtssicherheit von vornherein feststehen muss und nicht von dem ungewissen Ergebnis einer (nachträglichen) Prüfung abhängen darf, ob bereits mit Beendigung des ersten Rechtszuges eine Pauschgebühr verdient war oder erst später infolge der weiteren Inanspruchnahme des Anwalts entstanden ist.

Dass § 51 Abs. 1 Satz 3 RVG im Gegensatz zu § 99 BRAGO ausdrücklich die Gewährung einer Pauschgebühr auch für einzelne Verfahrensabschnitte vorsieht, ändert daran nichts. Denn auch in diesen Fällen ist in einer Gesamtschau des Verfahrens zu prüfen, ob die Schwierigkeiten in einem Teil des Verfahrens nicht durch unterdurchschnittliche Beanspruchungen des Anwalts in anderen (dem Urteil erst folgenden) Verfahrensabschnitten so ausgeglichen werden, dass der Pflichtverteidiger mit der Regelvergütung nach den Teilen 4 bis 6 VV RVG insgesamt ausreichend bezahlt ist (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Juni 2010 – 1 ARs 46/09 -). Eine derartige Beurteilung ist ebenfalls erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens möglich.“

Wie gesagt: Sehe ich auch so. Nur die Frage zur Kompensation bei verfahrensabschnittsweiser Gewährung der Pauschgebühr muss man m.E. anders sehen. Aber das ändert an der grundsätzlichen Frage zum Verjährungsbeginn nichts.

So ein Quatsch, oder: Wenn man Äpfel mit Birnen vergleicht.

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Ja, sorry, liebes OLG Köln, so einen Quatsch, wie im OLG Köln, Beschl. v. 06.03.2015 – 1 RVGs 9/15 – habe ich ja schon lange nicht mehr gelesen. Da hatte der Pflichtverteidiger eine Pauschgebühr beantragt und dazu u.a. auf eine größere Anzahl von JVA-Besuchen verwiesen. Das OLG hat – durch die Einzelrichterin – offenbar eine („Erprobungs“)Richterin am AG – den Antrag abgelehnt.

Nun lassen wir mal die Frage dahingestellt, ob es sich um ein besonders umfangreiches oder schwieriges Schwurgerichtsverfahren gehandelt hat oder nicht. Es spricht sicherlich manches dafür, dass das nicht der Fall war. Insoweit kann ich dem OLG ja auch noch folgen. Allerdings:  Auch das OLG Köln übernimmt offenbar ohne weiteres den in meinen Augen falschen Ansatz des BGH zur Pauschgebühr, wenn es im Beschluss heißt: „Die Bewilligung setzt voraus, dass die anwaltliche Mühewaltung sich von sonstigen – auch überdurchschnittlichen Sachen – in ganz erheblicher Weise abheben muss (vgl. BGH, 3 StR 117/12, Beschluss vom 17.09.2013; BGH, 4 StR 73/10, Beschluss vom 11.02.2014; jeweils: „in exorbitanter Weise“).“ Wo steht das denn?

„Quatsch“ ist dann aber, was das OLG zu den JVA-Besuchen schreibt:

„Was die JVA-Besuche anbelangt, geht deren Anzahl zwar über die 3 Besuche hinaus, die nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig mit der gesetzlichen Gebühr abgegolten sind (SenE v. 03.11.2009 – 1 ARs 101/09 -; SenE v. 06.02.2009 – 1 ARs 15/09 -; SenE v. 21.03.2013 – III-1 RVGs 23/13 -). Der hier vorgetragene Mehraufwand erfährt aber eine Kompensation durch die Gebühren für die Hauptverhandlung. Denn der Antragsteller hat für die Teilnahme an 4 Hauptverhandlungsterminen jeweils eine Gebühr nach Nr. 4121 W RVG und zudem den Längenzuschlag nach Nr. 4122 VV RVG erhalten hat. Damit ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ein zeitlicher Aufwand von bis zu 32 Stunden angemessen vergütet. Diesen Gebühren steht nach der insoweit unwidersprochenen Stellungnahme des Vertreters des Landes NRW vom 05.02.2015 in vorliegender Sache eine tatsächliche Inanspruchnahme des Antragstellers durch die Teilnahme an der Hauptverhandlung von insgesamt 27 Stunden und 14 Minuten gegenüber. Hieraus folgt, dass der Antragsteller für die von ihm aufgewendete Zeit zur Einarbeitung in die Sache und für Besprechungen mit dem Angeklagten durch die bereits an sie ausgekehrten gesetzlichen Gebühren angemessen entschädigt ist.“

Das ist schlicht falsch, denn:

1. Fraglich ist schon, ob man überhaupt „kompensieren“ aufrechnen kann. Das ist in Rechtsprechung und Literatur nicht unbestritten und dazu hätte man sich dann als OLG schon mal äußern dürfen.

2. Falsch ist es dann jedenfalls, die Zeit für die JVA-Besuche mit Hauptverhandlungszeit und/oder Längenzuschlägen zu verrechnen. Dabei übersieht die Einzelrichterin, dass die von ihr errechneten 32 Stunden, die nach Vorstellung des Gesetzgebers den Gebühren Nrn. 4121, 4122 VV RVG zugrunde liegen sollen, Hauptverhandlungszeit sind und es sich zudem um pauschale Festbetragsgebühren handelt, die eben bis zu acht Stunden Hauptverhandlung abgelten. Die Zeit, die für JVA-Besuche aufgebracht wird bzw. aufgebracht worden ist, wird aber gar nicht von diesen Gebühren abgegolten, sondern von der gerichtlichen Verfahrensgebühr Nr. 4118, 4119 VV RVG. Das kann man nach den Strukturen des RVG nicht gegeneinander aufrechnen. Das ist so, als wenn Äpfel mit Birnen verglichen werden. Das steht im Übrigen auch in allen gängigen RVG-Kommentaren. Vielleicht hätte ein Blick dort hinein ja der – besseren – Rechtsfindung gedient.

Solche Beschlüsse ärgern – zumindest mich.

Das Sonderopfer des Pflichtverteidigers – bei 6,49 €/Stunde nicht?

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In der vergangenen Woche hat die Richterbesoldung die Presse und auch ein wenig die Blogs beschäftigt. Der Kollege Laudon hat dazu unter: Nur 12 Euro netto gepostet, ich hatte die Frage dann auch noch einmal aufgegriffen und auf den Beitrag in der „SZ“ zur mündlichen Verhandlung vor dem BVerfG hingewiesen (vgl. hier “Die Grenze der Geduld”, oder Deutschland ist Nachbar von Armenien, zumindest beim Richtereinstiegsgehalt). Heute will ich dann zur Kehrseite (?) dieser Problematik ausführen, na ja, ob es die Kehrseite ist, weiß ich nicht. Jedenfalls aber zur „anderen Seite“, nämlich den Rechtsanwälten/Verteidigern. Und ein „schönes“ Beispiel ist da immer die Pauschgebühr des Pflichtverteidigers (§ 51 RVG). Das ist die Domäne der OLG, wo wir in den Beschlüssen immer viel – unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG – vom „Sonderopfer der Anwaltschaft“ lesen – schreibt sich gut, wenn man selbst an der Stelle keine Opfer bringen muss. Oder, was dazu passt, dass nicht kostendeckend gearbeitet werden muss. Und wenn der Pflichtverteidiger einen Stundensatz ansetzt, dann heißt es immer: „Abrechnung auf Stundenbasis“ ist nicht vorgesehen“.

Diese Argumente finden wir dann auch alle wieder im OLG München, Beschl. v. 09.09.2013 –  6 St (K) 1/13 – ergangen im NSU-Verfahren auf Antrag des Kollegen Stahl, der einen Vorschuss auf seine demnächstige Pasuchgebühr beantragt hatte (§ 51 Abs. 1 Satz 5 RVG). Die Entscheidung hat ja bereits im vergangenen Jahr einiges Aufsehen erregt. Das ist m.E. angesichts der Zahlen, die eine Rolle spielen, auch nachvollziehbar. Und zwar muss man mal gegenüberstellen:

  • Der Kollege hat geltend gemacht, er habe im vorbereitenden Verfahren 770 Stunden für das Verfahren aufgewendet – die Zahl wird vom OLG in seinem Beschluss auch nicht in Abrede gestellt.
  • Ein Anspruch auf gesetzliche Gebühren hat zum Zeitpunkt der Antragstellung nur auf die Gebühren Nrn. 4101, 4105 VV RVG bestanden, das waren nach altem Recht 299,00 €.
  • Die Wahlanwaltshöchstgebühren haben für die Gebühren Nrn. 4101, 4105 VV RVG  687,50 € betragen.
  • Beantragt hatte der Kollege 77.000 € auf der Grundlage eines Stundensatzes von 100,00 €/Stunde.
  • Zuerkannt hat das OLG München 5.000,00 €.

Nun lassen wir aus dem o.a. Beschluss die Frage des „besonderen Umfangs“ und/oder der „besonderen Schwierigkeit“ außen vor. Denn die liegen m.E. auf der Hand. Dazu braucht man nicht viel Worte zu machen. Und auch die zu erwartende lange Dauer des Verfahrens war voraussehbar. Zur Höhe führt das OLG dann u.a. aus:

„bb) Der festgesetzte Vorschuss auf die zu erwartende Pauschgebühr des Vorverfahrens in Höhe von 5.000,00 € übersteigt die gesetzlichen Höchstgebühren des Wahlverteidigers um das 7,3-fache.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Überschreitung der Wahlverteidigerhöchstgebühren in Ausnahmefällen möglich ist, wenn sie auch in den Höchstgebühren keine angemessene Entschädigung mehr darstellt (vgl. OLG Hamm NStZ 2000, 555; OLG Köln JurBüro 2003, 81; OLG Nürnberg Anw.Bl. 2000, 56).

Die Höhe des Pauschvergütungsanspruchs eines bestellten Verteidigers nach § 51 RVG ist nicht in analoger Anwendung des § 42 Abs. 1 Satz 4 RVG auf das Doppelte der Höchstgebühr eines Wahlverteidigers beschränkt (OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.4.2008, 2 ARs 21/08, zit. nach juris, Rdn. 8; OLG Jena, BeckRS 2009 Nr. 86298; Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 51 Rdn. 40; a.A ohne Begründung Hartmann, Kostengesetze, 42 Aufl., § 51 RVG, Rdn. 33). § 51 RVG enthält keine Obergrenze des Pauschvergütungsanspruchs. Insoweit handelt es sich nicht um eine planwidrige Regelungslücke; der Gesetzgeber hat die Pauschvergütungsregelungen der §§ 42 und 51 RVG zeitgleich und in bewusst gleicher Terminologie geregelt (BTDrucks. 15/1971 S. 198). Beide Regelungen unterschieden sich zudem darin, dass bei einer Pauschvergütung nach § 42 RVG die Gesichtspunkte des § 14 RVG – und damit auch die Bedeutung der Sache und die Einkommens-/Vermögensverhältnisse des Auftraggebers – zum Tragen kommen, Gesichtspunkte, die bei der Bemessung der Pauschvergütung nach § 51 RVG keine Rolle spielen (OLG Jena NJW 2006, 933).

Im Hinblick auf den außergewöhnlichen Umfang des Verfahrens und die besonderen Schwierigkeiten im tatsächlichen Tatnachweis hält der Senat die aufgezeigte Überschreitung der Wahlverteidigerhöchstgebühren bei einer Gesamtbetrachtung der anwaltlichen Tätigkeit des Antragstellers im Vorverfahren für vertretbar.

cc) Die Möglichkeit nach § 51 Abs. 1 RVG pauschal abzurechnen, soll dem Pflichtverteidiger nicht eine angemessene Vergütung gewährleisten, sondern ein unzumutbares Sonderopfer ausgleichen. Bei der Bestellung zum Pflichtverteidiger handelt es sich nämlich um eine besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken, deren Sinn nicht darin besteht, dem Anwalt zu seinem eigenen Nutzen und Vorteil eine zusätzliche Gelegenheit beruflicher Tätigkeit zu verschaffen, Zweck ist vielmehr allein, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass der Angeklagte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhält (BVerfG NJW 2007, 3420). Diesen gesetzlichen Zweck, der durch den bewilligten Vorschuss erreicht wird, übersieht der Antragsteiler, wenn er der Ansicht ist, dass ein besonderer Umfang oder eine besondere Schwierigkeit des Verfahrens auch eine „besonders hohe Pauschgebühr“ erfordere.

Die beantragten 77.000,00 € übersteigen die Höchstgebühr des Wahlverteidigers um das 112-fache. Ein derartiger Vorschuss auf die Pauschgebühr ist auch nicht ansatzweise durch den Umfang und die Schwierigkeit des Verfahrens veranlasst.

Soweit der Antragsteller den Vorschuss auf die Pauschgebühr für das vorbereitende Verfahren nach seinem Zeitaufwand von ca. 770 Stunden und einem fiktiven Stundensatz von 100 € berechnet, übersieht er, dass das Gebührensystem nach § 51 RVG eine Abrechnung auf Stundenbasis nicht vorsieht. Es ist deshalb in der Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, anerkannt, dass die pauschalierte Vergütung nicht nach einem fiktiven Stundenlohn festzusetzen ist (KG NStZ-RR 2013, 232; OLG Schleswig, Beschluss vom 1. Februar 2013, 1 StR 25/12 zit. nach www.burhoff.de).“

Da haben wir sie also wieder die o.a. Argumente. Und das Besondere/Absonderliche ist: Man kann dem OLG noch nicht einmal einen Vorwurf machen, denn es bewilligt einen Vorschuss, der das rund 7,3-Fache der Wahlanwaltshöchstgebühren beträgt. Man hat also die „heilige Kuh“ der OLG – die Wahlanwaltshöchstgebühr – „geknackt“. Das ist, wenn man weiß, wie schwer sich OLG damit tun – und ich weiß es 🙂 – eine Menge.

Also: Wie löst man das Problem? Ich habe auch kein Patentrezept für solche Verfahren, meine aber, wenn man dem Pflichtverteidiger gerecht werden will, muss man aus dem System, das die OLG in den letzten Jahren aufgebaut haben, ausbrechen. Es passt einfach nicht für Mammutverfahren. Denn rechnen wir doch mal ein wenig – wobei die 770 – vom OLG anerkannten – Stunden – die Grundlage sein sollen:

  • 299,00 € gesetzliche Gebühren bedeutet einen Stundensatz von 0,38 €/Stunde.
  • Wahlanwaltshöchstgebühren von 687,50 € bedeutet 0,89 €/Stunde.
  • 77.000 € ergeben einen Stundensatz von 100,00 €/Stunde.
  • Die zuerkannten 5.000,00 € führen zu einem Stundensatz von 6,49 €.

Und bitte: Alles vor Steuer und mit einem Büro im Nacken.

Ich weiß noch, dass ich dem Kollegen, nachdem er mir den Beschluss geschickt hatte, darauf geantwortet habe: Er soll sich die Daumen drücken, dass bei der kurz danach anstehenden Bundestagswhl die SPD mit in die Regierung kommt. Dann stehe ihm irgendwann zumindest der Mindestlohn von 8,50 €/Stunde zu.

Wie gesagt: ich weiß nicht, wie man das Dilemma löst. Nur lösen muss man es. Denn man kann m.E. nicht ernsthaft behaupten, dass diese 5.000,00 € kein Sonderopfer sind.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Kann ich jetzt noch eine Pauschgebühr beantragen?

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Unsere Gebührenfrage am Freitag (vgl. Ich habe da mal eine Frage: Kann ich jetzt noch eine Pauschgebühr beantragen? ist ohne Reaktion/Antwort geblieben. Was ist los? Alle das schöne Wetter genossen oder interessiert die Pauschgebühr nicht (mehr), was ich verstehen kann, wenn ich sehe, wie die OLG teilweise damit umgehen? Dabei wäre m.E. die Antwort gar nicht schwer gewesen. Denn es gibt zu der Frage bereits eines OLG-Entscheidung, auf die sich das im Fall der Kollegin zuständige OLG sicherlich gern stürzen wird; aber da man das nie weiß, habe ich ihr dennoch geraten, den Antrag zu stellen.

Entschieden ist die Problematik vor einiger Zeit bereits vom OLG Karlsruhe im OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.01.2013 – 2 AR 51/12. Das OLG sagt, dass, wenn der Pflichtverteidiger eines freigesprochenen Angeklagten gem. §§ 52 Abs. 1 und 2, 14 RVG die Festsetzung der Gebühren eines Wahlverteidigers gegen die Staatskasse beantragt hat und ist diesem Antrag entsprochen worden ist, ein danach gem. § 51 RVG gestellter Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr unzulässig ist. Begründet wird das damit, dass der Pflichtverteidiger eine dreifache Wahlmöglichkeit habe:

  • Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 RVG kann er die Gebühren eines Wahlverteidigers im Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen.
  • Erscheinen die Rahmengebühren als unzumutbar, kann der Pflichtverteidiger ebenso wie ein Wahlverteidiger anstelle ihrer Festsetzung gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 RVG einen Pauschgebührenantrag gemäß § 42 Abs. 1 RVG stellen, wenn die Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 und 2 RVG vorliegen.
  • Der Pflichtverteidiger kann aber auch einen Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr gemäß § 51 RVG stellen.

Und daraus schließt das OLG:

„…Es liegt auf der Hand, dass einem Verteidiger, dem eine Pauschgebühr gemäß § 51 RVG bewilligt worden ist, nicht auch noch eine Pauschgebühr gemäß § 42 RVG zugesprochen werden kann. Gleiches gilt für den umgekehrten Fall. Ferner ist ein Antrag auf Feststellung einer Pauschgebühr gemäß § 42 RVG unzulässig, wenn über einen Antrag auf Festsetzung der Wahlverteidigergebühren abschließend entschieden ist (Thüringer OLG Rpfleger 2008, 98 und 2011, 177f.; OLG Celle StraFo 2008, 398; OLG Bamberg DAR 2011, 237). Schließlich besteht nach Ansicht des Senats keine Möglichkeit der Bewilligung einer Pauschgebühr gemäß § 51 RVG, wenn dem Antrag die Bestimmung und antragsgemäße Festsetzung der Wahlverteidigergebühren gemäß §§ 52, 14 RVG vorangegangen ist. Denn wenn der Verteidiger gemäß § 14 RVG nach eigenem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände, zu denen auch die für die Bewilligung einer Pauschgebühr gemäß § 51 RVG maßgeblichen Kriterien, Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeit des Rechtsanwalts, an erster Stelle gehören, die für angemessen erachteten Gebühren verbindlich bestimmt hat, ist kein Raum mehr für die Annahme, diese Gebühren seien für ihn unzumutbar.“

M.E. ist das so nicht zutreffend. Das OLG zieht die Rechtsprechung zu § 42 RVG heran – der Pauschgebühr für den Wahlanwalt. Ich habe dazu schon in meiner Besprechung der Entscheidung im RVGreport Stellung genommen und zitiere das mal einfach:

„..Anders ist die Rechtslage bei § 51 RVG (s. oben 1). Die nach dieser Vorschrift gewährte Pauschgebühr ist nicht eine im Grunde dem Angeklagten zustehende, sondern eine eigenständig dem Pflichtverteidiger zustehende Gebühr, die die Staatskasse grundsätzlich neben den Wahlanwaltsgebühren an den RA/Pflichtverteidiger des frei gesprochenen Angeklagten zu zahlen hat. In dem Zusammenhang spielt dann auch – und das dürfte der Grund für die Entscheidung des OLG Karlsruhe sein – dass das System der Kostenerstattung in § 52 Abs. 1 RVG durch § 52 Abs. 1 Satz 2 RVG so ausgebildet ist, dass u.a. im Fall des Freispruchs die Staatskasse nicht doppelt in Anspruch genommen wird (vgl. auch dazu Burhoff/Volpert, a.a.O.), nämlich einmal vom ehemaligen Angeklagten über § 52 Abs. 1 RVG und einmal über § 45 RVG vom Pflichtverteidiger wegen seiner gesetzlichen Gebühren. Hier hilft es m.E. aber nicht, wenn das OLG den Pauschgebührantrag von vornherein als unzulässig anzusehen und damit den Pflichtverteidiger – wie hier – teilweise seiner Kosten zu beschneiden. Vielmehr wäre hier der richtige Weg über § 58 Abs. 3 RVG einzuschlagen gewesen, indem nämlich die angemessene Pauschgebühr gewährt worden wäre und im Festsetzungsverfahren darauf dann die ggf. von der Staatskasse gezahlten Gebühren angerechnet worden wären. Der Beschluss des OLG krankt auch ein wenig daran, dass er nicht mitteilt, ob der freigesprochene Angeklagten seinen Kostenerstattungsanspruch an den Pflichtverteidiger abgetreten hatte und ob ggf. von diesem zur Vermeidung einer doppelten Inanspruchnahme der Staatskasse ein Verzicht auf die Pflichtverteidigergebühren verlangt worden ist (vgl. dazu Burhoff/Volpert, § 52 Rn. 28).“§

Daher: Ein Versuch ist ein Pauschgebührantrag wert. Nur ein Versuch macht klug. Kostet ja auch nichts 🙂 .