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Die elektronische Fußfessel – wann ist sie zulässig?

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In der Diskussion ist immer wieder die Frage der Zulässigkeit der elektronischen Fußfessel. Damit haben sich in der letzten Zeit mehrere OLG befasst. Dazu zählt jetzt auch das OLG Bamberg, das im OLG Bamberg, Beschl. v. 15.03. 2012 – 1 Ws 138/12 – umfassend zur Zulässigkeit der elektronischen Fußfessel als Weisung  im Rahmen der Führungsaufsicht Stellung nimmt. In den Leitsätzen heißt es dazu:

„…

4. Eine im Rahmen der Führungsaufsicht nach § 68 b I 1 Nr. 12, S. 3 StGB erteilte Weisung zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung („elektronische Fußfessel“) dient nicht nur der Überwachung aufenthaltsbezogener Weisungen, sondern soll spezialpräventiv auch die Eigenkontrolle des Betroffenen stärken. Zudem kann die Überwachung es den zuständigen Behörden im Fall einer akuten und erheblichen Gefährdungslage für Dritte erleichtern, rechtzeitig einzuschreiten (u.a. Anschluss an OLG Rostock NStZ 2011, 521 ff.). Nach dem Gesetzeszweck und dem Willen des Gesetzgebers kann deshalb die Weisung auch unabhängig von aufenthaltsbezogenen Weisungen erteilt werden, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass auch und allein die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463 a IV 2 Nr. 4 und Nr. 5 StPO den Betroffenen von der erneuten Begehung schwerer Straftaten iSd. § 66 III 1 StGB abhalten kann.

5. Auch Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung dürfen keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Beschwerdeführers iSv. § 68 b III StGB stellen. Die Weisungen müssen in einem Mindestmaß stützend wirken und dürfen die Resozialisierungspotentiale der verurteilten Person nicht aus reinen Überwachungsinteressen heraus überfordern oder gefährden.::“

Der Beschluss spricht auch andere Weisungen an. Darauf komme ich noch zurück.

 


Wer die Musik bestellt…

muss sie nicht immer bezahlen… Das folgt aus OLG Jena, Beschl. v. 16.11.2011 – 1 Ws 74/11, auf den ich nach den Wirrungen und Irrungen zwischen BGH und BVerfG (vgl. hier) hinweisen will.

Also wieder herab in die Niederungen des Alltagsgeschäftes und ein Hinweis auf  ein in der Praxis häufigeres Problem/eine häufigere Frage, die in dem Beschluss behandelt wird. Nämlich: Wer trägt eigentlich die Kosten für Alkohol- oder Drogenkontrollen, die in Erfüllung einer Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht dem Verurteilten aufgegeben worden sind? Dazu das OLG:

  1. Die Kosten für Alkohol- oder Drogenkontrollen, die in Erfüllung einer Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht durchgeführt werden, hat grundsätzlich der Verurteilte zu tragen.
  2. Diese Kostentragungspflicht des Verurteilten wird jedoch durch die Zumutbarkeitsklausel des § 68b Abs. 3 StGB begrenzt.
  3. Unzumutbare Anforderungen an die Lebensführung des Verurteilten werden dann gestellt, wenn dessen finanzielle Leistungsfähigkeit durch die von ihm zu tragenden Kosten für Alkohol- und Drogenkontrollen nach § 68b Abs. 1 Nr. 10 oder Abs. 2 Satz 4 StGB überfordert wird.

Schon wieder: Familienrecht meets Strafrecht

Ich hatte ja schon vor einigen Tagen in Zusammenhang mit der Unterhaltspflichtverletzung über eine Schnittstelle von Familienrecht und Strafrecht berichtet. Jetzt bin ich auf eine weitere gestoßen.

Das OLG Bamberg hat sich in seinem Beschl. v. 15. 11. 2010 – 1 Ws 621/10 mit der Frage auseinander gesetzt, ob und inwieweit eine Einschränkung des Elternrechts durch Annäherungs- und Kontaktverbote im Rahmen der Führungsaufsicht (§ 68b StGB) zulässig ist. Das OLG sieht ein im Rahmen der Führungsaufsicht nach § 68 b Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 StGB zur Ver­ringerung des Rückfallrisikos angeordnetes Annäherungs- und Kontaktverbot zur allein alleinerziehenden Kindesmutter als der durch die Tat verletzte Person auch bei fortbestehendem gemeinsamen Sorgerecht nicht allein deshalb unverhältnismäßig oder unzumutbar, weil es mit erheblichen Einschränkungen des Elternrechts des Verurteilten im Hinblick auf die gemein­samen Kinder verbunden ist. Das OLG begründet das damit, dass, da die gemeinsamen Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt so oder so bei der Mutter hatten, diese ohnehin in Angelegenheiten des täglichen Lebens die Befugnis zur alleini­gen Entscheidung im Rahmen der elterlichen Sorge (§ 1687 S. 2 und 3 BGB) zustehe. Lediglich in Angelegenheiten, deren Regelung für die Kinder von erheblicher Be­deutung sind, seiu ein gegenseitiges Einvernehmen der Elternteile erforderlich (§ 1687 S.  BGB). Insoweit müsse aber die Mutter Kontakt zum Vater suchen.

Ich lege dich an die Kandare, oder: Autofahren verboten

Führungsaufsicht ist bei den Verurteilten mehr als unbeliebt, denn sie führt ja dazu, dass man weiterhin von der Führungsaufsichtsstelle/Bewährungshelfer überwacht wird. Erst recht unbeliebt wird die Führung, wenn als Weisung ein allgemeines Verbot der Haltung und Führung von Kraftfahrzeugen aufgenommen wird. Ob das geht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Das OLG Frankfurt hat diese Weisung im Sommer zumindest dann als zulässig angesehen, wenn vom erkennenden Gericht die Voraussetzungen der Entziehung und Sperre der Fahrerlaubnis bejaht wurden und eine entsprechende Anordnung getroffen wurde (nachzulesen mi weiteren Nachweisen zum Streitstand im Beschl. v. 10.08.2010 – 3 Ws 423/10).

Für den (Straf)Vollstreckungsrechtler, aber nicht nur für den ….

ist der Beschl. des OLG Karlsruhe vom 05.08.2010 – 1 Ws 107/10 von Interesse, in dem das OLG zu den Anforderungen an den Führungssaufsichtsbeschluss Stellung genommen hate. Die Leitsätze sind mehr als deutlich:

1.      Eine – Rahmen des Beschwerdeverfahrens allein überprüfbare -Gesetzeswidrigkeit einer Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht liegt vor, wenn eine solche im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig oder unzumutbar ist. Auch hat die Strafvollstreckungskammer in ihren Weisungen das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. Hingegen findet eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit im Beschwerdeverfahren nicht statt. Im Übrigen kommen die Vorschriften und Rechtsgrundsätze des einfachen Beschwerdeverfahrens uneingeschränkt zur Anwendung.

 2.       Ist der Verurteilte aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht in der Lage, die bei einer Vorstellungsweisung in einer Forensischen Ambulanz entstehenden Reisekosten zu tragen, muss die Staatskasse für diese aufkommen.

 3.       Aus Gründen der Klarstellung und der Fürsorgepflicht ist es angezeigt, dass die Strafvollstreckungskammer in ihrem die Führungsaufsicht ausgestalteten Beschluss den Verurteilten ausdrücklich darauf hinweist, ob sie die ihm erteilten Weisungen – strafbewehrt – auf § 68 b Abs. 1 StGB oder – nicht strafbewehrt – auf § 68 b Abs. 2 StGB stützt.

Sehr schön und für die Praxis von Bedeutung der Ls. 2.