Die Entscheidung des BVerfG v. 19.03.2013 zur Abspracheregelung (§ 257c StPO) (vgl. (vgl. Urt. v. 19.03.2013 – 2 BvR 2628/10 – – 2 BvR 2883/10 – – 2 BvR 2155/11) und dazu Da ist die Entscheidung aus Karlsruhe: Die genehmigte Verständigung, der verbotene Deal) ist sehr schnell in der Rechtsprechung der BGH angekommen. Das beweisen eine ganze Reihe von Entscheidungen, die der BGH seitdem erlassen hat. Zu denen gehört auch der BGH, Beschl. v. v. 11. 4. 2013 – 1 StR 563/12, der ein landgerichtliches Urteil vom 01.06.2012 zum Gegenstand hat. Durch dieses war der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. Dem Urteil des LG ist eine Verständigung gem. § 257c StPO vorausgegangen. Mit seiner Revision hat der Angeklagten beanstandet, dass eine Belehrung im Sinne des § 257c Abs. 5 StPO nicht erteilt worden sei. Im Hinblick auf die getroffene Verfahrensabsprache hatte der Angeklagte die ihm – nach Teileinstellung des Verfahrens gem. § 154 Abs. 2 StPO noch – zur Last liegenden Tatvorwürfe vollumfänglich eingeräumt Das LG hat das Geständnis des Angeklagten für glaubhaft angesehen und den Angeklagten „absprachegemäß“ verurteilt. Mit seiner Revision hatte der Angeklagte geltend gemacht, ihm sei zu Unrecht vor der Verständigung keine Belehrung über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichts von dem in Aussicht gestellten Ergebnis der Verständigung nach § 257c Abs. 4 StPO erteilt worden. Dies habe Auswirkungen auf sein Prozessverhalten gehabt. Wäre er gemäß § 257c Abs. 5 StPO belehrt worden, hätte er „in anderer Weise“ (als durch ein Geständnis) auf die Beweisaufnahme eingewirkt und eventuell weitere Beweisanträge gestellt.
Der BGH hat der Revision statt gegeben. Die Belehrung gemäß § 257c Abs. 5 StPO sei eine wesentliche Förmlichkeit, die in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen gewesen wäre (vgl. § 273 Abs. 1a Satz 2 StPO). Da es hieran fehle, ergebe sich im Hinblick auf die negative Beweiskraft des Protokolls (§ 274 Satz 1 StPO), dass der Angeklagte nicht gemäß § 257c Abs. 5 StPO darüber belehrt worden sei, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Folgen das Gericht von dem in Aussicht gestellten Ergebnis abweichen könne. Der Angeklagte sei daher vom Gericht nicht in die Lage versetzt worden, eine autonome Entscheidung über seine Mitwirkung an der Verständigung zu treffen (vgl. hierzu eben das BVerfG). Nach Auffassung des BGH beruhte das Urteil auch auf dem Fehlen der Belehrung. Der Verstoß gegen die Belehrungspflicht aus § 257c Abs. 5 StPO habe sich ggf. in der Weise ursächlich auf das Prozessverhalten des Angeklagten ausgewirkt habe, dass er kein Geständnis abgelegt und sich vielmehr gegen den Tatvorwurf verteidigt hätte, wenn er ordnungsgemäß belehrt worden wäre. Ohne das Geständnis des Angeklagten sei letztlich im Wesentlichen die Frage der Glaubhaftigkeit der Angaben eines Kindes zu den Vorwürfen an ihm begangener Taten des (schweren) sexuellen Missbrauchs gemäß §§ 176, 176a StGB für den Tatnachweis ausschlaggebend. Insoweit in Betracht kommende Beweisanträge lägen auf der Hand.
Der BGH setzt damit konsequent das Urteil des BVerfG um. An der Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO geht also in den Absprachefällen kein Weg mehr vorbei. Fehlt sie oder wird sie vergessen, droht die Aufhebung bzw. besteht die Möglichkeit, das mit der Verfahrensrüge zu rügen. Allerdings wird sich der Verteidiger mit einer solchen Revision beim Tatgericht keine Freunde machen, wenn das Ergebnis des Urteils dem Inhalt der Absprache entspricht. Das gilt vor allem dann, wenn er den Angeklagten auch im Erkenntnisverfahren vertreten hat. Auf der anderen Seite kann manches dafür sprechen, vielleicht doch auch in diesen Fällen Revision einzulegen. Sei es, dass den Angeklagten seine Beteiligung an der Absprache reut, sei es, dass er sich in einer neuen Hauptverhandlung ein milderes Ergebnis erhofft.