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Pflichti II: Rückwirkende Bestellung, oder: Einmal ja, einmal/nein, aber nur alte Rechtsprechung zitiert

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Ein Pflichtverteidigungstag ohne Entscheidungen zur rückwirkenden Bestellung eines Pflichtverteidigers – der Dauerbrenner im Recht der Pflichtverteidiger – geht nicht. Und daher auch heute zu der umstrittenen Frage einige Entscheidungen:

Grundsätzlich ist eine rückwirkende Pflichtverteidigerbestellung nicht mit Wirkung für die Vergangenheit vornehmbar. Von dieser Regel kann jedoch abgewichen werden, wenn trotz zwischenzeitlich erfolgter Verfahrenseinstellung zum Zeitpunkt der Antragstellung die Voraussetzungen für eine Beiordnung vorlagen und die Entscheidung über diese z.B. aus gerichtsinternen Gründen unterblieben ist.

Die nachträgliche Bestellung eines Pflichtverteidigers ist schlechthin unzulässig.

Anzumerken ist: Beide Entscheidungen erwähnen die gesetzlichen Neuregelungen in den §§ 140 ff. StPO mit keinem Wort, setzen sich damit also nicht auseinander.Die Neuregelungen scheint man dort aber zu kennen, da man den neuen § 142 Abs. 7 StPO zitiert.

Beim LG Stralsund wird auch viel alte Rechtsprechung verwendet, dafür sprechen die zitierten Entscheidungen. Wahrscheinlich ein Textbaustein. Ähnlich, aber nicht ganz so schlimm, das LG Berlin, das eine Entscheidung aus 2004 zitiert. Ich meine, mal sollte sich als Kammer eines LG über ein Jahr nach Inkrafttreten von Neuregelungen u.a. dann doch mal von alten Zöpfen trennen und ggf. einen neuen Taxbaustein entwerfen. So viel Zeit sollte sein.

Und wie das eben so bei großen LG ist: Der LG Berlin, Beschl. v. 17.11.2020 – 539 Qs 25/20 – vertritt die gegenteilige Auffassung. Innendivergenz nennt man so etwas. Ist unschön für die Beschuldigten.

Corona II: Ausbleiben des Angeklagten und Aussetzung der Hauptverhandlung, oder: Was sagen Gerichte?

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Und im zweiten Posting dann zwei weitere Entscheidungen mit Corona-Bezug.

Zunächst der LG München I, Beschl. v. 04.01.2021 – 15 Qs 46/20. Der Angeklagte war zu einem Fortsetzungstermin in der auf seinen Einspruch gegen einen Strafbefehl anberaumten Hauptverhandlung nicht erschienen. Begründung: Bei ihm sei eine Testung auf Covid19 durchgeführt worden. Das AG hat das als nicht genügend angesehen und den Einspruch verworfen. Das LG München I hat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt:

„Die Beschwerde ist auch begründet. Nach Ansicht der Kammer ist dem Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da das Nichterscheinen im Hauptverhandlungs-termin unverschuldet war. Nach § 412, § 392 Abs. 7 S. 1 i.V.m. § 44 S. 1 StPO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, den Einspruchstermin wahrzunehmen. Der Angeklagte war durch das Telefax seines Rechtsanwaltes vom 26.10.2020 mit den beigefügten Unterlagen ausreichend entschuldigt. Aufgrund der geschilderten Symptome und der Entnahme eines Abstrichs bestand bis zur Mitteilung des Testergebnisses für den Angeklagten eine Quarantänepflicht. Überdies darf das Gerichtsgebäude ohnehin nur von fieberfreien Personen ohne akute respiratorische Symptome betreten werden. Auch das Nichterscheinen des Verteidigers war ausreichend entschuldigt. Zwar war insoweit eine Isolierung bzw. Quarantäne ärztlich bzw. behördlich nicht angeordnet worden. Tatsächlich bestand aber insbesondere aufgrund der mehrstündigen gemeinsamen Autofahrt des Verteidigers mit dem Angeklagten wenige Tage vor Auftreten der Symptome beim Angeklagten ein nicht unerhebliches Risiko einer COVID-19 Infektion auch beim Verteidiger. Bis zum Vorliegen des Testergebnisses des Angeklagten war eine freiwillige Isolierung des Verteidigers sinnvoll und bei einer Risikoabwägung auch geboten.“

Die zweite Entscheidung kommt dann mit dem LG Stralsund, Beschl. v. 18.01.2021 – 23 Kls 17/20 jug. – vom anderen Ende der Republik. Der Beschluss behandelt die Aussetzung der Hauptverhandlung, wenn wegen der Corona-Pandemie eine hinreichende räumliche Distanzierung der Prozessbeteiligten bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Öffentlichkeit im Verhandlungssaal nicht zu gewährleisten ist. Und: Er setzt in einem Verfahren mit dem Vorwurf des versuchten Totschlags Haftbefehle gegen einige der Angeklagten außer Vollzug.

Die Aussetzung ist m.E. auf der Grundlage der vom LG in dem Beschluss geschilderten räumlichen Umstände auf jeden Fall gerechtfertigt. Bis zu 34 Personen auf knapp 117 m² Schwurgerichtssaal ist einfach zu viel. Was nicht geht, geht nicht. Und: Die Außervollzugsetzung der Haftbefehle ist/war dann die zwingende Folge.

Pflichti I: Beiordnung wegen Waffengleichheit?, oder: Nicht unbedingt/immer

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So, und heute dann noch einmal ein Tag mit Pflichtverteidigungsentscheidungen. Dann hängen im Ordner aber auch keine Entscheidungen mehr zu der Thematik.

Den Reigen eröffnet der LG Stralsund, Beschl. v. 16.03.2020 – 23 Qs 6120 jug, den mir der Kollege Rakow aus Rostock geschickt. Eine bemerkenswerte Entscheidung. Nicht unbedingt wegen des Inhalts. Das war zu erwarten, dass sich die Gerichte auch nach der Neuregelung des Rechts der Pflichtverteidigung weiterhin mit der Beiordnung eines Pflichtverteidigers aus dem sog. Grund der Waffengleichheit schwer tun würden. Man will einfach aus dem Grund nicht beiordnen, auch nicht, wenn es sich möglicherweise um einen Jugendlichen/Heranwachsenden handelt. Nein bemerkenswert aus einem anderen Grund und ich habe zweimal hingeschaut und ja, so steht es im Original: „….. eine Eintragung vom 23.12.2016, wo eine Verurteilung wegen Betruges erfolgte. Geahndet wurde dieser Betrug mit 20 Tagessätzen zu je 15 DM.“ Vielleicht kann mich ja jemand aufklären, wie das gehen soll.

In der Sache begründet das LG die Ablehnung der Bestellung dann wie folgt:

„Zu Recht hat das Amtsgericht die Beiordnung eines Pflichtverteidigers abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine Beiordnung nach § 140 Abs. 2 StPO lagen nicht vor.

Nach § 140 Abs. 2 StPO wird einem Angeklagten ein Pflichtverteidiger beigeordnet, wenn wegen der Schwere der Tat oder der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder ersichtlich ist, dass der Angeklagte sich nicht selbst verteidigen kann. Der Gesichtspunkt der Schwere beurteilt sich nach der zur erwartenden Rechtsfolge, wobei in der Rechtsprechung für das allgemeine Strafverfahren überwiegend bei einer Straferwartung von einem Jahr die Notwendigkeit für die Beiordnung eines Verteidigers bejaht wird, ohne dass es sich dabei um eine starre Grenze handelt (vgl. Schmitt: in Meyer/Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl. § 140 Rdnr. 23 m.w.N.). Eine schwierige Sach- und Rechtslage kann gegeben sein, wenn die Schuldfähigkeit des Angeklagten zu beurteilen ist. Auch wenn eine Hauptverhandlung ohne Akteneinsicht nicht umfassend vorbereitet werden kann, kann eine Schwierigkeit der Sachlage angenommen werden, da nur ein Verteidiger, gem. § 147 StPO Akteneinsicht erhält (vgl. Laufhütte/Willnow in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. § 140 Rdnr. 22 m.w.N.). Ist der Verletzte anwaltlich vertreten, kann zudem aus Gründen der Waffengleichheit die Beiordnung eines Pflichtverteidigers geboten sein (Meyer/Goßner/Schmitt a.a.O. Rdnr. 31).

Die dem Angeklagten vorgeworfene Tat wiegt nicht schwer im Sinne des § 140 Abs. 2 StPO. Vorgeworfen wird dem Angeklagten eine gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung, wobei dem Beschwerdeführer vorgeworfen wird, die Zeugin pp., die dem Geschädigten pp. helfen wollte, festgehalten zu haben. Insoweit wird auf die Anklageschrift BI. 127 und 128 verwiesen.

Ausweislich des Bundeszentralregisterauszuges vom 02.03.2020 ist der Angeklagte zuvor nicht erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten. Der Auszug aus dem Bundeszentralregister enthält eine Eintragung vom 23.12.2016, wo eine Verurteilung wegen Betruges erfolgte. Geahndet wurde dieser Betrug mit 20 Tagessätzen zu je 15 DM.

Die zweite Eintragung enthält einen vorsätzlichen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz mit 30 Tagessätzen zu je 40 €.

Auch eine besondere Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage liegt nicht vor. Dass die anderen Angeklagten sich nicht eingelassen haben, stellt noch keine besondere Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage dar, sondern ist vielmehr eine durchaus übliche Konstellation in Verfahren vor dem Strafrichter. Nebenkläger sind nicht, ersichtlich. Die Tatsache, dass zwei Mitangeklagte durch Verteidiger vertreten sind, rechtfertigt ebenfalls keine Beiordnung. Der Grundsatz der Waffengleichheit gebietet hier noch keine Beiordnung. Zwar ist zu erwarten, dass es in der Hauptverhandlung auch um die Frage der jeweiligen Tatbeteiligung der Angeklagten geht. Vor diesem Hintergrund besteht die Möglichkeit, dass sich die Angeklagten gegenseitig für die Tatbegehung verantwortlich machen. Dies reicht bei der umfassenden Würdigung der Umstände im jeweiligen Einzelfall nicht dafür aus, eine Pflichtverteidigung auszusprechen. Angesichts auch dass (Anm. So im Original) von der Staatsanwaltschaft angenommenen Tatbeitrages und der belanglosen Eintragungen im Bundeszentralregisterauszug sind die vorgenannten Gesichtspunkte, die für eine Waffengleichheit sprechen würden, zu vernachlässigen.

M.E. nicht zwingend. Die Gesamtumstände sprechen für mich eher für eine Bestellung. Aber vielleicht fürchtet man ja auch, dass man dem Pflichtverteidiger zu viel „DM“ zahlen muss 🙂 .

Pflichti III: Der deutschunkundige Grieche und § 266a StGB, oder: Toller Grenzfall

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Die dritte Entscheidung des Tages, der LG Stralsund, Beschl. v. 06.05.2019 – 26 Qs 27/19, den mir der Kollege Riemer aus Greifswald geschickt hat, ist dann wieder nicht so schön. Jedenfalls gehört er für mich in die Rubrik der Beschlüsse, die man lieber nicht gelesen hätte.

Im Streit ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers für einen der deutschen Sprache nicht mächtigen Griechen, dem Delikte nach § 266a StGB vorgeworfen werden. Das AG hat (natürlich) nicht bestellt, aber auch das LG sieht die Bestellung eines Pflichtverteidigers als nicht erforderlich an.

„Das Amtsgericht hat in diesem Grenzfall noch zu Recht die Voraussetzungen einer Beiordnung eines Pflichtverteidigers verneint.

Zwar kommt bei Delikten nach § 266a StGB ein Fall der notwendigen Verteidigung nach § 140 Abs. 2 StGB in Betracht (vgl. LG Cottbus, StV 2012, 525, vgl. auch LG Wiesbaden, StraFo 2001, 195). Hier handelt es sich aber um einen einfach gelagerten Sachverhalt. Nach dem Wortlaut des § 74c Abs. 1 Nr. 3 GVG stellen Straftaten nach § 266a StGB nur dann Wirtschaftsstrafsachen dar, wenn zu ihrer Beurteilung entsprechende Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich sind. Dies ist der Fall, soweit Straftaten durch den Missbrauch komplizierter und schwer zu durchschauender Mechanismen des modernen Wirtschaftslebens begangen werden und deshalb zur Bearbeitung solcher Verfahren besondere Spezialkenntnisse erforderlich sind (vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 74c GVG Rdnr. 5; OLG Saarbrücken, wistra 2007, 360). Dies dürfte für den hier vorliegenden Fall nicht gelten, da nur acht Fälle gern. § 266a Abs. 1 StGB vorlagen. Auch wenn sich bei Verfahren nach § 266a StGB zwangsläufig Aufstellungen über die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeträge, Lohnabrechnungen, so genannte Beitragsnachweise nach § 28f Abs. 3, 1 SGB IV oder Aufstellungen über die Beitragssätze der Krankenkassen in den Ermittlungsakten befinden und der Angeschuldigte gern. § 147 Abs. 1 StPO nicht selbst Akteneinsicht nehmen kann, so rechtfertigt dieser Umstand allein noch nicht automatisch die Bestellung eines Pflichtverteidigers. Zunächst sind die Zahlenwerte ohnehin in einer Art und Weise in die Anklageschrift aufzunehmen, so dass dies nachvollziehbar die Berechnung der geschuldeten und nicht gezahlten Beiträge ermöglicht. Dies ist zwar bei der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Stralsund unterblieben. Dennoch weist die Anklageschrift keine Mängel auf, die ihre Umgrenzungsfunktion betreffen. Im Anklagesatz für § 266a StGB ist das relevante Verhalten und der Taterfolg anzuführen, einer Berechnungsdarstellung der nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge bedarf es hingegen nicht (vgl. BGH, NStZ 2013, 409; NStZ 2017, 337). Allerdings ist es im Hinblick auf die Informationsfunktion der Anklageschrift regelmäßig angezeigt, im wesentlichen Ermittlungsergebnis die für eine nachvollziehbare Darstellung erforderlichen Tatsachenfeststellungen sowie Berechnungen oder Schätzungen auszuführen. Da es sich hier aber nur um eine Anklage zum Strafrichter handelt, war dies ebenfalls nicht erforderlich.

Daneben hat aber auch der unverteidigte Beschuldigte gem. § 147 Abs. 7 StPO Anspruch auf Erteilung von Auskünften und Abschriften aus der Akte. Insoweit kann Ihm durch Überlassung von entsprechenden Ablichtungen der Zahlenwerke eine sachgerechte Verteidigung ermöglicht werden, so dass die Bestellung eines Pflichtverteidigers nicht erforderlich ist.

Allein die Tatsache, dass der Angeschuldigte Grieche und damit der deutschen Sprache nicht mächtig ist, rechtfertigt nicht die Beiordnung eines Pflichtverteidigers. So eingeschränkt können die Deutschkenntnisse des Angeschuldigten nicht gewesen sein, zumal er in der Lage gewesen ist, die Fa. ppp. zu gründen. Darüber hinaus wird dem Angeschuldigten in der Hauptverhandlung ein Dolmetscher zur Verfügung stehen.“

Warum man als Beschwerdekammer, wenn man das Verfahren selbst als „Grenzfall“ ansieht, dann nicht lieber einen Pflichtverteidiger bestellt, erschließt sich mir nicht. Neinn, man verweist den der deutschen Sprache nicht mächtigen Griechen lieber auf § 147 Abs. 7 StPO und auf den Dolmetscher in der Hauptverhandlung. Toll.

Verkehrsstrafverfahren: Wenn es doch immer so einfach mit der Mittelgebühr wäre

RVG KasseDer Kollege Riemer aus Greifswald hat mir den von seinem Büro „erstrittenen“ LG Stralsund, Beschl. v. 25.09.2015 – 26 Qs 186/15 – übersandt und war natürlich über die Entscheidung des LG hoch erfreut. Kann er auch sein, nachdem die Rechtspflegerin mal wieder die Kassen geschlossen hatte und der Auffassung gewesen war, dass es sich nicht um ein durchschnittliches Verfahren gehandelt hat, für das die Mittelgebühr dann angemessen wäre. Es kommt aber auf eine Gesamtschau an und die führte nach (zutreffender) Auffassung des LG dann zur Mittelgebühr, und zwar:

„Ausgangspunkt für die Gebühr, die der Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen zu bestimmen hat, ist nach überwiegend vertretener Auffassung grundsätzlich der Mittelbetrag der einschlägigen Rahmengebühr (Hartmann, Kostengesetze, 45. Auflage, § 14 RVG Rdn. 14). Die Mittelgebühr soll gelten, wenn sämtliche gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG zu berücksichtigenden Umstände, also insbesondere Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers, als durchschnittlich einzuordnen sind. Sie gilt wegen der vorzunehmenden Gesamtabwägung aber auch, wenn erhöhende und vermindernde Bemessungskriterien etwa gleichgewichtig sind oder wenn ein Bestimmungsmerkmal ein solches Übergewicht erhält, dass dadurch das geringere Gewicht mehrerer anderer Merkmale kompensiert wird.

……

Unter Anwendung dieses Maßstabes lässt sich eine Unbilligkeit im vorliegenden Fall nicht feststellen. Vielmehr erachtet die Kammer die Ansetzung von Mittelgebühren für angemessen. Ausgehend von der Mittelgebühr ist festzustellen, dass es sich um ein Verkehrsstrafverfahren mit einer simplen Fragestellung, nämlich der Fahrereigenschaft des Angeklagten, handelte. Rechtliche Schwierigkeiten gab es nicht. Die Anzahl der Zeugen sowie der Umfang ihrer Vernehmungen waren gering. Die Aussagen der verschiedenen Zeugen waren auch nicht schwierig zu erfassen. Der Aktenumfang bis zur Anklageerhebung war ebenfalls gering, er betrug 41 Seiten, von denen nur 5 Seiten (die Strafanzeige und die Aussagen der Zeugen) relevant waren. Es war mithin von einer Angelegenheit mit unterdurchschnittlichem Schwierigkeitsgrad und unterdurchschnittlichem Umfang auszugehen. Dies würde eine Unterschreitung der Mittelgebühr rechtfertigen. Entscheidend kommt es hier jedoch, wie auch in der Begründung des Kostenfestsetzungsantrags zutreffend ausgeführt, auf die Bedeutung der Sache für den ehemaligen Angeklagten an. Bei einem Verkehrsstrafverfahren ist der Ansatz von Mittelgebühren angemessen, wenn es sich zwar um eine Angelegenheit mit unterdurchschnittlichem Schwierigkeitsgrad und unterdurchschnittlichem Umfang handelte, die Sache aber für den Angeklagten wegen einer zu erwartenden Freiheitsstrafe, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt hätte werden können, von hoher Bedeutung war (vgl LG Koblenz, JurBüro 2010, 34). In Anbetracht der umfangreichen Vorstrafenliste, die eine Vielzahl von einschlägigen Delikten enthält, hätte hier der Angeklagte im Falle eines Schuldspruchs tatsächlich mit der Verhängung einer-Freiheitsstrafe zu rechnen gehabt, deren Vollstreckung nicht mehr zur Bewährung hätte ausgesetzt werden können. Diese Gewichtigkeit hebt die die vorgenannten Bemessungsgründe in dem Sinne auf, als dass hier von einer Mittelgebühr ausgegangen werden kann.“

Für Verkehrsstrafrechtler m.E. sicherlich von Interesse. Kann man mit argumentieren….