„Hier mangelt es, wie die Rechtspflegerin zutreffend ausgeführt hat, an einer von ihm unterzeichneten Berechnung.
Normzweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG ist die Übernahme der Verantwortung für die Richtigkeit der Berechnung in strafrechtlicher (§ 352 StGB), zivilrechtlicher und berufsrechtlicher Hinsicht durch den Rechtsanwalt. Der Inhalt der Berechnung muss durch die Unterschrift des Rechtsanwalts gedeckt sein. Ein Faksimilestempel oder ein Handzeichen reichen als Unterschrift nicht aus (BeckOK RVG/v. Seltmann, 57. Ed. 1.9.2021, RVG § 10 Rn. 6 f.). Insoweit handelt es sich um dieselben Voraussetzungen des Schriftformerfordernisses des § 126 Abs. 1 1. Fall BGB, wonach eine Unterzeichnung durch eigenhändige Namensunterschrift des Ausstellers erforderlich ist (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl. 2021, § 10 Rn. 5, 11).
Vorliegend befindet sich die Kostenaufstellung allein in dem aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) des Antragstellers mit einfacher Signatur versehenen, an das Landgericht versendeten Schriftsatz vom 30. Dezember 2021 im Festsetzungsverfahren (Bl. 123 GA). Diese Übermittlung genügt zwar den prozessualen Anforderungen des § 130a ZPO an die elektronische Einreichung von Schriftsätzen: Gemäß § 130a Abs. 3 2. Alt. i.V.m Abs. 4 Nr. 2 ZPO kann anstatt der Übermittlung des elektronischen Dokuments mit einer qualifizierten elektronischen Signatur auch dessen (einfache) Signatur durch die verantwortende Person und die Übersendung auf einem sicheren Übermittlungsweg, wie dem beA erfolgen.
Diese auf die Abgabe prozessualer Erklärungen beschränkte Vorschrift berührt die förmlichen Voraussetzungen für die Abgabe von materiellrechtlichen Erklärungen allerdings nicht (BeckOK ZPO/von Selle, 46. Ed. 1.9.2022, § 130a Rn. 6 f.; Ehrmann/Streyl, NZM 2019, 873, 875 f. beck-online). So sieht § 126a Abs. 1 BGB ausdrücklich und unverändert vor, dass die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form (s.o.) durch die elektronische Form nur dadurch ersetzt werden kann, dass das elektronische Dokument vom Aussteller mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wird.
Der Festsetzungsantrag ist hier nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur, sondern nur mit einer einfachen Signatur versehen worden. Eine solche meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes. Dies kann – wie hier – der maschinenschriftliche Namenszug unter dem Schriftsatz oder eine eingescannte Unterschrift sein (vgl. BAG, Beschluss vom 14. September 2020 – 5 AZB 23/20, Rn. 15, juris; BeckOK ZPO/von Selle, a.a.O., § 130a Rn. 16). Dadurch ist dem Unterschriftserfordernis des § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG weder nach § 126 Abs. 1 BGB noch nach § 126 Abs. 3, 126a Abs. 1 BGB genügt.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung, die in diesem Zusammenhang zu in Papierform eingereichten Schriftsätzen ergangen ist: Danach kann die Berechnung auch in einem vom Rechtsanwalt unterzeichneten prozessualen Schriftsatz enthalten sein (BGH, Versäumnisurteil vom 4. Juli 2002 – IX ZR 153/01, Rn. 13, juris zu § 18 Abs. 1 Satz 1 BRAGO). Hierzu zählt auch ein Vergütungsfestsetzungsantrag nach § 11 RVG (OLG Düsseldorf, Urteil vom 8. Februar 2011 – I-24 U 112/09, Rn. 59, juris; Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., § 10 Rn. 6, 30 m.w.N.). Mit der Zustellung der Klage oder eines anderen Prozessschriftsatzes ist die Berechnung dem Auftraggeber mitgeteilt (BeckOK RVG/v. Seltmann, a.a.O., § 10 Rn. 8). Die Unterzeichnung soll (nur) sicherstellen, dass die Rechnungen von dem Rechtsanwalt (oder einem bevollmächtigten Vertreter) erstellt und überprüft worden sind (OLG Düsseldorf, Urteil vom 8. Februar 2011 – I-24 U 112/09, Rn. 61, juris).
Diese Rechtsprechung erfolgte auf der Prämisse, dass der eingereichte (Papier-) Schriftsatz eine der Form des § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG entsprechende Berechnung enthält, diese also der – materiellrechtlich erforderlichen – Schriftform entspricht. Ferner legt sie zugrunde, dass die Zustellung des (Papier-)Schriftsatzes an den Mandanten in Form einer vom Rechtsanwalt beglaubigten Abschrift des Schriftsatzes zugeht, die entsprechend der Vorgabe in § 133 Abs. 1 Satz 1 ZPO in der Praxis üblicherweise dem Antrag beigefügt ist. Dies entspricht insoweit der Rechtsprechung zu empfangsbedürftigen formgebundenen Willenserklärungen, die gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB nur wirksam werden, wenn sie dem Empfänger in der vorgeschriebenen Form zugehen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2005 – XI ZR 139/05, Rn. 13, juris zum Verbraucherkreditvertrag; MüKoBGB/Häublein, 8. Aufl. 2020, § 568 Rn. 5 zur Wohnraumkündigung; zweifelnd HK-RVG/Hans-Jochem Mayer, 8. Aufl. 2021, § 11 Rn. 81; BeckOK RVG/v. Seltmann, a.a.O., § 11 Rn. 35).
Übertragen auf den elektronischen Rechtsverkehr ist vorliegend beides nicht der Fall: Der bei Gericht eingegangene Schriftsatz entsprach mangels qualifizierter elektronischer Signatur nicht der – materiellrechtlich erforderlichen – Form des § 126a Abs. 1 BGB. Ferner gelangte er auch nicht in der entsprechenden Form an den Antragsgegner. §298 ZPO sieht vor, dass, wenn die Akten, wie vorliegend, in Papierform geführt werden, von einem elektronischen Dokument ein Ausdruck für die Akten zu fertigen ist. Wird dem Prozessgegner, wie hier, das elektronische Dokument in Papierform zugestellt, erhält er einen Ausdruck des elektronischen Dokuments mit einem Transfervermerk (vgl. BT-Drs. 15/4067, 32; Ehrmann/Streyl, NZM 2019, 873, 875 beck-online). Aus diesem ergibt sich vorliegend ohne weiteres die Nichteinhaltung der Form des §126a Abs. 1 BGB.
Demnach wird bei Einreichung eines mit gültiger (einfacher) Signatur des Absenders versehenen Schriftsatzes bei Gericht und Übermittlung dieses Schriftsatzes durch das Gericht an einen dritten Empfänger die elektronische Form im Verhältnis zwischen Absender und Empfänger nicht eingehalten. Denn die Legitimationswirkung der Absendersignatur (§ 130a Abs. 3 2. Fall, Abs. 4 ZPO) besteht nur gegenüber dem Gericht. Der hier vom Gericht per Postzustellung übersandte Ausdruck genügt weder der Schriftform noch der elektronischen Form (Bl. 129 GA, vgl. AG Hamburg, Urteil vom 25. Februar 2022 – 48 C 304/21, Rn. 40, juris zur Wohnraumkündigung).
Der Antragsteller hat von der Möglichkeit, die Abrechnung in schriftlicher Form im Beschwerdeverfahrens nachzureichen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1998 – IX ZR 63/97, Rn. 38, juris), keinen Gebrauch gemacht, obwohl die Rechtspflegerin in ihrem Nichtabhilfebeschluss vom 11. Juli 2022 Ausführungen zum Formmangel gemacht hat. Eines weiteren gerichtlichen Hinweises bedurfte es nicht.“