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Nebenkosten(abrechnung) auch im Strafvollzug

Wasserkocher„Auch Kleinvieh macht Mist“, und zwar sowohl für denjenigen, der einen nur kleinen Geldbetrag immer wieder zahlen, als auch für denjenigen, der Leistungen, die an sich nicht viel kosten, kostenfrei zur Verfügung stellen muss. Das weiß jeder, der sich insbesondere auch mit Nebenkosten im Mietrecht befassen muss. Das wird dann häufig um kleine/kleinste Beträge heftig gestritten. Und mit so einem Streit um „Nebenkosten“ hat auch der OLG Naumburg, Beschl. v. 30.01.2015 – 1 Ws (RB) 36/14 – zu tun, allerdings mit einer Besonderheit. Es geht um „Nebenkosten“ im Strafvollzug bzw. um die Frage, ob einem Gefangenen der Strom zum Betreiben (s)eines Wasserkochers und (s)eines Fernsehens kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss. Darum hatten sich ein Gefangener und die JVA, in der er seine Strafe verbüßte, gestritten. Die Sache ist dann zum OLG gekommen und das OLG Naumburg meint – hier die Leitsätze:

  1. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Bedürfnisse eines Strafgefangenen deckt die Benutzung eines Gerätes zur Zubereitung von heißem Wasser, etwa Wasserkocher oder Kaffeemaschine, sowie eines Radios und eines Fernsehgerätes über die bereits von der Justizvollzugsanstalt kostenlos zur Verfügung gestellte elektrische Energie zur Nutzung eines Elektrorasierers und einer elektrischen Zahnbürste hinaus den durch das Existenzminimum gesicherten Grundbedarf des Gefangenen.
  2. Die Gewährung effektiven Grundrechtsschutzes gebietet jedoch nicht grundsätzlich die kostenlose Zurverfügungstellung von elektrischer Energie durch die Justizvollzugsanstalt. Diese ist vielmehr berechtigt, sowohl das Bedürfnis nach heißem Wasser oder aber nach Information anderweitig zu befriedigen, soweit den Gefangenen eine Nutzung im zureichenden Maße möglich ist.

Im entschiedenen Fall gab es den Strom dann aber kostenfrei:

„Eine solche effektive Gewährung des Grundbedarfs der Strafgefangenen ist dann nicht mehr gegeben, wenn anhand der konkreten Ausgestaltung der Gemeinschaftsnutzung von Küchen und Fernsehgeräten durch die Antragsgegnerin festzustellen ist, dass den Gefangenen eine Nutzung nicht in zureichendem Maße möglich ist. Dies ist vorliegend der Fall.

Die durch das Landgericht festgestellten Nutzungsmöglichkeiten der Gemeinschaftseinrichtungen durch die Strafgefangenen in der Justizvollzugsanstalt … decken den Grundbedarf der Gefangenen nicht, soweit eine Nutzung nur zu den Aufschlusszeiten möglich ist. Diese würden zwar nach Auffassung des Senats zwischen Montag und Freitag ausreichen, soweit eine Nutzung des Gemeinschaftsfernsehens hier zwischen 10:00 und 11:00 Uhr, zwischen 14:45 und 17:00 Uhr und zwischen 18:00 und 21:00 Uhr und darüber hinaus eine Küchenbenutzung bereits ab 6:00 Uhr möglich ist. Am Wochenende genügen die Möglichkeiten der Benutzung der Gemeinschaftseinrichtungen jedoch nicht mehr zur Deckung des Grundbedarfs. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist hier eine Küchennutzung nicht uneingeschränkt und nur bis 18:00 Uhr möglich. Auch die Benutzung des Gemeinschaftsfernsehgerätes ist nur zwischen 9:00 und 11:00 Uhr und zwischen 14:00 und 18:00 Uhr möglich. Das Landgericht hat hier zu Recht festgestellt, dass diese Zeiträume nicht genügen, den Grundbedarf der Gefangenen effektiv zu decken. Tatsächlich wären die Strafgefangenen bei einer ausschließlichen Benutzung des Gemeinschaftsfernsehgerätes von wesentlichen Informationsquellen ausgeschlossen, soweit ihnen die Möglichkeit genommen ist, wesentliche Bestandteile des Fernsehprogramms, etwa die Hauptnachrichtensendungen, zu sehen.

Gleiches gilt für eine Küchennutzung nur zu den Aufschlusszeiten, soweit die Gefangenen nach den Feststellungen des Landgerichts Mahlzeiten für den jeweiligen Abend und den nachfolgenden Morgen zumindest am Wochenende bereits zum Mittag bekommen und diese dann in den durch die Antragsgegnerin im Haftraum zur Verfügung gestellten Kühlschrank aufbewahren. Eine Beschränkung der Möglichkeit heißes Wasser nach 18:00 Uhr und vor 9:00 Uhr zuzubereiten, schränkt die Gefangenen hier aber über Gebühr ein.

Soweit eine ausreichende Benutzung der Gemeinschaftseinrichtungen durch die Antragsgegnerin nicht gewährleistet ist, steht den Strafgefangenen jedoch ein Anspruch auf kostenlose Bereitstellung von elektrischer Energie zu, um einen effektiven Grundrechtsschutz zu gewährleisten.“

„…unzulängliche Kenntnis des Vorsitzenden der Strafkammer vom Akteninhalt.“ ist kein Wiederaufnahmegrund

© Avanti/Ralf Poller - Fotolia.com

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Bei manchen Postings muss ich ewtas länger überlegen, um eine „Headline“ zu finden, die ins Auge fällt und das Interesse des (potentiellen) Lesers weckt. Beim OLG Naumburg, Beschl. v. 13.04.2015 –  2 Rv 42/15 – war das indes nicht der Fall. Da war die Tendenz in der „Headlinie“ von vornherein klar. Denn: Wann liest man schon mal so deutlich in einem obergerichtlichen Beschluss Kritik am LG-Strafkammervorsitzenden, indem „unzulängliche Kenntnis des Vorsitzenden der Strafkammer“ vom Akteninhalt vom OLG moniert wird. So eben das OLG Naumburg zu einem Beschluss einer kleinen Strafkammer des LG Magdeburg. Dort hatte der Vorsitzende der Strafkammer in der Hauptverhandlung das Verfahren gegen den Angeklagten nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, am nächsten Tag dann aber mitgeteilt, er wolle wieder aufnehmen und dann die Hauptverhandlung durchgeführt und mit einem Urteil abgeschlossen. So nicht, sagt das OLG Naumburg:

Das Verfahren wurde wieder aufgenommen, weil der Vorsitzende in der Hauptverhandlung den Akteninhalt teilweise nicht gekannt hatte. Dies ist kein zulässiger Wiederaufnahmegrund.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift an den Senat vom 23. März 2015 ausgeführt:

„Das Landgericht Magdeburg hat mit Beschluss vom 29.10.2014 das Verfahren wirksam gemäß §§ 154 Abs. 2i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO eingestellt im Hinblick darauf, dass die Strafe, zu der die Verfolgung führen kann, neben den Strafen, die der Angeklagte in den Verfahren der Staatsanwaltschaft Magdeburg 235 Js 6541/14 und 778 Js 16752/14 zu erwarten habe, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt. Der gerichtliche Einstellungsbeschluss hat nach § 154 Abs. 2 StPO eine beschränkte materielle Rechtskraft (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, § 154 Rn. 17) und beendet die gerichtliche Anhängigkeit (vgl. OLG Celle, Urteil vom 04.04.1984, 1 Ss 117/84 – zitiert nach juris).

Mit der Einstellung durch Gerichtsbeschluss gemäß § 154 Abs. 2 StPO entsteht ein in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis, das nur durch einen förmlichen Wiederaufnahmebeschluss nach § 154 Abs. 5 StPO beseitigt werden kann (vgl. BGH NStZ 2007, 476).

Zwar hat das Landgericht Magdeburg nach Anhörung des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft der Sache nach einen Wiederaufnahmebeschluss gefasst. Entgegen dem Vortrag des Revisionsführers schließt § 154 Abs. 4 StPO eine Wiederaufnahme bereits vor rechtskräftigem Abschluss des anderen Verfahrens auch nicht aus (vgl. KK-Diemer, StPO, 7. Aufl. 2013, § 154 Rn. 30).

Da aber die Wiederaufnahme nur zulässig ist, wenn die Grundlage des Einstellungsbeschlusses nachträglich wegfällt und das Gesetz die Wiederaufnahme des Verfahren nur unter den in § 154 Abs. 4 StPO genannten Voraussetzungen zulässt, wird trotz Vorliegen eines Wiederaufnahmebeschlusses das Verfahrenshindernis nicht beseitigt, wenn die materiellen Voraussetzungen für die Wiederaufnahme nicht vorliegen [vgl. BGH NStZ-RR 2007, 83; KG Berlin Beschluss vom 19.03.2009, (4) 1 Ss 98/09 – zitiert nach juris].

So ist es hier. Zwar ist anerkannt, dass § 154 Abs. 4 StPO die zur Wiederaufnahme führenden Gründe nicht abschließend enthält und dass sowohl Einstellung als auch Wiederaufnahme jeweils eine Ermessensentscheidung des mit der Sache befassten Gerichts darstellt und sich daher hinsichtlich ihrer konkreten Grundlagen naturgemäß weitgehend einer gerichtlichen Überprüfung entziehen (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1985, 39).

Im Hinblick auf die beschränkte Rechtskraft und die unter Umständen auch Vertrauen erweckende Befriedungsfunktion der Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO bedarf es aber für die Aufnahme eines nach Abs. 2 der Norm eingestellten Verfahrens eines sachlich einleuchtenden Grundes (KK-Diemer a. a. O.).

Auch wenn der Wiederaufnahmebeschluss vom 30.10.2014 keine Begründung enthält, ergibt sich aus dem Verfahrensgang und der Verfügung des Vorsitzenden der 8. Strafkammer vom 30.10.2014 (Bd. I Bl. 147 d.A.) zweifelsfrei, dass das Gericht die Wiederaufnahme des Verfahrens beschlossen hat, weil es durch den mit der Sache in 1. Instanz befassten Strafrichter darauf hingewiesen worden ist, dass sich aus den Akten bereits ergebe, dass es sich bei der Einlassung des Angeklagten um widerlegbare „Schutzbehauptungen “ handele.

Die vorliegend unzulängliche Kenntnis des Vorsitzenden der Strafkammer vom Akteninhalt stellt einen solchen sachlichen Grund für die Wiederaufnahme aber nicht das. Bereits aus dem amtsgerichtlichen Urteil folgte, dass sich in der dortigen Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte für mögliche Exspektanzen des Angeklagten ergeben haben. Das weiter angeführte Schreiben der Stadtsparkasse Magdeburg vom 06.06.2014 befand sich ebenfalls in der Akten (Bd. 1 BI. 94 d. A.).

Die zur Wiederaufnahme herangezogenen Umstände hätte das Landgericht Magdeburg im Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung sämtlich kennen können.“

Dazu zwei Dinge – zu der „unzulänglichen Aktenkenntnis“ muss man m.E. nichts ausführen:

  1. Eingestellt worden ist auf Antrag der Staatsanwaltschaft, wiederaufgenommen worden ebenfalls mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft. Dort kann man also die Akteninhalt offenbar auch nicht.
  2. Wiederaufnahme durch das LG, weil „weil es durch den mit der Sache in 1. Instanz befassten Strafrichter darauf hingewiesen worden ist, dass sich aus den Akten bereits ergebe, dass es sich bei der Einlassung des Angeklagten um widerlegbare „Schutzbehauptungen “ handele“. Der Amtsrichter kannte den Akteninhalt also. Allerdings erschließt sich mir nicht, wieso er den Vorsitzenden der Berufungskammer „hinweist“. „Großer Senat“ bei der Kaffeerunde?

Indizien gegen einen fingierten Unfall (Unfallmanipulation)

entnommen wikimedia.org Author Harald Wolfgang Schmidt at de.wikipedia

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Author Harald Wolfgang Schmidt at de.wikipedia

Vorab: Die Überschrift hieß erst: „Indizien gegen einen „getürkten“ Unfall“. Dann ist mir aber noch rechtzeitig eingefallen, dass ich ja gerade erst zu dem Posting: Immer wieder: Getürkter Unfall – hier eine Checkliste – die Diskussion hatte, dass „getürkt“ politisch nicht mehr korrekt ist . Die Diskussion brauche ich nicht schon wieder; mir hat in dieser Woche die um einen meiner Sonntagswitz – einen „Negerwitz“ – gereicht. Also habe ich aus dem „getürkten“ besser den „fingierten“ Unfall gemacht. Obwohl: „Getürkt“ ist knackiger, aber was soll es.

Zur Sache: Bislang hatte ich ja immer nur Urteile/Entscheidungen gefunden, in denen Indizien für einen fingierten Unfall enthalten waren. Nun bin ich auf das OLG Naumburg, Urt. v. 03.04.2014 – 4 U 59/13 gestoßen, das einige Indizien für, aber eben auch einige auflistet, die gegen eine Unfallmanipulation sprechen. Und das sind:

  • Unfallgeschehen am späten Vormittag auf einem belebten Parkplatz vor einem Einkaufzentrum
  • die beteiligten Fahrzeuge sind nach dem Unfall vor Eintreffen der Polizei nicht bewegt worde
  • der Geschädigte sein Fahrzeug vor einer Veräußerung dem Sachverständigen des gegnerisches Haftpflichtversicherers zur Begutachtung zur Verfügung gestellt hat.

150.000 € Schmerzensgeld, nach erheblichen Verletzungen/Folgen aufgrund eines Verkehrsunfalls

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Und als (zeitlich) Letztes aus dem „Kessel Buntes“ heute der Hinweis auf das OLG Naumburg, Urt. v. 10.07.2014 – 2 U 101/13, ergangen in einem „Schmerzensgeldverfahren“ nach einem Verkehrsunfall, bei dem eine 66-jährige Frau erheblich verletzt worden ist. Das OLG geht von einem Schmerzensgeld von 150.000 € aus. Das Urteil hat folgende Leitsätze:

„1. Mit dem auf eine unbeschränkte Klage zuzuerkennenden Schmerzensgeld werden nicht nur alle bereits eingetretenen, sondern auch alle erkennbaren und objektiv vorhersehbaren künftigen unfallbedingten Verletzungsfolgen abgegolten. Weiter gehende Ansprüche aufgrund von nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eintretender, objektiv nicht vorhersehbarer immaterieller Schäden können durch einen Antrag auf Feststellung der Einstandpflicht für künftige immaterielle Schäden aufgrund des Urteils geltend gemacht werden.

2. Schmerzensgeld in Höhe von 150.000,00 €
bei 100%iger Haftung aufgrund eines Verkehrsunfalls für eine 66-jährige Frau,
Verletzungen: u. a. Schädel-Hirn-Trauma mit intrakranieller Blutung, nicht dislozierte Dens-Fraktur, Effendi-II-Fraktur, Thoraxkontusion, Beckenschaufelfraktur links;
Behandlung: 1 Monat stationär, mehr als 4 Monate neurologische Frührehabilitation;
Implantation eines Shuntsystems unter die Schädeldecke zur Ableitung des Hirnwassers
Dauerfolgen: armbetonte Halbseitenlähmung rechts; erhebliche Hirnleistungsdefekte und kognitive Leistungseinbußen, Gedächtnisdefizite, psychomotorische Verlangsamung, bleibendes Angewiesensein auf die Hilfe Dritter, grundlegende Antriebslosigkeit

3. Erheblicher Schmerzensgeldaufschlag wegen des ungebührlich zögerlichen Regulierungsverhaltens.“

Gehts noch? Nur 15 Minuten Stellungnahmefrist sollen rechtliches Gehör sein?

entnommen wikimedia.org  Urheber Ulfbastel

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Urheber Ulfbastel

Manche Entscheidungen sind so „schön“, dass ich sie nicht lange in meinem Blogordner hängen lassen will. So der OLG Naumburg, Beschl. v. 26.08.2014 – 105 SsBs 82/14 (2 Ws 174/14) -, den mir der Verteidiger bzw. das Verteidigerbüro des Betroffenen erst gestern übersandt hat. Wenn man ihn liest, ist man schon – gelinde ausgedrückt – erstaunt und fragt man sich, was das eigentlich sollte, was das AG da „veranstaltet“ hat.

Die Verteidigerin hatte im Bußgeldverfahren den Amtsrichter am Tag vor der Hauptverhandlung abgelehnt. Am Tag der Hauptverhandlung erhält er dann die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters per Fax übersandt – mit einer Stellungnahmefrist von 15 Minuten (!!!!). Die Verteidigerin „überschreitet“ diese Frist um 5 Minuten. Zu dem Zeitpunkt war dann aber das Ablehnungsgesuch bereits als unbegründet verworfen worden. Dann wird der Einspruch des Betroffenen nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Der Betroffene rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und erhält beim OLG Recht:

Der Betroffene hat den erkennenden Richter am 11. Juni 2014 wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit Fax vom 12. Juni 2014, welches 8:29 Uhr vom Amtsgericht Dessau-Roßlau versandt wurde und 8.35 Uhr bei der Verteidigerin einging, wurde dieser die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters mit einer Stellungnahmefrist von 15 Minuten übersandt. Diese hat mit Fax vom 12. Juni 2014 8.55 Uhr hierzu Stellung genommen. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch bereits der Beschluss des Amtsgerichts Dessau-Roßlau ergangen, der das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückwies. Dieser Beschluss wurde vom Amtsgericht Dessau-Roßlau um 8.53 Uhr per Fax versandt.

Die Stellungnahmefrist von 15 Minuten zur dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters war unangemessen und verletzt den Betroffenen in seinem Recht auf rechtliches Gehör. Im Gegensatz zur Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft kann der Senat — im Hinblick auf die beachtlichen Argumente die der Betroffene bereits zur Begründung seines Ablehnungsgesuches vorgebracht hatte — nicht ausschließen, dass das Ablehnungsgesuch — bei Berücksichtigung der Stellungnahme seiner Verteidigerin — Erfolg gehabt hätte. Insofern beruhen die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch sowie die spätere Entscheidung zur Verwerfung des Einspruches auf diesem Gehörsverstoß. infolge dessen war das Urteil des Amtsgerichts Dessau-Roßlau vom 12. Juni 2014 aufzuheben.

Hintergrund der Geschichte ist/war ein „Kampf“ um die Terminsverlegung. Also ist die „knappe“ Fristsetzung im Grunde eine Retourkutsche. Was das OLG vom Vorgehen des Amtsrichters hält, ergibt sich dann zudem auch noch daraus, dass, was nicht so häufig ist, „der Senat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht [hat], die Sache gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 354 Abs. 2 S. 1 StPO an ein anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen.