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10,43 qm reichen für einen Sicherungsverwahrten…???

© chris52 - Fotolia.com

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Der vom OLG Hamm, Beschl. v. 14.01.2014 – 1 Vollz (Ws) 438/13 – Betroffene befindet sich seit dem 09.04.2002 in Sicherungsverwahrung in der JVA B, wo er im Hafthaus 1, dem abgetrennten Bereich für die Sicherungsverwahrten, untergebracht ist. Das Zimmer des Betroffenen im Hafthaus 1 hat – ebenso wie die Räume aller anderen Sicherungsverwahrten, aber auch der Strafgefangenen in der JVA B – eine Größe von 10,43 qm zuzüglich eines baulich abgetrennten Sanitärbereichs von 1,20 qm. Der Betroffene sieht das nicht als ausreichend an und hat beantragt, ihn „rechtskonform“ unterzubringen. Damit hatte er beim OLG Hamm keinen Erfolg. Das sagt: Nach wie vor ausreichend:

„Eine Auslegung des in § 14 Abs. 2 SVVollzG NW verwendeten Begriffes „ausreichend“ unter Berücksichtigung der dafür heranzuziehenden maßgeblichen Umstände führt zu dem Ergebnis, dass die Unterbringungssituation des Betroffenen den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
Bei der nunmehr umfassenden gesetzlichen Ausgestaltung des Vollzuges der Sicherungsverwahrung handelt es sich entsprechend der obigen Darlegungen nicht um eine vollständige rechtliche Neuordnung, sondern vielmehr lediglich um eine gesetzgeberische Umsetzung des bereits zuvor durch die Rechtsprechung – namentlich des Bundesverfassungsgerichts – normierten Abstandsgebotes.

Bereits im Rahmen der oben angeführten Entscheidung vom 19. November 2012 hat der Senat – wie bereits ausgeführt – auf Grundlage der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eingehend dargelegt, dass die Unterbringung eines Sicherungsverwahrten in einem Haftraum von ca. 10 m2 Größe nicht als menschenunwürdig, sondern vielmehr vor allem unter Berücksichtigung der weiteren Bewegungserleichterungen gegenüber Strafgefangenen grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber bei Verabschiedung des Gesetzes zur Regelung des Vollzuges der Sicherungsverwahrung in Nordrhein-Westfalen mit der nunmehr gewählten Formulierung betreffend eine „ausreichende“ Größe der Zimmer der Untergebrachten von den Erwägungen des Senats abweichen wollte. Dies zumal deshalb, als davon auszugehen ist, dass dem Gesetzgeber bei Verabschiedung des Gesetzes die Rechtsprechung des erkennenden und für das Land Nordrhein-Westfalen zur Entscheidung dieser Fragen allein zuständigen Strafsenats bekannt gewesen ist….“

„Ein Haftraum ist kein „Briefkasten“……

Mal wieder etwas aus dem Strafvollzug, und zwar zur Ersatzzustellung im Strafvollzug. Einem Verurteilten wird im Strafvollstreckungsverfahren ein Beschluss der Strafvollstreckungskammer „zugestellt“, und zwar, da der Verurteilte wohl nicht in seiner Zelle anwesend war, im Wege der „Ersatzzustellung“ dadurch, dass der Beschluss – im wahrsten Sinne des Wortes – in der Zelle niedergelegt wird. Das OLG Hamm bezweifelt im OLG Hamm, Beschl. v. 11.04.2013 – 1 Vollz (Ws) 106/13 – die Wirksamkeit der Zustellung:

„Zwar war die Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 17.08.2012 womöglich unwirksam, da nach der Gefangenenzustellungsurkunde eine Ausfertigung des Beschlusses lediglich im Haftraum hinterlegt, hingegen nicht dem Gefangenen übergeben wurde. Es erscheint zweifelhaft, ob eine Hinterlegung der Sendung im Haftraum den Anforderungen an eine Ersatzzustellung nach §§ 120 StVollzG, 37 StPO, 180 ZPO genügt. Der Haftraum ist kein „Briefkasten“. Ob er als „ähnliche Vorrichtung“, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat, anzusehen ist, ist ebenfalls zweifelhaft. Für das Niederlegen von Sendungen an irgendeiner Stelle in der Wohnung des Adressaten durch den Postzusteller ist höchstrichterlich entschieden, dass dies die Anforderungen an die Ersatzzustellung nicht erfüllt, weil dies keine Gewähr mehr dafür bietet, dass der Empfänger die Mitteilung auch tatsächlich vorfindet, vielmehr besteht die Gefahr, dass er sie achtlos beiseite legt oder wegwirft, weil er sie an diesen Stellen üblicherweise nicht erwartet (BVerwG NJW 1973, 1945). Etwas anders kann nach Auffassung des Senats auch nicht für den Haftraum eines Sicherungsverwahrten gelten.“

Entscheiden musste der Senat die Frage nicht, da die Rechtsbeschwerde des Verurteilten aus anderen Gründen, auch wenn die Zustellung als unwirksam angesehen worden wäre, keinen Erfolg gehabt hätte.

Traurig, traurig, was sich die Bundesrepublik da „leistet“

Es ist schon mehrfach in den vergangenen Tagen über den Beschl. des BVerfG v. 22.02.2011 – 1 BvR 409/09 berichtet worden (vgl. hier und hier), mit dem das BVerfG dem Land NRW in einem Verfahren auf Bewilligung von PKH eine Abfuhr erteilt hat.

Darum nur kurz. Es ging mal wieder um die Versagung von Prozesskostenhilfe für eine Amtshaftungsklage wegen menschenunwürdiger Haftunterbringung. Der Beschwerdeführer hat PKH für eine Amtshaftungsklage gegen das Land NRW wegen menschenunwürdiger Unterbringung in zwei Justizvollzugsanstalten, in denen er sich zunächst in Untersuchungshaft und später in Strafhaft befunden hatte, beantragt. Wenn man dann liest, wie es dort aussah – zwei Gefangene teilen sich eine Zelle mit einer Grundfläche von 8 qm, die Toilettenschlüssel in einer Ecke war nur durch eine verstellbare Holzwand abgedeckt, einen Meter davon entfernt musste gegessen werden – dann fragt man sich, warum ein solches Verfahren eigentlich erst bis zum BVerfG gehen muss.

Traurig, traurig…

Mal wieder was zur menschenunwürdigen Unterbringung in der JVA – stilles Erdulden bringt nichts, sondern meckern muss man ….

Das OLG Düsseldorf berichtet in einer PM v. 26.08.2010 über ein Urteil des 18. Zivilsenats vom 25.08.2010 – I 18 U 21/10, in dem es (mal wieder) um die menschenunwürdige Unterbringung in der Haft ging. Die Zelle des Gefangenen war (nur) 8,3 qm groß, mehrfach belegt und mit einer offenen Toilette (immerhin) mit Sichtschutz ausgestattet. Das LG hatte eine Entschädigung gewährt, das OLG hat auf die Berufung des Landes das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. In der PM heißt es: „Die Frage, wann eine Geldentschädigung zu gewähren sei, sei nicht pauschal, sondern anhand des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen. Hier habe der Häftling selbst die Situation nicht als unerträglich empfunden. So habe er, nachdem er einen Vollzugsbeamten um die Verlegung in eine Einzelzelle gebeten habe, sein Anliegen nicht mehr weiterverfolgt. Auch habe er sich weder an die Gefängnisleitung gewandt noch bestehende Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft. Es sei davon auszugehen, dass die Anstaltsleitung einem Verlegungsgesuch nachgekommen wäre, wenn der Gefangene nachdrücklich darauf bestanden hätte.“ Das passt – das vollständig begründete Urteil liegt noch nicht vor – zum Urteil des BGH v. 11.03.2010 – III ZR 124/09 (vgl. dazu hier): Auch da hatte der Verurteilte nicht unternommen. Also: Meckern, meckern, meckern.

Man fragt sich allerdings, warum das Land bei einer zugesprochenen Entschädigung von 680 € (!!) in die Berufung gehen muss. Gerichts- und Anwaltskosten dürften – ich habe nicht ausgerechnet – sicherlich ausreichen, um die 680 € zu zahlen. Und: Ist es nicht im Grunde „erbärmlich“, dass es einem Rechtsstaat nicht gelingt, seine Gefangenen menschenwürdig unterzubringen? 8,3 qm, Mehrfachbelegung und offene Toliette……..sind es nicht.

Im wahrsten Sinne des Wortes: Das ist eine „Sauerei“, oder zumindest ein starkes Stück…

…was ein Strafgefangener auf Transporten erleben/erdulden musste (vgl. dazu den Beschl. d. BVerfG v. 15.07.2010 – 2 BvR 1023/08).

Er war dabei zweimal jeweils kurzzeitig im Transporthaus einer niedersächsischen Strafvollzugsanstalt untergebracht. Nach der zweiten dortigen Unterbringung beantragte er beim LG u.a. die gerichtliche Feststellung, dass die zuständige JVA durch die Anordnung seiner Unterbringung in dem Transporthaus seine Menschenwürde (Art. 1 GG) verletzt habe. Dazu trug er vor, dass die Haftraumwände mit Hakenkreuzen und rassistischen, Gewalt androhenden Texten versehen gewesen seien, und es habe sich Kot an den Wänden befunden (wegen der Einzelheiten der „Ausstattung“ vgl. die Darstellung im Beschluss des BVerfG). Schon bei der früheren Unterbringung seien die Wände in dem Transporthaus in ähnlicher Weise – insbesondere mit antisemitischen Äußerungen rohster Art – beschmiert gewesen. Das LG hat seinen Antrag mit der Begründung zurück, dass angesichts der Beendigung der Unterbringung der Beschwerdeführer kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit mehr habe. Das OLG hat die hiergegen erhobene Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.

Warum „Sauerei“ oder „starkes Stück“?

  1. Zunächst m.E. wegen der „Art der Unterbringung“, die man dem Strafgefangenen zumutet. Was du nicht willst, das man dir tut…. oder: Auch Strafgefangene sind keine Menschen zweiter Klasse, wie der Kollege Vetter zutreffend feststellt (vgl. hier). Weder die Hakenkreuze noch die Texte sind zumutbar und erst recht nicht der Kot an den Wänden.
  2. Für mich nicht nachvollziehbar ist, dass das LG und auch das OLG sich auf einen formalen Gesichtspunkt zurückgezogen haben. Das LG ist davon ausgegangen, dass eine Rückverlegung des Strafgefangenen konkret nicht erkennbar sei. Dabei hat man übersehen, dass bei gewichtigen Eingriffen ein Feststellungsinteresse trotz zwischenzeitlicher Erledigung jedenfalls dann anzuerkennen ist, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene gerichtlichen Rechtsschutz kaum erlangen kann. Und da fragt man sich: Wie soll der Strafgefangene die Frage denn überprüfen lassen können?
  3. Nachdenklich stimmt mich allerdings auch, dass das BVerfG (mal wieder) mehr als zwei Jahre gebraucht hat, um die Frage zu entscheiden. Da fragt man sich doch wirklich: Was nützt mir ein Verfassungsgericht, das mir dann nach zwei Jahren endlich Rechtsschutz gewährt.