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beA: Sachliche Reichweite der (Neu)Regelungen, oder: Wie ist das mit der Anhörungsrüge?

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Und dann noch eine Entscheidung zum beA – jetzt zur sachlichen Reichweite. Es handelt sich um den BFH, Beschl. v. 23.08.2022 – VIII S 3/22 – zur Frage, ob die Regelungen zum elekttonischen Dokument/beA auch für eine Anhörungsrüge gelten. Der BFH hat die Frage bejaht:

„Die Anhörungsrüge ist unzulässig, weil es ihr an der gesetzlich vorgeschriebenen Form fehlt. Sie ist nicht als elektronisches Dokument übermittelt worden.

1. Nach § 52d Satz 1 FGO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Die Vorschrift gilt für alle Verfahren nach der FGO (Brandis in Tipke/Kruse, § 52a FGO Rz 3; Schmieszek in Gosch, FGO § 52a Rz 4; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 52a FGO Rz 20; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 52a Rz 2), somit auch für die Anhörungsrüge i.S. des § 133a FGO. Sie ist zum 01.01.2022 in Kraft getreten (Art. 26 Abs. 7 i.V.m. Art. 6 Nr. 4 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013, BGBl I 2013, 3786). Der Rügeführer zu 1., der als Rechtsanwalt in eigener Sache und als Prozessbevollmächtigter der Rügeführerin zu 2. auftrat, war daher verpflichtet, die Anhörungsrüge als elektronisches Dokument zu übermitteln. Die Norm knüpft allein an den Status des Prozessbevollmächtigten als Rechtsanwalt an.

2. Das am 21.02.2022 eingegangene Telefax, bei dem es sich nicht um ein Computerfax handelt, ist bereits kein elektronisches Dokument. Ein elektronisches Dokument ist eine Datei, die mit Mitteln der Datenverarbeitung erstellt, auf einem Datenträger aufgezeichnet werden kann und (bereits) in dieser Form maßgeblich ist. Dies ist bei dem vorliegenden Telefax nicht der Fall, da der Papierausdruck beim Empfänger (BFH) lediglich den Inhalt des Dokuments wiedergibt, ohne selbst Rechtswirksamkeit zu erzeugen. …..“

Wann sind Strafverteidigungskosten Werbungskosten?, oder: Berufliche Veranlassung des Strafvorwurfs

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Und dann noch einmal der BFH mit dem BFH, Beschl. v. 31.03.2022 – VI B 88/21 – zur Frage, wann Strafverteidigungskosten als Werbungskosten anzusehen sind.

Nach einem Strafverfahren wegen Lohnsteuerhinterziehung und Vorenthaltens von Arbeitsentgelten eines angestellten (faktischen) Geschäftsführers hatte der ehemalige Angeklagte die ihm entstandenen Strafverteidigungskosten als Werbungskosten geltend gemacht. Das Finanzamt hat den Abzug nicht anerkannt. Dagegen hat der ehemalige Angeklagte geklagt. Er hatte mit seiner Klage Erfolg. Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Finanzamtes hat der BFH zurückgewiesen:

„1. Die Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

a) Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist (Klärungsbedürftigkeit) und die im konkreten Streitfall klärbar ist (Klärungsfähigkeit). Dazu ist auszuführen, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist und deshalb eine höchstrichterliche Klärung über die materiell-rechtliche Beurteilung des Streitfalles hinaus für die Allgemeinheit Bedeutung hat. Sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, sind eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 22.10.2003 – III B 14/03, BFH/NV 2004, 224, und vom 15.10.2008 – II B 74/08, BFH/NV 2009, 125).

b) Nach diesen Maßstäben kommt eine Zulassung der Revision gemäß § 1152 Nr. 1 FGO im Streitfall nicht in Betracht.

aa) Das FA sieht folgende Fragen als grundsätzlich bedeutsam an:

– Sind Strafverteidigungskosten wegen Hinterziehung von Lohnsteuer und Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelten eines angestellten (faktischen) Geschäftsführers auch dann ausschließlich beruflich veranlasst, wenn Mittel aus Scheinrechnungen nicht nur zur Zahlung von „Schwarzlöhnen“, sondern auch für private Zwecke des Geschäftsführers verwendet werden?

– Falls in einem solchen Fall eine ausschließlich berufliche Veranlassung gegeben sein sollte, überlagert dann eine private Mitveranlassung in Form der privaten Bereicherung die berufliche Veranlassung?

Weiter führt das FA aus, in einem nachfolgenden Revisionsverfahren sei zu klären, ob für die Beurteilung des Vorliegens einer beruflichen Veranlassung der streitigen Strafverteidigungskosten nur auf die konkret angeklagten Taten abgestellt werden dürfe oder ob untrennbar mit den angeklagten Taten verbundene Handlungen (hier: Scheingeschäfte zur Erlangung von Bargeld zur Auszahlung der „Schwarzlöhne“ und für private Zwecke) in die Beurteilung miteinzubeziehen seien.

bb) Diese Fragen sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung allerdings bereits hinreichend geklärt. Einen weitergehenden Klärungsbedarf hat das FA in seiner Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt.

Nach der Rechtsprechung des BFH sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes hinaus alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf die Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden. Danach können auch strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen (Senatsurteil vom 09.12.2003 – VI R 35/96, BFHE 205, 56, BStBl II 2004, 641; Senatsbeschluss vom 17.08.2011 – VI R 75/10).

Strafverteidigungskosten sind dann als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst ist. Das ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist (Senatsurteil vom 18.10.2007 – VI R 42/04, BFHE 219, 197, BStBl II 2008, 223; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21.11.1983 – GrS 2/82, BFHE 140, 50, BStBl II 1984, 160; Senatsbeschluss vom 17.08.2011 – VI R 75/10).

Allerdings setzt die Annahme von Erwerbsaufwendungen auch in diesen Fällen voraus, dass die –die Aufwendungen auslösenden– schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und nicht auf privaten, den beruflichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhen. So greifen nach der Rechtsprechung private Gründe dann durch, wenn die strafbaren Handlungen mit der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen nur insoweit im Zusammenhang stehen, als diese eine Gelegenheit zu einer Straftat verschafft. Eine erwerbsbezogene Veranlassung wird auch aufgehoben, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst, also vorsätzlich schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat, wenn also das Verhalten des Arbeitnehmers von privaten Gründen getragen wurde (Senatsurteil in BFHE 219, 197, BStBl II 2008, 223; Senatsbeschluss vom 17.08.2011 – VI R 75/10).

Der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, betrifft danach grundsätzlich die konkrete Tat, aufgrund der die Strafverteidigungskosten angefallen sind.

cc) Ausgehend von den angeführten Rechtsgrundsätzen hat das Finanzgericht (FG) auf der Grundlage der von ihm als Tatsacheninstanz vorzunehmenden Gesamtwürdigung (s. z.B. Senatsentscheidungen vom 26.07.2007 – VI R 64/06, BFHE 218, 370, BStBl II 2007, 892, und vom 10.11.2005 – VI B 75/05, BFH/NV 2006, 530) darauf abgestellt, dass die geltend gemachten Kosten der Strafverteidigung sich ausschließlich auf die Verkürzung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen bezogen hätten. Diese Taten habe der Kläger und Beschwerdegegner in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit begangen. Eine private Mitveranlassung hat die Vorinstanz mit der Begründung verneint, die Abzweigung von Bargeld für eigene Zwecke habe mit der Lohnsteuerhinterziehung nicht in einem solchen Zusammenhang gestanden, dass eine Überlagerung der beruflichen Veranlassung durch den Zweck der Eigenbereicherung anzunehmen sei. Denn diese sei weder Voraussetzung noch Folge der Lohnsteuerhinterziehung gewesen, auf die sich die Strafverteidigungskosten bezogen hätten.

An diese Würdigung des FG aufgrund seiner aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) wäre der Senat auch in dem vom FA angestrebten Revisionsverfahren gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Denn das Ergebnis der Tatsachenwürdigung muss nicht zwingend, sondern nur möglich sein (vgl. auch Senatsbeschluss vom 17.08.2011 – VI R 75/10).

Soweit das FA hinsichtlich der seiner Auffassung nach mit der Lohnsteuerhinterziehung und der Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen „untrennbar“ verbundenen Taten weiteren Klärungsbedarf sieht und die Rechtsmeinung äußert, solche Taten seien in die Beurteilung miteinzubeziehen, legt es keine hinreichenden Gründe dar, aus denen sich das Erfordernis einer erneuten Prüfung und Entscheidung vom BFH bereits entschiedener Rechtsfragen ergibt.

2. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) als Unterfall der Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung liegen aus den unter 1. dargelegten Gründen ebenfalls nicht vor.

Die Revision ist schließlich auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen.

Die von dem FA gerügte Divergenz zu dem BFH-Beschluss vom 13.12.2016 – VIII R 43/14 ist nicht gegeben.

Das FA führt u.a. aus, die Vorinstanz habe entschieden, Strafverteidigungskosten wegen Lohnsteuerhinterziehung und Vorenthaltens von Arbeitsentgelten eines angestellten (faktischen) Geschäftsführers seien auch dann ausschließlich beruflich veranlasst, wenn Mittel aus Scheinrechnungen nicht nur zur Zahlung von „Schwarzlöhnen“, sondern auch für private Zwecke verwendet würden. Nach dem BFH-Beschluss vom 13.12.2016 – VIII R 43/14 könne auch eine in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangene Straftat keinen Veranlassungszusammenhang der Strafverteidigungskosten mit den Einkünften begründen, wenn ein beruflicher Veranlassungszusammenhang durch einen überlagernden privaten Veranlassungszusammenhang ausgeschlossen werde. Ein überlagernder privater Veranlassungszusammenhang liege insbesondere dann vor, wenn eine persönliche Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Tat angestrebt werde.

Hieraus ergibt sich indessen keine Divergenz. Denn nach der –den Senat bindenden– Würdigung des FG war im Streitfall die konkrete Tat, auf die sich die angefallenen Strafverteidigungskosten bezogen, die Verkürzung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen und nicht die (private) Verwendung der „Mittel aus den Scheinrechnungen“.

Corona I: Verfahrensverzögerung wegen Corona, oder: Gibt es eine Entschädigung?

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Heute dann zum Wochenstart zwei Entscheidungen, die mit Corona zu tun haben. Aber mal etwas anderes als Impfpass und Owis, nämlich: Verfahrensverzögerung und Fitness-Studio.

Zunächst hier das BFH, Urt. v. 27.10.2021 – X K 5/20, auf das ich erst jetzt durch eine PM des BFH aufmerksam geworden bin.

In dem vom BFH entschiedenen Verfahren ging es um eine Kage, die der Kläger 2018 gegen Umsatzsteuerbescheide erhoben hatte. Zwei Jahre nach Klageeingang hatte der Kläger eine Verzögerungsrüge wegen der Besorgnis erhoben, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird. Das Klageverfahren wurde dann acht Monate später – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung – mit Zustellung des Urteils beendet.

Nachfolgend hat der Kläger dann Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Höhe von mindestens 600 EUR erhoben. Er begründete diese im Wesentlichen damit, dass der Entschädigungsanspruch zwar verschuldensunabhängig sei, sodass es nicht auf ein pflichtwidriges Verhalten bzw. Verschulden der mit der Sache befassten Richter ankomme. Somit könne die unangemessene Verfahrensdauer auch nicht mit dem Hinweis auf eine chronische Überlastung der Gerichte, länger bestehende Rückstände oder eine angespannte Personalsituation gerechtfertigt werden. Nach den Erwägungen des Gesetzgebers müssten aber die verfahrensverzögernden Umstände zumindest innerhalb des staatlichen bzw. dem Staat zurechenbaren Einflussbereichs liegen.

Der BFH hat die Klage abgewiesen. Die mehrmonatige Verzögerung des Ausgangsverfahrens beruhe auf Einschränkungen des finanzgerichtlichen Sitzungsbetriebs ab März 2020. Diese seien Folge der Corona-Pandemie und der zu ihrer Eindämmung ergriffenen Schutzmaßnahmen. Es handele sich nicht um ein spezifisch die Justiz betreffendes Problem, da andere öffentliche und private Einrichtungen und Betriebe ebenso betroffen (gewesen) seien. Die Corona-Pandemie sei – jedenfalls zu Beginn – als außergewöhnliches und in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschlands beispielloses Ereignis anzusehen, die weder in ihrem Eintritt noch in ihren Wirkungen vorhersehbar gewesen wäre. Von einem Organisationsverschulden der Justizbehörden im Hinblick auf die Vorsorge für die Aufrechterhaltung einer stets uneingeschränkten Rechtspflege könne daher ebenfalls nicht ausgegangen werden.

Hier die Leitsätze zu dem BFH-Urteil vom 27.10.2021:

  1. Nach den Erwägungen des Gesetzgebers setzt der (verschuldensunabhängige) Entschädigungsanspruch i.S. des § 198 GVG voraus, dass die Umstände, die zu einer Verlängerung der Verfahrensdauer geführt haben, innerhalb des staatlichen bzw. dem Staat zurechenbaren Einflussbereichs liegen müssen.
  2. Eine zu Beginn der Corona-Pandemie hierdurch verursachte Verzögerung beim Sitzungsbetrieb führt nicht zur Unangemessenheit der gerichtlichen Verfahrensdauer i.S. des § 198 Abs. 1 GVG, da sie nicht dem staatlichen Verantwortungsbereich zuzuordnen ist.
  3. Bei der Corona-Pandemie und den zur Eindämmung getroffenen Schutzmaßnahmen handelt es sich nicht um ein spezifisch die Justiz betreffendes Problem, da sie ??was ihr Personal und die Verfahrensbeteiligten anbelangt?? ebenso betroffen ist wie andere öffentliche und private Einrichtungen und Betriebe.

Gerichtsgebühren für die erfolglose Anhörungsrüge, oder: Altes oder neues Recht

Heute ist RVG- bzw. Gebührentag, also Entscheidungen, die mit Gebühren, Kosten und Auslagen zu tun haben. Und in dem Zusammenhang stelle ich heute zwei Entscheidungen vor, die sich mit etwas abgelegeneren Fragen befassen.

Das ist zunächst der BFH, Beschl. v. 16.12.2022 – X S 16/21 u.a. Der nimmt Stellung zur Frage, in welcher Höhe für eine nach dem 31.12.2020 bei Gericht eingegangene –ohne Erfolg gebliebene– Anhörungsrüge die Festgebühr festzusetzen ist. Altes Recht, also 60 EUR oder neuen Recht, also 66 EUR. Es geht um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für eine vom Kläger beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil eines Finanzgerichts. Der entsprechende Antrag ist abgelehnt worden. Dagegen hat der  Antragsteller/Kläger Anhörungsrüge erhoben, die keinen Erfolg hatte. Die Anhörungsrüge ist nach dem 1.1.2021 eingegangen, also nach Wirksamwerden der Rechtsänderungen durch das KostRÄG 2021. Der BFH sagt: Anwendbar ist aber dennoch altes Recht:

„1. Für erfolglose Anhörungsrügen sieht das Kostenverzeichnis in Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) eine Festgebühr vor (vgl. Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum GKG). Diese Festgebühr greift auch dann ein, wenn —wie vorliegend— mit der Anhörungsrüge ein Verfahren wegen PKH-Bewilligung fortgesetzt werden soll, das seinerseits gerichtsgebührenfrei ist (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 16.02.2006 ? VII S 2/06 , BFH/NV 2006, 1123, unter II.4.; vom 14.12.2006 ? VIII S 25/06 , BFH/NV 2007, 923, unter II.3., und vom 26.03.2014 ? XI S 1/14 , BFH/NV 2014, 1071, Rz 18).

2. Infolge der Änderung des GKG durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 vom 21.12.2020 —KostRÄG 2021— (BGBl I 2020, 3229) ist nach Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum GKG ab dem 01.01.2021 eine Festgebühr in Höhe von 66 € anzusetzen (vgl. Art. 1 Abs. 2 Nr. 108 , Art. 13 Abs. 3 KostRÄG 2021 ), bis zum 31.12.2020 fiel eine Festgebühr von 60 € an.

3. Im Streitfall beträgt die Festgebühr noch 60 €. Dies ergibt sich aus § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG , wonach die Kosten in Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, nach dem bisherigen Recht erhoben werden. Der Antragsteller hat zwar die Anhörungsrüge X S 16/21 erst am 20.07.2021 beim BFH angebracht. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der PKH-Bewilligungsantrag, gegen dessen Ablehnung sich die vorliegende Anhörungsrüge richtet, bereits am 13.09.2019 beim BFH eingegangen ist.

a) Zwar hat der Senat Anhörungsrügen in der Vergangenheit als selbständige Verfahren der FGO und damit als eine Rechtsstreitigkeit i.S. des § 71 1 Satz 1 GKG angesehen und damit auf die Anhängigkeit der Anhörungsrüge abgestellt ( Beschlüsse vom 31.01.2014 ? X S 57/13 , BFH/NV 2014, 871, Rz 10, und vom 20.05.2014 ? X S 11/14 , BFH/NV 2014, 1754, Rz 13, m.w.N.). Diese Qualifikation als selbständiges Verfahren wird allerdings dem Wesen einer Anhörungsrüge nicht gerecht, die eine nachträgliche Selbstkontrolle des Gerichts und eine die Rechtskraft der bereits getroffenen Entscheidung beiseiteschiebende Fortsetzung des Verfahrens ermöglicht (so Rüsken inGosch, FGO § 133a Rz 11). Die Regelungen des § 133a FGO sind hierfür der Beleg: Nach dessen Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 FGO führt das Gericht bei begründeter Anhörungsrüge das Verfahren fort. Das Verfahren wird nach § 133a Abs. 5 Satz 2 FGO in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand.

b) Zudem ist der Senat in einem Entschädigungsklageverfahren wegen überlanger Verfahrensdauer gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) davon ausgegangen, dass eine sich an ein isoliertes Verfahren auf PKH-Bewilligung anschließende Anhörungsrüge ein Rechtsbehelf ist, der auf die Fortführung des ursprünglichen Verfahrens gerichtet ist ( Urteil vom 20.03.2019 ? X K 4/18 , BFHE 263, 498, BStBl II 2020, 16, Rz 36). Er hat damit die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) bestätigt, nach der ein Anhörungsrügeverfahren kein selbständiges Verfahren ist, sondern dem Hauptsacheverfahren hinzugerechnet wird und somit Teil eines einheitlichen Gerichtsverfahrens i.S. von § 198 6 Nr. 1 GVG ist ( BGH-Urteil vom 21.05.2014 ? III ZR 355/13 , Neue Juristische Wochenschrift 2014, 2443, Rz 12). Nach Auffassung des Senats ist kein Grund erkennbar, den Begriff der Rechtsstreitigkeit i.S. von § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG und den des einheitlichen Gerichtsverfahrens gemäß § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG in diesem Zusammenhang unterschiedlich auszulegen.

c) Aus alledem ergibt sich, dass der Senat —unter Aufgabe seiner in den Entscheidungen in BFH/NV 2014, 871 [BFH 31.01.2014 – X S 57/13] und BFH/NV 2014, 1754 [BFH 20.05.2014 – X S 11/14] vertretenen Auffassung— die vorliegende Anhörungsrüge als Teil eines einheitlichen Verfahrens (hier des unter dem Aktenzeichen pp. geführten PKH-Bewilligungsverfahrens) ansieht. Demzufolge ist nach § 71 1 Satz 1 GKG noch das bis zum 31.12.2020 gültige Kostenrecht anzuwenden. Nichts anderes ergibt sich aus § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG . Danach kommt im Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung eingelegt worden ist, abweichend von Satz 1 das im Zeitpunkt seiner Einlegung geltende Recht zur Anwendung. Die Anhörungsrüge gemäß § 133a FGO ist aber mangels Devolutiv- und Suspensiveffekts kein Rechtsmittel, sondern lediglich ein subsidiärer Rechtsbehelf (vgl. Senatsurteil in BFHE 263, 498, BStBl II 2020, 16 [BFH 20.03.2019 – X K 4/18] , Rz 36; Bergkemper inHHSp, § 133a FGO Rz 3,8).“

Die Argumentation könnte auch in anderen Verfahren helfen.

Sind Pauschgebühren außerordentliche Einkünfte?, oder: Pauschgebühr wird normal versteuert

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Als zweite Entscheidung des Tages dann ein Beschluss des BFH mit gebührenrechtlichem Einschlag. Nein, es geht nicht um die Frage, welche Gebühren ggf. im finanzgerichtlichen Verfahren entstehen, sondern darum, ob es sich bei der Pauschgebühr nach § 51 RVG um sog. außerordentliche Einkünfte i.S. von § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG handelt.

Davon war ein (Pflicht)Verteidiger in Sachsen ausgegangen und hatte damit beim Sächsischen G keinen Erfolg. Der BFH hat dann im BFH, Beschl. v. 20.01.2020 – VIII B 121/19 – auch seine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen:

„Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO -). Die von dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor oder sind nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form dargelegt worden.

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der vorgelegten Rechtsfragen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen.

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 28.04.2016 – IX B 18/16, BFH/NV 2016, 1173). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die Beantwortung der Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) in seiner Entscheidung getan hat, wenn die Rechtslage also eindeutig ist. Darüber hinaus ist eine Rechtsfrage auch dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar oder vorgetragen sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage geboten erscheinen lassen (BFH-Beschluss vom 08.07.2014 – VII B 129/13, BFH/NV 2014, 1776).

b) Nach diesen Grundsätzen ist die vom Kläger für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, „ob eine nur auf gerichtlichen Antrag zu gewährende Pauschvergütung nach § 51 Abs. 1, Abs. 2 RVG, über die stets ein Gericht oder zumindest das Oberlandesgericht zu entscheiden hat und die nur zu gewähren ist, wenn das OLG die Unzumutbarkeit der regulären RVG-Vergütung feststellt, … zusammengeballt zufließt und nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zu behandeln ist, wenn das der Vergütung zugrundeliegende und betreute Verfahren mehrere Veranlagungszeiträume und mehr als 12 Monate umfasste“, nicht klärungsbedürftig.

aa) Für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist geklärt, dass die Anwendung der Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG für eine mehrjährige Tätigkeit auf besondere Tätigkeiten beschränkt ist, die von der üblichen Tätigkeit eines Freiberuflers abgrenzbar sein müssen (BFH-Urteil vom 30.01.2013 – III R 84/11, BFHE 240, 156, BStBl II 2018, 696, Rz 15; zur Abgrenzung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit s. BFH-Urteil vom 07.05.2015 – VI R 44/13, BFHE 249, 523, BStBl II 2015, 890, Rz 14 f.). Die Vergütung wird für eine mehrjährige Tätigkeit erzielt, wenn der Steuerpflichtige sich während mehrerer Jahre ausschließlich einer bestimmten Sache gewidmet und die Vergütung dafür in einem einzigen Veranlagungszeitraum erhalten hat oder wenn eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sondertätigkeit vorliegt, die von der übrigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ausreichend abgrenzbar ist und nicht zum regelmäßigen Gewinnbetrieb gehört, sowie in einem einzigen Veranlagungszeitraum entlohnt wird (BFH-Urteile vom 06.10.1993 – I R 98/92, BFH/NV 1994, 775; vom 14.12.2006 – IV R 57/05, BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180; vom 16.09.2014 – VIII R 1/12, juris; in BFHE 240, 156, BStBl II 2018, 696). Unter die Tarifermäßigung fallen auch Vergütungen für die mehrjährige regelmäßige Tätigkeit, die aufgrund einer vorangegangenen rechtlichen Auseinandersetzung atypisch zusammengeballt zufließen, weil für den Steuerpflichtigen in diesem Fall regelmäßig nicht disponibel ist, wann der – je nach Gewinnermittlungsart entweder durch das Zufluss- oder das Realisationsprinzip vorgegebene – Zeitpunkt der letztendlichen einkommensteuerlichen Erfassung dieser Einnahme eintritt (BFH-Urteil in BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180).

bb) Der Kläger trägt keine Gesichtspunkte vor, die für eine Ausweitung der Fallgruppen auf den vorliegenden Sachverhalt sprechen und zu einer Überprüfung der bisherigen Rechtsprechung Anlass geben könnten. Der von ihm hervorgehobene Sinn und Zweck der Regelung in § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, die Progressionswirkung für zusammengeballt erzielte Einkünfte zu mildern, ist in der Rechtsprechung wiederholt bei der Entwicklung der oben genannten Fallgruppen und Abgrenzung zu nicht begünstigten Einkünften herangezogen worden und spricht für sich betrachtet nicht für eine Ausweitung der Rechtsprechung. Zwar fallen nach dem vom Kläger zitierten BFH-Urteil in BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180 Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit, die aufgrund einer vorangegangenen rechtlichen Auseinandersetzung atypisch zusammengeballt zufließen, unter die Regelung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, weil für den Steuerpflichtigen in diesem Fall regelmäßig nicht disponibel ist, wann der Zeitpunkt der letztendlichen einkommensteuerlichen Erfassung dieser Einnahme eintritt. Bei dieser Entscheidung handelt es sich im Kontext der gefestigten Rechtsprechung des BFH zur Zusammenballung von berufsüblichen Einkünften eines Freiberuflers, die grundsätzlich nicht unter die Steuerbegünstigung des § 34 EStG fallen, jedoch um eine singuläre Entscheidung, die darauf beruht, dass dem Steuerpflichtigen erst nach Durchführung eines Rechtsstreits zusammengeballt die Einkünfte zuflossen, die ihm bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtlich zugestanden hätten. Davon zu unterscheiden ist jedoch der vorliegende Streitfall. Die nach § 51 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) gezahlten höheren Pauschgebühren sind mit den Honoraren von Freiberuflern gleichzusetzen, die erst nach der Auftragsbeendigung für eine mehrjährige Tätigkeit zusammengeballt gezahlt werden und nach der gefestigten Rechtsprechung des BFH nicht unter die Tarifbegünstigung des § 34 EStG fallen. Hierfür spricht auch, dass dem Rechtsanwalt nach § 51 Abs. 1 Satz 5 RVG auf Antrag ein angemessener Vorschuss auf die Pauschgebühr bewilligt werden kann, was bei einem gerichtlichen Rechtsstreit über die Höhe eines Honorars – wie in dem dem BFH-Urteil in BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180 zugrundeliegenden Fall – nicht möglich ist. Danach ist die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage offensichtlich zu verneinen und somit nicht klärungsbedürftig.“

Fazit: Pauschgebühr wird normal versteuert.