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Auslagen im Bußgeldverfahren, oder: Akteneinsicht vor Einlassung schadet nicht

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Und auch die zweite Entscheidung am heutigen „Gebührenfreitag“ hat nur mittelbar etwas mit Gebühren zu tun. Es geht nämlich zunächst mal um eine Kostengrundentscheidung im Bußgeldverfahren. Die Verwaltungsbehörde hatte das Verfahren eingestellt, die Übernahme der notwendigen Auslagen des Betroffenen – also seine Verteidigerkosten – unter Hinweis auf § 109a Abs. 2 StPO OWiG abgelehnt. Anders das AG Krefeld im AG Krefeld, Beschl. v. 17.10.2018 – 33 OWi 349/18 (b):

„Die Voraussetzungen des § 109a Abs. 2 OWiG liegen nicht vor.

Zum einen sind die Auslagen des Betroffenen in Form der Rechtsanwaltskosten nicht (jedenfalls nicht in voller Höhe) deshalb entstanden, weil der Betroffene entlastende Umstände nicht „rechtzeitig“ i.S.d. Norm vorgebracht hätte; der Betroffene hatte sei¬nen Verteidiger bereits vor Erlass des Bußgeldbescheids nach Erhalt des Anhörungsbogens vom 23.04.2018 eingeschaltet.

Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass der Betroffene die ihn entlastenden Umstän¬de, die zu einer Einstellung des Verfahrens geführt haben, nicht „rechtzeitig“ vorgebracht hätte. Die Mitteilung, dass der Betroffene nicht der Fahrer des Fahrzeugs gewesen sei (sondern ein namentlich benannter Dritter), erfolgte bereits mit Schriftsatz des Verteidigers vom 14.05.2018, eingegangen am 15.05.2018. Unter Berücksichtigung dessen, dass der Verteidiger auf das Anhörungsschreiben hin zunächst Akten¬einsicht unter dem 02.05.2018 beantragte, diese unter dem 08.05.2018 für fünf Tage, d.h. bis zum 13.05.2018 gewährt, der Bußgeldbescheid jedoch bereits unter dem 11.05.2018 erlassen wurde (Zustellung am 18.05.2018), ist das Vorbringen noch als rechtzeitig zu betrachten. Dies gilt vorliegend erst recht Unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Betroffene inhaftiert war, was naturgemäß die zeitlichen Informationsabläufe verzögert; auf eine Kenntnis der Verwaltungsbehörde kommt es insoweit nicht an, weil insoweit ein objektiver Maßstab gilt (Hadamitzky, in: KK-OWiG, § 109a Rn.11). Dass der Betroffene bzw. dessen Verteidiger erst Akteneinsicht begehrte, bevor eine Einlassung abgegeben wurde, ist unschädlich. Eine Einlassung wurde nicht per se verweigert, sondern als „eventuell“ durch den Verteidiger erfolgend. in Aussicht gestellt; eine solche Verteidigereinlassung erfolgt regelmäßig erst nach erfolgter Akteneinsicht.“

Die Berichtigung der Kostenentscheidung gilt, auch wenn es dem Bezirksrevisor nicht gefällt.

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Als zweite Entscheidung am „Gebührenfreitag“ dann mal wieder ein Beschluss, in dem es um die nachträgliche Berichtigung einer Kostenentscheidung geht. Das LG verwirft die Berufung der Staatsanwaltschaft. Im Verwerfungsurteil werden aber die notwendigen Auslagen der Angeklagten nicht der Staatskasse auferlegt. Die Berufungskammer erkennt das „Versehen“ und berichtigt ihren Beschluss, womit übrigens auch die Staatsanwaltschaft einverstanden war. Das AG lehnt dann dennoch die Festsetzung der Gebühren für die Berufung ab mit der Begründung: Keine Kostengrundentscheidung. Dem schließt sich im Beschwerdeverfahren (natürlich) der Bezirksrevisor an mit der Begründung: Nachträgliche Berichtigung war nicht zulässig.

Das LG Traunstein sieht es im Beschwerdeverfahren dann anders und setzt im LG Traunstein, Beschl. v. 23.08.2018 – 2 Qs 87/18 – dann die Gebühren fest:

1. Es liegt eine ausreichende Auslagengrundentscheidung nach dem Tenor des Berufungsurteils in Form des Berichtigungsbeschlusses der 3. Strafkammer des Landgerichts Traunstein vor.

Gemäß §§ 464 StGB ist im Urteil darüber zu entscheiden, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind (Absatz 1) und wer die notwendigen Auslagen trägt (Absatz 2). Unterbleibt eine ausdrückliche Kostenentscheidung so trägt die Staatskasse die Kosten, eine Nachholung ist unzulässig, beim Fehlen einer ausdrücklichen Auslagenentscheidung verbleiben die notwendigen Auslagen bei demjenigen, dem sie entstanden sind (Meyer-Goßner/Schmitt, § 464 StPO Rz. 12).

Im vorliegenden Fall ist aber eine Kosten- bzw. Auslagenentscheidung durch die 3. Strafkammer des Landgerichts Traunstein im Urteil vom 20.04.2017 nicht vollständig unterblieben, sondern das Gericht hat entschieden, dass die Berufung kostenpflichtig verworfen wird. Damit hat das Landgericht eine, wenn auch unzureichende bzw. unvollständige Entscheidung über die Kosten getroffen. Nach einhelliger Meinung kann eine Kostenentscheidung aber auch ausgelegt werden.

Eine ausdrückliche Kostenentscheidung ist zwar auch dann erforderlich, wenn sich die Kostenfolge einer gerichtlichen Maßnahme unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Denn nicht die materielle Rechtslage, sondern erst der gerichtliche Ausspruch bildet als Kostentitel die Grundlage der Kostenfestsetzung. Es gibt allerdings keinen Grund, weshalb der Ausspruch über eine Kostenentscheidung im Urteil nicht auslegungsfähig sein sollte. Die Auslegung ist nach dem Gewollten und den Gesetzesnormen vorzunehmen. Hier ergibt sich, dass das Berufungsgericht eine Kostenentscheidung treffen wollte und diese auch getroffen hat, allerdings hat es eine Formulierung verwendet, die nicht zwischen den Kosten der Staatskasse und den notwendigen Auslagen unterscheidet, wie es üblich ist. Andererseits ergibt sich aus der klaren gesetzlichen Regelung des § 467 Abs. 1 StPO, dass die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last fallen, soweit der Angeschuldigte freigesprochen wird.

§ 467 Abs. 1 StPO zieht die notwendigen kostenrechtlichen Konsequenzen aus der Unschuldsvermutung des Artikel 6 Abs. 2 EMRK (vgl. Gieg in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Auflage 2013, Randnr. 1). Ausfluss dieser Unschuldsvermutung ist nicht nur, dass der Beschuldigte, der freigesprochen wurde, so anzusehen ist, als wäre nie ein Strafverfahren gegen ihn geführt worden, welches den Verdacht einer Straftat beinhaltete, sondern auch, dass er ebenso von allen finanziellen Nachteilen, welche mit dem gegen den freigesprochenen Beschuldigten geführten Strafverfahren im Zusammenhang stehen, freigestellt werden muss. So hat er gegebenenfalls auch Anspruch auf Entschädigung nach dem Strafverfolgungsentschädigungsgesetz.

Aber auch die Kosten im Zusammenhang mit der Führung des Verfahrens vor Gericht hat ein Freigesprochener nicht zu tragen. Dies wird deswegen in § 467 Abs. 1 StPO klar gesetzlich festgestellt. Wenn ein Angeklagter auf Kosten der Staatskasse freigesprochen wird, hat diese Kostenentscheidung den objektiven Erklärungswert, dass die Staatskasse den Freigesprochenen umfassend finanziell zu entlasten hat, also auch seine notwendigen Auslagen zu tragen hat (vgl. OLG Düsseldorf, 12.01.1994, 2 Gs 593/93 und OLG des Landes Sachsen-Anhalt vom 17.01.2001, 1 Gs 13/01). Dieser Erklärungswert ist aber auch bei einer Formulierung, wie im vorliegenden Fall, wonach die Berufung kostenpflichtig verworfen wird, gegeben. Jedem Angehörigen der entsprechenden Verkehrskreise, sei es Staatsanwalt, Richter, Rechtsanwalt und auch Rechtspflegern ist ohne Weiteres klar, dass bei einer Verwerfung einer Berufung als kostenfällig die Kosten der Staatskasse zugewiesen werden, einschließlich der Kosten auch der notwendigen Auslagen. Dies folgt auch aus der eindeutigen Regelung des § 467 Abs. 1 StPO. Jede andere Ansicht oder Auslegung wäre lebensfremd und würde die Rechte eines Freigesprochenen in nicht nachvollziehbarer und für die rechtstreue Bevölkerung unverständlicher Weise benachteiligen.

…..

3. Hinzu kommt im vorliegendem Fall, dass die 3. Strafkammer des Landgerichts Traunstein mit Beschluss vom 08.09.2017 den Tenor seines Urteils dahingehend berichtigt hat, dass die notwendigen Auslagen ebenfalls der Staatskasse zur Last fallen. Zwar ist umstritten, ob ein derartiger Berichtigungsbeschluss überhaupt zulässig ist, allerdings ist dieser Beschluss tatsächlich ergangen und wurde auch von keinem Beteiligten angefochten. Ergeht ein unzulässiger Nachtragsbeschluss und wird dieser rechtskräftig, so ist der Mangel geheilt (Hilger in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2010, § 464 Rn. 28 a. E.).

Die Beschwerdekammer sieht sich außer Stande, sich über diesen Beschluss hinwegzusetzen, da er existent ist und es sich hierbei nicht um einen willkürlichen oder nichtigen Beschluss handelt.

Die Vorsitzende der 3. Strafkammer hat der Beschwerde der Beschwerdeführerin abgeholfen, indem sie den ergänzenden Beschluss erlassen hat, § 311 Abs. 3 Satz 2 StPO. Dementsprechend wurde in einem Vermerk vom 30.11.2017 (BI. 177 d. A.) von der Vorsitzenden der 3. Strafkammer ausgeführt, dass mit der Berichtigung der Kostenentscheidung der Beschwerde gegen die Kostenentscheidung vom 23.08.2017 bereits faktisch abgeholfen worden sei, die Beschwerde gehe daher in Leere und auch eine Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag der pp sei nicht mehr veranlasst.“

Jetzt lassen wir mal die Frage dahingestellt, ob eine nachträgliche Berichtigung der Kostenentscheidung möglich ist oder nicht; die Frage wird von der wohl hM. verneint. Aber: Eine Auslegung und Klarstellung wird man als zulässig ansehen können und die hat die Berufungskammer hier vorgenommen. Aber darauf kam es m.E. im Kostenfestsetzungsverfahren auch gar nicht mehr an. Denn entscheidend ist – und darauf weist das LG ja auch unter 3. hin -, dass die Berufungskammer ihre Kostenentscheidung „berichtigt“ hatte. Und daran waren das AG und auch der Bezirksrevisor, auch wenn es ihm sicherlich nicht gefallen hat – warum eigentlich? – gebunden. Denn selbst wenn die „Berichtigung“ nicht zulässig war: Der dann vorliegende Fehler führt sicherlich nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses und damit zu dessen Unbeachtlichkeit. Auch wenn es dem Bezirksrevisor nicht gefällt.

Auslegung der Kostenentscheidung, oder: Wer nicht hören will, muss fühlen…..

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Im zweiten Posting des Tages stelle ich den LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 25.07.2017 – 2 Qs 61/17 – vor. In meinen Augen mal wieder eine Entscheidung, die ich in die Rubrik: „Unnötige Arbeit durch den Bezirksrevisor gemacht“ einordnen möchte. Und zwar:

Der Mandant des Kollegen Groß aus Wiesbaden, der mit den Beschluss zugesandt hat, ist vom AG zunächst kostenpflichtig verurteilt worden. Das LG hat das Urteil auf die Berufung hin aufgehoben, den Angeklagten freigesprochen sowie folgende Kostenentscheidung getroffen: „Die Kosten des Berufungsverfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen.“ In den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils wird für die Kostenentscheidung § 467 Abs. 1 StPO herangezogen. Nach erfolgloser Revision der Staatsanwaltschaft beantragt der Kollege die Festsetzung und Erstattung seiner Wahlverteidigergebühren. Die Bezirksrevisorin macht demgegenüber geltend, dass der Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der 1. Instanz zurückzuweisen sei, weil der frühere Angeklagte mit dem Urteil der 1. Instanz kostenpflichtig verurteilt worden sei und in dem Berufungsurteil des LG der frühere Angeklagte zwar freigesprochen worden sei, eine Kostenentscheidung gemäß § 467 StPO aber lediglich über die Kosten des Berufungsverfahrens getroffen worden sei.

Muss man m.E. auch erst mal drauf kommen, aber welche Ideen hat man nicht, um sich an der Kostentragungspflicht der Staatskasse dann doch noch vorbei zu mogeln. Das AG folgt dem Bezirksrevisor. Nun, der Kollege hat es nicht hingenommen und Rechtsmittel gegen den AG-Beschluss eingelegt. Und das hatte – wie m.E. nicht anders zu erwarten – beim LG Erfolg:

„Die zulässige sofortige Beschwerde ist auch in der Sache begründet.

Die maßgebliche Kostenentscheidung ist diejenige in dem Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 26.01.2016. Danach sind die Kosten des Berufungsverfahrens und die notwendigen Auslagen des früheren Angeklagten von der Staatskasse zu tragen. Die beantragten Wahlverteidigergebühren stellen dabei notwendige Auslagen des früheren Angeklagten i.S.d. § 464a Abs. 2 StPO dar. Diese sind von der maßgeblichen Kostenentscheidung des Berufungsurteils richtigerweise umfassend erfasst, denn weder ist in dem Tenor ein einschränkender Zusatz (der Sache nach im Hinblick auf die Absätze 2 bis 5 des § 467 StPO oder unter dem zeitlichen Aspekt der Instanzen) vorhanden noch ergibt sich eine Einschränkung aus den Entscheidungsgründen. Aus dem Umstand, dass hinsichtlich der Verfahrenskosten — zu Unrecht — eine Beschränkung auf die Berufungsinstanz erfolgt ist, ist auch nicht zwingend abzuleiten, dass gleiches für die notwendigen Auslagen gelten sollte; vielmehr fehlt es insoweit an einem solchen Zusatz gerade. Der in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils angeführte § 467 Abs. 1 StPO nimmt zudem keine Differenzierung hinsichtlich der angefallenen notwendigen Auslagen nach Instanzen vor, vielmehr sind nach dem Grundsatz des § 467 Abs. 1 StPO diejenigen Auslagen erfasst, die bis zum Zeitpunkt der Entscheidung angefallen sind (Gieg in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. 2013, § 467 Rn. 3).“

„Wer nicht hören will, muss fühlen……….“

Jetzt geht es beim AG weiter = um die Höhe der Kosten. Im Zweifel wird der Kollege noch einmal die Hilfe des LG benötigen.

Einstellung des Bußgeldverfahrens ==> Auslagen des Betroffenen Staatskasse, oder: Geht doch

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Und bevor wir nun einen „Herzkaspar“ bekommen angesichts der nur wenig schönen Entscheidungen des OLG Düsseldorf und des OLG Celle, die ich heute vorgestellt habe (vgl.Traffistar S 350 Semi-Station, oder: Fortlaufender Gesetzesverstoß, aber kein Verwertungsverbot und OLG Celle: Lebensakte muss die Verwaltung nicht führen, aber der Betroffene „tatsachenfundiert vortragen“, hier dann eine erfreuliche Entscheidung betreffend die Auferlegung der Auslagen des Betroffenen nach Einstellung des Verfahrens auf die Staatskasse. Das AG Mettmann – schon wieder Mettmann 🙂 – hatte in einem Bußgeldverfahren nach Einstellung von der Auferlegung der Auslagen des Betroffenen auf die Staatskasse abgesehen. Begründung: Nach dem Akteninhalt wäre eine Verurteilung des Betroffenen ohne das vorliegende Verfahrenshindernis (Verjährung?) wahrscheinlich gewesen. Nee, sagt das LG Wuppertal im LG Wuppertal, Beschl. v. 21.07.2017 – 26 Qs 130/17 (923 Js-OW1 146/16). So nicht:

„Diese Ausführungen tragen nach Auffassung der Kammer die von dem Amtsgericht getroffene Entscheidung nicht. Anknüpfungspunkt für die aufgrund § 46 Abs. 1 OWiG vorliegend sinngemäß Anwendung findende Ausnahmebestimmung in § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO ist, dass durch ein erst im Laufe des Verfahrens eingetretenes Verfahrenshindernis eine nachteilige Entscheidung zulasten des Betroffenen unterblieben ist. Ein wesentliches Kriterium im Rahmen der Ermessensausübung des erkennenden Gerichts kann insofern die Verurteilungswahrscheinlichkeit darstellen [zum Meinungsstand betreffend den hierfür erforderlichen Verdachtsgrad nur OLG Köln, NStZ-RR 2010, 392].

Diesen rechtlichen Rahmen hat das Amtsgericht zwar erkannt und seiner Entscheidungsfindung zugrunde gelegt. Nach Auffassung der Kammer war die bisherige Tatsachengrundlage allerdings nicht geeignet, den erforderlichen Verdachtsgrad gegenüber dem Betroffenen zu begründen. Hierfür ist aufgrund des Ausnahmecharakters der Vorschrift zu fordern, dass neben dem hinreichenden bzw. erheblichen Tatverdacht auch keine Umstände erkennbar sind, ,,die bei Fortführung der Hauptverhandlung die Verdichtung des Tatverdachts zur prozessordnungsgemäßen Feststellung der Tatschuld in Frage stellen würden“ [BGH, NStZ 2000, 330, 331].

Letztere Voraussetzung ist vorliegend abzulehnen. So hat der Betroffene über seinen Verteidiger u. a. die ordnungsgemäße Durchführung der Messung wie auch die Fahrereigenschaft des Betroffenen in Abrede gestellt. Diesen Umständen hätte das Amtsgericht im Rahmen der Hauptverhandlung nachgehen müssen. Nur dadurch wäre eine hinreichende Überzeugungsbildung für das Gericht möglich geworden. In einer Gesamtschau stellen die Einwendungen des Verteidigers daher Umstände dar, die die hypothetisch zu bewertende fortschreitende Verdichtung des Tatverdachts hin zur Feststellung der Tatschuld des Betroffenen in Frage stellen.“

Na bitte, geht doch.

Verteidiger aufgepasst bei den Rechtsmittelkosten, oder: Entscheidend ist, was hinten raus kommt

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Ich komme dann noch einmal auf die gestrige „Lasange-Entscheidung“ des OLG Celle zurück, also auf den OLG Celle, Beschl. v. 05.04.2017 – 1 Ss (OWi) 5/17 (dazu Sonntagsfahrverbot, oder: Ist „Fertiglasagne“ ein „frisches Fleicherzeugnis“?). Der enthält nämlich auch eine ganz interessante kostenrechtliche Aussage.

Das Verfahren war insgesamt drei mal beim OLG. Zweimal hatte die betroffene Verfallsbeteiligte mit seinen Rechtsbeschwerden Erfolg, und zwar sind zwei vorangegangene Urteile des AG jeweils auf die Rechtsbeschwerde der Verfallsbeteiligten hin wegen Rechtsfehlern im Zusammenhang mit dem Einsatz eines Dolmetschers in der Hauptverhandlung aufgehoben worden (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 22. Juli 2015 – 1 Ss (OWi) 118/15, NStZ 2015, 720;  OLG Celle, Beschluss vom 4. April 2016 – 1 Ss (OWi) 54/16, StV 2016, 806). Die dritte Entscheidung des AG hat nun (endlich) gehalten. In der letzten Kostenentscheidung hat das AG „die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der vorangegangenen Rechtsbeschwerdeverfahren“ der Verfallsbeteiligten auferlegt. Hiergegen hat die sich mit der Kostenbeschwerde gewandt. Und: Kein Erfolg. Das OLG hat im OLG Celle, Beschl. v. 05.04.2017 – 1 Ss (OWi) 5/17 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen:

„Die notwendigen Auslagen der Verfallsbeteiligten in den vorangegangenen Rechtsbeschwerdeverfahren beziehungsweise Rechtsgängen sind entgegen der Rechtsauffassung der Verfallsbeteiligten nicht deshalb der Staatskasse aufzuerlegen, weil die vorangegangenen Rechtsbeschwerden jeweils zur Aufhebung der angefochtenen Urteile wegen durchgreifender Rechtsfehler und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht geführt haben. Von vornherein rechtlich nicht in Betracht kommt eine von der Verfallsbeteiligten erstrebte teilweise Auferlegung ihrer Auslagen auf Dritte (Dolmetscher), welche die Verfallsbeteiligte wegen fehlerhaften Agierens im Verfahren für die Aufhebung der vorangegangenen Urteile in vorliegender Sache auf ihre Rechtsbeschwerden hin verantwortlich macht.

Kostenrechtlich kommt es allein darauf an, ob ein Rechtsmittel im Ergebnis Erfolg hat. Abzustellen ist mithin nicht auf die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts, sondern das letztendliche Verfahrensergebnis (BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2005 – 4 StR 143/05, NStZ-RR 2006, 32; BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1998 – 3 StR 387/98, NStZ-RR 1999, 63; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, § 465 Rn. 3, § 473 Rn. 7 m.w.N.). Insofern hat die Verfallsbeteiligte zwar einen Teilerfolg erzielt, als der Verfallsbetrag gegenüber dem im ersten amtsrichterlichen Urteil festgesetzten Betrag reduziert worden ist, weil nunmehr nicht der gesamte Nettofrachterlös, sondern allein der auf die Fahrtstrecke in Deutschland bezogene Anteil für verfallen erklärt worden ist. Indes sind in Anwendung des § 473 Abs. 4 StPO gleichwohl – wie dies das Amtsgericht im angefochtenen Urteil getan hat – die gesamten Verfahrenskosten der Verfallsbeteiligten aufzuerlegen, weil dies nicht unbillig ist. Denn das Vorbringen der Rechtsbeschwerdeführerin lässt erkennen, dass sie auch dann Rechtsbeschwerde eingelegt hätte, wenn schon im ersten amtsgerichtlichen Urteil ein Verfall in der Höhe angeordnet worden wäre, wie dies nunmehr der Fall ist. Denn die Verfallsbeteiligte hat durchgängig die Rechtsauffassung vertreten, dass eine Verfallsanordnung nicht statthaft sei, weil die verfahrensgegenständliche Fahrt ihrer Auffassung nach keinen Verstoß gegen das Sonn- und Feiertagsfahrverbot des § 30 Abs. 3 S. 1 StVO darstellte (vgl. insofern Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, § 473 Rn. 26 m.w.N.).

Eine Anwendung des § 21 GKG ist nicht veranlasst; hinzu kommt, dass § 21 GKG eine Auflegung von notwendigen Auslagen eines Verfahrensbeteiligten auf die Staatskasse ohnehin nicht zulässt (vgl. insofern BGH, Beschluss vom 24. Mai 2000 – 1 StR 80/00, NStZ 2000, 499; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, § 465 Rn. 11 m.w.N.).“

Entscheidend ist also, was hinten raus kommt. Das muss man als Verteidiger immer auch im Auge behalten, wenn es um die Beratung/Frage geht: Rechtsmittel ja oder nein.