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Schönes vom OLG Schleswig, oder: Der Wahlverteidiger verdient so viel wie der Pflichti/die Nebenklage

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Die zweite gebührenrechtliche Entscheidung, die ich heute vorstellen möchte, ist der OLG Schleswig, Beschl. v. 02.02.2017 – 1 Ws 11/17 (23/17). Der ist „schön“, zumindest (viel) schöner als der OLG Rostock, Beschl. v. 18.01.2017 – 20 Ws 21/17 (vgl. dazu Die „besondere Bedeutung“ beim OLG Rostock, oder: Vielleicht doch mal einen Blick in einen Kommentar?).

Auch hier geht es um die Kostenfestsetzung nach Freispruch. Im Streit sind beim OLG noch die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG, die die Rechtspflegerin mit 110,– € (!) angesetzt hatte und die Verfahrensgebühr im Revisionsverfahren Nr. 4130 VV RVG, die mit 200,– € bemessen worden ist. Der Verteidiger hat sich damit nicht zufrieden gegeben und Rechtsmittel eingelegt und geltend gemacht, dass die Gebühren mindestens in Höhe der Gebühren für einen Pflichtverteidiger festzusetzen seien. Und das OLG gibt ihm Recht, wobei hinzuweisen ist auf folgende Punkte aus der Begründung:

„………..Die Tätigkeit des Verteidigers im vorbereitenden Verfahren erstreckte sich mitnichten lediglich auf die Anfertigung einer kurzen Stellungnahme, sondern auch auf das Betreiben des Beschwerdeverfahrens, mehrfachen Schriftwechsel mit der Staatsanwaltschaft und wiederholte Akteneinsichtnahmen. Im Übrigen war die Sache von erheblicher Bedeutung. Immerhin war der Angeklagte u. a. wegen eines Verbrechens des besonders schweren Falls der Vergewaltigung angezeigt worden, was zwar (nur) zu einer Anklage wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen, aber immerhin vor der großen Jugendkammer des Landgerichts führte. Vor diesem Hintergrund war die Gebühr Nr. 4104 jedenfalls in Höhe der Gebühren für einen Pflichtverteidiger in Höhe von 132,– € alles andere als unbillig.

Auch die geltend gemachte Revisionsgebühr in Höhe der Pflichtverteidigergebühr von 492,– € ist nicht unbillig. …………. Die Sache ist für den Angeklagten auch nicht unbedeutend. Immerhin wäre das Revisionsverfahren nicht vor dem Oberlandesgericht — wie die Rechtspflegerin irrtümlich annimmt -, sondern vor dem Bundesgerichtshof zu führen gewesen. Da es sich um eine Revision der Staatsanwaltschaft handelte, lag auch kein Verschlechterungsverbot gem. § 358 Abs. 2 StPO vor, und der Angeklagte sah sich der ganzen Strafdrohung des § 182 Abs. 3 StGB von Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren ausgesetzt.

Bei der Prüfung der Unbilligkeit der Forderung darf auch nicht unberücksichtigt gelassen werden, dass die Rechtspflegerin des Landgerichts der Nebenklägervertreterin ohne jede Beanstandungen die Revisionsgebühr Nr. 4130 VV RVG in Höhe von 492,– € zugebilligt hatte. Es erscheint als unbillig, den Verteidiger des Angeklagten, der — anders als die Nebenklägervertreterin — eine nach außen sichtbare Tätigkeit in Form der Anfertigung einer Revisionserwiderung entfaltet hat, auf eine Gebühr in Höhe von lediglich 200,– € zu verweisen.“

Noch schöner wäre es, wenn das OLG geschrieben hätte, dass dem Wahlanwalt immer Gebühren in Höhe mindestens der Pflichtverteidigergebühren zustehen (vgl. dazu AG Köthen, Beschl. v. 22.11.2016 – 13 OWi 31/16 und RVG II: AG Köthen, oder: Sind die Pflichtverteidigergebühren die untere Grenze für die Wahlanwaltsgebühren?). Aber das wäre dann zu schön gewesen 🙂 .

Unfallschadenregulierung, oder: Ersatz der Kosten der Eigenreparatur

© Thaut Images  Fotolia.com

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Nach einem Verkehrsunfall, bei dem der Pkw Mercedes Benz CLK 200 K der Klägerin beschädigt worden ist, hat die Klägerin über die Beschädigung an ihrem Fahrzeug ein Sachverständigengutachten erstellen. In der Folgezeit ist – so die Behauptung der Klägerin – dann das Fahrzeug sach- und fachgerecht entsprechend dem Gutachten repariert worden. Die dafür erforderlichen Teile seien, so dei Klägerin, bei verschiedenen Verkäufern erworben worden, die Reparatur selbst sei durch Freunde und Verwandte sach- und fachgerecht in einer Selbsthilfewerkstatt erfolgt. Um die Kosten der Unfallschadenregulierung wird gestritten. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei ihr zu vollem Schadenersatz verpflichtet. Sie hat Zahlung der im Gutachten ausgewiesenen Netto-Reparaturkosten sowie eine Nutzungsausfallentschädigung für 11 Tage geltend gemacht, ferner die Erstattung der Sachverständigenkosten sowie eine Kostenpauschale von 25,00 €. Das LG hat an der Höhe der Ersatzforderung erhebliche Abstriche vorgenommen. Begründung : Nach — wie von ihr behauptet — sach- und fachgerechter Reparatur könne die Klägerin nicht mehr auf Gutachtenbasis abrechnen; trotz entsprechender gerichtlicher Hinweise habe sie zu den tatsächlichen entstandenen Kosten nicht vorgetragen, so dass ihr insoweit Ansprüche nicht zustünden.

Die Berufung dagegen hatte beim OLG Schleswig Erfolg. Das führt im OLG Schleswig, Urt. v. 17.11.2016 – 7 U 20/16 – u.a. aus:

„Im Ansatz zutreffend hat das Landgericht im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3. Dezember 2013 (VI ZR 24/13) ausgeführt, dass sich der ersatzfähige Kraftfahrzeugsachschaden nach sach- und fachgerecht durchgeführter Reparatur auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung (wie hier) auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten beläuft bzw. beschränkt.

…..

Abgesehen einmal davon, dass nach Auffassung des Landgerichts das Vorbringen der Klägerin dazu unsubstanziiert war (S. 8 unten des angefochtenen Urteils), handelt es sich bei den in einem Schadengutachten ausgewiesenen (voraussichtlichen) Reparaturkosten ersichtlich um eine – wenn auch fundierte – Schadenschätzung.

Diese ist nicht zu verwechseln mit dem zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag i. S. v. § 249 Abs. 2 5, 1 BGB. Dieser beläuft sich (BGH a. a. o. juris Rn 12) vielmehr auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten, wenn der Geschädigte sein Kraftfahrzeug Sachschaden sach- und fachgerecht in dem Umfang reparieren lässt, den der eingeschaltete Sachverständige für notwendig gehalten hat.

Welches der „erforderliche Geldbetrag“ i. S. v. § 249 Abs. 2 S, 1 BGB ist, ist somit nicht (nur) Tatsachenfrage, sondern auch und insb. eine Rechtsfrage.

Nichts anderes ergibt sich auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2016 (VI ZR 491/15), auf die die Parteien hingewiesen worden sind. In jener Entscheidung hat der BGH (bezogen auf die Kosten eines Sachverständigengutachtens) ausgeführt (a. a, o., juris Rn 19), dass nicht der vom Sachverständigen in Rechnung gestellte Betrag als solcher, sondern allein der vom Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand ein Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages i. S. v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bildet.

Mit anderen Worten: Hätte die Klägerin – wie ihr vom Landgericht aufgegeben – die entsprechenden Rechnungen vorgelegt, hätte sich ggf. ein höherer zu ersetzender „erforderlicher Geldbetrag“ ergeben.“

OLG Schleswig: TraffiStar S 350 ist/bleibt (?) ein standardisiertes Messverfahren

Poliscan Speed - RadarIch habe gerade erst über das AG Stralsund, Urt. v. 07.11.2016 –  324 OWi 554/16 – berichtet (vgl. Mal wieder TraffiStar S 350, oder: „Du bist nicht mehr standardisiert“),  da werde ich auf den etwa zeitgleich ergangenen OLG Schleswig, Beschl. v. 11.11.2016 – 2 SsOWi 161/16 (89/16) – aufmerksam gemacht, den ich dann heute hier gleich vorstelle. Auch er hat eine Messung mit Traffistar S 350 zum Gegenstand. Das OLG hebt wegen nicht ausreichender Feststellungen auf. Es geht in der Entscheidung dann aber den Weg, den auch schon andere OLG  gegangen sind, nämlich: Zulassung durch die PTB ist ein antizipiertes Sachverständigengutachten (vgl. dazu z.B. hier:OLG Bamberg: Mit „Klauen und Zähnen“ für Riegl FG21-P, oder: Die PTB als „antizipierter Sachverständiger“).  Aber es vermisst ausreichende Feststellungen des AG:

„Zwar stellt das Urteil fest, dass das Gerät Jenoptik Robot Traffistar S 350 durch den Landesbetrieb Mess- und Eichwesen NRW am 28. August 2015 mit Gültigkeit bis Ende 2016 geeicht worden ist (UA S. 3), dass die Inbetriebnahme der Messanlage entsprechend den Richtlinien des Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig (PTB) sowie entsprechend der derzeit gültigen Gebrauchsanweisung des Herstellers durch geschultes Bedienpersonal erfolgte (UA S. 4) und, dass bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 129 km/h ein Toleranzabzug von 4 km/h vorgenommen wurde (UA S. 3).

Allerdings wird weder mitgeteilt, mit welchem Messverfahren die Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt worden ist, noch lässt sich dem Urteil entnehmen, ob der Amtsrichter angenommen hat, es handele sich dabei um ein standardisierten Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHSt. 39,291 ff).

Insbesondere wird weder aus den Urteilsgründen selbst noch den weiteren in Bezug genommenen Unterlagen deutlich, ob der Amtsrichter angenommen hat, Gerät und Messverfahren seien von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassen, wofür einiges spricht (vgl. den Internetauftritt der PTB https://www.ptb.de/cms/ptb/fachabteilungen/abt1/fb-13/ag-131/geschwindigkeitsueberwachungsgeraete.html Stichpunkt Laserscanner).

Ist dies der Fall, dann hat die PTB mit der Zulassung im Wege eines Behördengutachtens (antizipiertes Sachverständigengutachten) zugleich erklärt, dass bei dem zugelassenen Gerät ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren vorliegt, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (sog. „standardisierte Messverfahren“; ständige Rspr. der Obergerichte vgl. OLG Düsseldorf Beschluss vom 14.07.2014 – IV-1 RBs 50/14, 1 RBs 50/14 m.w.N.). Die Zulassung erfolgt dabei nur, wenn das Messgerät die umfangreichen Testreihen erfolgreich durchlaufen hat, bei denen die PTB das Messgerät auch unter atypischen Verkehrsszenarien auf seine Störungsresistenz prüft. Die Art der Verwendung und der zulässige Verwendungsaufbau werden von der PTB bei der Zulassung vorgegeben (OLG Frankfurt, Beschluss vom 04. Dezember 2014 – 2 Ss-OWi 1041/14, 2 Ss OWi 1041/14 -, Abs. 15, 16, juris).

Ist ein Messgerät von der PTB zugelassen und ist das Messgerät im Rahmen der Zulassungsvorgaben verwendet worden, ist das Tatgericht grds. von weiteren technischen Prüfungen, insbesondere zur Funktionsweise des Messgeräts, enthoben. Die Zulassung durch die PTB ersetzt diese Prüfung. Damit soll erreicht werden, dass bei den Massenverfahren im Bußgeldbereich nicht jedes Amtsgericht bei jedem einzelnen Verfahren die technische Richtigkeit der Messung jeweils neu überprüfen muss. Ist die Messung im Rahmen der Zulassung erfolgt, – derzeit nach Maßgabe der PTB-Anforderungen (PTB-A) 18.11 vom Dezember 2013 -, kann ein Gericht daher grundsätzlich von der Richtigkeit der Messung ausgehen OLG Frankfurt aaO.).

Nur wenn im Einzelfall konkrete Tatsachen dem Gericht gegenüber vorgetragen werden, die geeignet sind, Zweifel an der Richtigkeit des zur Verhandlung stehenden konkreten Messergebnisses aufkommen lassen, kann das Tatgericht sich veranlasst sehen, diese Zweifel durch die Bestellung eines Sachverständigen nach §§ 73 ff StPO zu verifizieren, der dann die konkrete Messung zu überprüfen hat (OLG Frankfurt aaO, Abs. 18; Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2014 – 2 SsOWi 162/14 (75/14) -, SchlHA 2015, 344; Senat, Beschluss vom 14. November 2013 – 2 SsOWi 145/13 (65/13)).“

Was man vermisst in dem Beschluss? Eine – ausdrückliche – Stellungnahme des OLG zu der Frage, ob nachdem es eine PTB-Zulassung nunmehr nicht mehr gibt, sondern nach § 6 Abs. 3 Satz 1 MessEG die Konformitätsbewertung/-erklärung maßgebend ist – was hier bei diesem Messverfahren der Fall ist – das Auswirkungen auf das standardisierte Messverfahren hat. Der 54. VGT hatte im Januar 2016 dazu übrigens empfohlen, bei Inverkehrbringen neuer oder veränderter Geschwindigkeitsmessgeräte die Rechtsprechung zum „standardisierten Messverfahren“ vorerst nicht anzuwenden.

Na ja, vielleicht äußert sich dann ja doch mal irgendwann der BGH dazu.

Die Fahrschulfahrt mit Motorrad – und die Haftung des Fahrlehrers

entnommen wikimedia.org Urheber:  Wiki-text

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Der Fahrlehrer hat vor einiger Zeit die Rechtsprechung bis hin zum BGH beschäftigt, nämlich mit der Frage, ob er Fahrzeugführer i.S. des § 23 Abs. 1a StVO – Handyverbot im Straßenverkehr – ist oder nicht (vgl. dazu der BGH, Beschl. v. 23.09.2014 – 4 StR 92/14 und Der Fahrlehrer und sein Mobiltelefon: Yes, he can.). Vor kurzem ist dann eine Entscheidung des OLG Schleswig über die Ticker gelaufen, die sich mit Sorgfaltspflichten des Fahrlehrers beim Motorradunterricht befasst. Es ging um die Klage eines 44-jährigen Fahrschülers. Der war während der dritten Doppelstunde mit dem Motorrad auf Überlandfahrt, als sich  in einem Kreisverkehr ein Unfall ereignete. Der Fahrschüler hatte die Kupplung zu schnell kommen lassen und war über die Mittelinsel in den Gegenverkehr gefahren. Er verklagte seinen  Fahrlehrer und hat beim OLG Schleswig im OLG Schleswig, Urt. v. 11.03.2016 – 17 U 112/14 – Recht bekommen.

Dazu die Leitsätze der Entscheidung:
  1. Beim Motorradfahrunterricht hat der Fahrlehrer angesichts seiner verminderten Einwirkungsmöglichkeiten auf den Fahrschüler in besonderem Maße darauf zu achten, dass der Fahrschüler an anspruchsvollere Aufgaben des Fahrunterrichts erst dann herangeführt wird, wenn er bei den Grundübungen Sicherheit erlangt hat. Kommt es zu krisenhaften Situationen („Beinaheunfall“), muss der Fahrunterricht nötigenfalls einen Schritt zurück gehen.
  2. Der Fahrunterricht und dessen Inhalte sind zu dokumentieren. Unterbleibt eine Dokumentation oder ist sie in erheblichem Maße unvollständig, wird eine schuldhafte Verletzung der Ausbildungspflichten vermutet.

Das OLG geht auf der Grundlage des OLG Hamm, Urt.v. 30.01.2004 davon aus:

„Der Fahrlehrer muss darauf achten, dass keine Überforderung des Schülers vorliegt (OLG Hamm, NJW-RR 2004, 1095). Der Fahrlehrer darf einen Motorradfahrschüler erst nach ausreichender Vorbereitung auf Fahrsituationen, wie sie sich dem Motorradfahrer auf öffentlichen Straßen stellen, am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen lassen. Er darf dem Fahrschüler keine Aufgaben stellen, die dieser nicht oder noch nicht meistern kann, weil sie seinem Ausbildungsstand und seinen Fähigkeiten nicht oder noch nicht entsprechen (OLG Rostock, DAR 2005, 32 f.). An die Einhaltung der Pflichten des Fahrlehrers ist zum Schutze der Fahrschüler ein strenger Maßstab anzulegen (BGH NJW 1969, 2197). Da die Eingriffsmöglichkeiten des Fahrlehrers im Rahmen der Motorradausbildung vergleichsweise begrenzt sind, hat der Fahrlehrer die Pflicht, den Motorradschüler nur mit ausreichender Vorbereitung in den öffentlichen Verkehr zu schicken und den Schwierigkeitsgrad der Ausbildung nur sehr behutsam zu steigern (OLG Rostock a.a.O.; KG NZV 2004, 93). Der Fahrlehrer hat darauf zu achten, dass der Fahrschüler das Motorrad ausreichend beherrscht. Kriterium für das Maß der Überwachungspflichten ist der jeweilige Ausbildungsstand.“

P.S.: Ich weiß, Bild passt nicht, aber ich habe kein passenderes gefunden 🙂 .

E-Scooter: In Kiel muss der Bus mich mitnehmen….

entnommen wikimedia.org - gemeinfrei

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Am heutigen Samstag will ich dann – entgegen den sonstige Gepflogenheiten – mal drei Entscheidungen bringen. Immerhin stehen ja in der nächsten Woche vier arbeitsfrei Tage an. Da kann man dann vorher mal etwas mehr tun.

Im letzten Posting weise ich dann hin auf das OLG Schleswig, Urt. v. 11.12.2015 – 1 U 64/15. Es behandelt eine Problematik, zu der ich hier auch schon zweimal gepostet hatte, nämlich die Frage der Mitnahme/Beförderung von Escootern in Bussen des ÖPNV (vgl. VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 23.01.2015 – 7 L 31/15 und dazu E-Scooter versus ÖPNV – muss der Bus mich mitnehmen? und der OVG Münster, Beschl. v. 15.06.2015 – 13 B 159/15 und dazu E-Scooter versus ÖPNV – der Bus muss ihn nicht mitnehmen). Das OLG Schleswig hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Kieler Verkehrsgesellschaft unterschiedslos alle E-Scooter von der Beförderung in den Bussen des öffentlichen Personennahverkehrs ausschließen darf. Eingeleitet worden war das einstweilige Verfügungsverfahren vom Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V., nachdem die KVG im Februar 2015 angekündigt hatte, entgegen ihrer bisherigen Praxis künftig keine E-Scooter mehr in Bussen mitzunehmen.

Das OLG Schleswig sieht das als unzulässig an. Die KVG dürfe nicht unterschiedslos alle E-Scooter von der Beförderung in den Bussen des öffentlichen Personennahverkehrs ausschließen. Sie benachteilige damit in unzulässiger Weise Menschen mit Behinderung. Es werde damit gegen § 19 AGG verstoßen. Ein sachlicher Grund für das pauschale Verbot liege – so das OLG – nicht vor, insbesondere rechtfertigten die von der KVG vorgetragenen Sicherheitsbedenken nicht den Beförderungsausschluss von allen E-Scootern. E-Scooter würden zum großen Teil durch Körperbehinderte genutzt. Der Begriff der Behinderung in § 19 AGG erfasse auch eine eingeschränkte Gehfähigkeit, die zur Nutzung eines E-Scooters zwinge, ohne dass es auf einen anerkannten Grad der Behinderung ankommt. Es gebe kein gesetzliches Verbot des Transports von E-Scootern in Bussen.

Zwar kann nahc Auffassung des OLG eine Ungleichbehandlung dann gerechtfertigt sein, wenn sie zur Vermeidung von Gefahren oder Verhütung von Schäden dient. Das hatte die KVG aber nicht glaubhaft gemacht.

Alles nachzulesen im Volltext des OLG Schleswig, Urt. v. 11.12.2015 – 1 U 64/15, das mir der Kollege Lars Rieck zur Verfügung gestellt hat. Ihm und dem Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. herzlichen Dank.