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Mittäterschaft II: Mittäter oder Gehilfe beim Mord?, oder: Hier passt beides nicht

Hand mit MesserDas LG hatte den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten bleibt davon nur die gefährliche Körperverletzung übrig. Es ging um die Beteiligung des Angeklagten an einer Messerstecherei in Stuttgart. Die Strafkammer hatte dem Angeklagten dabei ausgeführte Messerstiche als Mittäter zugerechnet. Der BGH hat das im BGH, Beschl. v. 04.02.2016 – 1 StR 344/15 – anders gesehen:

„1. Die tödlichen Stiche können dem Angeklagten auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht als Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden.

Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Be-schlüsse vom 29. September 2015 – 3 StR 336/15, NStZ-RR 2016, 6 f. und vom 2. Juli 2008 – 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26; Urteil vom 17. Oktober 2002 – 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254). Voraussetzung für die Zurechnung späteren fremden Handelns als eigenes mittäterschaftliches Tun ist ein zumindest konkludentes Einvernehmen der Mittäter.

An dieser Zurechnungsgrundlage fehlt es. Die Tathandlung des Angeklagten wurde nach den Feststellungen nicht von einem gemeinsamen Tatplan hinsichtlich des Mitführens von Waffen und der Tötung eines Gegners getragen. Sie ist auch nicht Teil einer späteren konkludenten Erweiterung des Tatplans durch bewusstes und gewolltes Zusammenwirken des Angeklagten mit dem für die tödlichen Stiche verantwortlichen Angreifer.

Der vor Beginn des Kampfgeschehens gefasste gemeinsame Tatplan sah keine Bewaffnung und keine Tötung der Gegner vor. Für den Angeklagten, der den Einsatz des Messers durch A. beobachtet, ist dessen Handeln ein Exzess. Feststellungen über eine Erweiterung des Tatplans unter Einbindung des die tödlichen Stiche setzenden Angreifers sind nicht getroffen worden. Eine mögliche einseitige Zustimmung des Angeklagten zur todbringenden Verwendung mitgeführter Messer durch andere Angreifer würde ohnehin nicht genügen. Ein zumindest konkludentes wechselseitiges Einvernehmen hätte zunächst vorausgesetzt, dass der die Tat unmittelbar Ausführende die das Kampfgeschehen eröffnende Messerattacke und eine hierauf bezogene Billigung durch den Angeklagten überhaupt wahrgenommen hat. Dies alles ist nicht festgestellt. Damit entbehrt der Schluss des Landgerichts, auch der tödliche Messerstich sei aufgrund einer konkludenten Erweiterung des ursprünglichen Tatplans dem Angeklagten zuzurechnen, einer tragfähigen Grundlage.

2. Eine Verurteilung wegen Beihilfe scheidet nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ebenfalls aus.

Als Gehilfe wird gemäß § 27 Abs. 1 StGB bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Diese Hilfeleistung muss sich auf die Begehung der Haupttat zwar nicht kausal auswirken; erforderlich ist aber, dass sie die Haupttat zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Versuchsbeginn und Beendigung in irgendeiner Weise erleichtert oder fördert (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 – 2 StR 58/15, NStZ-RR 2015, 343, 344; Urteil vom 16. Januar 2008 – 2 StR 535/07, NStZ 2008, 284 mwN). Dies belegen die Feststellungen nicht.

Auch eine psychische Beihilfe scheidet aus. Die bloße Anwesenheit am Tatort in Kenntnis einer Straftat reicht selbst bei deren Billigung dazu nicht aus (vgl. dazu BGH, Urteil vom 24. Oktober 2001 – 3 StR 237/01, NStZ 2002, 139, 140 mwN). Die Hilfeleistung im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB kann zwar auch in der Billigung der Tat bestehen, wenn sie gegenüber dem Täter zum Ausdruck gebracht und dieser dadurch in seinem Tatentschluss bestärkt wird und der Gehilfe sich dessen bewusst ist. Das hätte vorausgesetzt, dass der die Tat un-mittelbar Ausführende den Angeklagten und dessen Billigung eines Tötungsde-likts wahrgenommen hat und dadurch in seinem Tatentschluss bestärkt oder ihm zumindest ein erhöhtes Sicherheitsgefühl vermittelt wurde. Beides ist indes nicht festgestellt. Nach der umfassenden und besonders sorgfältigen Beweiswürdigung ist auszuschließen, dass das Landgericht noch weitere Feststellungen treffen könnte.“

Mittäterschaft I: Hilfe beim Ausspähen, das ist nur Beihilfe zur räuberischen Erpressung….

© eyetronic Fotolia.com

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Heute dann drei (ruhigere) Berichte zu Fragen der Mittäterschaft. Zunächst der BGH, Beschl. v. 14.07.2016 – 3 StR 129/16. Ausgangspunkt ist folgender Sachverhalt:

a) Die Angeklagte und der Mitangeklagte waren übereingekommen, ihren gemeinsamen Lebensunterhalt künftig durch Überfälle auf Tankstellen zu bestreiten. Gegenstand des Urteils sind zwei von mehreren in Umsetzung die-ses Entschlusses begangene Taten:

– Auf der Suche nach einem geeigneten Tatobjekt stießen die Angeklagte und der Mitangeklagte am Abend des 20. März 2014 auf eine Tankstelle in H. . Beim langsamen Vorbeifahren stellten sie fest, dass sich dort nur eine Angestellte aufhielt. Sie hielten die Gelegenheit deshalb für günstig und parkten in der Nähe. Die Angeklagte wartete wie vereinbart im Pkw; der Mitangeklagte begab sich, ausgestattet mit einem Schreckschussrevolver und mit Pfefferspray, in den Verkaufsraum und verlangte von der Angestellten unter Vorzeigen des Revolvers die Herausgabe des Kasseninhalts. Aus Angst packte die Angestellte diesen in eine vom Mitangeklagten mitgebrachte Plastiktüte. Damit kehrte der Mitangeklagte zum Pkw zurück und fuhr zusammen mit der Angeklagten weg.

– Gleichermaßen kamen sie am Abend des 22. März 2014 zu einer Tankstelle in B. , konnten aber beim Vorbeifahren nicht erken-nen, wie viele Personen sich dort aufhielten. Sie stellten ihren Pkw auf dem  Parkplatz eines nahe gelegenen Supermarkts ab; während die Angeklagte wie-derum im Fahrzeug blieb, beobachtete der Mitangeklagte die Tankstelle zunächst von einem Nachbargrundstück aus. Wegen des Publikumsverkehrs verzichtete er auf die Mitnahme von Revolver und Pfefferspray. Als ihm die Situation günstig erschien, ging der Mitangeklagte in den Verkaufsraum der Tank-stelle und forderte von der dort anwesenden Angestellten die Herausgabe von Bargeld. Dabei täuschte er vor, im Besitz einer Schusswaffe zu sein. Aus Angst packte die Angestellte den Kasseninhalt in die ihr hingehaltene Plastiktüte. Wie zuvor begab sich der Mitangeklagte mit der Beute zurück zur Angeklagten und fuhr zusammen mit dieser weg.

Die benutzten Fahrzeuge hatte die Angeklagte jeweils auf ihren Namen angemietet. Ob sie diese bei den Taten auch steuerte, konnte das Landgericht nicht feststellen.“

Das reichte dem BGH nicht für eine Verurteilung wegen Mittäterschaft:

b) Dies trägt nicht die Annahme von Mittäterschaft der Angeklagten (§ 25 Abs. 2 StGB); ihre Tatbeiträge sind vielmehr in beiden Fällen als Beihilfe zu den Taten des Mitangeklagten zu werten (§ 27 Abs. 1 StGB).

aa) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem  wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäterschaft oder Beihilfe anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 – 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 – 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26).

bb) Daran gemessen stellt sich die Tätigkeit der Angeklagten nach dem äußeren Erscheinungsbild in Bezug zu den Tatbeiträgen des Mitangeklagten nur als Beihilfe zu dessen Erpressungstaten dar. Die Angeklagte war zwar in die Auswahl und in die Auskundschaftung der Tatobjekte eingebunden, ebenso mietete sie die Tatfahrzeuge in eigenem Namen an. Darin liegen aus objektiver Sicht aber keine Tatbeiträge von einem Gewicht, das den Schluss auf eine Tatherrschaft der Angeklagten oder wenigstens auf ihren Willen dazu tragen könnte. Die Ausführung der Taten oblag allein dem Mitangeklagten und war ebenso wie der Eintritt des Taterfolgs dem Einfluss und dem Willen der Angeklagten in jeder Hinsicht entzogen. Der gemeinsame Tatentschluss und das auch aus dem Bestreiten des gemeinsamen Lebensbedarfs folgende Interesse der Angeklagten am Gelingen der Überfälle vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen.“

Der BGH hat dann in Beihilfe abgeändert.

Strafverteidiger aufgepasst, oder: Finger weg von falschen Einlassungen/Verdächtigungen

Entnommen wikimedia.org Urheber Mediatus

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Urheber Mediatus

Da kann man nur sagen: (OWi-)Verteidiger aufgepasst, wenn man zwei obergerichtliche Entscheidungen aus der letzten Zeit sieht/liest.

  • Zunächst ist es das BGH, Urt. v. 10.02.2015 – 1 StR 488/14 -, das sich zu den Grenzen der Selbstbegünstigung bei falscher Verdächtigung verhält: Im Pkw des Angeklagten waren zwei Feuer­werkskörper polizeilich sichergestellt worden. In dem wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz eingeleiteten Verfahren be­hauptete der Angeklagte bewusst wahrheitswidrig, die beiden Gegenstände gehörten nicht ihm, sondern seinem Sohn, woraufhin das AG ihn freigesprochen. Wie von dem Angeklagten billigend in Kauf genommen, wurde nunmehr ein Ermittlungsverfah­ren gegen seinen Sohn eingeleitet. Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen falscher Verdächtigung verurteilt. Der BGH hat die Revision verworfen. Eine auf zulässiges Verteidigungsverhalten eines Beschuldigten im Strafverfahren oder dessen Selbstbelastungsfreiheit gestützte Einschränkung des Tatbestandes der falschen Verdächtigung gem. § 164 Abs. 1 StGB kommt in der Konstellation nach Auffassung des BGH nicht in Betracht. Ob eine in der obergerichtlichen Rechtsprechung (BayObLG NJW 1986, 441, 442; OLG Düsseldorf NJW 1992, 1119; OLG Frankfurt DAR 1999, 225) befürwortete Tatbestands­einschränkung für Fallgestaltungen, in denen der Täter wahrheitswidrig eine allein als alternativer Täter in Frage kommende Person ausdrücklich als sol­chen bezeichnet, angenommen werden kann, lässt der BGH offen. Jedenfalls dann, wenn eine Person konkret verdächtigt wird, für deren Tatbegehung bzw. Tatbeteiligung bis dahin keine Anhaltspunkte bestanden, komme im Hinblick auf das durch § 164 StGB auch gewährleistete Rechtsgut des Schutzes der innerstaatlichen Strafrechtspflege vor unberechtigter Inanspruchnahme (BGH StraFo 2013, 79) eine Tatbestandseinschränkung nicht in Betracht. Anders als in Fallgestaltungen, in denen außer dem falsch Verdächtigenden überhaupt nur eine weitere Person als Täter der fraglichen rechtswidrigen Tat in Betracht kommt, werde in der hier vorliegenden Konstellation erstmals eine andere Person als vermeintlicher Täter bezichtigt. Erst dadurch würden die Ermittlungsbehör­den zu einer auf eine materiell unschuldige und bis zur Falschbezichtigung un­verdächtige Person bezogenen Ermittlungstätigkeit veranlasst.
  • Und zum Zweiten ist es das OLG Stuttgart, Urt. v. 23.07.2015 – 2 Ss 94/15: Da war gegen den Angeklagten 1 ein Bußgeldverfahren wegen Über­schrei­tung der zuläs­si­gen Höchst­ge­schwin­dig­keit anhängig. mes­sen. Der Angeklagte 1 verabredete mit sei­nem Arbeits­kol­le­gen, dem Ange­klag­ten 2, dass die­ser sei­nen Namen und seine Adresse in den dem Ange­klag­ten 1 zuge­sand­ten Anhö­rungs­bo­gen ein­tragen sollte und an die Buß­geld­stelle zurück­schickt. Gegen den Buß­geld­be­scheid, der dann gegen diesen Angeklagten erging, legte die­ser Ein­spruch ein. Beim AG teilte der Ver­tei­di­ger dann mit, dass bei einem Licht­bild­ab­gleich nun/nachträglich fest­ge­stellt wor­den sei, dass der Angeklagte 2 nicht gefah­ren sei. Das Ver­fah­ren gegen den Angeklagten wurde ein­ge­stellt. Gegen den Angeklagten 1 war auch nichts mehr zu machen, da Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung  ein­ge­tre­ten war. Es erfolgt Anklage gegen 1 und 2 mit dem Ergebnis der Verurteilung.

Der Leitsatz aus dem OLG Stutt­gart, Urt. v. 23.07.2015 – 2 Ss 94/15lautet:

„Führen der Täter einer Ordnungswidrigkeit und eine mit ihm zusammenwirkende, an der Tat unbeteiligte Person die Bußgeldbehörde bewusst in die Irre, indem sich die weitere Person selbst zu Unrecht der Täterschaft bezichtigt, kann dies für den Täter zu einer Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft und für die weitere Person wegen Beihilfe hierzu führen.“

Also Vorsicht, wenn die Mandanten mit solchen „Verteidigungsstrategien“ kommen. Finger weg….

Behindern der Polizei – Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort?

© Deyan Georgiev - Fotolia.com

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Mit einem sicherlich nicht alltäglichen Fall hatte ich vor einiger Zeit das AG Essen zu befassen, nämlich mit der Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB). Wenn man es so liest, fragt man sich zunächst: Geht das überhaupt? Nun, natürlich geht das, aber so ganz „einfach“ ist das nicht, wie das AG Essen, Urt. v. 10.10.2013 – Cs-43 Js 211/13-292/13 – zeigt. Da ist die Verurteilung des Angeklagten nämlich an den subjektiven Voraussetzungen einer Beihilfe „gescheitert“ und der Angeklagte frei gesprochen worden.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten Essen dem Angeklagten zur Last gelegt, dass dieser sich einer Polizeibeamtin, die nach einem Verkehrsunfall einen flüchtenden Fahrzeugführer verfolgte, in den Weg gestellt und sie daran gehindert hatte, dem Fahrzeugführer weiter zu folgen.

Das AG spricht frei, da es einen „Beihilfevorsatz“ nicht feststellen kann.

„Erforderlich ist dafür jedoch ein Vorsatz des Angeklagten dahingehend, einem anderen Hilfe zu dessen rechtswidriger Vortat zu leisten. Diesen konnte das Gericht nicht feststellen. Erforderlich ist, dass der Angeklagte bereits bei Beginn seiner Handlung den Vorsatz gehabt hat, einen anderen bei dessen vorsätzlicher rechtswidriger Tat Hilfe zu leisten. Dies kann vorliegend allein dann der Fall sein, wenn er in dem Moment, in dem er sich der Polizeibeamtin erstmals in den Weg stellt, bereits von der Tat weiß und diese unterstützen will. Dies konnte das Gericht jedoch nicht feststellen. Die Polizeibeamtin, die Zeugin M. hat bekundet, dass sie dem Angeklagten, als dieser sich in den Weg gestellt hat, nochmals erklärt habe, dass sie einen flüchtigen Fahrzeugteilnehmer verfolgt. Sie erklärte jedoch auch, dass sie nicht wisse wo genau der Angeklagte hergekommen sei. Sie könne daher auch nicht ausschließen, dass er sie nicht sofort als Polizeibeamtin erkannt hat, zumal sie in zivil unterwegs gewesen sei. In dubio pro reo muss das Gericht davon ausgehen, dass der Angeklagte erstmals in dem Moment, als er bereits vor der Zeugin stand und sie an der weiteren Verfolgung gehindert hat, erfahren hat, warum diese in seinen Garten möchte. Zu diesem Zeitpunkt hat der Angeklagte jedoch bereits den wesentlichen Teil seiner Handlung, das kurzfristige Aufhalten der Zeugin, begonnen. Erst danach hat er von dem Unfall und von der möglichen Vortat des Fliehenden erfahren. Erforderlich für ein vorsätzliches Hilfe leisten ist jedoch, dass der Angeklagte bei Beginn seiner Handlung diesen Vorsatz hat. Eine begangene Handlung, die zwar objektiv eine Beihilfe darstellt, nicht jedoch vorsätzlich geschah, kann nicht durch spätere Kenntnis der Haupttat und möglicherweise Billigung derselben zu einer Beihilfe werden.

Soweit die Tat möglicherweise eine Strafvereitelung darstellen könnte, da der Angeklagte jedenfalls erkannt haben könnte, dass es sich hier um eine Verfolgung einer Person durch die Polizei geht, unabhängig von der Frage, warum und was diesem zur Last gelegt wird, ist jedoch In dubio pro reo davon auszugehen, dass es sich bei der flüchtigen Person um einen Angehörigen des Angeklagten handelt. Die Zeugen geht davon aus, es handele sich um den Sohn, in dem Haus wohnt ein Großteil der „Sippe“, der der Angeklagte angehört. Er selber hat sich als „Sippenchef“ bezeichnet.“

„Beigewohnt“ = (mit)gefangen? – Beihilfe im BtM-Recht

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Die Angeklagte wird vom LG Mönchengladbach wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Das LG sieht die Beihilfehandlung darin, dass die Angeklagte ihrem Freund ihre Wohnung zur Verfügung gestellt habe. Nun, so einfach ist das nun doch nicht, meint der BGH im BGH, Beschl. v. 30.04.2013 – 3 StR 85/13 – und hat aufgehoben. Denn:

„1. Die Feststellungen des Landgerichts tragen nicht die rechtliche Bewertung, die Angeklagte habe Beihilfe zum Betäubungsmittelhandel ihres Freundes G. – insgesamt sieben Taten zwischen dem 30. Mai 2012 und dem 19. Juni 2012 – dadurch geleistet, dass sie ihm ihre Wohnung zur Verfügung stellte. a) Eine entsprechende Beihilfe durch aktives Tun setzt regelmäßig vo-raus, dass der Wohnungsinhaber bereits bei Überlassung der Wohnung von deren geplanter Verwendung für Rauschgiftgeschäfte wusste (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 407/12, juris Rn. 38; Beschluss vom 2. August 2006 – 2 StR 251/06, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 67). Ob die Angeklagte eine solche Kenntnis hatte, als ihr Freund im Oktober 2011 in ihre Wohnung einzog, ergibt sich aus dem Urteil nicht. Im Übrigen hätte der Gehilfenvorsatz näherer Erörterung bedurft, da die Angeklagte ihren Freund möglicherweise allein im Hinblick auf die persönliche Beziehung in ihre Wohnung aufnahm (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Juli 1992 – 4 StR 156/92, NJW 1993, 76).

b) Dass die Angeklagte nach den bisherigen Feststellungen zu einem späteren Zeitpunkt den aus ihrer Wohnung heraus betriebenen Drogenhandel duldete, reicht für eine Strafbarkeit wegen Beihilfe nicht aus.

Soweit die Duldung als unterbliebenes Einschreiten gegen das Handel-treiben des Mitbewohners zu werten ist, handelt es sich dabei letztlich um den Vorwurf eines Unterlassens (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2011 – 2 StR 348/11, NStZ-RR 2012, 58 f.). Indes hat der Wohnungsinhaber im All-gemeinen keine Garantenpflicht im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB, gegen die Nutzung der Wohnung für die Begehung von Betäubungsmitteldelikten einzu-schreiten (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 407/12, juris Rn. 36 mwN).

Eine vom Landgericht herangezogene „psychische Hilfe“ für den Haupttäter G. könnte zwar in einer zugesagten Hinnahme des Rauschgifthandels liegen (vgl. BGH, Urteile vom 4. Juli 1995 – 1 StR 225/95, StV 1995, 624, 625; vom 29. September 1993 – 2 StR 397/93, NStZ 1994, 92). Allerdings setzt auch die Beihilfe in der Form psychischer Unterstützung voraus, dass die Tatbegehung objektiv gefördert oder erleichtert wurde und dass dies dem Gehilfen bewusst war (s. etwa BGH, Beschluss vom 9. September 1998 – 3 StR 413/98, StV 1999, 212). Beides ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, wäre aber näher darzulegen gewesen, zumal der Haupttäter nach den getroffenen Feststellungen bereits vor der Duldung durch die Angeklagte mit Betäubungsmitteln handelte und sich dabei von ihren zunächst ablehnenden Vorhaltungen nicht beeindrucken ließ.“

Also: Nur „Zurverfügungstellen“ und mitwohnen lassen, das reicht nicht für die Beihilfe.