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Nochmals zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV, oder: Beratung im Ermittlungsverfahren reicht

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Ich habe neulich über den LG Braunschweig, Beschl. v. 14.12.2021 – 16 KLs 206 Js 37825/15 (57/18) berichtet, den mir der Kollege Funck aus Braunschweig geschickt hatte (vgl. hier: Einziehung I: Zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142, oder: Beratung im Ermittlungsverfahren). Das LG hatte in dem Beschluss – anders als das AG – die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG festgesetzt. Das hat natürlich den Bezirksrevisor nicht ruhen lassen und er hat Rechtsmittel eingelegt.

Das OLG Braunschweig hat ihm dann im OLG Braunschweig, Beschl. v. 01.03.2022 – 1 Ws 38/22 – bescheinigt, dass die Festsetzung durch das LG richtig war:

„Das Landgericht ist zu Recht vom Vorliegen der Voraussetzungen des Gebührentatbestandes Nr. 4142 VV RVG ausgegangen und hat mit Beschluss vom 21. Januar 2022 die Höhe der Gebühr unter Zugrundelegung des vor dem 1. Januar 2021 geltenden Gebührenrechts zutreffend auf 447 € nebst 16 % Umsatzsteuer abgeändert.

Die Gebühr entsteht, wenn sich die Tätigkeit des Rechtsanwaltes auf eine Einziehung „bezieht“. Sie findet ihren Sinn darin, dass der besondere Einsatz des Rechtsanwaltes mit dem Ziel der Bewahrung des Eigentums des Mandanten wegen der sich häufig aufwändig und umfangreich gestaltenden Tätigkeit abgegolten werden soll (KG Berlin, Beschluss vom 18. Juli 2005, 5 Ws 256/05, juris, Rn. 8). Indes ist die Gebühr — unabhängig vom Umfang der entfalteten Tätigkeit des Rechtsanwaltes — als reine Wertgebühr ausgestaltet, die sich für den Pflichtverteidiger nach §§ 49, 13 Abs. 1 RVG bemisst (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23. August 2007, 3 Ws 267/07, NStZ-RR 2007, 391).

Bereits die Beratung der Angeklagten durch den Verteidiger hat vorliegend die Gebühr ausgelöst. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass es an einem Antrag der Staatsanwaltschaft oder an einer gerichtlichen Entscheidung fehlt. Es reicht vielmehr aus, dass nach Aktenlage die Einziehung ernsthaft in Betracht gekommen ist (Kremer in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., VV 4142, Rn. 6). So liegt der Fall hier. Der Verteidiger hat in seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 2. Oktober 2020 die Gebühr VV RVG 4142 mit „mögliche Einziehung d. Wertes d. Erlangten/Erörterung mit der Mandantin“ begründet. Anhaltspunkte dafür, dass diese Erörterung erst nach der Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft vom 4.10.2018, in der diese gem. § 421 Abs. 3 StPO von einer Einziehung abgesehen habe, stattgefunden habe und damit nicht (mehr) geboten gewesen wäre, bestehen nach Auffassung des OLG nicht. Das LG habe zu Recht darauf hingewiesen, dass der Verteidiger bereits 2 Jahre vor der Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft Akteneinsicht hatte und mithin davon ausgegangen werden könne, dass er unter gewissenhafter Erfüllung seiner Pflichten als Verteidiger die Angeklagte in den zwei Jahren vor der Abschlussverfügung hinsichtlich der in Betracht kommenden Einziehung von Vermögenswerten beraten hat.“

Tja, wer nicht hören kann/will, muss fühlen. 🙂