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„Starenkasten“ reicht nicht, ..

wenn damit eine Geschwindigkeitsmessung mit einem standardisierten Messverfahren dargestellt/beschrieben werden soll. So zutreffend der OLG Celle, Beschl. v. 21.09.2011 – 322 SsRs 328/11.  Denn die Bezeichnung lässt nun in keiner Weise erkennen, welches Messverfahren verwandt worden ist, insbesondere, ob es sich überhaupt um ein sog. standardisiertes Messverfahren, bei dem die Anforderungen an die Urteilsgründe reduziert sind gehandelt hat. Mitgeteilt werden muss daher auf jeden Fall das Messverfahren und der in Abzug gebrachte Toleranzwert. Umstritten. ist, ob das Urteil, wovon offenbar auch das OLG Celle ausgeht, darüber hinaus grds. Feststellungen zur notwendigen Eichung des eingesetzten Messgeräts enthalten muss.

Der einsendende Kollege weist mit Recht darauf hin, dass, auch wenn die Entscheidung in rechtlicher Hinsicht wenig Neues bietet, sie doch zeigt, dass eine genaue Prüfung der Urteilsgründe auf „Standardfehler“ selbst dann sinnvoll ist, wenn die erhöhte Hürde des Zulassungantrages zu überspringen ist.

Zu begrüßen ist es zudem, dass das OLG die Rechtsbeschwerde zugelassen und sich nicht auf die häufig(er) zu lesende Argumentation „Fehler im Einzelfall, der sich nach einem Hinweis des OLG nicht wiederholen wird“, zurückgezogene und den Zulassungsantrag dann mit der Begründung verworfen hat.

Bezugnahme im OWi-Urteil – geht nur ausnahmsweise

Der OLG Jena, Beschl. v. 22.08.2011 – 1 Ss 68/11 – weist (noch einmal) darauf hin, dass bei einer Geschwindigkeitsmessung mit Provida 2000 sich dem tatrichterlichen Urteil entnahmen lassen muss,  in welcher Weise die Videoüberwachungsanlage ProViDa 2000 zum Einsatz gekommen ist. Insoweit aber nichts Neues, weil die Aussage h.M. ist.

Interessant ist in dem Zusammenhang aber ein Hinweis in der Entscheidung des OLG Jena. Die GStA hatte die Auffassung vertreten, dass die nicht ausreichenden tatrichterlichen Feststellungen dadurch geheilt würden, dass das AG in den Urteilsgründen auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten, welches die verwendete Messmethode beschrieb, in Bezug genommen worden ist. Das hat dem OLG aber nicht ausgereicht, was zutreffend ist. Denn Bezugnahmen sind nur im Rahmen des § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf Abbildungen zulässig. Pauschale Bezugnahmen auf den im Urteil nicht wiedergegebenen Inhalt in der Akte befindlicher Urkunden können dagegen das Fehlen wesentlicher Urteilsangaben nicht kompensieren.

 

 

Bei einer Geschwindigkeitsmessung mit Provida 2000 muss sich dem tatrichterlichen Urteil entnahmen lassen nämlich, in welcher Weise die Videoüberwachungsanlage ProViDa 2000 zum Einsatz gekommen ist.

Pauschale Bezugnahmen auf den im Urteil nicht wiedergegebenen Inhalt in der Akte befindlicher Urkunden können das Fehlen wesentlicher Urteilsangaben nicht kompensieren.

 

 

 

 

Fernseh-Tipp für Verkehrsrechtler: Heute Abend „ARD Plusminus“

Die heutige (14.09.2011) Ausgabe von Plusminus (ARD, 21.45 Uhr) könnte für Verkehrsrechtler vielleicht ganz interessant sein. Gesendet wird nämlich u.a. ein Beitrag unter Beteiligung der VUT Püttlingen.

Wie könnte es anders sein: Es geht natürlich um verschiedene Problematiken bei Geschwindigkeitsmessungen. Herrr Grün ist ja als Sachverständiger nicht mehr ganz unbekannt :-). Geplant ist auch die Vorstellung seiner neuesten statistischen Auswertung von mittlerweile knapp 9.000 von mit bzw. von der VUT untersuchten Vorgängen zu Verkehrsordnungswidrigkeiten.

Bei der Gelegenheit dann ein wenig Werbung: kann man hier bestellen (ich bitte um Nachsicht :-); ich weiß, Werbung ist nicht so beliebt).

Achtung:

Nachtrag: Herr Grün informiert mich gerade (14.09.2011, 16:25 Uhr), dass der Beitrag aus Aktualitätsgründen – „Griechenland Geordnete Insolvenz?“ – auf eine der nächsten Sendungen verschoben worden ist.

Geschwindigkeitsmessung, Richtlinien, Gefahrenstelle und „fehlendes Zusatzschild“

Derzeit sind – aus welchen Gründen auch immer – die mit der Beachtung der Richtlinien für die Geschwindigkeitsmessung zusammenhängenden Fragen im Gespräch. Nachdem gerade erst das OLG Stuttgart seine Rechtsprechung in dem Bereich (teilweise) nach einer Änderung der Richtlinien in Baden-Württemberg geändert hat (vgl. hier OLG Stuttgart), kommt jetzt eine Entscheidung aus Niedersachsen.

Das OLG Celle befasst sich in OLG Celle, Beschl. v. v. 25. 7. 2011 – 311 SsRs 114/11 auch mit der Richtlinienproblematik, und zwar mit einer vom Verteidiger aufgeworfenen Fragestellung, die m.E. bislang noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung gewesen ist.

Der Betroffene hatte gegen die Messung eingewendet, an der Stelle, an der gemessen worden sei, nämlich nur 80m nach dem geschwindigkeitsbegrenzenden Schild, habe nicht gemessen werden dürfen, da es sich nicht um einen Ausnahmefall i.S. der Richtlinie gehandelt habe. Zudem hatte er moniert, dass bei der ihn betreffenden Messung die Geschwindigkeitsüberschreitung durch das Aufstellen weiterer Verkehrszeichen an einer vorgezogenen Position ? wie es bei einer späteren Messung erfolgt sei – hätte vermieden werden können.

Das OLG Celle setzt sich mit beiden Einwänden auseinander, und zwar wie folgt:

  1. Nach Nr. 4 Satz 3 der Anlage zur niedersächsischen Richtlinie sei eine Unterschreitung des Regelabstands wegen der unmittelbar hinter der Messanlage liegenden Gefahrstelle zulässig gewesen sei. Bei der Ausübung des Ermessens, welche Gründe ein Abweichen von der Regel rechtfertigen, ist nach Ansicht des OLG Celle den Straßenverkehrsbehörden ein weiter Spielraum einzuräumen. Ist, wie hier, eine Gefahrenstelle vorhanden, so obliegt es grds. der Verkehrsbehörde, anhand der Gegebenheiten vor Ort zu entscheiden, wo die Messstelle eingerichtet wird; diese Entscheidung ist von den Gerichten hinzunehmen, soweit nicht ausnahmsweise die Grenze zur Willkür überschritten wird. Anhaltspunkte für letzteres hat das OLG verneint.
  2. Willkür sieht das OLG insbesondere auch darin begründet, dass eine Unterschreitung des Mindestabstands durch das Aufstellen weiterer Verkehrszeichen an einer vorgezogenen Position, wie es bei einer weiteren Messung erfolgt sei, hätte vermieden werden können. Bestandteil der Richtlinie, auf deren Einhaltung der Betroffene nach Art. 3 GG Anspruch hat, sei eben auch die Ausnahmeregelung in Nr. 4 Satz 3 der Anlage; die Richtlinie enthalte hingegen an keiner Stelle eine Einschränkung dahingehend, dass die Ausnahme nicht gelte, wenn ein Verkehrszeichen auch in größerer Entfernung von einer Gefahrstelle hätte aufgestellt werden können, was im übrigen sehr oft der Fall sein dürfte. Eine nicht existierende Regelung kann indes keinen Anspruch auf Gleichbehandlung begründen.

Messung mit Laveg VL 101 bei einem Motorrad nicht standardisiert

Schon etwas älter, aber mir erst jetzt bekannt geworden ist der KG, Beschl. v. 23.03.2011 – 3 Ws (B) 650/10, der einmal mehr beweist, das nicht alles, was an sich als standardisiertes Messverfahren läuft, auch wirklich als standardisiert angesehen wird. Das KG sagt im Leitsatz der Entscheidung:

Wird eine Geschwindigkeitsmessung mit einem Messgerät vom Typ Laveg VL 101 in Bezug auf ein Motorrad vorgenommen, so liegt bei einer Messung aus einer Distanz von 199 Metern keine standardisierte Messmethode vor, da ein Motorrad kein reflektierendes vorderes Kennzeichen hat und bei einer Ausrichtung des Messstrahls auf Karosserieteile die Bedienungsanleitung dieses Messgeräts den Messbereich auf 30 bis 150 Meter einschränkt.

Also Folge: Feststellungen des AG reichten nicht mit der weiteren Folge, dass das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben worden ist.