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StPO II: Anforderungen an den Besetzungseinwand, oder: (Gebuchter) Erholungsurlaub eines Schöffen

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Die zweite Entscheidung des Tages behandelt noch einmal die an einen Besetzungseinwand (§ 222b StPO) zu stellenden Anforderungen. Es geht um die Entbindung einer Hauptschöffin und einer Hilfsschöffin in einem Schwurgerichtsverfahren. Beide hatten Urlaub „geltend gemacht“.

Dagegen dann der Besetzungseinwand des Angeklagten. Das OLG hat ihn im OLG Hamm, Beschl. v. 12.05.2022 – 5 Ws 114/22 – als unzulässig und unbegründet angesehen:

„1…..

Die Begründung des Besetzungseinwands genügt jedoch nicht den an diesen zu stellenden Anforderungen.

Gemäß § 222b Abs. 1 S. 2 StPO sind die Tatsachen, aus denen sich die vorschriftswidrige Besetzung ergeben soll, anzugeben. Die an diesen Vortrag zu stellenden Anforderungen entsprechen im Wesentlichen den Rügeanforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO (vgl. etwa BGH, Urteil vom 07. September 2016 – 1 StR 422/15 -; OLG Celle, Beschluss vom 27.01.2020 – 3 Ws 21/20 – jeweils recherchiert bei juris; Schmitt in: Meyer-Goßner / Schmitt, StPO, 64. Aufl. 2021, § 222b Rn. 6; Jäger in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2019, § 222b Rn. 17; Arnoldi in: Münchener Kommentar, StPO, 1. Aufl. 2016, § 222b Rn. 13). Hierfür spricht zum einen die nahezu wortgleiche Formulierung des § 222b Abs. 1 S. 2 StPO und des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO. Dies entspricht aber auch dem Gesetzeszweck. Mit den durch das Strafverfahrensänderungsgesetz 1979 eingeführten Rügepräklusionsvorschriften der §§ 338 Nr. 1, 222b Abs. 1 StPO wollte der Gesetzgeber seinerzeit erreichen, dass Besetzungsfehler bereits in einem frühen Verfahrensstadium erkannt und geheilt werden, um zu vermeiden, dass ein möglicherweise mit großem justiziellen Aufwand zustande gekommenes Strafurteil allein wegen eines Besetzungsfehlers aufgehoben und in der Folge die gesamte Hauptverhandlung – mit erheblichen Mehrbelastungen sowohl für die Strafjustiz als auch für den Angeklagten – wiederholt werden muss (BGH a.a.O.). Mit Blick auf diesen Normzweck und im Sinne der Intentionen des Gesetzgebers sind unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Anforderungen hohe, weitgehend den Rügeanforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechende Anforderungen an den Inhalt des Besetzungseinwands zu stellen (BGH a.a.O.). Nichts anderes ergibt sich auch nach der Neueinführung des § 222b Abs. 3 StPO durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 05.11.2019. Ziel auch dieser Neuregelung war ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien durch die Einführung des Vorabentscheidungsverfahrens Besetzungsrügen schon vor oder zu Beginn der Hauptverhandlung abschließend durch ein höheres Gericht bescheiden zu lassen, um Urteilsaufhebungen im Revisionsverfahren aufgrund von Falschbesetzungen zu vermeiden, ohne dass die Gesetzesbegründung Anhaltspunkte dafür bietet, dass ein von der bisherigen Rechtslage abweichender Darlegungs- oder Prüfungsmaßstab vom Gesetzgeber gewollt war (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 05.11.2019, BTDrucks. 19/14747).

Unter Anwendung revisionsrechtlicher Maßstäbe sind die den Besetzungsmangel begründenden Tatsachen in dem Besetzungseinwand ohne Bezugnahmen und Verweisungen anzugeben. Die Verfahrenstatsachen sind so vollständig und genau anzugeben, dass allein auf Grundlage dieses als richtig unterstellten Vortrages dem Senat eine Entscheidung möglich ist. Eine Bezugnahme auf Anlagen zur Antragsschrift ist demgegenüber unzulässig, denn es ist nicht Aufgabe des Rechtsmittelgerichts, das Vorbringen an der passenden Stelle zu ergänzen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 7.5.2018 ? 2 RBs 61/18 – beck online; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl. 2021, § 344 Rn. 21).

Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen genügt das Vorbringen den Anforderungen des § 222b Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO nicht. Insbesondere enthält die Rüge keine Angaben dazu, an welchen konkreten Tagen die Kammer Fortsetzungstermine anberaumt hat. Das Rügevorbringen beschränkt sich insoweit darauf, mitzuteilen, dass zehn Hauptverhandlungstermine in der Zeit zwischen dem 04.05.2022 und dem 24.06.2022 bestimmt worden seien, von welchen der Termin am 25.05.2022 nachträglich aufgehoben worden und ein weiterer Termin am 02.06.2022 anberaumt worden sei. Um die Entscheidungen über die Entbindung die Schöffinnen infolge der von ihnen mitgeteilten Abwesenheiten überprüfen zu können, ist dem Senat jedoch die Kenntnis darüber, inwieweit Fortsetzungstermine in die jeweiligen Zeiträume fallen, erforderlich.

Ferner gibt die Rüge auch die Mitteilung des „Urlaubstermins“ durch die Schöffin B, auf welche diese in ihrer Email vom 24.01.2022 Bezug nimmt nicht wieder, bzw. führt gegebenenfalls nicht aus, dass es eine solche Mitteilung nicht gab. Auch dies wäre für die Überprüfung des Rügevorbringens erforderlich gewesen.

2. Der Besetzungseinwand ist zudem auch unbegründet. Die Entbindungen der Hauptschöffin und der Hilfsschöffin sind nicht zu beanstanden.

Nach §§ 77 Abs. 3, 54 Abs. 1 GVG kann der Vorsitzende einer Strafkammer des Landgerichts einen Schöffen auf dessen Antrag wegen eingetretener Hinderungsgründe von der Dienstleistung an bestimmten Sitzungstagen entbinden. Ein Hinderungsgrund liegt vor, wenn der Schöffe an der Dienstleistung durch unabwendbare Umstände gehindert ist oder wenn ihm die Dienstleistung nicht zugemutet werden kann.

Ob einem Schöffen die Dienstleistung im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 GVG zugemutet werden kann, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei ist – zur Wahrung des Rechts auf den gesetzlichen Richter – ein strenger Maßstab anzulegen (OLG Hamm, Beschluss vom 28. 5. 2001 – 2 Ss 400/01 – juris). Hierbei stellt Erholungsurlaub eines Schöffen in der Regel einen Umstand dar, der zur Unzumutbarkeit der Dienstleistung führt (vgl. BGH, Beschluss vom 8.5.2018 ? 5 StR 108/18 – beck online). Berufliche Gründe hingegen rechtfertigen nur ausnahmsweise die Verhinderung eines Schöffen (vgl. BGH, Beschluss vom 02.05.2018 – 2 StR 317/17 – beck online).

Der Senat überprüft die Ermessensentscheidungen des Vorsitzenden lediglich am Maßstab der Willkür (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 17.03.2020 – 2 Ws 36/20 – juris; KG, Beschluss vom 27. April 2020 – 4 Ws 29/20 -, juris; Ritscher, in: BeckOK zur StPO, 41. Edition Stand: 01.04.2022, § 222b Rn. 16; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl. 2021, § 222b Rn. 19). Dies hat der Bundesgerichtshof unter Geltung der alten Rechtslage vor Novellierung des § 222b StPO durch das am 13.12.2019 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10.12.2019 mit Blick auf § 54 Abs. 3. S. 1 GVG, 336 S. 2 Alt. 1 StPO klargestellt (vgl. BGH, Beschluss vom 05. August 2015 – 5 StR 276/15 -, juris). Dieser im bisherigen Revisionsrecht bestehende Prüfungsmaßstab hat auch nach Neueinführung des § 222b Abs. 3 StPO weiterhin Geltung und ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 16. Dezember 2021 – 2 BvR 2076/21 – juris; OLG Hamm a.a.O.; Ritscher in: BeckOK a.a.O.; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O.).

Willkür in diesem Sinne liegt dabei nicht erst bei einer bewussten Fehlentscheidung, sondern bereits dann vor, wenn die mit der Entbindung des Schöffen verbundene Bestimmung des gesetzlichen Richters grob fehlerhaft ist und sich so weit vom Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt, dass sie nicht mehr gerechtfertigt erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2016- 2 StR 342/15 -, juris). Dies ist hier nicht der Fall.

Dies gilt zunächst für die Entscheidung, dass der Hauptschöffin B infolge ihres Erholungsurlaubs die Dienstleistung in der Hauptverhandlung vom 04.05.2022 mit den Fortsetzungsterminen nicht zumutbar war. lm Falle von Erholungsurlaub eines Schöffen liegt die Annahme von Willkür ohnehin fern (vgl. BGH, Beschluss vom 8.5.2018 ? 5 StR 108/18 – beck online). Vorliegend hat der Vorsitzende sich zudem durch telefonische Nachfrage zusätzliche Erkenntnisse verschafft und sich so hinsichtlich der Dauer und des Grundes für die Unverschiebbarkeit des Urlaubs (bereits gebuchter Auslandsurlaub mit der Familie) versichert. Dass in den Entbindungsbeschluss sodann versehentlich die Daten der Urlaubsreise der Hauptschöffin (An- und Abreisetag) als Daten der Hauptverhandlungstermine, an welchen diese verhindert sei, eingetragen wurden, wie der Vorsitzende in seiner dienstlichen Stellungnahme vom 04.05.2022 ergänzend erläutert hat, stellt nicht infrage, dass der Vorsitzende seine Entscheidung auf der richtigen Tatsachengrundlage getroffen hat, zumal die offensichtliche Unrichtigkeit sich bereits daraus ergibt, dass am angegebenen 27.05.2022 überhaupt kein Fortsetzungstermin anberaumt war und die Daten den An- und Abreisetagen entsprechen. Soweit seitens der Verteidigung darauf hingewiesen wurde, dass die dienstliche Stellungnahme an sie nicht übersandt worden sei, ergibt sich aus dem Beschluss der Kammer vom 04.05.2022, dass diese in der Hauptverhandlung am selben Tag verlesen worden ist, was die Verteidigung in ihrem Vorbringen bestätigt. Einer zusätzlichen Übersendung bedurfte es daher nicht.

Ebenso wenig stellt sich die Entscheidung, der Hilfsschöffin A sei die Teilnahme an der Hauptverhandlung unzumutbar, als willkürlich dar. Die Hilfsschöffin hatte mitgeteilt, sich am Fortsetzungstermin am 19.05.2022 mit ihrem Sohn im Urlaub befinden und Buchungsbestätigungen für die Flüge vorgelegt, wobei sich hieraus ergab, dass die Schöffin am Terminstag bereits früh morgens abreisen würde. Die Beurteilung des Kurzurlaubs anlässlich eines Geburtstags als Erholungsurlaub stellt sich jedenfalls nicht willkürlich dar. Sie ist vielmehr naheliegend. Die von der Verteidigung vorgebrachte Argumentation, aus § 7 Abs. 2 BUrlG sei zu schließen, dass von Erholungsurlaub erst ab einem Urlaub von zwölf aufeinanderfolgenden Werktagen auszugehen sei, geht fehl. Die vorgenannte Vorschrift bestimmt vielmehr, dass bei einem Arbeitnehmer, der Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen hat, ein Urlaubsteil mindestens zwölf Werktage umfassen muss. Daraus folgt aber, dass der andere Urlaubsteil gerade einen geringeren Umfang haben kann.

Schließlich sind auch die Entscheidungen des Vorsitzenden, in beiden Fällen die Schöffinnen von der Dienstleistung insgesamt zu entbinden und die jeweiligen Fortsetzungstermine nicht zu verlegen, nicht als willkürlich anzusehen. Unabhängig davon, ob eine Pflicht hierzu überhaupt angenommen werden kann (ablehnend etwa OLG Hamm, Beschluss vom 17.03.2020 – 2 Ws 36/20 – juris), war dies jedenfalls vorliegend angesichts dessen, dass ein umfangreiches Beweisprogramm bereits vorbereitet und Zeugen für jeden Fortsetzungstermin geladen waren – was im Rahmen des Rügevorbringen ebenfalls nicht dargestellt worden ist -, unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes in Haftsachen nicht geboten.

Die Entbindungsentscheidungen des Kammervorsitzenden genügten – ergänzt durch den Vermerk des Kammervorsitzenden vom 27.01.2022 – auch dem Dokumentationserfordernis des § 54 Abs. 3 S. 2 GVG. Dass es sich bei den in der Entbindungsentscheidung der Schöffin B angegebenen Daten um einen offensichtlichen Fehler handelt, ergibt sich – wie oben ausgeführt – bereits durch einen Abgleich mit den festgesetzten Terminen. Der Vorsitzende hat dies zudem durch seine dienstliche Stellungnahme vom 04.05.2022 ergänzend erläutert. Dass es sich um die Urlaubsdaten der Schöffin handelte, hätte sich außerdem durch die – im Rügevorbringen fehlende – Vorlage der Mitteilung der Schöffin über die Daten ihres Urlaubs – wie in deren Email in Bezug genommen – ergänzend überprüft werden können. Die Entscheidung betreffend die Hilfsschöffin A bedurfte vor dem Hintergrund der mitgeteilten Abwesenheit aufgrund eines Urlaubs im Ausland keiner weiteren Begründung.“

StPO I: Der Besetzungseinwand nach § 222b StPO, oder: Angriffsrichtung und Begründungsanforderungen

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Heute dann ein wenig StPO, und zwar von Instanzgerichten, also nicht vom BGH.

Dei erste Entscheidung, die ich vorstelle, der OLG Saarbrücken, Beschl. v. 03.11.2021 – 1 Ws 73/21 – befasst sich noch einmal mit dem Besetzungseinwand nach § 222b StPO, und zwar mit seiner möglichen „Angriffsrichtung“ und den Anforderungen an die Begründung.

Gegen den Angeklagten ist Anklage wegen Betruges in Tateinheit mit Untreue und Bestechlichkeit zur Wirtschaftsstrafkammer des LG erhoben. Diese hat die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Im ersten Hauptverhandlungstermin vom 29.9.2021 hat der Verteidiger des Angeklagten „die Besetzung der Wirtschaftsstrafkammer II, verbunden mit dem entsprechenden Besetzungseinwand, zu der Beisitzerin Frau Richterin K.“ gerügt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, dass der frühere Verteidiger des Angeklagten zum Zeitpunkt seiner Mandatierung im vorliegenden Verfahren Sozius der Rechtsanwaltskanzlei H. in Saarbrücken gewesen sei und die Richterin K. zu dieser Zeit als angestellte Rechtsanwältin in dieser Kanzlei tätig gewesen sei, weshalb von einer Vorbefassung der Richterin im Sinne des § 22 Nr. 4 StPO auszugehen sei. Mit Schriftsatz vom 1.10.2021 hat der Verteidiger die Rüge der Besetzung des Gerichts mit der Richterin K. wiederholt und den insoweit erhobenen Besetzungseinwand aufrecht erhalten. Darüber hinaus hat er in diesem Schriftsatz für den Angeklagten einen Befangenheitsantrag gegen die Richterin K. gestellt, den er unter näheren Ausführungen ebenfalls mit der vormaligen Tätigkeit der Richterin als angestellte Rechtsanwältin in der genannten Rechtsanwaltskanzlei begründet hat.

Die Wirtschaftsstrafkammer hat die Besetzungsrügen vom 29.9.2021 und 1.10.2021 als unbegründet zurückgewiesen und die Akte dem OLG Saarbrücken zur Vorabentscheidung über den Besetzungseinwand vorgelegt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass die Richterin K. nicht gemäß § 22 Nr. 4 StPO von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen sei. Die Besetzungsrügen hatten (auch) beim OLG keinen Erfolg:

„1. Der vom Angeklagten erhobene Besetzungseinwand, über den der Senat gemäß § 222b Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m. § 121 Abs. 1 Nr. 4 GVG zur Entscheidung berufen ist, nachdem die Wirtschaftsstrafkammer den Besetzungseinwand für nicht begründet erachtet hat, erweist sich bereits als unzulässig. Mit seinem Vorbringen kann der Angeklagte im Rahmen eines Einwandes der vorschriftswidrigen Besetzung des Gerichts schon dem Grunde nach nicht gehört werden, weshalb der Besetzungseinwand nicht statthaft ist.

Der in § 222b StPO geregelte Einwand, dass das Gericht vorschriftswidrig besetzt sei, kann sich im Hinblick auf die in § 338 Nr. 1 Halbsatz 2 StPO für die Besetzungsrüge normierte Rügepräklusion nach der gesetzlichen Systematik nur auf solche Fälle vorschriftswidriger Besetzung in erstinstanzlichen Verfahren vor dem Landgericht und Oberlandesgericht beziehen, die auch von § 338 Nr. 1 StPO erfasst sind. Insoweit ist – worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist – jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jede Verletzung der gesetzlichen Vorschriften über die mitwirkenden Richter dazu führt, dass die Besetzung des Gerichts im Sinne des § 338 Nr. 1 Halbsatz 1 StPO vorschriftswidrig ist (vgl. LR-Franke, StPO, 26. Aufl., § 338 Rn. 6). Letzteres gilt insbesondere auch für die Fälle, in denen die Mitwirkung eines kraft Gesetzes ausgeschlossenen Richters geltend gemacht wird (vgl. SK-StPO/Frisch, 5. Aufl., § 338 Rn. 9), da der Gesetzgeber insoweit in § 338 Nr. 2 StPO einen eigenen Revisionsgrund geschaffen hat und diese Vorschrift gegenüber § 338 Nr. 1 StPO vorrangig ist (vgl. LR-Franke, a.a.O., § 338 Rn. 61; SK-StPO/Frisch, a.a.O., § 338 Rn. 71; KK-StPO/Gericke, 8. Aufl., § 338 Rn. 57; MüKo-StPO/Knauer/Kudlich, § 338 Rn. 54; SSW-StPO/Momsen/Momsen-Pflanz, 4. Aufl., § 338 Rn. 24). So liegt der Fall aber hier. Denn der Angeklagte hat mit seinem Einwand ausschließlich geltend gemacht, dass die Richterin K. aufgrund ihrer früheren Tätigkeit als Rechtsanwältin in der Kanzlei, der sein vormaliger Verteidiger angehört hat, kraft Gesetzes von der Mitwirkung an dem Verfahren ausgeschlossen sei. Da dieses Vorbringen somit eine Besetzungsrüge nach § 338 Nr. 1 StPO schon dem Grunde nach nicht zu begründen vermag, kann es auch im Verfahren nach § 222b StPO von vornherein keine Berücksichtigung finden und ist mithin unstatthaft.

2. Der Besetzungseinwand wäre allerdings auch deshalb unzulässig, weil er nicht den an ihn nach § 222b Abs. 1 Satz 2 StPO zu stellenden Anforderungen genügt, wonach die Tatsachen, aus denen sich die vorschriftswidrige Besetzung ergeben soll, anzugeben sind.

a) Der Besetzungseinwand nach § 222b StPO ersetzt seit seiner Einführung durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10. Dezember 2019 die nach altem Recht mit dem Rechtsmittel der Revision zu erhebende Rüge der ordnungsgemäßen Gerichtsbesetzung (§ 338 Nr. 1 StPO a.F.). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das Vorabentscheidungsverfahren im Wesentlichen an das Revisionsverfahren angelehnt sein (BT-Drucks. 19/14747 S. 29). Hieraus folgt zunächst, dass die für die alte Rechtslage vorgeschriebenen Form- und Fristvoraussetzungen (vgl. insoweit BGHSt 44, 161) sowie die Begründungsanforderungen gemäß § 222b Abs. 2 Satz 2 und 3 StPO in der bis zum 12. Dezember 2019 geltenden Fassung erhalten bleiben (vgl. BT-Drucks. 19/14747 S. 29). Entsprechend einer Rüge der Gerichtsbesetzung im Revisionsverfahren gemäß § 344 Abs. 2 StPO erfordert der Besetzungseinwand daher eine geschlossene und vollständige Darstellung der Verfahrenstatsachen; alle einen behaupteten Besetzungsfehler begründenden Tatsachen müssen aus sich heraus – das heißt ohne Bezugnahmen und Verweisungen auf andere Schriftstücke – so konkret und vollständig innerhalb der Wochenfrist des § 222b Abs. 1 S. 1 StPO vorgebracht werden, dass eine abschließende Prüfung durch das nach § 222b Abs. 3 Satz 1 StPO zuständige Rechtsmittelgericht ermöglicht wird (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 27.01.2020 – 3 Ws 21/20 -; OLG Hamm, Beschl. v. 18.08.2020 – III-1 Ws 325/20 -; Hanseat. OLG Bremen, Beschl. v. 14.04.2020 – 1 Ws 33/20 -; KG Berlin, Beschl. v. 01.03.2021 – 4 Ws 14/21 -, jew. zitiert nach juris). Vorzutragen sind dabei auch sämtliche die Frage der Rechtzeitigkeit des Einwands betreffenden Verfahrenstatsachen (vgl. Hanseat. OLG Bremen; KG Berlin, jew. a.a.O.). Da der Besetzungseinwand binnen einer Woche nach Zustellung der Besetzungsmitteilung oder – soweit die Mitteilung in der Hauptverhandlung erfolgt ist – nach deren Bekanntgabe zu erheben ist (§ 222b Abs. 1 S. 1 StPO), ist insbesondere darzulegen, wann dem Angeklagten die Besetzung des Spruchkörpers mitgeteilt worden ist und wann eine etwaige Besetzungsmitteilung außerhalb der Hauptverhandlung zugestellt worden ist (vgl. Hanseat. OLG Bremen; KG Berlin, jew. a.a.O.). Zwar kann der Verteidiger den Besetzungseinwand auch mündlich in der Hauptverhandlung erheben; die Anforderungen an den erforderlichen Vortrag im Rahmen des Einwands bleiben hiervon jedoch unberührt (Hanseat. OLG Bremen a.a.O.).

b) Diesen Anforderungen wird der Vortrag des Verteidigers schon deshalb nicht gerecht, weil nicht dargelegt wird, wann das Gericht dem Angeklagten die Besetzung der Strafkammer mitgeteilt hat, so dass dem Senat als Rechtsmittelgericht die Überprüfung der Rechtzeitigkeit des Besetzungseinwandes verwehrt bliebe, wenn der Besetzungseinwand als solcher statthaft wäre, was vorliegend indes nicht der Fall ist.“

StPO I: Besetzungseinwand, oder: Begründung wie eine Verfahrensrüge

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Hier dann der Start in die 24. KW. Und der in dieser Woche ohne Corona – passen zu den sinkenden Inzidenzen. Es gäbe sicherlich noch die ein oder andere verwaltungsrechtliche Entscheidung, aber inzwischen sind die Fragen ja alle – teils mehrfach – durchgekaut. Es wird dann aber sicherlich bald wieder los gehen, denn „man“ hat ja entdeckt, dass nun die Masken stören. Mann, Mann, Mann – wenn das nur alles gut geht Frau Lambrecht und Herr Kubicki. Muss die Diskussion sein?

Jedenfalls hier heute „corona-frei“, dafür StPO-Entscheidungen. Und ich beginne mit dem KG, Beschl. v. 01.03.2021 – 4 Ws 14/21, der noch einmal Stellung nimmt zu dem (neuen) Besetzungseinwand nach § 222b StPO. Der Angeklagte hat sich mit seinem Besetzungseinwand gen die Mitteilung der Kammerbesetzung gewandt. Er rügt, die Kammer in der am 4. Februar 2021 begonnenen Hauptverhandlung in unzulässiger Weise lediglich mit zwei Berufsrichtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt sei, denn aufgrund der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage sei in diesem Fall die Besetzung mit drei Berufsrichtern erforderlich. Dem Angeklagten werde mit der Anklageschrift unter anderem zur Last gelegt, in zwei Fällen Teile einer Maschinenpistole veräußert zu haben, wobei die waffenrechtliche Beurteilung der Gegenstände „nicht ganz unproblematisch“ sei, da in der Hauptverhandlung zu klären sei, ob die veräußerten Gegenstände Teile sogenannter Dekorwaffen seien und ob diese unter das Waffengesetz fielen. Insbesondere habe es in der Vergangenheit „zahlreiche Gesetzesänderungen […] über die Unbrauchbarmachung von Teilen für Dekowaffen und weiterhin Regelungen zum Bestandsschutz für ältere Waffenteile“ gegeben. Die seitens der Kammer geplante Vernehmung eines Sachverständigen gebiete die Dreierbesetzung.

Das KG hat den Einwand als unzulässig zurückgewiesen:

„b) Allerdings genügt der Einwand in formeller Hinsicht nicht den an ihn nach § 222b Abs. 1 Satz 2 StPO (in der seit dem 13. Dezember 2019 gültigen Fassung vom 10. Dezember 2019) zu stellenden Anforderungen, wonach die Tatsachen, aus denen sich die Vorschriftswidrigkeit der Besetzung ergeben soll, anzugeben sind.

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10. Dezember 2019 hat der Gesetzgeber das Vorabentscheidungsverfahren eingeführt, um frühestmöglich Klarheit über die zutreffende Gerichtsbesetzung zu schaffen (vgl. BT-Drucks. 19/14747, S. 29). Es ersetzt damit die nach altem Recht im Wege der Verfahrensrüge nach § 338 Nr. 1 StPO mit dem Rechtsmittel der Revision zu erhebende Rüge der ordnungsgemäßen Gerichtsbesetzung. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das Vorabentscheidungsverfahren im Wesentlichen an das Revisionsverfahren angelehnt sein und die für die alte Rechtslage vorgeschriebenen Form- und Fristvoraussetzungen (vgl. insoweit BGHSt 44, 161) sowie die Begründungsanfor-derungen gemäß § 222b Abs. 2 Satz 2 und 3 StPO – in der bis zum 12. Dezember 2019 geltenden Fassung – erhalten bleiben (vgl. BT-Drucks. aaO).

Entsprechend einer Rüge der Gerichtsbesetzung im Revisionsverfahren gem. § 344 Abs. 2 StPO erfordert die Rüge daher eine geschlossene und vollständige Darstellung der Verfahrenstatsachen; alle einen behaupteten Besetzungsfehler begründenden Tatsachen müssen aus sich heraus – das heißt, ohne Bezugnahmen und Verweisungen auf andere Schriftstücke, insbesondere Anlagen, Aktenbestandteile oder Schriftsätze anderer Verfahrensbeteiligten – so konkret und vollständig innerhalb der Wochenfrist des § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO vorgebracht werden, dass eine abschließende Prüfung durch das nach § 222b Abs. 3 Satz 1 StPO zuständige Rechtsmittelgericht ermöglicht wird (vgl. [zur alten Rechtslage] BGHSt aaO; [zur unveränderten neuen Rechtslage] OLG Celle StraFo 2020, 159; OLG München, Beschluss vom 12. Februar 2020 – 2 Ws 138/20, 2 Ws 139/20 –, juris). Hierzu zählt auch, dass Umstände, die geeignet sein könnten, die vom Gericht beschlossene Besetzung zu begründen, nicht verschwiegen werden dürfen (OLG Celle aaO).

c) Diesen Anforderungen genügt die Besetzungsrüge nicht. Zwar bedurfte es der – von der Generalstaatsanwaltschaft vermissten – umfassenden Darstellung des Gegenstands des Verfahrens in der Rüge nicht, da sich dieser aus der Anklageschrift und dem Eröffnungsbeschluss der Kammer, welche der Senat im Revisionsverfahren und damit auch im Überprüfungsverfahren nach § 222b StPO von Amts wegen zu berücksichtigen hat (vgl. [bezüglich des Revisionsverfahrens] Gericke in KK-StPO, 8. Auflage, § 344 Rn. 39 sowie § 352 Rn. 16 jeweils mwN; [bezüglich § 222b StPO] Schneider, jurisPR-StrafR 10/2020 Anm. 2), ergibt.

Das Rügevorbringen des Verteidigers ermöglicht dem Senat – auch im Zusammenspiel mit der Anklageschrift – gleichwohl keine abschließende Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 GVG, denn weder der Rüge noch der Anklageschrift lässt sich entnehmen, zu welchen Fragen der in der Beweismittelliste der Anklageschrift als sachverständiger Zeuge aufgeführte Dipl.-Ing. Treu vom LKA KTI 31 gehört werden soll; auch teilen weder der Einwand noch die Anklageschrift zumindest die wesentlichen Inhalte des schriftlichen Sachverständigengutachtens mit. Dies wäre zum formgerechten Vortrag beim Besetzungseinwand aber erforderlich, da sich ausweislich des Rügevorbringens aus der Einvernahme des Sachverständigen die behauptete Notwendigkeit der Dreierbesetzung ergeben soll.

Der Einwand genügt den formellen Vorgaben auch deshalb nicht, weil er keine Darstellung aller für die Besetzung relevanten Verfahrensvorgänge (vgl. zu diesem Erfordernis BGH NStZ 2018, 110; OLG München aaO; Gericke aaO, § 344 Rn. 45) enthält. Denn nur so ist es dem Senat möglich, die Rechtzeitigkeit des Einwands prüfen zu können, ebenso den Umfang der (möglichen) Besetzungsrüge, denn die Wochenfrist des § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO beginnt nicht bei jeder Besetzungsänderung für die gesamte Kammerbesetzung neu zu laufen, sondern nur für die neu hinzugekommene zur Urteilsfindung berufene Person (vgl. OLG München aaO; Claus, NStZ 2020, 57). Alles andere würde dem Zweck des Gesetzes zur Modernisierung des Strafverfahrens zuwiderlaufen, welches die Beschleunigung des Strafverfahrens zum Ziel hat und durch das neu eingeführte Vorabentscheidungsverfahren zeitnahe Rechtssicherheit über die ordnungsgemäße Besetzung der Gerichte schaffen will (vgl. BT-Drs aaO, S. 1, 29 ff.). Würde man mit jeder Mitteilung der Änderung der Gerichtsbesetzung erneut die gesamte Kammerbesetzung zur Überprüfung stellen, liefe die beabsichtigte Beschleunigung ins Leere (vgl. OLG München aaO).

Das Rügevorbringen teilt insoweit lediglich mit, dass am 3. Februar 2021 die Mitteilung der Besetzung erfolgt sei, gibt aber bereits den Inhalt der Mitteilung nicht wieder; insbesondere offenbart die Rüge nicht, dass – was der Senat dem Beschluss des Landgerichts Berlin vom 16. Februar 2021 entnimmt – es sich lediglich um eine Änderung einer bereits zuvor erfolgten Besetzungsmitteilung handelte. Der Besetzungseinwand verschweigt insoweit für die Fristberechnung maßgebliche Umstände, namentlich den Inhalt sämtlicher Besetzungsmitteilungen einschließlich deren Zustellungszeitpunkte, denn nach Maßgabe der obigen Grundsätze beginnt die Wochenfrist bezogen auf die Mitteilung der Besetzung mit zwei Berufsrichtern bereits mit förmlicher Zustellung der ersten Besetzungsmitteilung nach § 222a StPO zu laufen. Diese Frist wird auch (wiederum bezogen auf die Besetzung mit zwei bzw. drei Berufsrichtern) nicht dadurch neu in Gang gesetzt, wenn – insbesondere wegen des Wechsels einzelner Gerichtspersonen – nachträglich geänderte Mitteilungen der Besetzung des Gerichts ergehen.

Da die Darstellung der für die Besetzung relevanten Verfahrensvorgänge vorliegend auch nicht ausnahmsweise entbehrlich war, ist die Rüge nicht in der erforderlichen Form angebracht worden und somit bereits unzulässig.“

 

StPO II: Besetzungseinwand im Bußgeldverfahren?, oder: Die §§ 222a, 222b StPO gelten nicht

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Die zweite Entscheidung kommt mit dem OLG Köln, Beschl. v. 01.10.2020 – 2 Ws 534/20 – vom OLG Köln. Das hat zur Anwendbarkeit der §§ 222a, 22b StPO im Bußgeldverfahren Stellung genommen, wenn dort das LG erstinstanzlich entscheidet.

Bußgeldverfahren? Ja.  Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hatte gegen die Betroffene mit Bußgeldbeschluss vom 27.11.2019 wegen Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung (Art. 83 Abs. 4 a i.V.m. Art. 32 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (DSGVO)) eine Geldbuße festgesetzt. Auf den Einspruch der Betroffenen hat der Bundesbeauftragte den Bußgeldbescheid nach Prüfung aufrechterhalten und das Verfahren der Staatsanwaltschaft Bonn übersandt. Die Staatsanwaltschaft Bonn hat das Verfahren dem LG Bonn – Kammer für Bußgeldsachen – vorgelegt, Beim LG Bonn ist das Verfahren nach Eingang der 9. Strafkammer – als Kammer für Bußgeldsachen – zugeleitet worden. Der Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Bonn für das Geschäftsjahr 2020 weist der 9. Strafkammer als Kammer für Bußgeldsachen die Bearbeitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren des ersten Rechtszuges zu. Um die Besetzung dieser Kammer geht es. Die Betroffene hat mit Schriftsatz ihres Verteidigers die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts gerügt und beantragt, gemäß § 222 b Abs. 2 S. 2 StPO festzustellen, dass das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt sei. Der Besetzungseinwand ist für nicht begründet erachtet und dem OLG zur Entscheidung vorgelegt worden. Der Einwand hatte keinen Erfolg:

„Der von der Betroffenen erhobene Besetzungseinwand bleibt ohne Erfolg. Der Besetzungseinwand ist im vorliegenden Bußgeldverfahren nicht statthaft. Er war daher als unzulässig zurückzuweisen.

1. Allgemein ist zunächst Folgendes vorwegzustellen: Die 9. Kammer für Bußgeldsachen des Landgerichts Bonn ist derzeit mit der Bearbeitung des vorliegenden erstinstanzlichen Bußgeldverfahrens befasst. Üblicherweise entscheidet nach § 68 Abs. 1 S. 1 OWiG das Amtsgericht über Einsprüche gegen Bußgeldbescheide. Vorliegend ist ausnahmsweise das Landgericht mit der Entscheidung über einen Einspruch im Bußgeldverfahren befasst. Hintergrund hierfür ist, dass der Gesetzgeber in § 41 Abs. 1 BDSG bestimmt hat, dass hinsichtlich Verstößen nach Art. 83 Abs. 4 bis 6 DSGVO die Vorschriften des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sinngemäß Anwendung finden, wobei § 68 OWiG mit der Maßgabe Anwendung findet, dass „das Landgericht“ entscheidet, wenn die festgesetzte Geldbuße – wie hier – den Betrag von 100.000 € übersteigt. Der Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Bonn sieht daher auch eine Zuständigkeit der 9. Strafkammer als Kammer für Bußgeldverfahren für Ordnungswidrigkeiten des ersten Rechtszuges vor (vgl. § 46 Abs. 7 OWiG).

Auch in anderen Fällen hat der Gesetzgeber bestimmt, dass ausnahmsweise – abweichend von § 68 OWiG – nicht das Amtsgericht zur erstinstanzlichen Bearbeitung von Einsprüchen in Bußgeldverfahren berufen ist. So sieht § 83 GWB vor, dass das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die zuständige Kartellbehörde ihren Sitz hat, im gerichtlichen Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 81 GWB entscheidet. Nach § 62 WpÜG entscheidet das für den Sitz der Bundesanstalt in Frankfurt am Main zuständige Oberlandesgericht im gerichtlichen Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 60 WpÜG.

Angesichts der als „systemwidrig“ (so der Gesetzesantrag des Landes Hessen vom 02.03.2020, BR-Drs. 107/20, S. 14) erscheinenden erstinstanzlichen Befassung des Landgerichts mit Bußgeldsachen haben sich die Justizministerinnen und Justizminister der Länder auf der Herbstkonferenz am 15.11.2018 in Thüringen für die Abschaffung der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Landgerichte in datenschutzrechtlichen Bußgeldsachen ausgesprochen (TOP II.10). Sie haben die Bundesregierung gebeten, zeitnah einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen, mit dem die singuläre Zuständigkeitsbestimmung der Landgerichte, die ansonsten nicht mit erstinstanzlichen Bußgeldsachen befasst seien, abgeschafft werde. Der Bundesrat hat unter dem 03.07.2020 einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt, nach welchem § 41 Abs. 1 S. 3 BDSG ersatzlos aufgehoben werden soll (BR-Drs. 107/20, S. 9, S. 43 f.). Der Entwurf wurde dem Bundestag zugeleitet, wurde aber bislang – soweit ersichtlich – noch nicht beraten.

2. Der durch die Betroffene erhobene Besetzungseinwand ist im vorliegenden Bußgeldverfahren nicht statthaft und daher unzulässig.

Nach § 222 a Abs. 1 StPO ist die Besetzung des Gerichts spätestens zu Beginn der Hauptverhandlung mitzuteilen, wenn die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Landgericht oder dem Oberlandesgericht stattfindet. Auf Anordnung des Vorsitzenden kann sie schon vor der Hauptverhandlung mitgeteilt werden. Hat das Gericht die Besetzung mitgeteilt, kann der Einwand, dass das Gericht vorschriftswidrig besetzt sei, innerhalb einer Woche geltend gemacht werden (§ 222 b Abs. 1 S. 1 StPO). Hält das Gericht den Einwand nicht für begründet, hat es ihn spätestens vor Ablauf von drei Tagen dem Rechtsmittelgericht nach § 222 b Abs. 3 S. 1 StPO vorzulegen (Vorabentscheidungsverfahren).

Ob die in der Strafprozessordnung für das Strafverfahren im ersten Rechtszug vorgesehenen Vorschriften der §§ 222 a, 222 b StPO auch in Bußgeldverfahren Anwendung finden, ist in der Literatur umstritten. Die Frage wird regelmäßig in Bezug auf erstinstanzlich vor dem Oberlandesgericht geführte Kartellordnungswidrigkeitenverfahren (§ 82 GWB) diskutiert, soweit dort eine Hauptverhandlung stattfindet, also nicht im schriftlichen Verfahren (§ 72 OWiG) entschieden wird. Teilweise wird die Ansicht vertreten, § 222 a StPO sei auch in Bußgeldverfahren vor dem Oberlandesgericht wegen Kartellordnungswidrigkeiten anzuwenden (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 222 a Rdn. 2; Deiters in SK-StPO, 4. Aufl., § 222 a Rdn. 4; Eschelbach in KMR StPO, 2018, § 222 a Rdn. 24). Andere Stimmen halten die Vorschriften der §§ 222 a, 222 b StPO in Kartellordnungswidrigkeitenverfahren nicht für anwendbar (Wrage-Molkenthin/Bauer in Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, 96. Lieferung 2020, § 83 GWB Rdn. 27) oder vertreten die Ansicht, dass diese Vorschriften in Bußgeldverfahren ganz allgemein nicht anwendbar seien (Gmel in Karlsruher Kommentar, StPO, 8. Aufl., § 222 a Rdn. 3; Julius/Reichling in Gercke/Julius/Temming/Zöller, StPO, 6. Aufl., § 222 a Rdn. 2; Keller in AK-StPO, § 222 a Rdn. 2; vgl. auch Graf, StPO, 3. Aufl., § 222 a Rdn. 5: keine Anwendung in Bußgeldverfahren mit Ausnahme der vor dem OLG verhandelten Kartellordnungswidrigkeiten).

Der Senat schließt sich in diesem Streit der letztgenannten Ansicht an, wonach die Vorschriften im Bußgeldverfahren nicht anwendbar sind. Dies entspricht auch der Ansicht des Bundesgerichtshofs, der in einem Kartellordnungswidrigkeitenverfahren ausdrücklich entschieden hat, dass die §§ 222 a, 222 b StPO (a.F.) im Bußgeldverfahren keine Anwendung finden (BGH, Beschluss vom 27.05.1986, KRB 13/85 (KG), NStZ 1986, 518).

Zwar schließt der Wortlaut des § 222 a Abs. 1 S. 1 StPO eine Anwendung auf erstinstanzlich vor dem Landgericht geführte Bußgeldverfahren – soweit aufgrund einer Hauptverhandlung entschieden wird – nicht aus. Nach dem Wortlaut ist die Besetzung mitzuteilen, wenn die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Landgericht oder dem Oberlandesgericht stattfindet. Auch in einem nach § 41 Abs. 1 S. 3 BDSG geführten Bußgeldverfahren findet die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Landgericht statt. Hinzukommt, dass der Gesetzgeber in § 41 Abs. 2 S. 1 BDSG bestimmt hat, dass die Vorschriften des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes, durchaus entsprechend gelten.

Indes gelten die Vorschriften der Strafprozessordnung für das Bußgeldverfahren nur sinngemäß und nur insoweit, als das Ordnungswidrigkeitengesetz nichts anderes bestimmt. Gemäß § 71 Abs. 1 OWiG richtet sich das Verfahren nach zulässigem Einspruch – soweit im Ordnungswidrigkeitengesetz nichts anderes bestimmt ist – nach den Vorschriften der Strafprozessordnung, die nach zulässigem Einspruch gegen den Strafbefehl gelten. Für ein Strafbefehlsverfahren, das ausweislich der Regelungen in §§ 407 ff. StPO vor dem Amtsgericht stattfindet, sind die §§ 222 a, 222 b StPO indes gerade nicht anwendbar. Der Bundesgerichtshof ist vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis gelangt, dass die §§ 222 a, 222 b StPO (a.F.) im Bußgeldverfahren keine Anwendung finden (BGH, Beschluss vom 27.05.1986, KRB 13/85 (KG), NStZ 1986, 518). Auch eine sinngemäße Anwendung dieser Vorschriften erscheint nicht geboten (BGH, Beschluss vom 27.05.1986, KRB 13/85 (KG), NStZ 1986, 518). Dies gilt auch unter Berücksichtigung, dass das Landgericht Bonn vorliegend beabsichtigt, nicht im Beschlusswege (§ 72 OWiG), sondern auf der Grundlage einer Hauptverhandlung zu entscheiden.

Auch die Gesetzesmaterialien zur Einführung des Vorabentscheidungsverfahrens nach § 222 b Abs. 3 StPO (BR-Drs. 532/19) geben keine Veranlassung zu einer abweichenden Entscheidung. Insbesondere lässt sich ihnen nicht entnehmen, dass die Vorschriften der §§ 222 a, 222 b StPO – und damit auch das Vorabentscheidungsverfahren – nach den Vorstellungen des Gesetzgebers auch in Bußgeldverfahren Anwendung finden soll. Ziel der Einführung des Vorabentscheidungsverfahrens war vielmehr, einem Angeklagten die Möglichkeit zu eröffnen, seinen grundrechtsgleichen Anspruch auf Gewährleistung des gesetzlichen Richters schon vor Ende der Hauptverhandlung abschließend überprüfen zu lassen. Die Regelung soll die Urteilsaufhebung wegen vorschriftswidriger Besetzung in land- und oberlandesgerichtlichen Verfahren reduzieren und das Strafverfahren von unnötigem Aufwand sowie erheblichen Verfahrensverzögerungen entlasten. Vergleichbare Erwägungen für Bußgeldverfahren hat der Gesetzgeber nicht angestellt.

Eine Anwendung der §§ 222 a, 222 b StPO erscheint im Bußgeldverfahren auch nicht geboten. Der Gesetzgeber hat bei der Abfassung der Regelungen – auch bereits vor Einführung des Vorabscheidungsverfahrens – von der Einbeziehung weiterer Verfahren bewusst abgesehen (Arnoldi in Münchener Kommentar, StPO, 1. Aufl., § 222 a Rdn. 5). Dies betrifft zunächst amtsgerichtliche Verfahren, die trotz der Möglichkeit, Sprungrevision einzulegen, zumeist mit der Berufung angegriffen werden. Auch für zweitinstanzliche Verfahren vor dem Landgericht ist die Mitteilung der Besetzung nicht vorgesehen worden, obwohl auch Berufungsurteile mit der Revision angreifbar sind. Insoweit hat der Gesetzgeber auch berücksichtigt, dass Berufungsverhandlungen regelmäßig nicht so umfangreich wie erstinstanzliche Hauptverhandlungen vor den Strafkammern und Strafsenaten sind (Arnoldi, aaO). Auch für Bußgeldverfahren gilt, das diese regelmäßig nicht vergleichbar umfangreich sind. Das Bedürfnis, die Urteilsaufhebung wegen eines Besetzungsfehlers zu vermeiden, ist vor diesem Hintergrund auch hier weniger dringlich (vgl. hierzu allgemein Jäger in Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 222 a Rdn. 2).

Da sich der Besetzungseinwand nach alledem bereits als unstatthaft erweist, kann der Senat offen lassen, ob der Besetzungseinwand vom 10.09.2020 betreffend die Besetzungsmitteilung vom 31.08.2020 angesichts der erneuten Besetzungsmitteilung vom 09.09.2020 und des Besetzungseinwandes vom 17.09.2020 prozessual überholt ist. Der Besetzungseinwand ist jedenfalls mangels Statthaftigkeit unzulässig. Vor diesem Hintergrund hatte der Senat auch über die Frage der Begründetheit des Besetzungseinwandes nicht zu entscheiden.“

StPO II: Besetzungseinwand nach neuem Recht, oder: Welche Anforderungen an die Begründung?

Bei der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich um den OLG Celle, Beschl. v. 27.01.2020 – 3 Ws 21/20. Den hat das OLG Celle erst gestern verschickt, ich stelle ihn dann heute gleich vor, da er Stellung nimmt zum neuen Recht nach dem „Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens v. 10.12.2019“ (BGBl I, S. 212), das am 13.12.2019 in Kraft getreten ist.

Es geht um einen Besetzungseinwand, den der Angeklagte in einem Wirtschaftsstrafverfahren erhoben hatte. Das OLG hat den Einwand als unzulässig zurückgewiesen:

„I.

Der Angeklagte N. richtet sich mit seinem Besetzungseinwand im Sinne von § 222b StPO gegen die Mitteilung der Kammerbesetzung vom 2. Oktober 2019 mit dem Vorbringen, die Kammer sei als Wirtschaftsstrafkammer entgegen der Vorschrift des § 76 Abs. 3 GVG in unzulässiger Weise mit lediglich zwei Berufsrichtern einschließlich der Vorsitzenden besetzt. Die Sache sei in tatsächlicher Hinsicht als umfangreich als auch in rechtlicher Hinsicht als schwierig zu bewerten, weshalb ein nach § 76 Abs. 3 GVG anzunehmendes Regelbeispiel für eine Besetzung mit drei Richtern einschließlich der Vorsitzenden – und zwei Schöffen – anzunehmen sei.  Der Aktenumfang sei mit (u.a.) sechs Bänden Hauptakten nebst diversen Sonderheften erheblich und es sei namentlich im Hinblick auf die Auswertung der Telefonüberwachungsprotokolle von einer umfangreichen Beweisaufnahme auszugehen. Für die fünf Angeklagten hätten sich sechs Verteidiger legitimiert und es seien internationale steuerrechtliche Probleme für die Urteilsfindung aufzuklären.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 21. Januar 2020 dem Besetzungseinwand nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die Verfahrensbeteiligten als auch die Generalstaatsanwaltschaft wurden gehört.

II.

Der vom Angeklagten N. erhobene Besetzungseinwand ist bereits unzulässig.

Der Einwand genügt nicht den an ihn nach § 222b Abs. 1 Satz 2 StPO (in der Fassung vom 10. Dezember 2019) zu stellenden Anforderungen. Hiernach sind die Tatsachen, aus denen sich die vorschriftswidrige Besetzung ergeben soll, dabei anzugeben. Bereits diesem Formerfordernis wird der vorliegende Einwand nicht gerecht.

Das Vorabentscheidungsverfahren nach § 222b StPO soll dem Willen des Gesetzgebers zufolge im Wesentlichen an das Revisionsverfahren angelehnt sein. Hieraus folgt, dass die nach bislang geltendem Recht vorgeschriebenen Form- und Fristvoraussetzungen des Besetzungseinwandes sowie die Begründungsanforderungen gemäß § 222b Abs. 2 Satz 2 und 3 StPO – in der bis zum 10. Dezember 2019 geltenden Fassung – erhalten bleiben (BT-Drucks. 19/14747, S. 31). Die Anlehnung an das Revisionsverfahren hat wiederum auch zur Folge, dass der Besetzungseinwand in der gleichen Form geltend zu machen ist wie die als Verfahrensrüge ausgestaltete Besetzungsrüge der Revision nach Maßgabe von §§ 345 Abs. 2, 309 Abs. 2 StPO (vgl. schon zum bisherigen Recht BGHSt 44, 161; Meyer-Goßner-Schmitt, Strafprozessordnung, 62. Aufl., § 222b Rn. 6; § 338 Rn. 21). Ebenso wie bei der Verfahrensrüge der Revision müssen hierbei alle einen behaupteten Besetzungsfehler begründenden Tatsachen im einzelnen und konkret rechtzeitig und vollständig vorgebracht werden; die Begründungsanforderungen entsprechen weitgehend denjenigen des § 344 Abs. 2 StPO (LR-Jäger, StPO, 27. Aufl., § 222b Rn. 17; MK-StPO-Arnoldi, § 222b Rn. 13; KK-StPO-Gmel, 8.Aufl., § 222 Rn. 8). Hieran hat sich auch auf der Grundlage der Vorschrift des § 222b StPO und dem hiernach möglichen Rechtsbehelf des Besetzungseinwands in der Fassung vom 10. Dezember 2019 ersichtlich nichts geändert. Der Besetzungseinwand muss demnach – und zwar innerhalb der in § 222b Abs. 1 Satz 1 StPO benannten Frist und ohne Bezugnahmen und Verweisungen – aus sich heraus Inhalt und Gang des bisherigen Verfahrens so konkret und vollständig wiedergeben, dass eine abschließende Prüfung durch das nach § 222b Abs. 3 Satz StPO zuständige Rechtsmittelgericht ermöglicht wird. Hierzu zählt auch, dass Umstände, die geeignet sein könnten, die vom Gericht beschlossene Besetzung zu begründen, nicht verschwiegen werden dürfen.

Der vom Angeklagten N. erhobene Besetzungseinwand umschreibt bereits den Gegenstand des Verfahrens nicht hinreichend. Insoweit werden lediglich die Strafvorschriften, indessen kein konkreter Tatvorwurf benannt. Aus derartigem Vorbringen kann der Senat weder zu Umfang noch zur Schwierigkeit des Verfahrens etwas herleiten. Allein dies muss nach den dargelegten, revisionsrechtlichen Grundsätzen für eine Verfahrensrüge zur Unzulässigkeit des Besetzungseinwands führen. Hinzu kommt, dass sich der Besetzungseinwand im Wesentlichen auf den Tatvorwurf stützt, wie er sich aus der Anklageschrift vom 4. Januar 2018 ergibt. Bereits nicht mitgeteilt wird indessen, dass ausweislich der Nichtabhilfeentscheidung vom 21. Januar 2020 die Kammer vor ihrer Entscheidung über die Besetzung nach Durchführen eines Erörterungstermins mit den Verfahrensbeteiligten sämtliche mit der Zigarettenlieferung am 3. Februar 2016 in Zusammenhang stehenden Anklagevorwürfe (Taten 4,5 und 6) nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt und das Verfahren aus rechtlichen Erwägungen gemäß §§ 154 Abs. 2, 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf der Hinterziehung deutscher Tabaksteuer bzw. den Vorwurf einer hierauf bezogenen gewerbsmäßigen Steuerhehlerei beschränkt hat. Dieser – indessen nicht mitgeteilte – Umstand ist im Hinblick auf die Annahme von Umfang und Schwierigkeit der Sache im Sinne von § 76 Abs. 3 GVG offenkundig erheblich mit der Folge, dass der Senat allein aufgrund der im Einwand benannten Verfahrenstatsachen nicht in die Lage versetzt wird, die gebotene abschließende Überprüfung der Besetzung der Strafkammer vorzunehmen.

III.

Lediglich ergänzend bemerkt der Senat, dass der Besetzungseinwand auch in der Sache nicht durchgreifen könnte. Zwar steht der eröffnenden Strafkammer bei der Entscheidung über die Besetzung kein Ermessen zu und ist eine Besetzung mit jeweils zwei oder drei Richtern zu beschließen, soweit die jeweiligen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat den Strafkammern im Hinblick auf die Annahme von Umfang oder Schwierigkeit indessen einen weiten Beurteilungsspielraum anerkannt, der letztlich nur bei objektiver Willkür erfolgreich beanstandet werden kann (vgl. zum Ganzen nur LR-Gittermann, 26. Aufl., § 76 GVG Nachtr., Rn. 23 m.w.N.). Dass die Strafkammer im Hinblick auf Umfang oder Schwierigkeit der Sache vorliegend willkürlich, d.h. greifbar gesetzwidrig, eine Besetzung mit zwei Richtern beschlossen hat, ist auf der Grundlage der von der Kammer im Beschluss vom 21. Januar 2020 dargelegten Umstände indessen nicht anzunehmen.“

Nicht wirklich überraschend die Entscheidung. Diese – soweit ersichtlich – erste (veröffentlichte) Entscheidung zum neuen Recht gibt mir aber die Gelegenheit – auch nicht überraschend 🙂 – <<Werbemodus an>> noch einmal auf mein Ebook 2019 – „Modernisierung des Strafverfahrens? Die Änderungen in der StPO 2019 – ein erster Überblick – und Synopse altes/neues Recht der Pflichtverteidigung“ hinzuweisen, das man auf der Bestellseite meine Homepage, und zwar hier, für 25 EUR bestellen kann <<Werbemodus aus>>.