Schlagwort-Archive: Geschwindigkeitsmessung

Ja, aber, oder: Messwinkelabweichung bei Traffipax, aber verwertbar

Messfehler bei (Geschwindigkeits)Messungen führen nicht unbedingt zur Unverwertbarkeit der Messung. Vielmehr kann die Messung ggf. verwertet werden, dann aber mit einem höheren Sicherheitsabschlag. Das macht der OLG Hamm, Beschl. v. 05.04.2012 – III 3 RBs 41/12 – in einem Zusatz noch einmal deutlich. Da heißt es:

Das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung mit dem Radarmessgerät Traffipax speedophot ist entgegen der Auffassung des Betroffenen verwertbar. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat zwar – unter Berücksichtigung der „Schrägfahrt“ des vom Betroffenen geführten Fahrzeuges zum Messzeitpunkt – eine Messwinkelabweichung zuungunsten des Betroffenen von 2,1° (tatsächlicher Messwinkel 17,9°, vorgeschriebener Messwinkel 20°) festgestellt (vgl. allgemein zu den Auswirkungen von Messwinkelabweichungen auf das Messergebnis bei Radarmessgeräten Böttger in: Burhoff [Hrsg.], Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 2. Aufl. [2009], Rdnr. 1397 ff). Diese Messwinkelabweichung führt indes nicht zu einer Unverwertbarkeit des Messergebnisses. Das sachverständig beratene Amtsgericht hat diese Abweichung dadurch berücksichtigt, dass es von der vom Messgerät angezeigten Geschwindigkeit von 103 km/h zunächst 2 km/h wegen der Messwinkelabweichung in Abzug gebracht und sodann den „allgemeinen“ Toleranzabzug von 3% (vgl. Böttger, a.a.O., Rdnr. 1395) – hier zu Gunsten des Betroffenen aufgerundet auf 4 km/h – berücksichtigt hat, so dass es seiner Entscheidung im Ergebnis eine gefahrene Geschwindigkeit von nur 97 km/h zugrundegelegt hat. Ein Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen liegt hierin nicht.“

Anmerkung: Es freut mich als Herausgeber natürlich, dass das OLG auf „unser“ OWi-Handbuch verweist: Nur: Ist das Land NRW denn so klamm, dass es dem OLG Hamm noch nicht mal die aktuelle Auflage zur Verfügung stellen kann? Das sollte doch dran sitzen :-). Und die Vorlage 🙂 nehme ich dann gern für Werbung.

 

Neues vom Uhu-Blitzer

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Vor einigen Tagen sind Meldungen über den sog. Uhu-Blitzer in der Eifel über den Ticker gelaufen, auch wir hatten darüber berichtet.  Gestern kam dann die Nachricht (vgl. u.a. hier), dass die Betroffene, die gegen den Blitzer geklagt hatte, beim VG Aachen Erfolg hatte. Der Uhu-Blitzer ist rechtswidrig, allerdings wohl nur wegen eines Formfehlers, in der Sache scheint das VG den Blitzer wohl für grundsätzlich zulässig zu halten. Er kann also – wie es an einer Stelle so schön heißt – wiederkommen.

Geschwindigkeitsmessung – mündliche Zulassung eines Messgerätes – geht das?

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Folgender Sachverhalt hat das AG Stuttgart und dann das OLG Stuttgart beschäftigt: Die PTB teilt der Eichdirektion Hessen am 29. 06.2010 mit, die Prüfungen der neuen Softwareversion 1.5.5 für das Überwachungsgerät Poliscan Speed seien erfolgreich abgeschlossen, weshalb der Zulassung dieser Software seitens der PTB nichts im Wege stehe. Die Zulassung werde in den nächsten Tagen erfolgen. Die Eichdirektion erstellte am 15.07 .2010 für das Gerät den Eichschein, mit dem die Eichung vom Vortage mit einer Eichgültigkeit bis Ende 2011 bescheinigt wurde. Die schriftliche Bauartzulassung des Messgerätes mit der neuen Softwareversion durch die PTB erfolgte am 21. 07. 2010. Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass die Software vor der schriftlichen Bauartzulassung vom 21.072010 zuvor mündlich zugelassen worden sei, sodass der Eichschein am 15.07.2010 hätte erteilt werden dürfen. Es ist von einem standardisierten Messverfahren ausgegangen. Der Betroffene hat das anders gesehen.

Das OLG Stuttgart, Beschl. v. 29.02.2012 – 4 Ss 39/12 schließt sich dem AG an:

Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass damit kein standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des BGH (St 39, 291) vorliegt. Im Zeitpunkt der Erteilung des Eichscheines waren die technischen Prüfungen durch die PTB abgeschlossen. Es stand fest, dass das Überwachungsgerät mit der neuen Softwareversion zugelassen würde. Die schriftliche Zulassung erfolgte dann auch knapp eine Woche nach Ausstellung des Eichscheines. Deshalb kann es keinem Zweifel unterliegen, dass das Gerät den Anforderungen der Technik entsprach. Es ist unschädlich, dass die schriftliche Bauartzulassung am Tag der Ausstellung des Eichscheines noch nicht vorlag. Dies ergibt sich aus dem Zweck des Eichgesetzes, die Messsicherheit zu gewährleisten und das Vertrauen in amtliche Messungen zu stärken (§ 1 Nr. 2 und 3 EichG). Dieser Zweck wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Zulassungsschein erst eine Woche nach der Eichung vorlag.

Darüber hinaus hat nach h. M. (OLG Jena VRS 115, 431 [435]; OLG Köln VRS 101, 140; a. A. Böttger in Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Auflage, Rn. 660) ein Verstoß gegen § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EichG nicht zur Folge, dass die Messung im Bußgeldverfahren unverwertbar ist. Vielmehr ist lediglich ein Sicherheitsabschlag vorzunehmen. Dies zeigt, dass für das Bußgeldverfahren die materielle Richtigkeit der Messung maßgebend ist. Wenn schon keine Unverwertbarkeit in dem Fall angenommen wird, in dem überhaupt keine Eichung vorliegt, so kann in Fällen wie dem vorliegenden, in dem feststeht, dass die Bauart zugelassen wird, aber der Zulassungsbescheid erst wenige Tage nach der Eichung vorliegt, erst recht von einer uneingeschränkten Verwertbarkeit ausgegangen werden. Eines Sicherheitsabschlages bedarf es nicht, da die Eichung materiell richtig war. Deshalb liegt trotz des formalen Mangels bei der Eichung ein standardisierten Messverfahren vor. Im Übrigen hätte der formale Mangel mit der erneuten Erteilung eines gleichlautenden Eichscheins nach Vorliegen der schriftlichen Bauartzulassung geheilt werden können.

Na ja, das kann man auch anders sehen.

Providamessung – sag mir, wie du gemessen hast

Passt nicht ganz zum Blitzmarathon, habe ein wenig doch, da es auch um Geschwindigkeitsmessung geht. Allerdings Messung mit Provida. Die Messung mit Provida ist nach allgemeiner Meinung ein sog. standardisierte Messverfahren. Das heißt, die Feststellungen im Urteil des Amtsrichters müssen nicht so umfangreich sein. Messverfahren und Messtoleranz reichen. Allerdings: Auch die Betriebsart wollen die OLG wissen. Dazu jetzt noch einmal der OLG Bamberg, Beschl. v. 25.10.2011 – 3 Ss OWi 11904/11 – mit den Leitsätzen:

1. Erfüllt die Geschwindigkeitsermittlung die Voraussetzungen eines standardisierten Messverfahrens, genügt es im Regelfall, wenn sich die Verurteilung wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf die Mitteilung des Messverfahrens und die nach Abzug der Messtoleranz ermittelte Geschwindigkeit stützt (Anschluss an BGHSt 39, 291/301 ff.; 43, 277/282 ff.; BayObLGSt 1993, 55/56 f.; stRspr.).

2. Zu den in den Urteilsgründen niederzulegenden Mindestangaben zählt beim Einsatz des ProVida-Systems zur Geschwindigkeitsmessung allerdings grundsätzlich auch die Mitteilung, welche der nach diesem System mögliche Betriebsart bzw. Messmethode konkret angewandt und welcher Toleranzwert demgemäß zugrunde gelegt wurde.

„Blitzmarathon eingefroren?“

Ich hatte vorgestern über den für morgen in NRW geplanten „Blitzmarathon“ berichtet (vgl. hier). Heute heißt es dazu nun hier in der örtlichen Presse, den „Westfälischen Nachrichten“: „Blitzmarathon eingefroren?“ Hintergrund für den Bericht sind befürchtete  technischen Problemen mit den Messgeräten: Es ist offenbar zu kalt für einen verlässlichen Einsatz der Geschwindigkeitsmessgeräte. Sie versagen bei deutlichen Minus-Temperaturen wohl ihren Dienst.

Hatte ich bisher auch noch nicht gewusst, dass es auch an der Stelle Schwierigkeiten geben kann. Muss man also bei der Überprüfung einer Messung auch beachten. Nun ja, nicht gerade bei einer Messung im Hochsommer – es sei denn, zu viel Wärme führt auch zu Messungenauigkeiten. Das wäre dass wei bei der Deutschen Bahn. Im Winter schaffen es die Heizungen nicht, im Sommer versagen die Klimaanlagen.