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StPO III: Ermächtigung zur Rücknahme des Rechtsmittels, oder: Übertragung

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Und als letzte Entscheidung des Tages dann der AG Kaufbeuren, Beschl. v. 06.06.2018 – 3 OWi 150 Js 6625/18. Ist schon etwas 🙂 älter, aber ich habe ihn erst vor kurzem zugesandt bekommen.

Ergangen ist der Beschluss im Bußgeldverfahren. Es geht allerdings um eine StPO-Problematik, nämlich die Ermächtigung (zur Rücknahme des Einspruchs) nach § 302 Abs. 2 StPO.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem AG-Beschluss:

„Der Bußgeldbescheid, mit dem gegen den Betroffenen ein Bußgeld in Höhe von 500,00 € und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt wurde, wurde dem Betroffenen am 8.2.2018 zugestellt. Mit am 12.2.2018 bei der Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt eingegangenem Schreiben legte der erste Verteidiger Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ein. Nach Durchführung des Zwischenverfahrens gem. § 69 OWiG wurde Termin zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Kaufbeuren für den 8.5.2018, – Uhr bestimmt. Auf Antrag des ersten Verteidigers wurde der Betroffene mit Beschluss vom 3.5.2018 von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen gem. § 73 Abs. 2 OWiG entbunden. Dem Antrag war eine Vollmacht (Bl. 20 d.A.) beigefügt, mit dem der Betroffene den ersten Verteidiger bevollmächtigte. Die Vollmacht führt auszugsweise wörtlich aus: „[…] Die Vollmacht umfasst insbesondere folgende Befugnisse: […] Verteidigung und Vertretung in allen Instanzen, insbesondere Verzicht, Beschränkung, Rücknahme von Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen sowie Vertretung i.S.v. §§ 73 Abs. 2, 73 Abs. 3 OWiG, § 411 Abs. 2 StPO und ausdrückliche Ermächtigung nach § 233 Abs. 1, 234 StPO […], Erteilung von Untervollmacht/Terminsvollmacht“. Zur Hauptverhandlung erschien als Terminsbevollmächtigter für den ersten den Verteidiger ein Terminsvertreter. Dieser übergab eine Terminsvollmacht, welche als Anlage zum Hauptverhandlungsprotokoll genommen wurde und auszugsweise wörtlich wie folgt ausführt: „Die Terminsvollmacht erstreckt sich insbesondere auf die Verteidigung und Vertretung in dem oben genannten Verfahren sowie zur Einlegung und Rücknahme von Rechtsmitteln sowie Verzicht auf solche.“ Ebenfalls wurde von dem Terminsbevollmächtigten die Vollmacht zu Protokoll gegeben, durch welche der Betroffene den ersten Verteidiger mandatiert hat und welche bereits mit dem Entbindungsantrag vom 27.4.2018, eingegangen bei Gericht am 3.5.2018, zur Akte gelangt ist.

Aufgrund der strafrechtlichen Voreintragungen des Betroffenen im Fahreignungsregister, darunter eine Eintragung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr, erfolgte durch den Vorsitzenden in der Hauptverhandlung der Hinweis, dass die Verhängung eines mehrmonatigen Fahrverbots in Betracht kommt.

Hieraufhin versicherte der vom ersten Verteidiger beauftragte Terminsbevollmächtigte anwaltlich zu Protokoll (Bl. 28 d.A.), dass er vom Betroffenen ausdrücklich gem. § 302 Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG zur Rücknahme des Einspruchs bevollmächtigt wurde und erklärte für sich und den Betroffenen zu Protokoll Folgendes: „Ich nehme den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid hiermit zurück“. Dieser Satz wurde von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vorgelesen und vom Verteidiger genehmigt.

II.

Mit Schriftsatz vom 14.5.2018 (Bl. 34/37 d.A.), eingegangen bei Gericht am 13.5.2018, zeigte der zweite Verteidiger unter Vorlage einer Strafprozessvollmacht ebenfalls die Vertretung des Betroffenen an und erklärte, dass die Einspruchsrücknahme in der Hauptverhandlung vom 8.5.2018 das Verfahren mangels ausdrücklicher Ermächtigung nicht zu beenden vermochte, da diese unwirksam gewesen sei. Begründet wurde dies damit, dass er, der zweite Verteidiger, im Vorfeld der Hauptverhandlung am 26.4.2018 eine E-Mail an den ersten Verteidiger gesendet habe, aus der entnommen werden könne, dass eine Einspruchsrücknahme nicht erfolgen solle, da der Betroffene auf jeden Fall das Rechtsmittelverfahren wünsche. Die E-Mail war dem Schriftsatz beigefügt (Bl. 37 d.A.).

…………..

C.

Der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid wurde in der Hauptverhandlung vom 8.5.2018 durch den Terminsbevollmächtigten rechtswirksam i.S.d. § 67 Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 302 Abs. 2 StPO zurückgenommen.

I.

Der Betroffene hat den ersten Verteidiger durch Unterzeichnung der „Vollmacht in Bußgeld- und Strafsachen“ vom 17.1.2018, welche insbesondere auch ausdrücklich die Befugnis zur Rücknahme von Rechtsmittel und Rechtsbehelfen enthielt, entgegen der Auffassung des zweiten Verteidigers wirksam gem. § 67 Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 302 Abs. 2 StPO zur Rücknahme von Rechtsmitteln, und damit auch des Einspruchs, ermächtigt, da dies auch bereits durch die dem Verteidiger erteilte Vollmacht geschehen kann (BayObLG, Beschluss vom 7.2.1984 – 1 Ob OWi 431/83, BayObLGSt 1984, 9; Göhler/Seitz/Bauer, OWiG, 17. Auflage 2017, § 67, Rn. 36).

Diese Vollmacht wurde dem Gericht am 3.5.2018 per Fax übersandt und zusätzlich als Anlage zum Hauptverhandlungsprotokoll übergeben, so dass dem Gericht diese – grundsätzlich auch formlos nachweisbare – Ermächtigung wirksam nachgewiesen worden ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 3.4.2018 – 3 Ss OWi 330/18, BeckRS 2018, 7635).

Die einem Anwalt erteilte Ermächtigung umfasst dabei auch die Befugnis zur Weiterübertragung der Ermächtigung auf einen anderen Anwalt (BGH, Beschluss 16.12.1994 – 2 StR 461/94, NStZ 1995,356, 357), zumal der Betroffene den ersten Verteidiger auch ausdrücklich bevollmächtigt hat, Unter- und Terminsvollmachten zu erteilen, so dass der erste Verteidiger in jedem Fall wirksam einen Terminsvertreter mit den ihm selbst erteilten Vollmachten und der Ermächtigung nach § 67 Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 302 Abs. 2 StPO ausstatten konnte. Auch die Terminsvollmacht (Anlage zum Protokoll vom 8.5.2018) erstreckte sich nämlich ausdrücklich auf die „Einlegung und Rücknahme von Rechtsmitteln sowie Verzicht auf solche“.

Damit war der Terminsvertreter entgegen der Auffassung des zweiten Verteidigers, welcher diese mit Schriftsatz vom 30.5.2018 zum Ausdruck gebracht hat, wirksam gem. § 67 Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 302 Abs. 2 StPO ermächtigt, für den Betroffenen auf Rechtsmittel zu verzichten, diese zu beschränken oder zurückzunehmen. Eine Eigenmächtigkeit des ersten Verteidigers bzw. dessen Terminsvertreters liegt damit nicht mehr vor (BGH, Beschluss vom 8.10.2015 – 2 StR 103/15, NStZ-RR 2016, 180). Vielmehr wurde der Terminsvertreter vom ersten Verteidiger ausweislich dessen Stellungnahme vom 18.5.2018 (Bl. 46 d.A.) ausdrücklich angewiesen, den Einspruch zurückzunehmen, falls eine Verböserung droht. Auf die anwaltliche Versicherung des Terminsbevollmächtigten in der Hauptverhandlung kam es damit gar nicht mehr an.

Da der Betroffene die Ermächtigung i.S.d. § 67 Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 302 Abs. 2 StPO jedenfalls wirksam erteilt hat, geht es grundsätzlich zu seinen Lasten, ob er diese rechtzeitig und wirksam zurückgenommen hat (BGH, Beschluss vom 3.5.1957 – 5 StR 52/57, NJW 1957, 1040).

Der Widerruf von gem. § 302 Abs. 2 StPO erteilten Ermächtigungen ist dabei nur rechtzeitig, wenn er vor oder zumindest zeitgleich mit dem Eingang der Ermächtigungs- und Rücknahmeerklärung eingeht (BGH, Beschluss vom 8.10.2015 – 2 StR 103/15, NStZ-RR 2016, 180). Vorliegend lagen die Ermächtigungs- und Rücknahmeerklärung in der Hauptverhandlung vom 8.5.2018 vor, während eine Widerrufserklärung erst am 13.5.2018 bei Gericht einging.

Die Rücknahme eines Rechtsmittels ist nach ihrem Eingang bei Gericht grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (BGH, Beschluss vom 17.10.2017 – 2 StR 410/17, BeckRS 2017, 13397; BGH, Urteil vom 21.4.1999 – 5 StR 714/98, NJW 1999, 2449, 2451). Über § 67 Abs. 1 S. 2 OWiG findet dies auch für Ordnungswidrigkeitenverfahren und die Einspruchsrücknahme Anwendung.

Entgegen dem Antrag des zweiten Verteidigers vom 14.5.2018 (Bl. 34/37 d.A.) war das Verfahren daher nicht fortzuführen und kein Termin zur erneuten Hauptverhandlung zu bestimmen, da der Bußgeldbescheid der Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt vom 6.2.2018, Az. 7407-000672-18/8, in Rechtskraft erwachsen ist und das Verfahren damit beendet war.

OWi II: Einspruchsrücknahme durch den Terminsbevollmächtigten, oder: Ausreichende Ermächtigung?

Gut zum gerade vorgestellten OLG Bamberg, Beschl. v. 08.02.2019 – 2 Ss OWi 123/19 (vgl. dazu OWi I: Nachträgliche Einspruchsbeschränkung, oder: Ausreichende Ermächtigung des Verteidigers?) passt der schon etwas ältere LG Kempten, Beschl. v. 04.07.2018 – 1 Qs 100/18, der zur ausreichenden Ermächtigung zur Einspruchrücknahme durch den Terminsvertreter Stellung nimmt:

„Lediglich klarstellend zur umfassenden und sorgfältigen Begründung des Beschlusses des Amtsgerichts wird im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ausgeführt, dass eine ausdrückliche Vollmacht für den Terminsbevollmächtigten zur Zurücknahme des Einspruchs im Verfahren gem. § 302 Abs. 2 StPO vorlag.

Nach der vom Verteidiger im Schriftsatz vom 30.5.2018 zitierten Entscheidung des OLG Bamberg (3 Ss OWi 330/18) und der dort zitierten ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 31.08.2016, 2 StR 267/16) ist von einer Erteilung einer ausdrücklichen Vollmacht gem. § 302 Abs. 2 StPO dann auszugehen, wenn eine in der schriftlichen Vollmacht enthaltene Ermächtigung zur Rücknahme von Rechtsmitteln vorliegt, die gerade zum Zwecke der Einlegung des Rechtsmittels erteilt wurde.

So soll die in allgemeinen Strafprozessvollmachten enthaltene Formulierung, wonach der Verteidiger befugt sein soll, Rechtsmittel ganz oder teilweise zurückzunehmen, nach Ansicht der Rechtsprechung nicht automatisch eine derartige Ermächtigung darstllen. Nur dann, wenn die entsprechende Vollmacht gerade für das betreffende Rechtsmittelverfahren erteilt wurde, soll ihr eine solche Ermächtigung zu entnehmen sein.

Vorliegend wurde dem zunächst Bevollmächtigten am 17.01.2018 nach erfolgter mündlicher Anhörung des Betroffenen am 15.01.2018 Vollmacht für das Verfahren erteilt, die zur Vertretung und insbesondere auch zur Rücknahme von Rechtsmitteln ermächtigte.

Aufgrund dieser Vollmacht wurde durch den Verteidiger Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt, um das gerichtliche Verfahren zu betreiben. Due Vollmachtserteilung zielte gerade darauf ab, Einspruch im Verfahren einzulegen und das Verfahren zu betreiben. Gerade dieser Einspruch wurde im Hauptverhandlungstermin zurückgenommen. Damit ist nach den oben genannten Grundsätzen von einer wirksamen ausdrücklichen Vollmacht zur Zurückahme des Einspruchs gem. § 302 Abs. 2 StPO auszugehen.

Auch liegt in der Vollmachtserteilung keine Beschränkung auf die Vertretung gem. § 233, 234 StPO. Diese Befugnis wurde nach dem Wortlaut kumulativ zur Vertretung bei Rücknahme von Rechtsmitteln erteilt.

Im Übrigen genügt an den Nachweis bestehender ausdrücklicher Vollmacht nach § 302 Abs. 2 StPO auch die anwaltliche Versicherung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 302, Rn. 33), die ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung, das hierfür vollen Beweis erbringt, abgegeben wurde.“

OWi I: Nachträgliche Einspruchsbeschränkung, oder: Ausreichende Ermächtigung des Verteidigers?

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Heute dann – nein, nicht schon wieder Pflichtverteidigung 🙂 – sondern: OWi. Auch da hat sich einiges angesammelt und ich stelle heute daher drei verfahrensrechtliche OWi-Entscheidungen vor.

Den Opener macht der OLG Bamberg, Beschl. v. 08.02.2019 – 2 Ss OWi 123/19 – zur Frage der Wirksamkeit einer nachträglichen Einspruchsbeschränkung. Das OLG hat die vom Verteidiger erklärte Beschränkung als unwirksam angesehen:

a) Auf Feststellungen zum Schuldspruch durfte nicht verzichtet werden, weil die am 27.11.2017 erklärte Einspruchsbeschränkung unwirksam ist.

aa) Begrifflich handelt es sich auch dann um eine Einspruchsbeschränkung i.S.v. § 67 II OWiG, wenn der zunächst unbeschränkt erhobene Einspruch erst später, etwa im Wege eines Verteidigerschriftsatzes im Vorfeld der Hauptverhandlung oder aber – wie hier – innerhalb einer Hauptverhandlung teilweise zurückgenommen und damit nachträglich auf bestimmte Punkte, namentlich den Rechtsfolgenausspruch, beschränkt wird (OLG Bamberg, Beschl. v. 03.04.2018 – 3 Ss OWi 330/18 = ZfS 2018, 588 und 30.10.2017 – 3 Ss OWi 1206/17 = VM 2018, Nr. 7 = ZfS 2018, 114; KG, Beschl. v. 9.10.2015 – 162 Ss 77/15 = VRS 129 [2015] Nr 28; Burhoff [Hrsg.]/Gieg, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl., Rn. 945, 992, jeweils m.w.N.).

bb) Ebenso wie für einen Teil-Verzicht auf den Einspruch bedarf der erklärende Verteidiger auch für die Teilrücknahme des Einspruchs vor oder in der Hauptverhandlung nach §§ 67 I 2 i.V.m. 302 II StPO einer bereits bei Abgabe der Rechtsmittelerklärung vorliegenden besonderen – jederzeit durch formlose Erklärung widerruflichen – ausdrücklichen Ermächtigung des Betr. bzw. Einspruchsberechtigten, die sich inhaltlich auf ein bestimmtes Rechtsmittel beziehen muss (OLG Bamberg, Beschl. v. 03.04.2018 – 3 Ss OWi 330/18 = ZfS 2018, 588; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 05.02.2010 – 1 Ss 5/10 = StraFo 2010, 252; KG, Beschl. v. 19.2.1999 – 2 Ss 419/98 [bei juris]; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 302 Rn. 31a; Göhler/Seitz/Bauer OWiG 17. Aufl. § 67 Rn 35 f.; Burhoff [Hrsg.]/Giega.O. Rn. 945, 992; KK-OWiG/Ellbogen § 67 Rn. 99, jeweils m.w.N.).

b) Eine derartige ausdrückliche Ermächtigung lag hier jedoch nicht vor. Insbesondere ergibt sich eine solche weder aus den Vollmachtsurkunden, die für die vormalige Verteidigerin des Betr. bereits unter dem 19.05.2017 und damit noch vor Erlass des Bußgeldbescheids sowie der Unterbevollmächtigten ausgestellt worden sind, noch ist ein entsprechender Nachweis für die Existenz einer notwendigen ausdrücklichen Ermächtigung bereits im Zeitpunkt der Einspruchsbeschränkung in zulässiger Weise nachträglich (vgl. hierzu neben BGHSt 36, 259/260 u.a. BGH, Beschl. v. 06.12.2016 – 4 StR 558/16 = NStZ-RR 2017, 185; 04.2015 – 1 StR 112/15 = NStZ-RR 2016, 24; 05.02,2014 – 1 StR 527/13 [bei juris]; Urt. v. 18.07.2013 – 4 StR 100/13 = NStZ-RR 2013, 352 = BGHR StPO § 302 I Rücknahme 7 und OLG Bamberg a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 302 Rn. 33) erbracht worden. Eine hierauf unter Darlegung der maßgeblichen Rechtsfragen abzielende Anfrage der GStA vom 07.01.2019 bei der vormaligen Verteidigerin des Betr. blieb unbeantwortet. Da Anhaltspunkte dafür fehlen, die Frage könne durch den Senat freibeweislich weiter aufgeklärt werden, ist davon auszugehen, dass der Betr. die in erster Instanz für ihn tätig gewordenen Verteidigerinnen nicht ausdrücklich zu der am 27.11.2017 von der unterbevollmächtigten Verteidigerin erklärten Einspruchsbeschränkung ermächtigt hatte mit der Folge, dass mit dem Einspruch des Betr. als Rechtsbehelf eigener Art (näher zur Rechtsnatur des Einspruch vgl. Burhoff [Hrsg.]/Gieg a.a.O. Rn. 928 ff.) der Bußgeldbescheid vom 12.06.2017 seitens des AG weiterhin als umfassend angefochten zu behandeln gewesen wäre.“

Revision I: Revision zurückgenommen, ist zurückgenommen, oder: Aus die Maus

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Nachdem vor Antritt meines Urlaubs mein Blogordner wegen der vielen vorbereiteten Beiträge ziemlich leer war, hat er sich während meiner Abwesenheit wieder recht gut gefüllt. Und damit habe ich genügend Material, um es hier vorstellen zu können. Heute starte ich dann mit drei Entscheidungen des BGH zur Revision/zum Rechtsmittelrecht.

Den Opener macht der BGH, Beschl. v. 19.02.2019 – 3 StR 6/19: Thematik: Wirksamkeit einer Rechtsmittelrücknahme. Das LG hatte den Angeklagten u.a. wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilt. Gegen dieses Urteil hatte die Verteidigerin des Angeklagten mit Schriftsatz vom 20.08.2018 fristgerecht Revision eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 01.11.2018 „mit ausdrücklicher Ermächtigung“ des Angeklagten zurückgenommen. Mit Schreiben vom 04.12.2018 hat der Angeklagte persönlich „gegen die Rücknahme und das […] Urteil […] Beschwerde“ eingelegt und sinngemäß ausgeführt, er habe die Verteidigerin nicht zur Rücknahme des Rechtsmittels ermächtigt. Aber: Aus die Maus, sagt der BGH:

Der Angeklagte hat die Revision durch seine Verteidigerin wirksam zurückgenommen und ist deshalb des Rechtsmittels verlustig; seine erneut eingelegte Revision ist unzulässig. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„1. Die am 20. August 2018 eingelegte Revision ist wirksam gemäß § 302 Abs. 1 StPO zurückgenommen worden. Die Verteidigerin hatte im Zeitpunkt der Abgabe der Rücknahmeerklärung die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten. Für diese Ermächtigung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben, sie kann auch mündlich erteilt werden. Für ihren Nachweis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2016 – 4 StR 558/16, NStZ-RR 2017, 185 und vom 20. Februar 2017 – 1 StR 552/16, NStZ 2017, 487, 488). Die Verteidigerin hat mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 dargelegt, unter welchen Umständen sie der Angeklagte unter anderem am 1. November 2018 über ihre Rechtsanwalts- und Notargehilfin zur Rechtsmittelrücknahme ermächtigt hatte. Dementsprechend habe sie noch am 1. November 2018 die Revision zurückgenommen und den Angeklagten hierüber mit Schreiben vom selben Tag informiert (Sachakte Band III, S. 29 f.). Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln, die vor dem Hintergrund des von der Verteidigerin beigebrachten Schreibens an den Mandanten vom 1. November 2018 (Sachakte Band III, S. 31) ein schlüssiges Bild ergeben (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Februar 2005 – 3 StR 12/05, NStZ 2005, 583; BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2016 – 4 StR 558/16, NStZ-RR 2017, 185 und vom 14. Mai 1992 – 1 StR 264/92, BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 6).

2. Der Angeklagte hat die der Verteidigerin erteilte Ermächtigung auch nicht wirksam widerrufen. Ein Widerruf der Ermächtigung zur Revisionsrücknahme ist nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2016 – 4 StR 558/16, NStZ-RR 2017, 185, 186 und vom 8. Oktober 2015 – 2 StR 103/15, NStZ-RR 2016, 180). Das vom Angeklagten selbst verfasste Schreiben vom 4. Dezember 2018 ging dem Landgericht jedoch erst am 13. Dezember 2018 (Sachakte Band III, S. 21) und damit nach Eingang der Rücknahmeerklärung am 1. November 2018 (Sachakte Band III, S. 3) zu.“

An der Stelle ist der BGH immer sehr streng, so dass man sich – auch als Verteidiger – sehr gut überlegen muss, was man erklärt.

Nachträgliche Einspruchsbeschränkung, oder: Dafür braucht der Verteidiger eine „ausdrückliche Ermächtigung“

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So, und zum Schluss dann heute der OLG Bamberg, Beschl. v. 03.04.2018 – 3 Ss OWi 330/18. Es geht um die nachträgliche Einspruchsbeschränkung . Nach dem OLG-Beschluss stellte sich folgender Sachverhalt:

„Nach Einspruchseinlegung beschränkte der vom damaligen Verteidiger mit einer „Terminsvollmacht“ beauftragte Unterbevollmächtigte in der ohne den Betr. stattfindenden Hauptverhandlung am 03.08.2017 ohne zusätzliche Erklärung zum Vorliegen einer entsprechenden Ermächtigung den Einspruch auf den Rechtsfolgenausspruch. Nachdem der Unterbevollmächtigte eine Rücknahme des Einspruchs bis spätestens 04.10.2017 „zugesichert“ hatte, setzte das AG die Hauptverhandlung aus. Entgegen der „Zusicherung“ wurde der Einspruch in der Folgezeit jedoch nicht zurückgenommen. Aufgrund dessen verurteilte das AG den Betr. am 11.12.2017 zu einer Geldbuße von 320 € und verhängte gegen ihn ein einmonatiges Fahrverbot. Das von der Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung ausgehende AG hat keine Feststellungen zum Tatgeschehen getroffen.“

Das OLG Bamberg hat aufgehoben:

„2. Die vom unterbevollmächtigten Verteidiger der ersten Instanz in der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Betr. erklärte Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch nach § 67 II OWiG ist unwirksam. In der nachträglichen Beschränkung des zunächst unbeschränkt eingelegten Einspruchs liegt eine teilweise Zurücknahme des Rechtsbehelfs, die durch den Verteidiger gem. § 67 I 2 OWiG i.V.m. § 302 II StPO nur mit ausdrücklicher Ermächtigung des Betr. erklärt werden konnte. Eine solche lag indes nicht vor.

a) Die nachträgliche Beschränkung des Einspruchs stellt eine teilweise Zurücknahme des Rechtsbehelfs dar (vgl. auch LR/Jesse StPO 26. Aufl. [2014] § 302 Rn. 44), weil hierdurch der Prüfungsumfang des Gerichts reduziert wird. Dem steht nicht entgegen, dass im Falle einer Revision deren Beschränkung auf bestimmte Beschwerdepunkte, die mit der Revisionsbegründung vorgenommen wird, nicht als Teilrücknahme in diesem Sinne, sondern lediglich als Konkretisierung des zunächst offen gebliebenen Anfechtungsumfangs anzusehen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 13.06.1991 – 4 StR 105/91 = BGHSt 38, 4 = NStZ 1991, 501 = MDR 1991, 979 = BGHR StGB § 64 Ablehnung 4 = BGHR StPO § 302 II Beschränkung 2 = AnwBl. 1991, 599 = wistra 1991, 348 = NJW 1991, 3162 = StV 1992, 7; Urt. v. 23.10.1991 – 3 StR 321/91 = StV 1992, 10 = NStZ 1992, 126 = BGHR StGB § 24 I 1 Versuch, unbeendeter 25 = BGHR StGB § 46 I Kronzeuge 1 = BGHR StPO § 260 III Freispruch 3 = BGHR StPO § 302 I Konkretisierung 1 = MDR 1992, 393 = NJW 1992, 989 = JZ 1992, 536). Dieser Grundsatz, von dem dann eine Ausnahme gemacht wird, wenn die Beschränkung der Revision erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist erfolgt (BGH, Urt. v. 18.07.2013 – 4 StR 100/13 = NStZ-RR 2013, 352 = BGHR StPO § 302 I Rücknahme 7), kann auf den Einspruch nicht übertragen werden. Denn er beruht allein auf der Besonderheit des Revisionsrechts, wonach der Bf. gem. § 344 I StPO die Erklärung abzugeben hat, inwieweit er das Urteil anfechten will (KG, Beschl. v. 19.02.1999 – 2 Ss 419/985 Ws (B) 717/98 [bei juris]). Dagegen wird durch den Einspruch, der nach der gesetzlichen Regelung gerade keiner Begründung bedarf, der Bußgeldbescheid in vollem Umfang angefochten, sofern er nicht bereits mit der Einlegung nach 67 II OWiG auf einen bestimmten Beschwerdepunkt beschränkt ist (KG a.a.O.; i.E. ebenso für die Berufung OLG Stuttgart, Beschl. v. 26.10.2010 – 2 Ss 618/10 = Justiz 2011, 104 = OLGSt StPO § 302 Nr. 10 und für den Einspruch gegen den Strafbefehl OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.06.2010 – 1 RVs 71/10 = NStZ 2010, 655 sowie LR/Jesse § 302 Rn. 44).

b) Die demnach gem. § 67 I 2 OWiG i.V.m. § 302 II StPO für die Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch erforderliche ausdrückliche Ermächtigung durch den Betr. lag nicht vor.

aa) Aus den Vollmachtsurkunden, die für den Verteidiger der ersten Instanz sowie den Unterbevollmächtigten ausgestellt worden waren, ergibt sich eine solche Befugnis nicht. Ungeachtet dessen, dass eine in der schriftlichen Vollmachtsurkunde enthaltene Ermächtigung nur dann ausreichend wäre, wenn die Vollmacht gerade zu dem Zweck der Einlegung des Rechtsbehelfs erteilt worden wäre (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 31.08.2016 – 2 StR 267/16 [bei juris] m.w.N.), ist in den vorgelegten Vollmachtsurkunden ohnehin eine ausdrückliche Ermächtigung zur Rücknahme oder Beschränkung des Rechtsbehelfs gerade nicht aufgenommen.

bb) Da allerdings für die nach § 67 I 2 OWiG i.V.m. § 302 II StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung, die im Zeitpunkt der Erklärung der Einspruchsbeschränkung vorgelegen haben muss, keine besondere Form vorgeschrieben ist und der Nachweis auch nachträglich, etwa durch eine anwaltliche Versicherung, erbracht werden kann (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 06.12.2016 – 4 StR 558/16 = NStZ-RR 2017, 185; 04.2015 – 1 StR 112/15 = NStZ-RR 2016, 24; 05.02,2014 – 1 StR 527/13 [bei juris]; Urt. v. 18.07.2013 – 4 StR 100/13 = NStZ-RR 2013, 352 = BGHR StPO § 302 I Rücknahme 7), hat der Senat entsprechende Ermittlungen durchgeführt. Hiernach ist indes nicht davon auszugehen, dass der Betr. seine in erster Instanz für ihn tätigen Verteidiger ausdrücklich zur Beschränkung seines Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid ermächtigt hatte. Der Hauptbevollmächtigte hat sich mit dem Hinweis, dass ihm weder das Sitzungsprotokoll noch das Urteil der ersten Instanz zur Verfügung stehen, „außerstande gesehen“, die ihm gestellte Frage, ob er vom Betr. zur Beschränkung des Einspruchs ermächtigt war und ob er den Unterbevollmächtigten entsprechend ermächtigt hat, zu beantworten. Der Betr. hat erklärt, er habe seinem Verteidiger gegenüber zwar durchaus zum Ausdruck gebracht, dass sein „Hauptanliegen“ das Entfallen des Fahrverbots sei, eine ausdrückliche Besprechung zur „prozessualen Vorgehensweise“ habe jedoch seiner Erinnerung nach nicht stattgefunden. Die Einholung einer Stellungnahme des Unterbevollmächtigten war bei dieser Sachlage nicht mehr geboten, zumal er seine Befugnis zur Rechtsmittelbeschränkung allenfalls vom Hauptbevollmächtigten ableiten konnte, dieser aber schon nicht über eine entsprechende Ermächtigung verfügte.“