Nach einem Strafverfahren wegen Lohnsteuerhinterziehung und Vorenthaltens von Arbeitsentgelten eines angestellten (faktischen) Geschäftsführers hatte der ehemalige Angeklagte die ihm entstandenen Strafverteidigungskosten als Werbungskosten geltend gemacht. Das Finanzamt hat den Abzug nicht anerkannt. Dagegen hat der ehemalige Angeklagte geklagt. Er hatte mit seiner Klage Erfolg. Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Finanzamtes hat der BFH zurückgewiesen:
„1. Die Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
a) Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist (Klärungsbedürftigkeit) und die im konkreten Streitfall klärbar ist (Klärungsfähigkeit). Dazu ist auszuführen, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist und deshalb eine höchstrichterliche Klärung über die materiell-rechtliche Beurteilung des Streitfalles hinaus für die Allgemeinheit Bedeutung hat. Sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, sind eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 22.10.2003 – III B 14/03, BFH/NV 2004, 224, und vom 15.10.2008 – II B 74/08, BFH/NV 2009, 125).
b) Nach diesen Maßstäben kommt eine Zulassung der Revision gemäß § 1152 Nr. 1 FGO im Streitfall nicht in Betracht.
aa) Das FA sieht folgende Fragen als grundsätzlich bedeutsam an:
– Sind Strafverteidigungskosten wegen Hinterziehung von Lohnsteuer und Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelten eines angestellten (faktischen) Geschäftsführers auch dann ausschließlich beruflich veranlasst, wenn Mittel aus Scheinrechnungen nicht nur zur Zahlung von „Schwarzlöhnen“, sondern auch für private Zwecke des Geschäftsführers verwendet werden?
– Falls in einem solchen Fall eine ausschließlich berufliche Veranlassung gegeben sein sollte, überlagert dann eine private Mitveranlassung in Form der privaten Bereicherung die berufliche Veranlassung?
Weiter führt das FA aus, in einem nachfolgenden Revisionsverfahren sei zu klären, ob für die Beurteilung des Vorliegens einer beruflichen Veranlassung der streitigen Strafverteidigungskosten nur auf die konkret angeklagten Taten abgestellt werden dürfe oder ob untrennbar mit den angeklagten Taten verbundene Handlungen (hier: Scheingeschäfte zur Erlangung von Bargeld zur Auszahlung der „Schwarzlöhne“ und für private Zwecke) in die Beurteilung miteinzubeziehen seien.
bb) Diese Fragen sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung allerdings bereits hinreichend geklärt. Einen weitergehenden Klärungsbedarf hat das FA in seiner Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt.
Nach der Rechtsprechung des BFH sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes hinaus alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf die Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden. Danach können auch strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen (Senatsurteil vom 09.12.2003 – VI R 35/96, BFHE 205, 56, BStBl II 2004, 641; Senatsbeschluss vom 17.08.2011 – VI R 75/10).
Strafverteidigungskosten sind dann als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst ist. Das ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist (Senatsurteil vom 18.10.2007 – VI R 42/04, BFHE 219, 197, BStBl II 2008, 223; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21.11.1983 – GrS 2/82, BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160; Senatsbeschluss vom 17.08.2011 – VI R 75/10).
Allerdings setzt die Annahme von Erwerbsaufwendungen auch in diesen Fällen voraus, dass die –die Aufwendungen auslösenden– schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und nicht auf privaten, den beruflichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhen. So greifen nach der Rechtsprechung private Gründe dann durch, wenn die strafbaren Handlungen mit der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen nur insoweit im Zusammenhang stehen, als diese eine Gelegenheit zu einer Straftat verschafft. Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird auch aufgehoben, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat, wenn also das Verhalten des Arbeitnehmers von privaten Gründen getragen wurde (Senatsurteil in BFHE 219, 197, BStBl II 2008, 223; Senatsbeschluss vom 17.08.2011 – VI R 75/10).
Der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, betrifft danach grundsätzlich die konkrete Tat, aufgrund der die Strafverteidigungskosten angefallen sind.
cc) Ausgehend von den angeführten Rechtsgrundsätzen hat das Finanzgericht (FG) auf der Grundlage der von ihm als Tatsacheninstanz vorzunehmenden Gesamtwürdigung (s. z.B. Senatsentscheidungen vom 26.07.2007 – VI R 64/06, BFHE 218, 370, BStBl II 2007, 892, und vom 10.11.2005 – VI B 75/05, BFH/NV 2006, 530) darauf abgestellt, dass die geltend gemachten Kosten der Strafverteidigung sich ausschließlich auf die Verkürzung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen bezogen hätten. Diese Taten habe der Kläger und Beschwerdegegner in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit begangen. Eine private Mitveranlassung hat die Vorinstanz mit der Begründung verneint, die Abzweigung von Bargeld für eigene Zwecke habe mit der Lohnsteuerhinterziehung nicht in einem solchen Zusammenhang gestanden, dass eine Überlagerung der beruflichen Veranlassung durch den Zweck der Eigenbereicherung anzunehmen sei. Denn diese sei weder Voraussetzung noch Folge der Lohnsteuerhinterziehung gewesen, auf die sich die Strafverteidigungskosten bezogen hätten.
An diese Würdigung des FG aufgrund seiner aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) wäre der Senat auch in dem vom FA angestrebten Revisionsverfahren gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Denn das Ergebnis der Tatsachenwürdigung muss nicht zwingend, sondern nur möglich sein (vgl. auch Senatsbeschluss vom 17.08.2011 – VI R 75/10).
Soweit das FA hinsichtlich der seiner Auffassung nach mit der Lohnsteuerhinterziehung und der Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen „untrennbar“ verbundenen Taten weiteren Klärungsbedarf sieht und die Rechtsmeinung äußert, solche Taten seien in die Beurteilung miteinzubeziehen, legt es keine hinreichenden Gründe dar, aus denen sich das Erfordernis einer erneuten Prüfung und Entscheidung vom BFH bereits entschiedener Rechtsfragen ergibt.
2. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) als Unterfall der Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung liegen aus den unter 1. dargelegten Gründen ebenfalls nicht vor.
Die Revision ist schließlich auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen.
Die von dem FA gerügte Divergenz zu dem BFH-Beschluss vom 13.12.2016 – VIII R 43/14 ist nicht gegeben.
Das FA führt u.a. aus, die Vorinstanz habe entschieden, Strafverteidigungskosten wegen Lohnsteuerhinterziehung und Vorenthaltens von Arbeitsentgelten eines angestellten (faktischen) Geschäftsführers seien auch dann ausschließlich beruflich veranlasst, wenn Mittel aus Scheinrechnungen nicht nur zur Zahlung von „Schwarzlöhnen“, sondern auch für private Zwecke verwendet würden. Nach dem BFH-Beschluss vom 13.12.2016 – VIII R 43/14 könne auch eine in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangene Straftat keinen Veranlassungszusammenhang der Strafverteidigungskosten mit den Einkünften begründen, wenn ein beruflicher Veranlassungszusammenhang durch einen überlagernden privaten Veranlassungszusammenhang ausgeschlossen werde. Ein überlagernder privater Veranlassungszusammenhang liege insbesondere dann vor, wenn eine persönliche Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Tat angestrebt werde.
Hieraus ergibt sich indessen keine Divergenz. Denn nach der –den Senat bindenden– Würdigung des FG war im Streitfall die konkrete Tat, auf die sich die angefallenen Strafverteidigungskosten bezogen, die Verkürzung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen und nicht die (private) Verwendung der „Mittel aus den Scheinrechnungen“.