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Hobelspäne als Streumittel? Das geht nicht…..

© Jan Jansen - Fotolia.com

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Ganz gut zur „Wintersaison“ passt das OLG Hamm, Urt. v. 24.11.2014 – 6 U 92/12 -, das sich mit der Räum- und Streupflicht befasst. Ein Räum- und Streupflichtiger hatte auf dem Gehsteig entlang seines Grundstücks nur mit Hobelspänen gestreut. Dort ist dann die Klägerin gestürzt und hat Schadensersatz geltend gemacht. Das OLG hat die Haftung des Räum- und Streupflichtigen dem Grunde nach anerkannt:

„Bei den Hobelspänen, die die Mitarbeiter der Beklagten zu 2) flächendeckend auf dem Gehweg ausgestreut hatten, handelte es sich nicht um ein Streumittel mit der erforderlichen abstumpfenden Wirkung. Die gegenteilige Feststellung des Landgerichts konnte der Entscheidung des Senats nicht gemäß § 529 ZPO zugrunde gelegt werden. Denn im angefochtenen Urteil ist schon nicht hinreichend dargelegt, worauf die die Eignung von Hobelspänen als Streumittel betreffende eigene Sachkunde des Landgerichts beruht. Der Senat hat daher das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. M vom 10.06.2013 eingeholt, das dieser am 24.10.2013 vor dem Senat mündlich erläutert und ergänzt hat. Dieses Gutachten hat ergeben, dass jedenfalls Hobelspäne von der Art, wie sie die Klägerin kurz nach dem Unfall sichergestellt hat und die auch dem Material entsprechen, das die Beklagten dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt haben, keine abstumpfende Wirkung entfaltet haben. Derartige Hobelspäne saugen sich mit Feuchtigkeit voll, so dass sie zu einer Art Eisflocken mit Rutscheffekt werden.“

Allerdings: Einen Teil ihres Schadens muss die Klägerin über § 254 BGB selbst tragen. Und den Anteil beziffert das OLG auf 50 %.

„Auf Seiten der Beklagten kann ein über leichte Fahrlässigkeit hinaus gesteigertes Verschulden nicht angenommen werden, zumal die Beklagten mit ihrer Vorstellung von der Eignung der Hobelspäne als Streumittel nicht völlig allein stehen. Aber auch der Klägerin kann nur ein leichter Verstoß gegen die gebotene Sorgfalt nachgewiesen werden. Vom Parkplatz bis zum Bestattungsunternehmen musste sie nur 40 m weit gehen und durfte bei Antritt ihres Weges grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Anlieger des Q-Weges ihrer Räum- und Streupflicht nachgekommen waren. Allerdings hatte sie schon auf dem Weg zum Unternehmen L4 erkannt, dass alles vereist war, und hatte daher den Bürgersteig gemieden. Sie war über die ihrer Darstellung nach „freigeregneten“ Spuren auf der Fahrbahn gegangen. Auf dem Rückweg war sie kurz vor ihrem Unfall nur wegen eines Pkw von der Fahrbahn auf den Gehweg gewechselt. Zu ihrem Eigenschutz wäre es geboten gewesen, die Vorbeifahrt des Pkw am Rande der Fahrbahn abzuwarten und den Weg dann auf dem freigeregneten Bereich der Fahrbahn fortzusetzen.“

„Ich habe mit dem Handy doch nur einen Hilfsdienst gesucht….“

© Mac Dax - Fotolia.com

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Nach der in Zusammenhang mit dem AG Waldbröl, Urt. v. 31.10.2014 – 44 OWI-225 Js 1055/14-121/14 – gestellten Frage: „Ist ein iPod ein Mobiltelefon?“ dann gleich noch eine Entscheidung zu der Thematik „Mobiltelefon“, nämlich den OLG Hamm, Beschl. v. 15.01.2015 – 1 RBs 232/14. In ihm ging es mal wieder um den Begriff der „Benutzung“ i.S. des § 23 Abs. 1a StVO, den das OLG weit auslegt und für Nutzung des Mobiltelefons als Navigationshilfe bzw. zur Internetabfrage bejaht, wenn das Mobiltelefon dafür in der Hand gehalten wird.

Der Senat schließt sich der obergerichtlichen Rechtsprechung an, dass auch die Nutzung der Navigationsfunktion des Mobiltelefons unter § 23 Abs. 1a StVO fällt. Der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat insoweit in seinem Beschluss vom 18. Februar 2013 (III-5 RBs 11/13, 5 RBs 11/13 – […]) zutreffend u.a. ausgeführt:

„Insbesondere das Oberlandesgericht Köln hat bereits in seinem Beschluss vom 26. Juni 2008 (81 Ss OWi 49/08 = NJW 2008, 3368, 3369) zutreffend ausgeführt, der Gesamtheit der obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 23 Abs. 1a StVO sei mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, dass auch die Nutzung der Funktion eines Mobilfunkgeräts als Navigationshilfe als unzulässig anzusehen sei. Denn die Nutzung des Geräts als Navigationshilfe beinhalte einen Abruf von Daten und stelle sich damit zugleich als „Benutzung“ dar. Ein derartiger Kommunikationsvorgang solle nach dem Willen des Gesetzgebers jedenfalls im Zusammenhang mit einem Mobiltelefon unterbleiben (so OLG Köln, a.a.O.).

Der Senat folgt dieser Argumentation. Denn der Begriff der Benutzung eines Mobiltelefons wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt. Eine Benutzung liegt nicht nur dann vor, wenn das Gerät zum Telefonieren verwendet wird, sondern auch bei jeder anderen bestimmungsgemäßen Verwendung von Bedienfunktionen (vgl. Senatsbeschluss vom 01. Februar 2012 – 5 RBs 4/12 – m. w. Nachw.). Die Frage der Benutzung eines Mobiltelefons i.S.d. § 23

Abs. 1a StVO beurteilt sich allein danach, ob das Gerät in der Hand gehalten wird oder nicht (vgl. bereits OLG Hamm, NZV 2003, 98) und die Handhabung des Geräts einen Bezug zu einer bestimmungsgemäßen Funktion desselben aufweist. Nach der gesetzgeberischen Intention der 33. Verordnung zur Änderung straßenrechtlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2000 (VBl. 2001, 8) soll die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO gewährleisten, „dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobiltelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat. Die Benutzung schließt neben dem Gebrauch im öffentlichen Fernsprechnetz sämtliche Bedienfunktionen ein“. Hierzu zählt auch die Verwendung der Navigationshilfe, weil jegliche Nutzung untersagt wird, soweit das Mobiltelefon – wie im vorliegenden Fall festgestellt – in der Hand gehalten wird, so dass der Fahrzeugführer nicht beide Hände für die Fahraufgabe frei hat, wodurch wiederum erhebliche Gefahren im Straßenverkehr entstehen können.“

Auch die Nutzung des Mobiltelefons für Abfragen über das Internet o.ä. fällt nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung unter § 23 Abs. 1a StVO (vgl. nur: OLG Hamm NZV 2003, 98).“

Nach den Empfehlungen des 53. VGT wird sich an der Stelle dann demnächst vielleicht etwas tun.

Strafantrag mit Faksimile-Unterschrift….

© Gina Sanders Fotolia.com

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Im OLG Hamm, Beschl. v. 18.12.2014 – 1 RVs 115/14 – spielte die Frage eine Rolle, ob im Strafantragsschreiben des Geschädigten die Schriftform gewahrt war. Denn das was nur mit einer Faksimile-Unterschrift unterzeichnet. Das OLG sagt: Ja:

„Ein wirksamer Strafantrag wurde gestellt. Zur Wahrung der Schriftform (§ 158 Abs. 2 StPO) im Strafantragsschreiben des geschädigten Verkehrsunternehmens reicht die vorhandene Faksimile-Unterschrift aus (Erb in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § § 158 Rdn. 31b; vgl. auch: Senatsbeschluss vom 03.07.2014 – III – 1 Vollz(Ws) 279/14). Es ist für andere Prozesshandlungen anerkannt, dass die Schriftform nicht unbedingt die eigenhändige Unterschrift gebietet. Vielmehr soll sie gewährleisten, dass Inhalt der Erklärung, Erklärender und fehlender bloßer Entwurfscharakter hinreichend deutlich werden (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes NJW 1980, 172, 174; KG NStZ 1990, 144 ). Etwas anderes kann auch nicht für das Strafantragserfordernis gelten. Aus dem Strafantragsschreiben gehen hier der Verfolgungswille, der Strafantragsteller und der fehlende Entwurfscharakter klar hervor.“

Zur Sicherheit und um solche Diskussionen zu vermeiden: Lieber Füller in die Hand nehmen.

Wie lange läuft ein Einschreiben mit Rückschein?

© Stefan Rajewski Fotolia .com

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Nicht nur im Strafverfahren ist die Frage von Bedeutung, welchen Zeitlauf man für die Zustellung eines Einschreibens bzw. für die Zustellung eines Einschreibens mit Rückschein ansetzen muss. Das kann, wenn es zu einer Fristversäumung gekommen ist, von erheblicher Bedeutung bei der Beantwortung der insoweit sich dann häufig stellenden Frage sein, ob der Verurteilte/Angeklagte oder sonstige Verfahrensbeteiligte auf den rechtzeitigen Zugang seines Schreibens vertrauen durfte. Damit hat sich vor kurzem das OLG Hamm im OLG Hamm, Beschl. v. 16.10.2014 – 3 Ws 357/14 – befasst. Es sieht die Dinge weiter als das OLG Frankfurt am Main es vor einiger Zeit getan hat, und zwar nach Auswertung der Homepage der Deutschen Post:

„Dem Beschwerdeführer war von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er ohne sein Verschulden gehindert war, die einwöchige Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde einzuhalten.

Mit Aufgabe seines Beschwerdeschriftsatzes vom 28. August 2014 am 1. September 2014 zur Post durfte er darauf vertrauen, dieses Schreiben werde das Landgericht Bielefeld noch am nächsten Tag erreichen; dies wäre rechtzeitig gewesen.

Hierbei handelt es sich auch nicht um eine nicht schutzwürdige, bloße Hoffnung auf den rechtzeitigen Zugang. Denn ausweislich der frei im Internet abrufbaren Antworten auf häufig gestellte Fragen von Kunden der Deutschen Post gilt für die Zustellung eines Einschreibens ebenso wie für die Zustellung eines Einschreibens mit Rückschein die Laufzeitvorgabe E+1 (1 Tag nach Einlieferung). Diese Vorgabe wird an anderer Stelle dahin konkretisiert, dass sie zeige, „wie viele Briefe aus Ihrer Region bundesweit einen Tag nach Einlieferung in unser Logistiknetz beim Empfänger zugestellt werden“. Für die Region „58 Hagen“, in der der Beschwerdeführer wohnt (…# T), gibt die Deutsche Post einen Anteil von 94 % für die Laufzeitvorgabe E+1 an. Bei einem derart hohen Anteil wird die Erwartung begründet, dass diese Laufzeit eingehalten wird; es kann danach grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass, wenn keine Besonderheiten vorliegen, Postsendungen, die an einem Werktag aufgegeben werden, am folgenden Werktag beim Empfänger eingehen ( so schon Senat, Beschluss vom 19. April 2010, III-3 Ws 179, 180/10 (juris); Beschluss vom 17. Februar 2009, 3 Ws 37, 38/09, NJW 2009, 2230 jeweils für eine Quote von 95 %).

Nachdem – wie ausgeführt – die Deutsche Post zumindest gegenwärtig ausdrücklich weder für Einschreiben noch für Einschreiben mit Rückschein eine andere Quote benennt, besteht keine Rechtfertigung zu einer abweichenden Beurteilung bei diesen Übersendungsarten aufgrund von besonderen Kontrollen, denen eine solche Sendung unterliege (so noch OLG Frankfurt, Beschluss vom 7. Dezember 2010, 3 Ws 1142/10, NStZ-RR 2011, 116 sowie KG, Beschluss vom 10. Mai 2005, 3 Ws 186/05, NStZ-RR 2006, 142).“

Wer lügt, bekommt keine PKH

HammerWer lügt, bekommt keine PKH. So lässt sich der OLG Hamm, Beschl. v. 14.11.2014 – 9 U 165/13 – kurz und knapp zusammenfassen. Ergangen ist er in einem Verfahren, in dem der Kläger eine Schadensersatzklage gegen einen Unfallgegner anhängig gemacht hatte, der ihm angeblich auf seinen Pkw aufgefahren sein sollte. Also ein „manipulierter Unfall“. Für das Verfahren war dem Kläger PKH gewährt worden. Die ist vom OLG jetzt widerrufen worden, nachdem sich im Verfahren herausgestellt hatte, dass der Kläger den Unfall selbst provoziert hat. Die Klageabweisung ist rechtskräftig. Zum Widerruf der PK, der für die 1. und die Berufungsinstanz erfolgte, führt das OLG aus:

„Das Gericht kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufheben, wenn die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat. Als Gericht der Hauptsache kann der Senat auch über die Aufhebung der Bewilligung der in erster Instanz gewährten Prozesskostenhilfe entscheiden.

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