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0,4 g bzw. 0.7 g Marihuanazubereitungen = geringe Menge => Absehen von Strafe

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Was ist bei „Marihuanazubereitungen“ ein geringe Menge? Die Antwort auf die Frage, die für den Angeklagten von entscheidender Bedeutung sein kann, gibt uns jetzt (noch einmal) der OLG Hamm, Beschl. v. III-2 RVs 30/15.  Das AG Iserlohn hatte den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen u.a. zu einer Gesamtgeldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10,00 € verurteilt worden. Nach den Feststellungen des AG befand sich der Angeklagte anlässlich von Polizeikontrollen am 11.04.2014 im Besitz von 0,4 g Marihuana und am 22.04.2014 im Besitz von 0,7 g Marihuana. Das OLG hebt auf, weil es Ausführungen zu § 29 Abs. 5 BtMG vermisst:

„Das angefochtene Urteil ist im Strafausspruch rechtsfehlerhaft, da dem Senat anhand der insoweit lückenhaften Strafzumessungserwägungen die Prüfung nicht möglich ist, ob das Berufungsgericht ermessensfehlerfrei von der Möglichkeit eines Absehens von Strafe gemäß § 29 Abs. 5 BtMG keinen Gebrauch gemacht hat. Das Amtsgericht hat die Voraussetzungen und Rechtsfolgen dieser Vorschrift nicht erörtert.

Bei dem Marihuana, welches nach den Feststellungen des Landgerichts Hagen am jeweiligen Tattag im Besitz des Angeklagten vorgefunden wurde, handelt es sich in beiden Fällen um eine sehr kleine Menge, die – nach den getroffenen Feststellungen naheliegend – zum Eigenkonsum des Angeklagten bestimmt war. Sie stellt eine „geringe Menge“ i.S.d. § 29 Abs. 5 BtMG dar.

Als eine „geringe Menge“ im Sinne der vorgenannten Gesetzesbestimmung ist eine Menge anzusehen, die zum einmaligen bis höchstens dreimaligen Gebrauch geeignet ist (vgl. Weber, BtMG, 4.  Aufl., 29 Rdnr. 1801). Bei Cannabis wird die durchschnittliche Konsumeinheit mit 15 mg THC angesetzt, so dass der Grenzwert für die „geringe“ Menge i.S.d. § 29 Abs. 5 BtMG 45 mg (= 0,045 g) THC beträgt. Wird der Wirkstoffgehalt – wie vorliegend – nicht festgestellt, wird zum Teil in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur ein Cannabisgemisch mit einer Gewichtsmenge von bis zu 6 Gramm als „geringe Menge“ i.S.d. § 29 Abs. 5 StGB angesehen, weil sich unter Annahme einer äußerst schlechten Konzentration von 0,8 % aus 6 g Haschisch noch drei Konsumeinheiten gewinnen lassen (vgl. Weber, a.a.O., § 29 Rdnr. 1811 u. 1812 m.w.N.; Körner, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 28 Rdnr. 39 m.w.N.; OLG Oldenburg, Beschluss vom 21.10.2008 — Ss 355/08 -; BeckRS 2008, 22472). Stellt man auf die Richtlinien zur Anwendung des § 31 a Abs. 1 BtMG gemäß dem Runderlass des Justizministeriums und des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 19.05.2011 — JMBL.. NRW S. 106 — ab, so ist von einer geringe Menge zum Eigenverbrauch gemäß Ziffer II. 1. der Richtlinien bei Cannabisprodukten bis zu einer Gewichtsmenge von 10 g auszugehen.

Die Marihuanazubereitungen mit einem Nettogewicht von 0,4 g bzw. 0,7 g, die bei dem Angeklagten vorgefunden worden sind, lagen daher erheblich unter den vorgenannten Grenzmengen für Cannabisprodukte von 6 g bzw. 10 g. Das Amtsgericht hat sich dennoch nicht erkennbar mit der Anwendung der Vorschrift des § 29 Abs. 5 BtMG, bei der es sich um eine Ausgestaltung des verfassungsrechtlichen Übermaß-verbotes handelt (vgl. Körner, a.a.O., § 29 Randziffer 3 m.w.N.), befasst. Hierzu hätte vorliegend jedoch insbesondere auch deshalb Anlass bestanden, weil der Angeklagte nach den Feststellungen des Amtsgerichts nicht vorbestraft ist und über den festgestellten strafbaren Betäubungsmittelbesitz hinausgehend konkrete Anhaltspunkte für eine etwaige Fremdgefährdung — etwa durch die nahe liegende Möglichkeit der Abgabe von Betäubungsmitte n an Dritte oder durch Beschaffungskriminalität — nicht ersichtlich sind. Entgegenstehende Feststellungen sind zumindest nicht getroffen. Auch ist nach den Feststellungen des Amtsgerichts nichts dafür ersichtlich, dass es sich bei dem Angeklagten um einen Dauerkonsumenten handelt. Allein die Feststellung des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen reicht für eine solche Annahme nicht aus.“

Kleine Anmerkung an den Leser, der vielleicht ein wenig verwirrt ist, dass das OLG vom „LG Hagen“ und vom „Berufungsgericht“ spricht: Kann schon mal passieren, dass man übersieht, dass es sich um eine Sprungrevision gehandelt hat 🙂 .

Klassischer Fehler XXVII: „Gewinnstreben“, aber ohne Folgen

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In meinen Augen wird im BGH, Beschl. v. 01.06.2015 – 4 StR 91/15 – ein klassischen Fehler im Bereich der Strafzumessung bei einer Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäbungsmitteln angesprochen, bleibt dann aber ohne Folgen für das angefochtene Urteil:

„Das Landgericht durfte dem Angeklagten nicht straferschwerend anlasten, dass er „aus reinem Gewinnstreben“ mit Betäubungsmitteln Handel getrieben hat (BGH, Beschlüsse vom 9. November 2010 – 4 StR 532/10, StV 2011, 224; vom 29. April 2014 – 2 StR 616/13). Der Senat kann hier jedoch ausschließen, dass die Einzelstrafen, die nach der Menge des gehandelten Betäubungsmittels abgestuft sind und ganz überwiegend die gesetzliche Mindeststrafe nur gering überschreiten, auf dem Rechtsfehler beruhen.“

Bei solchen oder ähnlichen Formulierungen in tatrichterlichen BtM-Urteilen müssten an sich alle Alarmglocken schellen, oder?

Der BTM-Scheinankauf – drei Stufen im Urteil

CannabisAuch, wenn heute Feiertag ist: Ein bisschen gearbeitet werden kann/muss/soll schon 🙂 . Also:

In der Praxis basieren Verurteilungen  wegen eines BtM-Geschäfts nicht selten auf den Angaben von sog. Scheinan- oder verkäufern der Polizei. So auch in Verfahren, das jetzt zunächst mal nach dem OLG Bamberg, Beschl. v. 21.07. 2014 – 3 Ss 86/14 – in die zweite Runde beim LG geht. Grund: Dem OLG haben die Urteilsfeststellungen des LG zu dem dem Angeklagten zur Last gelegten Handeltreiben nicht gereicht. Der Beschluss des OLG zeigt sehr schön, worauf es in diesen Fällen der so. Tatprovokation ankommt, nämlich auf drei Punkte/Stufen:

1. Stufe

a) In Fällen der vorliegenden Art stellt sich zunächst die Frage, ob eine Tatprovokation seitens der Strafverfolgungsbehörden vorangegangen war. Dabei ist […] zu differenzieren, ob es sich um eine wegen Verstoßes gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gemäß Art. 6 I 1 MRK unzulässige, weil konventionswidrige Tatprovokation handelte oder nicht….“

aa) Eine konventionswidrige Provokation ist dann anzunehmen, wenn eine unverdächtige und zunächst nicht tatgeneigte Person seitens der Strafverfolgungsbehörde, sei es durch einen verdeckten Ermittler, einen nicht offen ermittelnden Polizeibeamten oder eine Vertrauensperson der Polizei, zu der Straftat verleitet wird (vgl. hierzu grundlegend BGHSt 45, 321; ferner: BGHSt 47, 44; BGH StV 1995, 247; 2014, 321). Liegt eine derartige unzulässige Provokation vor, so handelt es sich hierbei um einen besonderen, gewichtigen und schuldunabhängigen Strafmilderungsgrund, der zur Unterschreitung der sonst schuldangemessenen Strafe führen muss (BGHSt 45, 321). Deshalb genügt es nicht, dies lediglich als gewöhnlichen Strafzumessungsgrund zugunsten des Angekl. zu berücksichtigen. Vielmehr ist – wie in Fällen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerungen – der Verstoß in den Urteilsgründen ausdrücklich festzustellen und bei der Festsetzung der Rechtsfolgen zu kompensieren, wobei das Maß der Kompensation für das konventionswidrige Handeln exakt zum Ausdruck gebracht werden muss (BGH a.a.O. vgl. auch Fischer StGB 61. Aufl. § 46 Rn. 68; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl. Rn. 856 f.). „

2. Stufe:

bb) Aber auch in Fällen, in denen eine zulässige, weil nicht gegen das Gebot des fairen Verfahrens verstoßende Provokation der Tat vorangegangen war, stellt dieser Umstand einen gewichtigen zugunsten des Angekl. zu wertenden Strafzumessungsgrund dar, dem nicht lediglich mit dem bloßen Hinweis darauf, dass die BtM an einen Scheinaufkäufer veräußert wurden, hinreichend Rechnung getragen werden darf. Denn staatliche Beteiligungshandlungen an Drogengeschäften, insbesondere bei einer staatlichen Initiative zu einem konkreten Drogengeschäft, stellen gewichtige Strafzumessungsgründe dar (vgl. BGH NStZ 2013, 99).

3. Stufe

„b) Schließlich ist auch jenseits einer Tatprovokation die Mitverursachung durch die Strafverfolgungsbehörde ein bestimmender Strafmilderungsgrund (Schäfer/Sander/van Gemmeren Rn. 860). Hierbei sind die Besonderheiten des Einzelfalls für den Grad der Berücksichtigung im Rahmen der konkreten Strafzumessung von ausschlaggebender Relevanz. Deshalb bedarf es der konkreten Feststellung und Wiedergabe im tatrichterlichen Urteil, wie es zum Erstkontakt kam, ob von den Ermittlungsbehörden oder etwa dem Angekl. die Initiative für die BtM-Geschäfte ausgegangen ist und wie die Einzelheiten der weiteren Verabredungen waren. Von besonderem Gewicht ist es regelmäßig auch, welche Vorgespräche im Einzelnen geführt wurden, auf wessen Veranlassung dies jeweils geschah, wie stark die Intensität einer eventuellen Einwirkung auf den Angekl. war und wie sich dieser zu einem etwaigen Ansinnen der Ermittlungsbehörden jeweils verhielt. Denn es besteht ein nicht nur marginaler Unterschied in Bezug auf das Ausmaß der Schuld, ob bei einem Angekl. das Tatinteresse bereits vorhanden war oder dessen Tatentschluss erst mehr oder weniger geweckt werden musste. Ferner wird in diesem Zusammenhang von maßgeblicher Bedeutung sein, wer die Art und den Umfang der BtM-Geschäfte ins Spiel gebracht hatte. Demzufolge wären diese Umstände auch jenseits einer etwaigen, gegebenenfalls rechtmäßigen Tatprovokation, aufzuklären und im Urteil im Einzelnen darzulegen gewesen, um dem Revisionsgericht eine Nachprüfung zu ermöglichen.“

Nicht über sieben Brücken, aber über drei Stufen muss der Tatrichter also gehen…

Strafzumessung II: 3 Monate für 0,5 g Marihuana-Besitz ggf. „kein gerechter Schuldausgleich“

CannabisNach dem Posting: Strafzumessung I: Einmal hopp – klassischer Fehler, einmal topp, ein weiterer Hinweis auf eine Strafzumessungsentscheidung des BGH, die für die Verteidigung in BtM-Verfahren interessant ist. Es geht um den BGH, Beschl. v. 15.04.2013 – 2 StR 626/13: Das LG hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln , und zwar 0,5 g Marihuana, zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Das schmeckt dem BGH nicht. Denn:

Das Landgericht hat für den Besitz von 0,5 Gramm Marihuana eine Freiheitsstrafe von drei Monaten verhängt und deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Angeklagte einschlägig vorbestraft ist und unter Bewährung stand, bleibt die Strafkammer den Nachweis schuldig, dass diese Strafe noch einen gerechten Schuldausgleich für das begangene Tatunrecht darstellt. Bewegt sich ein Konsumentenfall, um den es hier augenscheinlich geht, im untersten Bereich der geringen Menge, sind der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Übermaßverbot (vgl. BVerfGE 90, 145, 188 ff.) besonders zu beachten. Bei einem derartigen Bagatelldelikt mag zwar die Ablehnung eines Absehens von Strafe gemäß § 29 Abs. 5 BtMG hinzunehmen sein, wenn der Angeklagte wie hier ca. neun Monate zuvor wegen eines Betäubungsmitteldelikts zu einer längeren Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Die Verhängung einer nicht zur Bewährung ausgesetzten kurzfristigen Freiheitsstrafe steht aber in keinem angemessenen Verhältnis zu dem abgeurteilten Tatun-recht (vgl. Patzak, in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 13, Rn. 74), wenn nicht besondere Umstände gerade auch die Anordnung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe unter sechs Monaten, die eingehend auch unter Berücksichtigung des § 47 StGB zu begründen wäre, rechtfertigen (Patzak, a.a.O., Rn. 75).

Solche Umstände aber hat das Landgericht nicht dargetan. Dass der Angeklagte „dreist und unbelehrbar“ (UA S. 30) sein soll, wird von den kargen Feststellungen zur abgeurteilten Tat nicht belegt. Allein der (erneute) Verstoß gegen Vorschriften des BtMG neun Monate nach einer Verurteilung, der sich offensichtlich in dem Eigenkonsum geringer Mengen (die auf dem Wohnzimmertisch aufgefunden wurden) erschöpft, rechtfertigt diese moralisierende Einschätzung des Landgerichts nicht. Zusätzliche Gesichtspunkte, die diese Wertung tragen könnten, hat das Landgericht nicht vorgebracht. Soweit es anführt, der Angeklagte sei auch nicht dadurch entlastet, dass er, wie es sonst oft der Fall sei, drogenabhängig gewesen wäre und es sich nicht um einen geringfügigen Rückfall gehandelt habe, stellt dies keinen strafschärfenden Umstand dar. Vielmehr lassen diese Formulierungen besorgen, das Landgericht habe das Fehlen strafmildernder Umstände nachteilig zu Lasten des Angeklagten gewichtet. Hinzu kommt, dass die Strafkammer jede Erklärung dafür  schuldig bleibt, warum es sich angesichts einer am untersten Rand bewegen-den Menge von Betäubungsmitteln nicht um einen „geringfügigen“ Rückfall handeln sollte.“

Liest sich für die Kammer nicht so schön: „Karge Feststelllungen“, „jede Erklärung dafür schuldig bleibt“.

Auf der Linie wie der BGH liegt übrigens auch das OLG Hamm im OLG Hamm, Beschl. v. 06.03.2014 – 1 RVs 10/14 und dazu: Sieben Monate für 19,3 g Haschisch-Besitz – “kein gerechter und angemessener Schuldausgleich”

Sieben Monate für 19,3 g Haschisch-Besitz – „kein gerechter und angemessener Schuldausgleich“

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Mit Eingriffen in die konkrete Strafzumessung sind die Obergerichte meist zurückhaltend. Zwar werden Strafzumessungserwägungen beanstandet, aber: Konkrete Zahlen kommen dann doch nicht auf den Tisch. Ein wenig anders der OLG Hamm, Beschl. v. 06.03.2014 – 1 RVs 10/14 -, ergangen in einem BtM-Verfahren. Das ist der Angeklagte vom Amtsgericht wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt worden. Nach den Feststellungen des AG „war der bereits vielfach und unter anderem auch mehrfach wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln vorbestrafte und langjährig betäubungsmittelabhängige Angeklagte am 28. Dezember 2012 um 13:50 Uhr im Bereich der O-Parkanlage in I im Rahmen einer Polizeikontrolle im Besitz von 19,31 g Haschisch mit nicht mehr festgestellter Wirkstoffkonzentration angetroffen worden, welches zum Eigenkonsum bestimmt war.“ Das LG verwirft seine Strafmaßberufung. Das OLG hebt auf und führt u.a. aus:

b) Ungeachtet des Vorstehenden wird die mit dem angefochtenen Urteil verhängte Freiheitsstrafe von 7 Monaten den Anforderungen an einen gerechten und angemessenen Schuldausgleich nicht mehr gerecht. Sie steht zu dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Angeklagten außer Verhältnis und verletzt mithin das verfassungsrechtlich verankerte Übermaßverbot.

Allerdings ist die Strafzumessung grundsätzlich allein Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann im allgemeinen nur dann eingreifen, wenn die Erwägungen, mit denen der Tatrichter Strafart und Strafmaß begründet hat, in sich rechtlich fehlerhaft sind, wenn anerkannte Strafzwecke außer Betracht geblieben sind oder wenn sich die Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein, d. h., wenn die Strafe in einem groben Missverhältnis zu Tatunrecht und Tatschuld steht und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt.

Insoweit ist auch hinsichtlich des letztgenannten Aspektes die grundsätzlich dem Tatrichter vorbehaltene Strafzumessung der rechtlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 46 Rdn 146, 149 a).

In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird nahezu durchgängig die Auffassung vertreten, dass in den Fällen des Besitzes geringer Mengen Betäubungsmittel zum Eigenkonsum im Sinne der §§ 29 Abs. 5, 31 a BtMG auch bei einschlägig vorbestraften abhängigen Drogenkonsumenten die Verhängung einer Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt und sich – soweit sie sich als unerlässlich erweist – im untersten Bereich des Strafrahmens des § 29 Abs. 1 BtMG zu bewegen hat (OLG Oldenburg, Beschluss vom 11. Dezember 2009 – 1 Ss 197/09 -, juris, Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 27. September 2006 – III – 104/06 – 1 Ss 166/06, III – 104/06, 1 Ss 166/06 -; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. April 2003 – 3 Ss 54/03 -, juris; BGH, Beschluss vom 16. Februar 1998 – 5 StR 7/98 -, juris; III-2 RVs 45/11 OLG Hamm, Beschluss vom 28.12.2011).

Dem tritt der Senat zumindest für die Fälle bei, in denen über den festgestellten strafbaren Betäubungsmittelbesitz zum Eigenkonsum hinausgehend nach den getroffenen Feststellungen konkrete Anhaltspunkte für eine etwaige Fremdgefährdung – etwa durch die nahe liegende Möglichkeit der Abgabe von Betäubungsmitteln an Dritte oder durch Beschaffungskriminalität – nicht ersichtlich sind. So liegt der Fall hier; entgegenstehende Feststellungen sind zumindest bisher nicht getroffen.

Stellt man auf die Richtlinien zur Anwendung des § 31 a Abs. 1 des Betäubungsmittelgesetzes gemäß des Runderlasses des Justizministeriums und des Ministeriums für Inneres und Kommunales in Nordrhein-Westfalen vom 19. Mai 2011 – JMBL. NRW S. 106 – ab, so ist von einer geringen Menge zum Eigenverbrauch gemäß Ziffer II. 1. der Richtlinien bei Cannabisprodukten bis zu einer Gewichtsmenge von 10 g auszugehen, welche hier allerdings ungeachtet der mangelnden Feststellung eines Wirkstoffgehalt des sichergestellten Haschisch um nahezu 100% überschritten worden ist….“