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KCanG/BtM I: Inbesitznahme von Cannabissetzlingen, oder: Ist das schon Handeltreiben?

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Und die Berichterstattung geht dann heute weiter mit Entscheidungen des BGH zum KCanG bzw. zum BtMG.

Zunächst stelle ich den BGh, Beschl. v. 27.11.2024 – 3 StR 25/24 – vor. Es handelt sich um einen sog. Anfragebeschluss des 3. Strafsenats beim 5. und 6. Strafsenat, ob die entgegenstehende Rechtsprechung zu einer beabsichtigten Entscheidung des 3. Strafsenats aufrechterhalten.

Folgender Sachverhalt: Das LG hat den Angeklagten am 09.10.2023 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und 899 sichergestellte Cannabissetzlinge eingezogen. Der Angeklagte hatte zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt im Januar 2023 oder davor an einem unbekannt gebliebenen Ort in Deutschland eine Plantage mit dem Ziel eingerichtet, Marihuana zu erzeugen und es gewinnbringend weiterzuverkaufen. Die Plantage war spätestens am 11.04.2023 vollständig eingerichtet und bot Platz für mindestens 899 Cannabispflanzen. Sie war hinsichtlich Bewässerung, Düngung, Belüftung und Beleuchtung technisch so beschaffen, dass
die angebauten Pflanzen einen Mindestertrag von 25 Gramm Marihuana je Pflanze mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 5%, mithin einen Gesamtertrag von 22.475 Gramm mit 1.123,75 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) pro Ernte erbracht hätten. Jährlich wären drei Ernten möglich gewesen.

Am 11.04.2023 fuhr der Angeklagte mit seinem PKW in die Niederlande und übernahm bei einem Züchter 899 weibliche Cannabissetzlinge, um sie anschließend zu der Plantage zu transportieren, sie dort in größere Pflanztöpfe umzutopfen und nach Erreichen der Erntereife Erträge in der beschriebenen Größenordnung zu erzielen. Die zwölf bis 15 Zentimeter großen Setzlinge hatten Wurzeln ausgebildet. Sie waren in mit Erde befüllten Pflanzmulden von sieben
Kunststoffplatten (sog. Setzlingstrays) eingebracht. Bei einer polizeilichen Kontrolle im Anschluss an den Grenzübertritt nach Deutschland wurden die Setzlinge entdeckt und sichergestellt. Sie hatten nach Trocknung ein Gewicht von 200,15 Gramm und enthielten 7,005 Gramm THC.

Das LG hat die Tat als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gewertet. Bereits der Ankauf und der Transport der Cannabissetzlinge mit dem Ziel, Cannabisprodukte zu gewinnen und zu veräußern, stellten eine auf den Umsatz mit Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit und keine bloßen Vorbereitungshandlungen dar.

Der 3. Strafsenat möchte den Schuldspruch des angefochtenen Urteils dahin ändern, dass der
Angeklagte des Handeltreibens mit Cannabis schuldig ist, den Strafausspruch
aufzuheben sowie im Übrigen unter Verwerfung der weitergehenden Revision wegen des Strafausspruchs zurückverweisen.

Voraussetzung dafür ist aber, dass die Übernahme von Cannabissetzlingen in der Absicht, die zu einem späteren Zeitpunkt erwarteten Blüten als Marihuana (vgl. § 1 Nr. 6 und 8 KCanG) gewinnbringend zu verkaufen, bereits eine auf den Umsatz von Cannabis gerichtete Tätigkeit dar und sie nicht dem Stadium der straflosen Vorbereitung – ebenso wenig demjenigen des Versuchs (§ 34 Abs. 2 KCanG) – zuzurechnen ist.

Da das in der Rechsprechung des BGH zum Teil anders gesehen worden ist, fragt der 3. Strafsenat:

1. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden:

Wer Cannabissetzlinge in Besitz nimmt, um ihren Ertrag nach weiterer Aufzucht in einer eingerichteten Plantage gewinnbringend zu verkaufen, verwirklicht den Tatbestand des Handeltreibens mit Cannabis, ohne dass ihre Einpflanzung in der Plantage erforderlich ist.

2. Der Senat fragt bei dem 5. und dem 6. Strafsenat an, ob an der anderslautenden Rechtsauffassung festgehalten wird (vgl. Urteil vom 15. März 2012 – 5 StR 559/11; Beschluss vom 27. Mai 2021 – 5 StR 337/20; Urteil vom 2. November 2022 – 6 StR 239/22), sowie vorsorglich bei den anderen Strafsenaten, ob dortige Rechtsprechung der beabsichtigten Entscheidung entgegensteht und gegebenenfalls an dieser festgehalten wird.

Wegen der Einzelheiten der Begründung verweise ich auf den Volltext.