Die zweite Entscheidung kommt – wie bereits angekündigt auch vomKG aus Berlin. Gegenstand ist ein Fahrradfahrerunfall. Zwei Fahrradfahrer sind bei einem Überholvorgang im gleichgerichteten Verkehr zusammen gestoßen. Der eine macht gegen den anderen Radfahrer Zahlung von Schmerzensgeld, Krankenbehandlungskosten, Sachschäden und Verdienstausfall sowie Nebenforderungen in Höhe von zuletzt 16.825,52 EUR geltend. Das LG hat die Klage abgewiesen, weil es die Behauptung des Klägers nicht für erwiesen erachtet hat, dass die Beklagte beim Überholen den notwendigen Seitenabstand zu ihm als ebenfalls auf einem Rad Fahrenden nicht eingehalten hat. Die durch den Sturz des Klägers eingetretene Unterarmfraktur habe die Beklagte daher nicht verschuldet. Der Fahrradweg aus Bitumen habe eine Breite von 1,75 m gehabt, bis zum Bordstein habe sich noch ein kleingepflasterter Bereich angeschlossen, der eine Breite von 95 cm gehabt habe. Rechts neben dem Fahrradweg habe sich ein Grünstreifen befunden. Dann aber sei ausreichender Platz für ein Überholen mit einem Abstand von 1 m vorhanden gewesen. Ausreichende Anhaltspunkte für ein Unterschreiten des notwendigen Abstands ergäben sich allenfalls aus den Angaben des Klägers, die aber keinen Vorrang vor den plausiblen Erklärungen der Beklagten hätten. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Überholvorgang durch ein Klingeln vorzubereiten.
Das KG führt dazu in seinem Hinweisbeschluss, dem KG, Beschl. v. 26.02.2018 – 22 U 146/16, in dem es für den Kläger angeregt hat, seine Berufung zu überdenken:
„…..Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt hat, so dass weder ein Anspruch wegen der eingetretenen Körperverletzung nach § 823 Abs. 1 BGB noch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 229 StGB in Betracht kommt…………
2. Die Entscheidung des Landgerichts unterliegt auch keinem Rechtsfehler. Zu Recht hat das Landgericht eine Verpflichtung zum Klingeln verneint. Eine entsprechende generelle Verpflichtung ergibt sich nicht aus dem Gesetz, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 StVO ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Nach § 5 Abs. 1 StVO ist links zu überholen. Dabei ist nach § 5 Abs. 4 Satz 2 StVO ein ausreichender Seitenabstand zu anderen Radfahrern einzuhalten. Der Überholende muss sich weiter so verhalten, dass eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist und der Überholte nicht behindert wird. Dies alles gilt auch dann, wenn ein Radfahrer einen anderen Radfahrer überholen will, weil ihm das Überholen trotz der Regelung des § 2 Abs. 4 Satz 1 StVO grundsätzlich erlaubt ist. Die Regelung § 2 Abs. 4 Satz 1 StVO betrifft nur den Fall, dass länger nebeneinander gefahren und gerade nicht überholt werden soll (vgl. Burmann/Heß, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl., § 2 Rdn. 55). Die beim Überholen zu beachtenden Pflichten setzen das vorherige Ankündigen des Überholens grundsätzlich nicht voraus. Selbst nach § 5 Abs. 6 StVO besteht keine Pflicht zur Ankündigung des Überholens durch Schallzeichen. Anderes kann allenfalls dann in Betracht kommen, wenn eine besondere Sachlage vorliegt. Eine solche Konstellation könnte gegeben sein, wenn der Überholvorgang wegen der geringen Straßenbreite besonders gefährlich ist oder der zu Überholende erkennbar unsicher ist. All dies ist hier aber nicht der Fall gewesen. Aus dem gleichen Grund scheidet auch eine Verpflichtung aus § 16 Abs. 1 StVO aus. Dann aber kann hier auch offen bleiben, ob sich eine etwaige Verletzung der Ankündigungspflicht überhaupt auf den Unfall ausgewirkt hat, nachdem der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung ausdrücklich erklärt hat, er habe sich nicht wegen des Überholens erschrocken, sondern wegen der Berührung.“
Der Kläger ist der Anregung des KG übrigens nicht gefolgt. Das hat die Berufung dann im KG, Beschl. v. 09.04.2018 – 22 U 146/18 – zurückgewiesen.