Die Flut der Entscheidungen zum Richtervorbehalt und zum Beweisverwertungsverbot bei dessen Verletzung ist abgeebbt, aber hin und wieder gibt es dann doch noch Entscheidungen, über die man berichten kann/sollte/muss. So das OLG Jena, Beschl. v. 06.10.2011 – 1 Ss 82/11, in dem das OLG (auch) zur Frage der Einwilligungsfähigkeit des Angeklagten Stellung genommen hat, und zwar auf folgender Grundlage:
„Nachdem die Polizeibeamten in Person der Zeugen POM S und POM D vor Ort erschienen waren, begaben sie sich zu dem Fahrzeug des Angeklagten, wo sie ihn sitzend und rauchend antrafen. Sie machten sich an der Fahrertür ihm bemerkbar, stellten sich ihm sodann vor und forderten ihn auf, die Zigarette zu löschen sowie seine Fahrzeugpapiere und Personaldokument vorzulegen. Dieser Aufforderung kam der Angeklagte nach, wobei seine Reaktion sehr verlangsamt und zuweilen unkoodiniert wirkten, seine Augäpfel sahen zudem glasig aus und aus dem Fahrzeug selbst sowie aus seinem Mund war deutlich Alkoholgeruch wahrnehmbar. Sie entschlossen sich, einen Atemalkoholtest durchzuführen, zu dem der Angeklagte auch bereit war und zu dem er einwilligte. Der um 17.45 Uhr durchgeführte Atemalkoholtest ergab einen Wert von 4.02 Promille. Daraufhin belehrten die Polizeibeamten den Angeklagten, dass gegen ihn wegen Trunkenheit im Verkehr ermittelt werde und unterrichteten ihn über seine Rechte. Der Angeklagte entgegnete daraufhin, nicht unter Alkoholeinfluss gefahren zu sein, sondern danach den Alkohol zu sich genommen zu haben. Da der Zeuge POM D im Fahrzeug des Angeklagten eine halb gelehrte Flasche Bier auf der Mittelkonsole stehen sah, ordnete er zwei Blutproben an, worauf der Angeklagte zur Polizeistation Bad L zur Durchführung der Blutentnahme verbracht wurde, nachdem sein Fahrzeug verschlossen wurde. Als sich der Angeklagte zum Polizeifahrzeug begab, hatte er Schwierigkeiten beim Laufen, wie sein schwankender Gang den Polizeibeamten zeigte, er konnte sich aber ohne fremde Hilfe ins Fahrzeug setzen und diesem auch wieder entsteigen, wobei er ebenfalls etwas schwankend in das Polizeigebäude in Bad L ging. Auf der Fahrt zur Polizeidienststelle in Bad L hatten die Polizeibeamten mit dem Angeklagten gesprochen und ihm das nun folgende Procedere erklärt, wobei eine sinnvolle Unterhaltung mit ihm möglich war. In der Polizeistation angekommen, hatten die Polizeibeamten daher keine Zweifel, dass der Angeklagte trotz des Grades seiner Alkoholisierung einwilligungsfähig war und legten ihm zu den zwei von POM D angeordneten Blutentnahmen die Einwilligungserklärung vor, die er daraufhin unterschrieb, wobei sie den Eindruck hatten, dass der Angeklagte orientiert war und wusste, was er unterschrieb.“
Das OLG geht von einer ausreichenden Einwilligung aus. Es hat keine „durchgreifenden Zweifel“. Also Zweifel hat es, oder wie? Kann man m.E. auch haben bei 4,02 Promille. In einem Mordverfahren würde das sicherlich für Schuldunfähigkeit i.S. des § 20 StGB reichen.