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Ablehnung III: „Die spinnen beim OLG“ schreibt man besser nicht

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Die dritte Entscheidung kommt nicht aus dem strafverfahrensrechtlichen Bereich, sondern aus dem Zivilverfahren. Etwas ungewöhnlich für einen Dienstag, der Beschluss passt aber gut in die Thematik „Ablehnung“.

Das OLG Frankfurt hatte ein landgerichtliches Urteil aufgehoben und an das LG zurückverwiesen. In seiner Entscheidung hatte das OLG u.a. festgestellt, dass „die erstinstanzliche Beweiserhebung auch im Zusammenhang mit der Übertragung der Durchführung der Beweisaufnahme auf eines der Kammermitglieder als beauftragtem Richter gemäß § 375 Abs. 1 a ZPO verfahrensfehlerhaft gewesen sei.“ Der später abgelehnte Richter nimmt dann in einem Schreiben an die Parteien dazu sowie zum Inhalt des Berufungsurteils Stellung. Hierbei äußerte er unter anderem die Ansicht, dass „die Ausführung des Einzelrichters im OLG-Urteil (…) Unsinn (sei)“, wonach die Übertragung der Beweisaufnahme auf ein Kammermitglied als beauftragtem Richter gemäß § 375 Abs. 1 a ZPO bereits deshalb verfahrensfehlerhaft gewesen sei, weil nicht von vornherein davon habe ausgegangen werden könne, dass das Prozessgericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck sachgerecht zu würdigen vermag. Darüber hinaus kündigte er an, dass die Kammer auch weiterhin von der Möglichkeit des § 375 Abs. 1 a ZPO Gebrauch machen müsse, da sie erheblich überlastet sei und im Übrigen den Kammermitgliedern nicht abverlangt werden könne, an sämtlichen Zeugenvernehmungen teilzunehmen.

Daruf wird dann von der Beklagten ein Ablehnungsantrag gestützt (§ 42 ZPO), der im OLG Frankfurt, Beschl. v. 04.04.2018 – 13 W 8/18 – Erfolg hat:

„Das Ablehnungsgesuch erweist sich nach Auffassung des erkennenden Senats als begründet, weshalb der angefochtene Beschluss hinsichtlich der Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs betreffend den Richter A abzuändern war.

Zwar ist dem Landgericht zuzugeben, dass die „deutlich formulierte Kritik“ des abgelehnten Richters an der Entscheidung des Berufungsgerichts ihrem Inhalt nach „keine Position zugunsten der einen oder anderen Partei beinhalte, da sie sich ausschließlich gegen das Berufungsgericht wende“. Hierbei darf jedoch nicht verkannt werden, dass die Besorgnis der Befangenheit nicht nur bei unmittelbar parteibezogenen Verfahrens- bzw. Verhaltensweisen eines Richters begründet sein kann, sondern auch dann, wenn andere Verhaltensweisen des Richters das Misstrauen in dessen unparteiliche und sachliche Amtsführung rechtfertigen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn eine unsachgemäße Verfahrensleitung oder grobe Verfahrensverstöße vorliegen, die zu einer Beeinträchtigung des richterlichen Vertrauensverhältnisses führen können (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO 32. Aufl. § 42 Rz 25 mit Beispielen).

Eine solche – in dieser Weise aus Sicht der Parteien unsachgemäß erscheinende – Verfahrensleitung mag noch nicht allein in der von dem abgelehnten Richter in seiner Verfügung vom 5.9.2017 in Teilen geübten Kritik an dem Berufungsurteil liegen, insbesondere in Verbindung mit der getroffenen Wortwahl („Unsinn“).

Dem abgelehnten Richter ist es selbstverständlich unbenommen, eine von der Auffassung des Berufungsgerichts im vorliegenden Verfahren zu den streitgegenständlichen verfahrensrechtlichen Fragen abweichende Rechtsauffassung zu vertreten, diese zu äußern und den Prozessparteien zur Kenntnis zu bringen. Dies folgt bereits aus der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 GG) und bedarf insoweit keiner näheren Erläuterung. Der Senat erinnert jedoch daran, dass das Gebot der Sachlichkeit und Zurückhaltung im Prozess nicht nur für die Parteien und deren Prozessbevollmächtigte, sondern auch für den Richter gilt. Mit diesen Grundsätzen dürfte die Wortwahl in der Verfügung des abgelehnten Richters nach Ansicht des Senats zumindest insoweit nicht vereinbar sein, als darin die Ausführungen des Einzelrichters im Berufungsurteil zur Verfahrensfehlerhaftigkeit der erstinstanzlichen Beweisaufnahme als „Unsinn“ bezeichnet werden.

Hierbei geht es nicht um etwaige Empfindlichkeiten des erkennenden Senats als Berufungsgericht, der ebenso wie alle anderen Verfahrensbeteiligten offene und sachliche Kritik an seiner Rechtsauffassung und Verfahrensweise hinzunehmen hat, sondern vielmehr um die Gewährleistung einer sachlichen Verfahrensleitung. Gleichwohl mag dies vorliegend auf sich beruhen.

Entscheidend ist im vorstehenden Zusammenhang vielmehr, dass die von dem abgelehnten Richter in seiner Verfügung in mehrfacher Hinsicht geäußerte Kritik an der im Berufungsurteil vertretenen Rechtsauffassung bei der hierdurch begünstigten Partei (hier der Beklagten) berechtigterweise die Besorgnis der Befangenheit auslösen kann, auch wenn diese tatsächlich nicht vorgelegen haben mag.

Eine entsprechende Besorgnis ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn – wie vorliegend – der abgelehnte Richter nach Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht durch ein beharrliches Festhalten an der früheren, im Rechtsmittelzug für unrichtig erklärten Rechtsansicht zum Ausdruck bringt, dass beabsichtigt sei, im Wesentlichen in gleicher Weise prozessual erneut zu verfahren (OLG Frankfurt am Main MDR 1984, 408; 1988, 415).

So wird auch hier durch den Inhalt der Verfügung des abgelehnten Richters das Vertrauen in eine zukünftige sachgerechte Amtsführung deshalb beeinträchtigt, weil für das weitere Verfahren aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten ein Verfahrensverstoß angekündigt wird. Nach dem Wortlaut der Verfügung des abgelehnten Richters hat es nämlich zumindest den Anschein, dass das Landgericht nicht beabsichtigt, die Bindungswirkung an die Rechtsansicht des Berufungsgerichts gemäß § 563 Abs. 2 Analog ZPO zu beachten. Ein Verstoß gegen die Bindungswirkung durch das im Rechtszug untergeordnete Gericht rechtfertigt aber regelmäßig die Besorgnis der Befangenheit (vgl. OLG Frankfurt am Main MDR 1988, 413; OLG München MDR 2003, 1070 ).

Ebenso wie das Berufungsgericht an die Rechtsansicht des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht gebunden ist, soweit der Verstoß einer Aufhebung und Zurückverweisung zugrunde liegt (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 31. Auflage, § 563 Rz. 3 a), bindet die der Aufhebung zugrunde liegende Rechtsansicht des Berufungsgerichts das Landgericht in entsprechender Anwendung des § 563 Abs. 2 ZPO (vgl. BGHZ 51, 135; OLG Hamm FamRZ 1986, 1138). Diese Bindungswirkung besteht unabhängig davon, ob die Auffassung des Rechtsmittegerichts zutrifft oder ob sie das erstinstanzliche Gericht teilt. Nicht bindend sind lediglich Hinweise für das weitere Verfahren. Entstehen zwischen erstinstanzlichem Gericht und Rechtsmittelgericht Meinungsverschiedenheiten über den Umfang der Bindungswirkung, so ist die Auffassung des Rechtsmittelgerichts verbindlich. Das Erstgericht ist somit auch in der Frage, wie weit die Bindung geht, an die Auslegungen des Rechtsmittelgerichts gebunden (vgl. Zöller/Heßler, ZPO a. a. O., § 538 Rn. 60).“

Wie gesagt: Die Entscheidung stammt aus dem Zivilverfahren, aber entsprechende Konstellationen kann ich mir im Straf-/Bußgeldverfahren auch vorstellen 🙂 . Man schreibt als Richter der Instanz zu einer Rechtsmittelentscheidung (im übertragenen Sinn): „Die spinnen beim OLG..“ besser nicht.

Ablehnung II, oder: Das Gericht hat ein „Heimspiel“ und „Dreck am Stecken“

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Die zweite „Ablehnungsentscheidung“ kommt vom 2. Strafsenat des BGH. Es handelt sich um das BGH, Urt. v. 10.01.2018 – 2 StR 76/17. Es geht in ihm um eine Äußerung des Vorsitzenden einer Strafkammer in der Hauptverhandlung. Und zwar:

Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der frühere Mitangeklagte W. ein Unternehmen, das Kunden größere Darlehen ohne Kreditsicherheiten und Bonitätsprüfung in Aussicht stellte. Die Vergabe der Darlehen sollte angeblich nur von der Zahlung einer Bearbeitungsgebühr abhängig sein. Tatsächlich hatte W. weder die Absicht noch eine Möglichkeit dazu, entsprechende Darlehen zu gewähren. Es ging ihm nur darum, im Rahmen eines Schneeballsystems eine sogenannte Bearbeitungsgebühr zu kassieren. Der Angeklagte, der früher selbst von W. betrogen worden war, und der frühere Mitangeklagte N. unterstützten die betrügerischen Machenschaften insbesondere dadurch, dass sie in Kenntnis der Täuschung solche Kunden hinhielten, welche die Darlehensauszahlung anmahnten. Bisweilen kam es dazu, dass der Angeklagte Telefongespräche führte, die von anwesenden Kunden mitgehört werden konnten. Dabei wurde ihnen mitunter ein „Theaterstück“ eines Gesprächs mit einem angeblich angerufenen „Banker G. “ über ausstehende Darlehenszahlungen vorgespielt. W. spielte dabei die Rolle des angeblich zur bevorzugten Behandlung des das Telefonat mithörenden Darlehenskunden bereiten Bankiers.

II.

Die Revision ist im Wesentlichen bereits aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Gründen unbegründet. Der Erörterung bedarf nur eine Verfahrensrüge. Damit macht der Beschwerdeführer die Fehlerhaftigkeit der Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs des Angeklagten gegen den Vorsitzenden der Strafkammer als unzulässig wegen Verspätung im Sinne von § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO geltend.

1. Dem lag Folgendes zugrunde:

Am ersten Verhandlungstag hatte der Vorsitzende gegenüber dem Verteidiger geäußert, der Angeklagte könne ein Geständnis ablegen. Aufgrund des Zeitablaufs könne die Strafe dann etwas geringer als im ersten Urteil ausfallen. Falls kein Geständnis abgelegt werde, könne das Gericht das erste Urteil praktisch „abschreiben“. Daraufhin hatte der Verteidiger auf seine Ausführungen zur Sachrüge gegen das erste Urteil verwiesen. Der Vorsitzende hatte erwidert, der Angeklagte könne auch freigesprochen werden. Die Hauptverhandlung könnte dann sieben Tage oder länger andauern. Das Gericht habe ein „Heimspiel“. Der Verteidiger hatte dazu bemerkt, dass der Angeklagte kein Geständnis ablegen werde.

Am zweiten Tag der Hauptverhandlung, dem 16. März 2016, vernahm das Gericht unter anderem den Zeugen F. Nach der Entlassung dieses Zeugen erklärte der Vorsitzende gegenüber dem Verteidiger: „Sie können sich überlegen, ob Sie ein Geständnis ablegen. Das mit dem Banker G. macht nur Sinn, wenn er Dreck am Stecken hat.“ Der Verteidiger erwiderte, er selbst könne kein Geständnis ablegen, weil er beim Tatgeschehen nicht anwesend gewesen sei. Dazu bemerkte der Vorsitzende, er könne sich doch nur an ihn, den Verteidiger, wenden, weil der Angeklagte sich nicht zur Sache äußere.“

Darauf stützt der Angeklagte dann später ein Ablehnungsgesuch, das keinen Erfolg hat. Es wird als verspätet zurückgewiesen.Der BGh lässt die Frage, ob das Ablehnungsgesuch noch gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO unverzüglich angebracht worden ist, offen und entscheidet in der Sache:

„c) Der Senat kann danach offen lassen, ob das Ablehnungsgesuch tatsächlich verspätet war. Ist keine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG im Ablehnungsverfahren festzustellen, hat das Revisionsgericht nach Beschwerdegrundsätzen über das Ablehnungsgesuch zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 29. August 2006 – 1 StR 371/06, NStZ 2007, 161, 162; Senat, Beschluss vom 27. August 2008 – 2 StR 261/08, NStZ 2009, 223, 224; Beschluss vom 12. Dezember 2008 – 2 StR 479/08, NStZ-RR 2009, 142; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 338 Rn. 28). Diese Prüfung führt zu dem Ergebnis, dass die Richterablehnung durch den Beschwerdeführer jedenfalls unbegründet ist und deshalb nicht mit Unrecht verworfen wurde. Der Hinweis des abgelehnten Vorsitzenden an den Verteidiger: „Sie können sich überlegen, ob Sie ein Geständnis ablegen. Das mit dem Banker G. macht nur Sinn, wenn er Dreck am Stecken hat“, rechtfertigte im Ergebnis nicht die Besorgnis, er stehe dem Angeklagten nicht unvoreingenommen gegenüber.

aa) …..

bb) Gemessen hieran erweist sich das Ablehnungsgesuch als unbegründet.

Die beanstandete Äußerung des Vorsitzenden begründet unter den hier gegebenen Umständen des Einzelfalls nicht die Besorgnis der Befangenheit. Zwar hat der Vorsitzende mit seiner an den Verteidiger adressierten Bemerkung dem Angeklagten nahe gelegt, ein Geständnis abzulegen. Der diese Anregung erläuternde Hinweis, „das mit dem Banker G. mache nur Sinn, wenn er Dreck am Stecken“ habe, nahm ersichtlich auf die nach Aktenlage bestehende Beweislage Bezug und erscheint – ungeachtet der unangemessen anmutenden Wortwahl – vor dem Hintergrund des Verfahrensstands noch als nachvollziehbar; der Angeklagte war in einem ersten Durchgang – maßgeblich auf der Grundlage der Angaben des Zeugen W. , der die Taten sowie die Beteiligung des Angeklagten an ihnen einschließlich des vom Vorsitzenden angesprochenen „Theaterstücks“ geschildert hatte – als Mittäter verurteilt worden.

Vor diesem Hintergrund war die Äußerung des Vorsitzenden als eine vorläufige Bewertung der Beweislage zu verstehen und deutete weder für sich genommen noch im Hinblick auf die vorangegangenen Äußerungen des Vorsitzenden auf eine Vorfestlegung hin.

Eine vorläufige Bewertung der Sach- und Rechtslage durch einen Richter ist grundsätzlich nicht zu beanstanden (BGH, Urteil vom 14. April 2011 – 4 StR 571/10, NStZ 2011, 590, 591 mwN). Liegt eine erdrückende Beweislage vor, kann der Richter darauf und auf die verbleibenden Möglichkeiten einer sinnvollen Strafmaßverteidigung hinweisen, ohne seine Pflicht zur Neutralität und Objektivität zu verletzen. Nur in diesem Sinn sind die beanstandeten Bemerkungen hier auch in der Gesamtschau zu verstehen. Ein Hinweis auf das aktuelle Vorliegen einer erdrückenden Beweislage lässt schließlich nicht besorgen, dass andere Verteidigungsmittel als ein Geständnis nicht mehr berücksichtigt werden würden, wenn sie später vorgebracht würden; dass dies geschehen sei, hat die Revision im Übrigen nicht behauptet.“

Na ja, für mich nicht unbedingt zwingend/überzeugend. Wenn man den Kontext und den Gesamtzusammenhang sieht, liegt m.E. die Besorgnis der Befangenheit nicht fern.

Kurzer Hinweis: Die Ausführungen des BGH zur „Unverzüglichekti“ sollte man beachten. Folge: Mit einem Ablehungsantrag nicht (zu) lange zögern.

„durch die Diskussion mit seinem impertinenten Vater“, oder: Die „Gesamtschau reicht für Besorgnis der Befangenheit

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So ganz häufig sind ja Entscheidungen des BGH zur Besorgnis der Befangenheit nicht. Und wenn der BGH entscheidet, haben die in der Instanz gestellten Ablehnungsanträge meist Erfolg. Der BGH scheint, was die Fragen des § 24 StPO angeht, dann doch etwas sensibler als die Tatgerichte zu sein. Ein „schönes“ Beispiel ist der BGH, Beschl. v. 28.02.2018 – 2 StR 234/16. Ergangen ist er auf die Revision eines Angeklagten gegen ein Urteil des LG Frankfurt/Main. Das LG hat den Angeklagten wegen Mordes in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition und Besitz von Munition, zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Außerdem hat es die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Also schon ein richtiger Hammer.

Aber: Die Revision hat mit der Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 3 StPO – Mitwirkung eines abgelehnten Richters – Erfolg. Dazu stellt der BGH – man muss etwas weiter ausholen – Folgendes fest:

„1. a) Den abgeurteilten Taten war eine „Vortat“ vorausgegangen:

Der aus Afghanistan stammende Angeklagte war am 11. November 2007 in einen Streit mit seinem Landsmann P. um die Nutzung eines Fahrzeugstellplatzes geraten. Sie hatten ein Treffen vereinbart und waren jeweils davon ausgegangen, dass es zu einer Auseinandersetzung kommen würde. P. hatte deshalb seinen Schwager A. mitgenommen; beide hatten sich mit Schlagwerkzeugen und zumindest einem Messer bewaffnet. Der Angeklagte hatte seinen Sohn Y. S. , einen Boxsportler, sowie seinen Bruder A. S. , der „stark sehbehindert und kriegsversehrt“ war, zum Tatort mitgebracht. Dort war es zu Tätlichkeiten gekommen, bei denen A. S. durch einen Messerstich tödlich verletzt worden war und der Angeklagte sowie sein Sohn Stichverletzungen davongetragen hatten. P. und A. waren deshalb strafrechtlich verfolgt worden. Der Angeklagte hatte widersprüchliche Zeugenaussagen gemacht und auf das Aussageverhalten seines Sohnes Einfluss genommen. Auch deshalb waren P. und A. vom Landgericht – unter Mitwirkung des im vorliegenden Verfahren abgelehnten Vorsitzenden – durch Urteil vom 9. September 2008 freigesprochen worden, weil Notwehr oder Nothilfe nicht ausgeschlossen werden konnte.

Die Familie des Angeklagten ging von dessen Mitverschulden am Tod seines Bruders aus. Er versuchte sich zu entlasten, indem er P. und A. die ganze Schuld zuschob. Solange sich diese in Untersuchungshaft befanden, „stützte dies die Darstellung des Angeklagten.“ Dieses Bild änderte sich durch die Freisprechung von P. und A. und deren Entlassung aus der Untersuchungshaft. Danach geriet der Angeklagte zunehmend in Misskredit.

b) Durch Urteil des Senats vom 17. Juni 2009 – 2 StR 105/09 – wurde das freisprechende Urteil wegen Rechtsfehlern in der Beweiswürdigung aufgehoben. Die Sache wurde an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen. Diese war überlastet, weshalb die neue Hauptverhandlung erst am 9. Dezember 2014 begann.

c) Vor diesem Hintergrund beschloss der Angeklagte, „Selbstjustiz“ zu üben, um sich in seinem sozialen Umfeld in ein besseres Licht zu rücken. Er beschaffte sich eine Selbstladepistole nebst Munition; außerdem verfügte er über ein Jagdmesser. Er wollte P. und A. am zweiten Verhandlungstag vor dem Gebäude des Landgerichts abpassen und dort töten. „Für eine Begehung der Tat vor dem Gerichtsgebäude sprach zuletzt, dass die Tat hierdurch noch den Charakter einer öffentlichen Hinrichtung erhielt.“ Die Tötung sollte ihn „retrospektiv wieder ins Recht setzen.“

Die erneute Hauptverhandlung gegen P. und A. begann am 22. Januar 2014. Dem als Zeugen geladenen Angeklagten wurde mitgeteilt, dass er am nächsten Verhandlungstag, dem 24. Januar 2014, nicht erscheinen müsse. P. und A. kamen an jenem Tag gegen 8.45 Uhr vor dem Gerichtsgebäude an und rechneten nicht mit einem Angriff auf ihr Leben. Der Angeklagte hielt sich unter einer Vielzahl von wartenden Besuchern verborgen. Dann gab er in rascher Folge Schüsse auf P. ab, der zu Boden ging. Der Angeklagte verfolgte den fliehenden A. in den Eingangsbereich des Gerichtsgebäudes, wo er diesen mit Schüssen und Messerstichen tötete, um danach den schwerverletzten P. mit Messerstichen zu töten.

2. Darin hat das Landgericht einen Heimtückemord in zwei Fällen gesehen. Es ist auch von einer Tötung aus niedrigen Beweggründen ausgegangen. „Selbstjustiz“ könne „nicht nur deshalb als besonders verwerflich eingestuft werden, weil der Täter aus einem Kulturkreis stammt, in dem der Gesichtspunkt der „Blutrache“ bis heute relevant ist.“ Jedoch sei bei einer Gesamtbetrachtung, auch mit Blick auf das „Gewicht und nähere Umstände der Vortat“, davon auszugehen, dass die Beweggründe des Angeklagten auf tiefster Stufe stünden. „Auch die Umstände der justiziellen Aufarbeitung“ sprächen „entschieden gegen den Angeklagten.“ Er aber habe „der Justiz die Behandlung der Sache durch seine Tat ganz bewusst aus der Hand“ genommen.

II.

Die Revision hat mit der Verfahrensrüge Erfolg. Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden der Schwurgerichtskammer wegen Besorgnis der Befangenheit gemäß § 24 Abs. 2 StPO ist mit Unrecht verworfen worden (§ 338 Nr. 3 StPO).

1. Dem liegt Folgendes zu Grunde:

a) Zu Beginn der Hauptverhandlung lehnte der Angeklagte den Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit ab.

Dies stützte er auf dessen frühere Mitwirkung an dem Freispruch von P. und A. , weiterhin auf Rechtsfehler in jenem Urteil und dem zugrunde liegenden Verfahren, außerdem auf eine mittelbare Verursachung des Tatentschlusses des Angeklagten durch den Freispruch, ferner auf Bemerkungen des Vorsitzenden in einem anderen Verfahren über „Selbstjustiz“ sowie vor allem auf abwertende Bemerkungen über seine Persönlichkeit im freisprechenden Urteil vom 9. September 2008.

Dabei ging es im Einzelnen um Folgendes:

Bei der Urteilsbegründung in einer anderen Strafsache hatte der abgelehnte Vorsitzende kurz nach der Tat des Angeklagten unter anderem geäußert: „Selbstjustiz ist durch die Tat vom vergangenen Freitag nicht salonfähig geworden und wem das nicht passt, der soll dahin gehen, wo das anders ist.“ Diese Äußerung wurde in einem Zeitungsartikel der F. unter der Überschrift „Formen der Selbstjustiz“ zitiert.

In dem Urteil, mit dem P. und A. freigesprochen worden waren, hatte die Schwurgerichtskammer unter Mitwirkung des abgelehnten Vorsitzenden zu der Zeugenaussage des Angeklagten angemerkt: „Den Angaben von H. S. kann nicht gefolgt werden, weil diese ebenfalls teilweise widerlegt und im Übrigen widersprüchlich sind … .“ Im Zusammenhang mit der Zeugenaussage seines Sohnes wurde angemerkt: „Hierbei kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Erinnerung des Y. S. – ohne böse Absicht – durch die Diskussion mit seinem impertinenten Vater so verfremdet hat, dass er die Ereignisse nicht mehr so wiedergeben kann, wie sie tatsächlich geschehen sind.“

Außerdem hatte das Urteil auf das Verhalten des Angeklagten in einem früheren Gerichtsverfahren wie folgt verwiesen: „Dass H. S. andere zu falschen Aussagen zu bestimmen versucht, ist diesem ebenfalls nicht persönlichkeitsfremd. Er hatte nämlich bereits 2003 vor dem Frankfurter Amtsgericht einen gedungenen Zeugen für sich falsch aussagen lassen.“ Das in Bezug genommene Urteil des Amtsgerichts hatte die Zeugenaussage eines Verwandten des Angeklagten infrage gestellt und dazu bemerkt: „Es drängt sich daher der zwingende Verdacht auf, dass es sich hier um einen Zeugen handelt, der die Unwahrheit vor Gericht gesagt hat.“

b) Der abgelehnte Vorsitzende erklärte dienstlich zu dem Ablehnungsgesuch, dass die Äußerungen im freisprechenden Urteil zugunsten von P. und A. nicht mit der Absicht einer Herabsetzung des Angeklagten verbunden gewesen seien. Seine in der Zeitung – für sich genommen zutreffend – zitierte Äußerung sei aus dem Zusammenhang gerissen worden. Sie sei auf das damalige Verfahren bezogen gewesen und habe nichts mit einer ethnopolitischen Einstellung zu tun. Da es hiernach um eine „bloße Vorbefassung“ mit der Sache gehe, habe er von einer Anzeige nach § 30 StPO abgesehen.

c) Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch als unbegründet verworfen.

Dem BGH reicht es. Er bejaht die Besorgnis der Befangenheit – mehr muss nicht vorliegen! Denn: Erforderlich ist eine Gesamtschau aller vom Angeklagten vorgetragenen Umstände. Die Aspekte seien zwar nicht isoliert, aber in ihrem Zusammenwirken geeignet, die Richterablehnung zu rechtfertigen. Dem kann/ist m.E. nichts hinzuzufügen.

Terminsverlegung, oder: Da hat noch mal einer die Kurve gekriegt bzw: Der macht das nie wieder so…

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Und auch die zweite Sache, die ich heute hier vorstellen möchte, hat ihren Ausgang in einer Diskussion unter Verteidigern. Es geht ebenfalls um eine Terminsverlegung, und zwar in einem Bußgeldverfahren wegen einer Abstandsunterschreitung. Der Betroffene ist Arzt und hat an zu dem terminierten Zeitpunkt OP-Termine, die Verteidigerin hat einen Arzttermin mit ihrer minderjähringen Tochter. Der Verlegungsantrag wird abgelehnt. Dagegen die Beschwerde und ein Befangenheitsantrag, über den dann jetzt das AG Mannheim im AG Mannheim, Beschl. v. 06.03.2018 – 32 OWi 500 Js 30963/17 – entschieden hat. Der Befangenheitsantrag wird abgelehnt, aber:

„Nach § 24 Abs. 2 StPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nähme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Maßgebend ist dabei der Standpunkt eines vernünftigen Betroffenen und die Vorstellungen, die sich ein geistig gesunder, bei voller Vernunft befindlicher Prozessbeteiligter bei der ihm zumutbaren ruhigen Prüfung der Sachlage machen kann (so ausdrücklich OLG Frankfurt vom 03.01.2012 – 2 WS 166/11 – m.w.N., zitiert nach juris). Geht es, wie vorliegend, um die Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung, ist dabei zunächst davon auszugehen, dass die Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit begründet, weil diese nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders ist es jedoch dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzte oder sich aus der Ablehnung der Terminsverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (Brandenburgisches OLG vom 13.11.2014 – 10 WF 113/14 zitiert nach juris).

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, könnte bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung und Gesamtbetrachtung des Sachverhalts zunächst ein solcher Ausnahmefall in Betracht gekommen sein, da der abgelehnte Richter bei – der tatsächlich gegebenen Unlesbarkeit des per Fax übermittelten Auszugs aus dem Terminkalender des Betroffenen – die Verteidigung hierauf hätte hinweisen und eine lesbare Kopie anfordern können. Weiter hätte der abgelehnte Richter die Verteidigerin um nähere Konkretisierung des vorgetragenen Arztbesuchs der minderjährigen Tochter der Verteidigerin bitten können.

Allerdings hat der abgelehnte Richter nach Kenntnisnahme der mit Schriftsatz vom 05.02.2018 eingelegten Beschwerde mit Beschluss vom 06.02.2018 den Termin vom 07.02.2018 mit der Begründung „Verhinderung eines Beteiligten“ aufgehoben. Dieser Umstand zeigt, dass der abgelehnte Richter sich im Ergebnis der Argumentation der Verteidigung angeschlossen hat und es ihm mit der ursprünglichen Entscheidung, die beantragte Terminsverlegung abzulehnen, nicht darum ging, das Grundrecht des Betroffenen auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren zu missachten. Der Beschluss, mit dem der Termin vom 07.02.2018 aufgehoben wurde, belegt vielmehr, dass der abgelehnte Richter gegenüber dem Betroffenen keine innere Haltung eingenommen hat, die bei verständiger Würdigung des Gesamtsachverhalts Anlass zu Zweifeln an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit von Richter Ppp. begründen. Falls tatsächlich aufgrund der ursprünglich abgelehnten Terminsverlegung bei dem Betroffenen Anhaltspunkte vorlagen, die dem Betroffenen unter dem Gesichtspunkt des § 24 StPO Anlass zur Sorge hätte bieten müssen, sind diese jedenfalls durch die am 06.02.2018 erfolgte Terminsverlegung ausgeräumt.“

Wenn ich es richtig lese/deute: Der Befangnheitsantrag wäre wahrscheinlich erfolgreich egwesen, wenn der Richter den Hauptverhandlungstermin nicht doch aufgehoben hätte. Also inosfern „die Kurve (noch) gekriegt“. Und die Worte des Kollegen sind dann doch recht deutlich. Von daher: „Der macht das nie wieder…“. Hoffentlich.

Gut (?) Ding, will (lange) Weile haben, oder: Sieben Monate beim BGH ist auch in einer Haftssache nicht so schlimm

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So, Schluss mit lustig/Karneval. Das – Schluss mit lustig – hatte sich ein Verteidiger in einem Revisionsverfahren beim BGH gedacht. Die Revision war dort am 04.05.2017 eingegangen, der Verteidiger/Angeklagte hatte von der Sache bis Jahresende nichts gehört. Am 13.12.2107 hat ihm die Berichterstatterin dann mit mitgeteilt, dass nicht beabsichtigt sei, aufgrund einer Hauptverhandlung zu entscheiden und: Beraten werden soll in der 2. KW. 2018. Der Angeklagte, der sich in Haft befindet, hat daraufhin den gesamten 1. Strafsenat des BGH wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Begründung: Eine Bearbeitung des Verfahrens seit Eingang am 04.05.2017 beim BGH sei – auch in Anbetracht der Inhaftierung des Angeklagten – nicht erfolgt. Aus Sicht des Angeklagten stelle sich die Situation so dar, dass die abgelehnten Richter die Revision des Angeklagten zwar am 04.05.2017 zur Kenntnis genommen und sowohl den Gegenstand des Urteils wie den Inhalt der Angriffe erfahren, gleichwohl bis zum 13.12.2017 auch in Kenntnis der Inhaftierung des Angeklagten nicht daran gearbeitet hätten.

Dazu dann der 1. Strafsenat im BGH, Beschl. v. 23.01.2018 – 1 StR 36/17. Fazit: (natürlich) keine Besorgnis der Befangenheit, denn:

2. Ausgehend von diesen Maßstäben liegt gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum kein Ablehnungsgrund vor.

Bei dem vorliegenden Revisionsverfahren handelt es sich um ein sehr komplexes und umfangreiches Verfahren, bei dem ohne weiteres erkennbar ist, dass bereits die Vorbereitung der Senatsberatung erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand erfordert. Dies zeigt sich schon am Umfang der Verfahrensakten des Revisionsverfahrens mit zehn Leitz-Ordnern, die neben dem angefochtenen Urteil mit 1.000 Seiten Revisionsbegründungen mit einer Vielzahl von Verfahrens- und Sachrügen sowie Anträgen des Generalbundesanwalts und Gegenerklärungen von Verfahrensbeteiligten enthalten. Bei einem solch komplexen Verfahren besteht für einen Angeklagten bei vernünftiger Würdigung der gegebenen Sachlage – auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um eine Haftsache handelt – kein Grund zur Annahme, der Senatsvorsitzende habe ihm gegenüber eine innere Haltung eingenommen, die seine Unparteilichkeit oder Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Dies gilt auch dann, wenn – wie hier – dem Angeklagten bei einer im Mai 2017 beim Revisionsgericht eingegangenen Sache vor Dezember 2017 kein Sachstand mitgeteilt wird und dann eine Senatsberatung über die Sache erst im Januar 2018 ins Auge gefasst wird.

III.

Die Ablehnung der Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Hohoff wegen Besorgnis der Befangenheit ist nach den bereits dargestellten Maßstäben ebenfalls unbegründet.

Die abgelehnte Richterin ist in dem Revisionsverfahren Berichterstatterin. In ihrer dienstlichen Äußerung vom 11. Januar 2018 zu dem Ablehnungsgesuch hat sie darauf hingewiesen, im Rahmen der Vorbereitung der Beratung des Senats über die Revisionen festgestellt zu haben, dass das an den Senat gerichtete Schreiben des Verteidigers des Mitangeklagten, Rechtsanwalt K. , bislang noch nicht beantwortet worden sei. In seinem Schreiben habe  K.   um einen Hinweis für den Fall gebeten, dass der Senat nicht beabsichtigte, über die Revision seines Mandanten aufgrund einer Hauptverhandlung zu entscheiden. Dieser Bitte sei sie in Absprache mit dem Vorsitzenden durch das Schreiben vom 13. Dezember 2017 nachgekommen.

In dieser Stellungnahme wird deutlich, dass die Beantwortung des Schreibens des Verteidigers des Mitangeklagten seitens der Berichterstatterin deswegen am 13. Dezember 2017 erfolgte, weil sie im Rahmen der Vorbereitung der Beratung des Senats über die Revisionen festgestellt hatte, dass das Schreiben bislang nicht beantwortet wurde. Die sachgerechte Beantwortung dieser Anfrage erforderte bereits eine umfängliche Vorprüfung des unterbreiteten revisionsrechtlichen Sachverhalts. Bei verständiger Würdigung dieser Umstände besteht für den Angeklagten daher kein Grund zu der Annahme, die abgelehnte Richterin habe ihm gegenüber eine innere Haltung eingenommen, welche ihre Unparteilichkeit oder Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Angesichts der Komplexität des Revisionsverfahrens mit dem sich hieraus für die Berichterstatterin ergebenden zeitlichen Aufwand bei der Vorbereitung der Senatsberatung besteht für den Angeklagten bei verständiger Würdigung des Sachverhalts auch im Hinblick darauf, dass die Sache als Haftsache bereits im Mai 2017 beim Senat eingegangen ist, kein Grund für Misstrauen in die Unparteilichkeit der abgelehnten Richterin. Gleiches gilt für den Umstand, dass der zunächst vorgesehene Beratungstermin aus dienstlichen Gründen um eine Beratungswoche verschoben werden musste.“

Wenn man es so liest – „Umfang der Verfahrensakten des Revisionsverfahrens mit zehn Leitz-Ordnern, die neben dem angefochtenen Urteil mit 1.000 Seiten Revisionsbegründungen mit einer Vielzahl von Verfahrens- und Sachrügen sowie Anträgen des Generalbundesanwalts und Gegenerklärungen von Verfahrensbeteiligten“ -, hat man den Eindruck, der 1. Strafsenat habe Tag und Nacht an der Revision gearbeitet. Das lassen wir mal dahin gestellt.

Für mich stellen sich allerdings zwei Fragen:

1. Wie wird der BGH diese rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung „wieder gut machen“/entschädigen?

2. Was macht das KG, das mit der Haftbeschwerde der inhaftierten (!) Angeklagten befasst ist?