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Scan und/oder Ausdruck, oder: Der Verteidiger das Sparschwein der Justiz?

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Der Blogger- und Anwaltskollege Carsten Hoenig aus Berlin (vgl. hier) ist bis Ende August im (wohlverdienten) Urlaub – schönen Gruß nach unterwegs aufs Rad. Kurz vor Abreise hat er mir noch den LG Berlin, Beschl. v. 05.08.2015 – 528 Kls 45/14 Kbd3 – geschickt, er selbst wollte vor seinem Urlaub dazu offenbar nicht mehr bloggen. Ich tue das aber – und zwar unter der o.a. sicherlich ein wenig provokanten – Überschrift.

Der Beschluss ist in dem Verfahren ergangen, über das der Kollege neulich in seinem Blog schon berichtet hatte (vgl. hier: Kopien ausschliesslich in Papierform notwendig). Ich hatte über das Thema auch schon berichtet, und zwar im Hinblick auf den LG Berlin, Beschl. v. 23.07.2015 – (537 KLs) 255 Js 381/14 (28/14) (vgl. dazu Scan und/oder Ausdruck – was wird bezahlt?; oder: Reihenfolge wichtig?). Es geht um die Nr. 7000 Nr. 1 a VV RVG und die Frage der Erstattungsfähigkeit von Scans und Ausdrucken. Darüber wird derzeit heftigst gestritten. Und – „formaljuristisch“ gesehen, sieht es angesichts der Änderungen durch das 2. KostRMoG nicht aus.

Aber deshalb greife ich das Thema gar nicht wieder auf, dazu werden wir sicherlich bald etwas von dem ein oder anderen OLG etwas hören. Ggf. sogar vom KG, bei dem – siehe den LG Berlin, Beschl. v. 05.08.2015 – einige Verfahren mit unterschiedlichen Fallgestaltungen anhängig sind. Und auch die Argumentation der Bezirksrevisorin in dem Beschluss ist nicht zwingend, zumal sie m.E. dazu führt, dass es schon auf die Reihenfolge ankommt, in der der Verteidiger vorgeht – erst Kopieren und dann Scannen.

Nein, mir geht es um den letzen Absatz aus dem LG Berlin, Beschl. v. 05.08.2015 – 528 Kls 45/14 Kbd3. Der entscheidende Vorsitzende der Strafkammer hat sich zwar – zähneknirschend – der Auffasssung der Bezirksrevisorin angeschlossen. Aber mit m.E. deutlichen Worten:

„Die Kammer schließt sich diesen formaljuristischen Ausführungen derzeit noch mit Bedenken an und bemerkt, dass die Gesetzesfassung aber — soweit ersichtlich – nicht sicher davon ausgehen konnte, dass der Verteidiger selbst die Akten einscannt und damit von seiner Seite aus grundsätzlich hierfür und für die Herstellung von nachrangig hergestellten Kopien kein Erstattungsanspruch zustehen soll. Dann wäre die neue Gesetzeslage für diese die Justizressourcen schonende Arbeitsweise schlicht ein Sparprogramm zulasten der bisher Erstattungsberechtigten, ohne dass sich in der Sache — Kostenentstehung beim Verteidiger -etwas geändert hätte. Die Kammer macht des Weiteren darauf aufmerksam, dass — sollte es dabei bleiben — Verteidiger für den Erhalt der Kostenerstattung den eigenen Scanvorgang nicht vortragen könnten oder — noch einfacher, aber justizbelastender – Kopien in jedem Fall vorher anfertigen lassen, um in den Genuss der Kostenerstattung zu kommen. Das alles wirkt wenig durchdacht und sachgerecht, so dass grundsätzliche Ausführungen des Kammergerichts erforderlich sind.“

Recht hat er der Vorsitzende. Der Verteidiger ist derzeit – zumindest teilweise – dann tatsächlich Mitglied eines Sparprogramms – oder eben das „Sparschwein der Justiz“. Allerdings wird da angesichts der Änderungen des 2. KostRMoG und der Gesetzesmaterialien das KG wenig retten können, wenn es das überhaupt will. M.E. ist der Gesetzgeber – mal wieder – gefragt. Der muss das, was „wenig durchdacht und sachgerecht, ist durch eine für beide Seiten tragbare Lösung ändern bzw. reparieren. Also auf BMJV!!!!.

Scan und/oder Ausdruck – was wird bezahlt?; oder: Reihenfolge wichtig?

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Nach den Änderungen der Nr. 7000 Nr. 1a VV RVG haben wir ein neues „Schlachtfeld“ im RVG: Nämlich die Frage, ob und wann Scans und/oder Ausdrucke bezahlt werden. Vor einigen Tagen hat der Kollege Hoenig über dieses Problem und seine Probleme mit der Kostenbeamtin berichtet (vgl. hier: Kopien ausschliesslich in Papierform notwendig). Der Kollege Hoenig war noch nicht weiter als bis zur Kostenbeamtin gekommen.

Ich habe inzwischen von einem Kollegen, der schon ein Stück weiter ist :-), den LG Berlin, Beschl. v. 23.07.2015 – (537 KLs) 255 Js 381/14 (28/14) – übersandt bekommen. Da ging es auch um die Kopiekosten. Die sind nicht gewährt worden:

„Die Verwendung des Begriffs „Kopie“ anstelle von „Ablichtung“ erfolgte durch den Gesetzgeber bewusst, um Missverständnisse bei der Erstellung von Scans zu vermeiden. Ein Scan fällt nicht unter „Kopie“ im kostenrechtlichen Sinne.

Der Verteidiger hat ein Wahlrecht. Er kann entweder den Akteninhalt für sich in Papierform erstellen oder ein elektronisches Dokument davon (Scan). Beides ist nach dem objektiven Standpunkt eines vernünftigen sachkundigen Dritten, nicht nach der subjektiven Ansicht des Rechtsanwalts, zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache nicht erforderlich.

Da der Verteidiger die Akten zuerst gescannt und dann ausgedruckt hat, sind Ausdrucke nicht erstattungsfähig. Vielmehr dienen diese Ausdrucke lediglich der Arbeitserleichterung für den Verteidiger. Es handelt sich daher um allgemeine Geschäftskosten, die mit den Grund- und Verfahrensgebühren abgegolten werden (vgl. OLG München, Beschluss vom 3. 11. 2014 — 4c Ws 18/14).“

Ob der Verweis auf OLG München richtig ist, lassen wir mal dahingestellt, die Entscheidung ist zudem in meinen Augen zweifelhaft. Aber irgendwie schon komisch. Wenn erst gescannt und dann ausgedruckt wird, wird nicht erstattet. Aber wenn die Akte ausgedruckt und dann gescannt wird, wird erstattet. Und dass alles nur, weil der Gesetzgeber in seiner unerforschlichen Weisheit durch das 2. KostRMoG eine Änderung vorgenommen hat, um Scans nicht mehr bezahlen zu müssen (obwohl heute vielfach nur noch gescannt wird) und die h.M. das bis dahin anders gesehen hat. Man kann nur hoffen, dass der Gesetzgeber das bald wieder ändert.

Und: Man kann dann nur auf das KG hoffen. Von dem werden wir dann bald was hören. Denn der Kollege hat gegen den LG Berlin Beschluss Rechtsmittel eingelegt. Das KG darf dann entscheiden.

Hörschaden

© Kovalenko Inna - Fotolia.com

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Vor einigen Tagen bin ich auf die PM Nr. 4/2015 des KG gestoßen, betreffend ein Urteil des LG Berlin, und zwar das LG Berlin, Urt. v. 21.01.2015 – 3 O 55/14. Berichtet wird über die Klage eines Anwohners in der Nähe des Flughafens Berlin-Tegel gegen eine Airline auf Zahlung einer Entschädigung wegen Körperverletzung. Der Kläger hat geltend gemacht, er habe am 23. 01.2011 den U-Bahnhof Kurt-Schumacher-Platz verlassen und sei zur dort befindlichen Bushaltestelle gelaufen, als eine im Landeanflug befindliche Maschine der verklagten Airline einen sehr lauten Knall ähnlich einer Fehlzündung eines Autos verursacht habe. Dadurch seien bei ihm ein Schockzustand und eine Taubheit auf dem linken Ohr ausgelöst worden.

Der Kläger war der Auffassung, die Fluggesellschaft hafte gem. § 33 LuftVerkehrsG für die bei ihm eingetretenen Gesundheitsschäden. Insoweit sei ein Schmerzensgeld in einer Größenordnung von ca. 25.000,00 € gerechtfertigt.

Das LG hat die Klage nach Anhörung des Klägers und Vernehmung einer Zeugin abgewiesen. Den Volltext gibt es noch nicht – mich interessiert die Begründung des LG schon. Das Urteil ist auch noch nicht rechtskräftig. Wahrscheinlich wird es auch nicht rechtskräftig werden und wir werden zu der Frage, in der m.E. viel Geld steckt – sowohl für die Anwohner von Flugplätzen, als auch für Betreiber und Airlines – sicherlich demnächst mehr vom KG hören. Ich bin gespannt.

Durchsuchung im Bußgeldverfahren zulässig? – 1 : 1 in Berlin

ParagrafenIch hatte am 27.05.2014 über den LG Berlin, Beschl. v. 16.04.2014 – 510 Qs 49/14 – berichtet, der im entschiedenen Fall eine Durchsuchung bei einem Betroffenen im Bußgeldverfahren als zulässig angesehen hatte (Mal eben nachschauen im Bußgeldverfahren – Durchsuchung zulässig?). Nun habe ich den LG Berlin, Beschl. v. 11.04.2014 – 506 Qs 43/14 – übersandt bekommen, der bei einem – m.E. – weitgehend identischen Sachverhalt, jedenfalls handelt es sich um denselben Vorwurf, der im Verfahren erhoben wird – Verstoß gegen § 146 GewO und gegen das Berliner StraßenG -, eine Durchsuchung als unzulässig angesehen und den Anordnungsbeschluss des AG aufgehoben hat. Den will ich hier natürlich auch einstellen. In dem Beschluss argumentiert das LG:

„Angesichts der letztendlich geringfügigen Vorwürfe ist die Anordnung der Durchsuchung der Wohnräume des Betroffenen jedoch unverhältnismäßig. Sie steht nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Vorwurfs. Denn eine solche Maßnahme betrifft den gem. Art. 13 GG verfassungsmäßig besonders geschützten Bereich der privaten Lebenssphäre. Der Eingriff hat erhebliches Gewicht und darf nur dann angeordnete werden, wenn er zur Schwere und Bedeutung der Vorwürfe nicht unangemessen ist .

Die Vorwürfe, die dem Betroffene gemacht werden, wiegen nicht besonders schwer. Sie sind eher dem unteren Bereich der Verstöße im Bereich der Ordnungswidrigkeiten zuzurechnen, auch wenn sie angesichts der historischen, städtebaulichen und touristischen Bedeutung des Potsdamer Platzes oder ähnlich prominenter Orte in Berlin gegenüber anderen gleichartigen Verstößen etwas herausgehoben sind. Das in § 145 Abs. 4 GewO-angeordnete Höchstmaß der Geldbuße wird aber angesichts der bisher ermittelte Umstände nicht annähernd ausgeschöpft werden, sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen. Es ist vielmehr eine Buße zu erwarten, die sich eher im unteren Bereich des Rahmens bewegt.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass mildere Mittel nicht auch geeignet wären, den Verdacht der Verstöße gegen die GewO und das BerlStrG zu erhärten. Die Anordnung der Durchsuchung war nicht erforderlich. Denn in der Vergangenheit ist der Betroffene bereits mehrfach bei seinen Tätigkeiten am Potsdamer Platz aufgegriffen worden und seine Materialien wurden beschlagnahmt.. Es-erschließt sich der Beschwerdekammer nicht, dass zur weiteren Sachaufklärung – auch wenn es seitens des Bezirksamtes sicherlich wünschenswert wäre, die Ermittlungsergebnisse zu erweitern und zu untermauern — die Durchsuchung der Wohnräume als ultima ratio unerlässlich wäre, auch wenn die Erwartung bestand, weitere Beweismittel zu finden. Allein diese Erwartung rechtfertigt angesichts der Schwere des Eingriffs nicht die Maßnahme. Die bisherigen Ermittlungen haben bereits umfangreich Ergebnisse erbracht. So wurde der Betroffene bei seiner Tätigkeit bereits fotografiert und auch Tatmittel sichergestellt und beschlagnahmt.“

Also: Einmal schwarz, einmal weiß, oder: Einmal hopp, einmal topp. Jedenfalls steht es beim LG Berlin unentschieden 🙂 . Zu den Auswirkungen auf das Verkehrsrecht verweise ich auf: Mal eben nachschauen im Bußgeldverfahren – Durchsuchung zulässig?

Wenn sich das AG nicht sputet, gibt es den Führerschein zurück

© ExQuisine - Fotolia.com

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Es entspricht allgemeiner Meinung in der Rechtsprechung, dass Verfahren, in denen dem Beschuldigten die Entziehung der Fahrerlaubnis droht, besonderer Beschleunigung bedürfen: Wird das auf dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beruhende Beschleunigungsgebot verletzt, wird die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben (vgl. dazu schon der LG Stuttgart, Beschl. v. 13.03.2013 – 18 Qs 14/13 und Verfahren kann nicht zeitnah beendet werden – es gibt den Führerschein zurück)

So dann auch im LG Berlin, Beschl. v. 17. 07. 2014 – 525 Cs 74/14. Da hatte das AG erst am 21.10.2013 Hauptverhandlungstermin auf den 20.03.2014 anberaumt, obwohl gegen den erlassenen Strafbefehl bereits am 17.08.2013 Einspruch eingelegt worden war. Dann ist zwar die Hauptverhandlung “geplatzt“, weil der Verteidiger für einen am 23.03.2014 vorgesehenen Fortsetzungstermin nicht zur Verfügung stand, ein neuer Hauptverhandlungstermin ist jedoch erst am 18.06.2014 auf den 05.08.2014 angesetzt worden, obwohl der Verteidiger mit Schriftsätzen vom 24. und 30.04.2014 jeweils um Mitteilung eines neuen Termins gebeten hatte.

Dem LG langt es:

Angesichts dieses Verfahrensganges kann entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft auch nicht damit argumentiert werden, dass das Verfahren längst hätte abgeschlossen sein können, wenn der Verteidiger nicht auf der Aufhebung des Fortsetzungstermins vom 3. April 2014 bestanden hätte. Vielmehr war der angefochtene Beschluss mit der Folge aufzuheben, dass der Führerschein an die Angeklagte freizugeben war.