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Strafzumessung: Kleiner Grundkurs, oder: Wenn schon „kriminelle Energie“, dann muss man auch sagen, wo und wie

© Alex White - Fotolia.com

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Einen kleinen Grundkurs in Strafzumessung hält der BGH, im BGH, Beschl. v. 15.09.2015 – 2 StR 21/15 – zu einem Urteil des LG Kassel, mit dem der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt woden war. Der BGH moniert da gleich mehrere – in meinen Augen – Anfängerfehler. und zwar:

  • In einem Fall hatte das LG „zu Lasten des Angeklagten eingestellt, dass die Geschädigte dem Angeklagten zuvor keine nachvollziehbare Veranlassung zur Tat geboten habe. Diese Erwägung erweist sich als rechtsfehlerhaft. Damit wirft die Strafkammer dem Angeklagten die Begehung der Straftat als solche vor, ohne dass Besonderheiten vorliegen, die es rechtfertigen könnten, das „Unrecht der Tat“ straferhöhend zu werten; dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB (vgl. dazu Fischer, StGB, 62. Aufl., § 46 Rn. 76, 76 b). Hätte das Opfer Anlass zur Tat gegeben, wäre dies ein Umstand, der den körperlichen Übergriff in einem milde-ren Licht erscheinen lassen könnte. Mit der Erwägung des Tatgerichts wird damit zu Lasten des Angeklagten unzulässigerweise das Fehlen eines Milderungsgrundes in die Strafzumessung eingestellt (vgl. Senat, Beschluss vom 8. Januar 2015 – 2 StR 233/14). …“
  • In einem weiteren Fall hatte die StK zu Ungunsten des Angeklagten seine kriminelle Energie und seine Gewaltbereitschaft berücksichtigt. Auch diese Formulierung lässt besorgen, dass das Landgericht damit dem Angeklagten unter Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB die bloße Tatbegehung vorgeworfen hat. Umstände, die eine kriminelle Energie belegen, welche über typischerweise mit der Begehung einer Körper-verletzung verbundenes Tatunrecht hinausgehen, hat die Strafkammer weder dargelegt noch ergeben sich diese aus den Urteilsgründen im Übrigen. Die Tat ist vielmehr geprägt von einem vorangegangenen Wortgefecht mit gegenseitigen Beleidigungen, an deren Ende der Angeklagte seiner Ehefrau mit der flachen Hand kräftig ins Gesicht schlug und diese durch die Wucht des Schlages zu Boden fiel. Das Verhalten des Angeklagten ist danach weder Ausdruck besonderer krimineller Energie noch lässt sich daran eine Gewaltbereitschaft ablesen, die strafschärfend zu Lasten des Angeklagten hätte berücksichtigt werden dürfen. Dies gilt im Übrigen trotz des von der Strafkammer an anderer Stel-le erwähnten Umstands, dass die Ehe des Angeklagten „aufgrund von Hand-greiflichkeiten des leicht aufbrausenden, aggressiven und eifersüchtigen Angeklagten gegenüber seiner Ehefrau“ problematisch verlaufen ist. Auch dadurch wird die dem Angeklagten vorgeworfene „Gewalt“-Bereitschaft nicht hinreichend belegt.“
  • Und dann noch: Auch soweit die Strafkammer im Fall II.3 der Urteilsgründe die „kriminelle Energie“ zu Lasten des Angeklagten im Rahmen der konkreten Strafzumessung berücksichtigt hat, begegnet diese floskelhafte, nicht näher erläuterte Erwägung rechtlichen Bedenken. Es erschließt sich auch aus dem abgeurteilten Geschehen nicht, welche gegenüber normalem Tatunrecht erhöhte kriminelle Energie dem Angeklagten zum Vorwurf gemacht wird…“

Alles unschön und muss alles nicht sein, wenn man als Strafkammer ein wenig mehr auf die Formulierung(en) achten würde.