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Aufgepasst: Auch Auslandstaten führen zum Bewährungswiderruf..

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Auch auf der Grundlage von Auslandstaten ist ein Bewährungswiderruf (§ 56f StGB) hier in Deutschland möglich. Das folgt aus dem OLG Braunschweig, Beschl. v. 26.02.2016 – 1 Ws 5/16. Der Verurteilte war durch ein Gericht in Ecudador wegen eine Verstoßes gegen das dortige BtMG zu einer Freiheitsstrafe von 16 Jahren, die dann später nach einer Reform in Ecuador auf 13 Jahre reduziert worden sind. Die Verurteilung hat die StVK hier in Deutschland dann zum Anlass für einen Bewährungswiderruf genommen. Das OLG Braunschweig sagt: Passt:

a) Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Der Beschwerdeführer hat, wie im Urteil des Dritten Strafgerichts von Guayas vom 04. August 2009 rechtskräftig festgestellt worden ist, am 05. August 2008 und damit innerhalb der Bewährungszeit eine Straftat gemäß Artikel 62 des ecuadorianischen Gesetzes über Suchtstoffe und Psychotrope Substanzen begangen, wegen derer er zu einer erheblichen Freiheitsstrafe von 16 bzw. 13 Jahren verurteilt worden ist. Er ist damit nicht einmal 1 Jahr nach der Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 23. März 2006 erneut (einschlägig) straffällig geworden und hat damit deutlich gezeigt, dass sich die Erwartung, die der Strafaussetzung zur Grunde lag, nicht erfüllt hat.

b) Dass der Beschwerdeführer die vorgenannte Tat im Ausland begangen hat, steht der Widerrufsentscheidung nicht entgegen. Nach ganz überwiegender und vom Senat geteilter Ansicht können auch Auslandstaten Anlass zum Widerruf einer Strafaussetzung geben, weil auch sie die bei der Strafaussetzung angenommene günstige Legalprognose zu erschüttern vermögen ( OLG Köln MDR 1972, 437, 438; KG NStZ 2015, 165 m.z.w.N).

c) Die schuldhafte Begehung der neuen Tat steht zur Überzeugung des Senates auch fest.

Zwar ist das widerrufende Gericht – und damit auch der Senat als Beschwerdeinstanz – an die rechtskräftige Anlassentscheidung des Dritten Strafgerichts von Guayas vom 04. August 2009 nicht gebunden (vgl. OLG Düsseldorf StV 1996, 45; KG NStZ-RR 2001, 136, NStZ 2015, 165 m.w.N.).

Jedenfalls auf inländische rechtskräftige Urteile darf sich das Widerrufsgericht aber stützen und dadurch die Überzeugung von Art und Ausmaß der Schuld des Täters gewinnen (vgl. OLG Zweibrücken StV 1991, 270; KG NStZ-RR 2005, 94, NStZ 2015, 165 m.w.N.). Denn eine rechtskräftige Verurteilung wegen der Anlasstat, der eine Hauptverhandlung mit durchgeführter Beweisaufnahme vorausgegangen ist, verschafft dem Widerrufsgericht in der Regel einen so hohen Grad an Verlässlichkeit, dass es seine Überzeugung ohne weiteres allein auf diese Verurteilung zu stützen vermag (vgl. KG NStZ-RR 2009, 61, NStZ 2015, 165). Die neue Tat muss im Widerrufsverfahren grundsätzlich nicht noch einmal aufgeklärt und bewiesen werden (KG NStZ 2015, 165. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die Gründe des Urteils den Schuldspruch nicht tragen (vgl. OLG Düsseldorf StV 1996, 45; VRS 95, 253; KG NStZ 2015, 165), dem Widerrufsgericht aufgrund anderer Beweismittel die Unschuld des Verurteilten bekannt ist oder es die Rechtsauffassung des Tatrichters nicht teilt (vgl. KG NStZ-RR 2001, 136).

Diese Grundsätze gelten in der Regel auch für ausländische Urteile, soweit diese auf einem rechtsstaatlichen Verfahren beruhen, in dem die maßgeblichen Feststellungen auf fundierter und nachvollziehbarer Tatsachengrundlage durch ein unabhängiges Gericht unter Wahrung der Rechte des Angeklagten aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, insbesondere aus deren Artikel 6 getroffen worden sind (KG NStZ 2015, 165).

Die Einhaltung dieser Grundstandards wird aus dem Urteil des Dritten Strafgerichts von Guayas vom 04. August 2009 hinreichend deutlich. Der Verurteilte hat rechtliches Gehör gefunden; das Dritte Strafgericht von Guayas, der Erste Senat für Straf- und Verkehrsrecht des Provinzialgerichts von Guayas sowie der Corte National de Justicia haben sich mit seinem Vorbringen auseinandergesetzt. Der Beschwerdeführer war verteidigt. Grundlage für das Urteil waren neben den Angaben des Beschwerdeführers die Bekundungen der Polizeiunteroffiziere D. N., D. U. und M. C., des Polizeiunterleutnants J. P. sowie des Sachverständigen G. M. Der Beschwerdeführer hatte schließlich auch die Möglichkeit, Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil einzulegen.

Materiell-rechtlich ist die Entscheidung des Dritten Strafgerichts von Guayas ebenfalls ohne weiteres nachvollziehbar. Der festgestellte Sachverhalt wäre in Deutschland als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge strafbar.“

Über/mit/wegen Facebook wieder in den Knast

entnommen wikimedia.org Urheber Munhuu94 - Own work

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Über die Ticker gelaufen ist gestern der OLG Hamm, Beschl. v. 07.05.2015 – 3 Ws 168/15, über den dann heute auch die Tagespresse berichtet. An sich nichts Besonderes, da es nur um einen Bewährungswiderruf geht. Aber: Besonders wird die Geschichte deshalb und deshalb wird auch so breit drüber berichtet, weil es um eine weisungswidrige Kontaktaufnahme über Facebook des unter Bewährung stehenden Verurteilten zu seiner ehemaligen Ehefrau über Facebook ging. Der Verurteilte hatte für die Dauer der angeordneten vierjährigen Bewährungszeit die Weisung erhalten, es zu unterlassen, Kontakt zu seiner ehemaligen Ehefrau direkt oder indirekt in jeglicher Form, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen. In der Folgezeit postete der Verurteilte aber verschiedene Nachrichten auf seiner Facebook-Seite, u.a. unter Verwendung eines von ihm der Geschädigten gegebenen Spitznamens Beschimpfungen wie „du bist ein Schwein wie deine kinde. Du bist die groß Hure von babelon“, zudem Affenfotos mit der Überschreibung „du bist ein Affe“, verbunden mit und dem Vornamen der Geschädigten, und unter Nennung eines Namens der Schwester der Geschädigten „sag zu deiner Schwester: Du bist geistig beeinträchtig und lässt dich schnell von anderen Leuten um den Finger wickeln“.

Die Strafvollstreckungskammer hat daher gem. § 56f Abs. 1 Nr. 2 StGB die Bewährung widerrufen, Das OLG Hamm ist dem gefolgt:

„Gemäß § 56f Abs. 1 Nr. 2 StGB widerruft das Gericht die Strafaussetzung wenn die Verurteilte Person gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt und dadurch Anlass zu der Besorgnis gibt, dass sie erneut Straftaten begehen wird.

Dies ist vorliegend der Fall. Der Verurteilte hat gröblich und beharrlich gegen die ihm erteilte Weisung, es zu unterlassen, Kontakt zu der Geschädigten direkt oder durch Dritte in jeglicher Form auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln aufzunehmen, verstoßen.

Das Verhalten des Verurteilten stellt sich als mehrfacher Verstoß gegen die ihm erteilte Weisung dar. Durch das Veröffentlichen von Affenfotos, welche mit dem Namen seiner geschiedenen Ehefrau überschrieben waren, die direkte Ansprache an die Schwester seiner geschiedenen Ehefrau sowie den weiteren Text, der die familiäre Situation und den derzeitigen Wohnort seiner geschiedenen Frau aufgreift, hat der Verurteilte Kontakt zu der Geschädigten aufgenommen.

Dem Verurteilten war dabei auch bewusst, dass die Einträge auf seinem Facebook-Profil zumindest von Verwandten und Bekannten der Geschädigten gelesen wurden. Ihm kam es daher in jedem Fall auf eine Übermittlung seiner Texte und Nachrichten an die Geschädigte durch Dritte an.

Nach seinem eigenen Vortrag im Rahmen seiner Beschwerdebegründung hatte seine geschiedene Ehefrau daneben durch einen mit ihm bekannten Freund Zugriff auf seine „Internetseite“. Die unmittelbare namentliche Ansprache der Geschädigten stellt demnach auch einen Weisungsverstoß in Form der direkten Kontaktaufnahme dar.

Soweit der Verurteilte der Auffassung ist, er könne nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass seine geschiedene Ehefrau sich auf dem Umweg über einen Bekannten Zugang zu seiner Facebook-Seite verschafft hat, steht dies dem Weisungsverstoß nicht entgegen. Durch das Einstellen der entsprechenden Fotos und Nachrichteneinträge auf seiner Facebook-Seite sind diese öffentlich verwendet und damit einem durch ihn nicht näher bestimmbaren Personenkreis inhaltlich mitgeteilt worden (vgl. zum öffentlichen Verwenden von Fotos in einem Facebook-Profil: BGH, Beschluss vom 19. August 2014 – 3 StR 88/14 –, juris; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 25.04.2013, II-2 UF 254/12 -, juris).

Angesichts der Vielzahl und des beleidigenden Inhalts der Facebook-Einträge und Nachrichten liegt auch ein gröblicher und beharrlicher Weisungsverstoß vor.

Der Verurteilte hat im Rahmen seiner Anhörung vor der Strafvollstreckungskammer auch die Urheberschaft der zuvor aufgeführten Eintragungen und Fotos – anders als in dem gegen ihn gerichteten Verfahren wegen Verstoßes nach dem Gewaltschutz-gesetz – zugestanden. Seine Erklärungen hinsichtlich der Zielrichtung der entsprechenden Nachrichten und Einträge hat der Senat indes nicht als plausibel angesehen. Der Inhalt der Einträge, der eine Vielzahl an Parallelen zu dem Leben des Verurteilten aufweist, lässt für den Senat nur den Schluss zu, dass es sich nicht um Gedichte oder an dritte Personen gerichtete Nachrichten handelt. Vielmehr ist der Senat davon überzeugt, dass es dem Verurteilten darauf ankam, Kontakt – unmittelbar oder durch Dritte – zu der Geschädigten herzustellen.“

Keine Zusammenarbeit mit der Bewährungshilfe – automatisch Widerruf?

© Haramis Kalfar - Fotolia.com

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Wenn es um den Widerruf von Strafaussetzung zur Bewährung geht, spielt häufig die Frage der mangelnden Zusammenarbeit mit der Bewährungshilfe ein Rolle. Denn das ist i.d.R. dann ein Weisungsverstoß, der den Widerruf zumindest aber die Verlängerung der Bewährungszeit nach sich ziehen kann (§ 56f StGB). Allerdings nicht – wie manchmal entschieden wird – automatisch, sondern nur, wenn die Gefahr neuer Straftaten droht. Das macht noch einmal der AG Backnang, Beschl. v. 20.06.2014 – 2 BWL 74/12 – deutlich, das trotz mangelnder Zusammenarbeit mit der Bewährungshilfe nicht widerruft und auch nicht die Bewährungszeit verlängert. In dem Beschluss heißt es:

Ferner war der Antrag auf Verlängerung der Bewährungszeit abzulehnen. Eine Verlängerung  der Bewährungszeit gem. § 56 a Abs. 1 StGB kommt in Ermangelung des Vorliegens neuer Umstände, die eine Verlängerung erforderlich erscheinen ließen, nicht in Betracht, und auch auf § 56 f StGB kann eine Verlängerung der Bewährungszeit nicht gestützt werden.

Eine Verlängerung gem. § 56 f Abs. 2 Nr. 2 StGB kommt nur beim Vorliegen eines Widerrufsgrunds in Betracht, sie dient der Vermeidung des Widerrufs der Strafaussetzung. Der gröbliche und/oder beharrliche Verstoß gegen eine Bewährungsweisung führt alleine aber noch nicht zum Widerruf der Strafaussetzung. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass der Verstoß zu einer neuen, negativen Kriminalprognose führt, die der Strafaussetzung zugrunde liegenden Prognose also der Korrektur bedarf. Der Verstoß selbst ist dabei nicht mit der negativen Prognose gleichzusetzen. Darüber hinaus ist der Widerruf auch keine Sanktion für den Weisungsverstoß (BVerfG NStZ-RR 2007, 338). Wie bereits im Beschluss vom 25.09.2013 dargelegt ist maßgeblich vielmehr, ob unter Berücksichtigung der gesamten Umstände der Verstoß zu der kriminellen Neigung oder Auffälligkeit des Verurteilten so in einer kausalen Beziehung besteht, dass die Gefahr weiterer Straftaten besteht.

Dies lässt sich vorliegend nicht feststellen. Hierfür spricht schon die nunmehr zwei Jahre andauernde Straffreiheit, neue Ermittlungsverfahren sind nicht bekannt. Auch liegen keine Erkenntnisse vor, dass der Verurteilte wieder Umgang mit Betäubungsmitteln hat. Darüber hinaus ist nach wie vor nicht feststellbar, dass das Verhalten des Verurteilten die Befürchtung weiterer Straftaten rechtfertigt. Aus dem Umstand, dass der Verurteilte sich gegenüber dem Bewährungshelfer unmotiviert zeigt, vermag das Gericht nicht die Gefahr neuer Straftaten herzuleiten. Es kommt deshalb eine Verlängerung der Bewährungszeit nicht in Betracht.“

Widerruf von Strafaussetzung trotz Bewährungsstrafe?

© M. Schuppich - Fotolia.com

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Zwei feststehende/klassische (Grund)Aussagen des Rechts der Strafaussetzung zur Bewährung und des Widerrufs (§ 56f StGB) behandelt der KG, Beschl. v. 14.02.2014 – 2 Ws 60-61/14, nämlich die Frage der Zulässigkeit des Bewährungswiderrufs trotz positiver Prognose des letzten Tatrichters und die Frage nach der Frist für Bewährungswiderruf. Dazu zunächst die Leitsätze:

1. Der Grundsatz, dass sich das für den Widerruf der Strafaussetzung zuständige Gericht der zeitnahen Prognose eines Tatrichters anschließen soll, weil diesem aufgrund der Hauptverhandlung bessere Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stehen, erfährt dann eine Einschränkung, wenn dessen Prognoseentscheidung nicht durch Tatsachen belegt ist.

2. Der Ablauf der Bewährungszeit hindert den Widerruf nur dann, wenn der Verurteilte damit nicht mehr zu rechnen brauchte.

Und dazu das KG im Beschluss dann im Einzelnen:

Zu Leitsatz 1:

c) Der Grundsatz, dass sich das für den Widerruf einer Strafaussetzung zuständige Gericht der zeitnahen Prognose eines Tatrichters anschließen soll, weil diesem aufgrund der Hauptverhandlung bessere Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 23. Oktober 2013 – 2 Ws 498/13 – und vom 12. April 2010 – 2 Ws 175/10 – mit weit. Nachweisen), steht einem Widerruf vorliegend nicht entgegen. Denn dieser Grundsatz gilt nur dann, wenn dessen Prognose durch neue Tatsachen nachvollziehbar belegt ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. Juni 2003 – 5 Ws 263/03 – und 21. Mai 2003 – 5 Ws 177/03 – mit weit. Nachweisen).

Daran fehlt es hier. Die Bewährungsentscheidungen des Amtsgerichts Tiergarten überzeugen nicht. Dass ihr keineswegs – wie im Urteil vom 3. März 2009 ausgeführt – (jedenfalls ohne bleibenden Erfolg) eindringlich vor Augen geführt wurde, welche Konsequenzen bei weiteren Straftaten drohen, ergibt sich bereits daraus, dass sie bereits kurze Zeit später wieder straffällig wurde. Auch die dort angeführte Ausbildung hinderte ihr kriminelles Tun nicht. Angesichts des Werdeganges der Verurteilten, die im Jahre 2011 auch den Kontakt zu ihrem Bewährungshelfer abgebrochen hat, ist die erneute Bewährungsentscheidung des Amtsgerichts vom 6. September 2013 schlicht nicht nachvollziehbar. Aufgrund der festgestellten Mängel in den Begründungen der Prognoseentscheidungen stehen die beiden jüngsten Bewährungsentscheidungen dem Widerruf nicht entgegen.

 Zu Leitsatz 2:

2. Eine Frist innerhalb der der Widerruf erfolgen muss, sieht das Gesetz nicht vor, insbesondere  § 56g Abs. 2 Satz 2 StGB ist nicht entsprechend anwendbar (vgl. OLG Hamm NStZ 1998, 478, 479; Senat NJW 2003, 2468, 2469). Grundsätzlich hindert  der Ablauf der Bewährungszeit den Widerruf nicht. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Verurteilte mit dem Widerruf nicht mehr zu rechnen brauchte (vgl. BGH NStZ 1998, 586; OLG Hamm a.a.O.; OLG Zweibrücken NStZ 1988, 501; Senat, Beschluss vom 15. August 2001 – 5 Ws 437/01 –). Der dafür maßgebliche Zeitpunkt lässt sich nicht allgemein festlegen; es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalles an. Dabei ist nicht die Schnelligkeit, mit der die Strafaussetzung hätte widerrufen werden können, das Kriterium (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Februar 1996 – 5 Ws 471/95 –). Maßgebend ist, ob die Verzögerung einen sachlichen Grund hatte,   oder ob das Verfahren ohne einen solchen ungebührlich verzögert wurde. Die Vertrauensbildung ist kein plötzliches Ereignis, sondern ein sich entwickelnder Prozess, in dessen Verlauf der Verurteilte auch die Bearbeitungszeiten bei den Gerichten und der Staatsanwaltschaft berücksichtigen muss(vgl. Senat, Beschluss vom 31. Januar 1996 – 5 Ws 7/96 –).“

Keine Regel ohne Ausnahme: Nicht immer Anrechnung von Zahlungen

© Cult12 - Fotolia.de

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Jedem Verteidiger ist 56f Abs. 3 Satzu 2 StGB bekannt. Bei der Vorschrift handelt es sich um die Vorschrift, die die Anrechnung von Zahlungen bei Bewährungswiderruf regelt. Und: In der Praxis geht man auch von einem Automatismus aus: Nämlich, dass Zahlungen die während der Bewährungszeit erbracht worden sind, dann auf die ggf. nach einem Widerruf zu vollstreckende Strafe angerechnet werden. Nur – wie immer: Keine Regel ohne Ausnahme. Denn nach allgemeiner Meinung in der Rechtsprechung entspricht die Anrechnung erbrachter Leistungen nach § 56f Abs. 3 Satz 2 StGB regelmäßig der Billigkeit, es gilt aber eine Ausnahme bei besonderen Umständen, wie z.B. einem besonders krassen bewährungswidrigen Verhalten. Damit hat sich vor kurzem der KG, Beschl. v. 26.06.2013 – 2 Ws 303/13 – befasst.

Der Verurteilte war 2009 u.a. wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung auf drei Jahre verurteilt worden. Ihm war aufgegeben worden ab Rechtskraft des Urteils einen Betrag von 1.000 € Euro in monatlichen Raten zu je 100 € zu zahlen. Diese Auflage erfüllte der Verurteilte vollständig.

In der Folgezeit ist er insgesamt noch zwei Mal erneut straffällig geworden. Zahlungsauflagen aus den Verurteilungen hat er erfüllt. Im Januar 2013 hat ihn dann das LG Neuruppin  wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Wegen dieser Verurteilung wird widerrufen, und zwar ohne eine Anrechnungsentscheidung nach § 56f Abs. 3 StGB. Dagegen das zugunsten (!!!) eingelegte Rechtsmittel der StA. Das KG gibt aber der StVK Recht:

Die Entscheidung über die Anrechnung steht – sowohl hinsichtlich des Ob als auch hinsichtlich des Maßstabes (vgl. Hubrach a.a.O., § 56f StGB Rdn. 54; Lackner/Kühl, StGB 27. Aufl., § 56f Rdn. 14) – im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (§ 56f Abs. 3 Satz 2 StGB). Jedoch entspricht die Anrechnung im Falle des Widerrufs (erst recht in den Fällen des § 58 Abs. 2 Satz 2 StGB; vgl. BGHSt 36, 378; 33, 326; BayObLG JR 1981, 514 mit Anm. Bloy; OLG Karlsruhe Justiz 1988, 74) regelmäßig der Billigkeit; denn der Genugtuungszweck der Auflagenerfüllung wird bei einem späteren Widerruf der Strafaussetzung bereits durch die Strafvollstreckung erfüllt (vgl. Senat, Beschlüsse vom 17. Januar 2002 – 5 Ws 795/01 – juris und vom 30. Mai 2000 – 5 Ws 394/00 – juris; Hubrach a.a.O., § 56f StGB Rdn. 55; Schall in SK-StGB, § 56f Rdn. 48; Stree/Kinzig a.a.O., § 56f StGB Rdn. 19). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn besondere Umstände entgegenstehen, namentlich die Erfüllung der Bewährungsauflage mit Geldern aus neuen Straftaten (vgl. Lackner/Kühl a.a.O.; Schall a.a.O.; Fischer, § 56f StGB Rdn. 18; Stree/Kinzig a.a.O.; Hubrach a.a.O.), der – auch relativ – geringe Umfang der Bewährungsleistungen (vgl. OLG Bamberg MDR 1973, 154; Stree/Kinzig a.a.O.; Hubrach a.a.O.) oder ein besonders krasses bewährungswidriges Verhalten (vgl. – auch zu den anderen genannten Ausnahmefällen – Senat, Beschlüsse vom 29. Juni 2000 – 5 Ws 465/00 – und 22. Juli 1992 – 5 Ws 228/92 –).

Ein derartiger Ausnahmefall ist hier nach den Gesamtumständen gegeben. Der Verurteilte hat zwar die beiden ihm erteilten Geldauflagen jeweils fristgerecht erfüllt und sich insoweit bewährungskonform verhalten. Konkrete Hinweise auf eine deliktische Herkunft des gezahlten Geldes sind nicht gegeben, mag diese auch hinsichtlich der zur Erfüllung der zweiten Auflage geleisteten Zahlungen, die im Tatzeitraum des Betäubungsmittelhandels aufgenommen wurden, nahe liegen. Die Anrechnung entspricht jedoch deshalb nicht der Billigkeit, weil die Anlasstat ein besonders krasses bewährungswidriges Verhalten des Verurteilten darstellt. Bei dem bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge handelt es sich um ein Verbrechen, das im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren bedroht ist und im konkreten Fall mit einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten geahndet wurde. Der bereits zweimal einschlägig vorbestrafte Beschwerdegegner betrieb den verfahrensgegenständlichen Drogentransport zur Gewinnerzielung, ohne selbst drogenabhängig zu sein, und hatte eine zentrale Rolle in der Organisationsstruktur der Bande inne. Hinzu kommt, dass der Beschwerdegegner während der laufenden Bewährung bereits zuvor zwei – wenn auch für sich genommen nicht schwerwiegende – Straftaten begangen hatte, aufgrund deren die Bewährungszeit verlängert worden war. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die geleisteten Zahlungen, die lediglich eine Anrechnung im Umfang von etwa 30 Tagen rechtfertigen würden, im Verhältnis zu der zu verbüßenden Freiheitsstrafe gering sind.“

Und damit sind die Zahlungen endgültig weg.