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Beihilfe zum Raub, oder: SMS und Anwesenheit reichen nicht.

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Und ebenfalls schon etwas älter ist ist der BGH, Beschl. v. 17.05.2018 – 1 StR 108/18. Manche Entscheidungen rutschen eben durch. Grundlage ist eine Verurteilung des Angeklagten wegen Raubes, und zwar mit folgenden Feststellungen:

„Der nicht revidierende Mitangeklagte B. beschloss, den ihm über WhatsApp bekannten Geschädigten R. in dessen Wohnung zu überfallen und unter Vorhalt eines Messers zu berauben oder zu erpressen. B. weihte den Angeklagten in den von ihm geplanten Überfall ein, wobei das Landgericht sich nicht davon überzeugen konnte, dass er dem Angeklagten mitteilte oder diesem sonst vorab bekannt wurde, dass ein Messer zum Einsatz kommen sollte. Der Angeklagte billigte den Überfall in dem ihm geschilderten Umfang und vereinbarte mit B. , dass er den Überfall absichern werde. Beide kamen überein, der Angeklagte solle zum Haus des Geschädigten R. mitkommen, davor warten und gegebenenfalls in dessen Wohnung nachkommen, sofern B. die Unterstützung des Angeklagten anfordern und diesem die Tür zur Wohnung öffnen sollte.

Am 8. Mai 2017 nach 20.15 Uhr begaben sich B. und der Angeklagte gemeinsam zur Wohnung des Zeugen R. . Beide postierten sich gegen 22.00 Uhr getrennt voneinander vor dem Mehrfamilienhaus, in dem der Geschädigte R. wohnte. Der Geschädigte R. holte B. unten vor der Haustür ab und nahm ihn mit in seine Wohnung, wo beide zunächst eine Flasche Wein tranken, rauchten und sich unterhielten. Nach den Feststellungen ließ sich B. hierfür etwa eine Dreiviertelstunde Zeit, um die Lage zu sondieren. Der vor der Haustür stehende Angeklagte wurde des Wartens überdrüssig; er schrieb mehrere SMS an B. und rief diesen mehrfach auf dem Mobiltelefon an, ohne dass B. die Anrufe annahm. Der Angeklagte verließ in der Folge seinen Posten vor der Haustür, was er B. um 23.01 Uhr per Kurznachricht mitteilte. B. hatte erst danach Gelegenheit, die SMS des Angeklagten zu lesen. Er erkannte, dass der Angeklagte ihn nicht mehr durch persönliches Eingreifen in der Wohnung würde unterstützen können, und führte die Tat sodann alsbald durch.

Die Strafkammer hat angenommen, der Angeklagte habe B. nicht nur im Vorbereitungsstadium verbal und durch zeitweises Bereitstehen vor dem Haus in seinem Tatentschluss bestärkt, sondern dies habe auch die Tat in ihrem konkreten Ablauf beeinflusst und gefördert.

Der BGH hebt auf: Nach seiner Ansicht tragen die Feststellungen eine Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Raub nicht, denn es ist nicht durch konkrete Fakten belegt, inwieweit der Angeklagte die Tat eines anderen gefördert oder erleichtert hat.

Wegen Beihilfe wird gemäß § 27 Abs. 1 StGB bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Diese Hilfeleistung muss sich auf die Begehung der Haupttat zwar nicht kausal auswirken; erforderlich ist aber, dass sie die Haupttat zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Versuchsbeginn und Beendigung in irgendeiner Weise erleichtert oder fördert (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 2015 – 2 StR 58/15, NStZ-RR 2015, 343, 344 und vom 4. Februar 2016 – 1 StR 344/15, NStZ-RR 2016, 136, 137; Urteil vom 16. Januar 2008 – 2 StR 535/07, NStZ 2008, 284 mwN). Die bloße Kenntnis von der Begehung der Tat und deren Billigung ohne einen die Tat objektiv fördernden Beitrag reicht allerdings nicht aus, um die Annahme von Beihilfe zu begründen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann zwar schon ein bloßes „Dabeisein“ die Tatbegehung im Sinne aktiven Tuns fördern oder erleichtern (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2011 – 2 StR 505/11, StV 2012, 287; Urteil vom 10. Februar 1982 – 3 StR 398/81, StV 1982, 517, 518). In derartigen Fällen bedarf es aber sorgfältiger und genauer Feststellungen darüber, dass und wodurch die Tatbegehung in ihrer konkreten Gestaltung objektiv gefördert oder erleichtert wurde, und dass der Gehilfe sich dessen bewusst war (BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 1993 – 3 StR 516/92, NStZ 1993, 233 und vom 24. März 1993 – 2 StR 99/93, NStZ 1993, 385).

Vorliegend ist nicht hinreichend belegt, inwieweit die (spätere) Haupttat durch die Anwesenheit des Angeklagten vor der Haustür allein im Vorbereitungsstadium sowie durch das Senden von SMS und die Anrufe bei dem Haupttäter B. , die diesen nicht erreicht haben, konkret gefördert oder erleichtert wurde. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe dadurch den Haupttäter B. in seinem Tatentschluss bestärkt, findet in den Urteilsgründen keine ausreichende Grundlage. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass nicht festgestellt ist, dass der Angeklagte zuvor aktiv in die Planung der Tat involviert war. Auch der Inhalt der Absprachen zwischen dem Angeklagten und B. ist nicht beweiswürdigend unterlegt. Überdies ist nicht belegt, dass und inwieweit der Angeklagte den Haupttäter B. nach Verlassen seines Postens vor der Haustür weiter unterstützt haben könnte. Die schlichte Behauptung der Strafkammer, der Angeklagte habe B. im Vorbereitungsstadium der Haupttat ein erhöhtes Sicherheitsgefühl verschafft, das dieser zum längeren Sondieren der Lage genutzt habe, und habe diesen dadurch – gleichsam fortwirkend – in seinem Tatentschluss bestärkt (UA S. 11, 26), reicht insoweit nicht aus; diese Umstände sind ihrerseits nicht beweiswürdigend belegt.“

Das Messer im BH, oder: Beihilfe

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Nur kurz und knapp ist der BGH, Beschl. v. 09.05.2018 – 5 StR 616/17 – begründet. Zum Sachverhalt lässt sich dem BGH, Beschluss nur so viel entnehmen: Offenbar ist die Angeklagte wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung – begangen während eines Diskothekenbesuchs – verurteilt worden. Als Beihilfehandlung ist wohl die Herausgabe eines Messers angesehen worden, dass die Angeklagte in ihre BH verwahrt hatte. Der BGH meint:

„Die Angeklagte durfte dem Angeklagten das für ihn während des Diskobesuchs in ihrem BH verwahrte Messer nicht herausgeben, nachdem sie erkannt hatte, dass er dieses bei einem Angriff auf Personen aus der Gruppe des Nebenklägers einsetzen würde.
Eine zivilrechtliche Herausgabepflicht vermag die Ermöglichung einer strafbaren Handlung nicht zu rechtfertigen (LK/Rönnau, 12. Aufl., Vor § 32 Rn. 121). Das strafrechtliche Verbot der Unterstützung einer Straftat steht dem bürgerlich-rechtlichen Herausgabeanspruch entgegen und „drückt der gleichwohl erfolgenden Zurückgabe des zur Begehung der Straftat bestimmten Werkzeugs den Stempel der Rechtswidrigkeit auf (…). Denn auch das bürgerliche Recht versagt einer von ihm verliehenen Befugnis jede Anerkennung, sobald sie mit dem Strafgesetz in Widerspruch tritt (§ 134 BGB),“ (RG, Urteil vom 6. Oktober 1921 – I D 339/21, RGSt 56, 168, 170 f.).“

Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort, oder: Wenn Polizeibeamten einem Kollegen helfen

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Machen wir heute mal einen „Verkehrsrechtstag“. Den eröffnet dann das OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.07.2017 – 2 Rv 10 Ss 581/16, in dem es u.a. um die Beihilfe von zwei Polizeibeamten zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB) eines Kollegen geht. Der Kollege, der inzwischen u.a. wegen § 315c StGB rechtskräftig verurteilt worden ist hatte am frühen Morgen auf der Autobahn in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem ein Motorradfahrer getötet wurde. Der Kollege flüchtete zu Fuß in ein angrenzendes Gewerbegebiet, wo er sich versteckt hielt. Er informierte den Kollegen A telefonisch über den Unfall und die Umstände. A sicherte dem Kollegen Hilfe durch ihn und B zu, worauf B den Kollegen aus seinem Versteck abholte und bis zum Morgen bei sich beherbergte. Das AG hat die beiden Angeklagten A und B die Angeklagten hinsichtlich des Vorwurfs der Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort zugunsten des Kollegen freigesprochen. Die Sprungrevision der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg. Dazu das OLG:

„1. Die Annahme des Amtsgerichts, das unerlaubte Entfernen des gesondert verfolgten Haupttäters C sei bereits beendet gewesen, bevor die Angeklagten die ihnen vorgeworfenen Handlungen begingen, und deshalb sei eine Beihilfe i.S.d. § 27 Abs. 1 StGB nicht mehr in Betracht gekommen, beruht auf einer rechtlich unzutreffenden Beurteilung.

a) Nach § 27 Abs. 1 StGB wird als Gehilfe bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. Dabei entspricht es ganz herrschender Meinung, dass eine Beihilfe auch noch nach Vollendung der Haupttat möglich ist, jedenfalls wenn die Hilfe noch zu einem tatbestandsmäßigen Handeln geleistet wird (näher zum Meinungsstand Fischer, StGB, 64. Aufl., § 27 Rn. 6).

Der vorliegend die Haupttat bildende Verstoß gegen § 142 Abs. 1 StGB wird nach dem gesetzlichen Tatbestand dadurch verwirklicht, dass sich der Unfallbeteiligte vom Unfallort entfernt. Dem Begriff des „Sich-Entfernens“ wohnt bereits sprachlich eine räumliche Dynamik im Sinn des Prozesses einer Absatzbewegung vom Unfallort weg (BT-Drs. 7/2434 S. 7) inne. Mit dem Wortlaut des Gesetzes (vgl. dazu BVerfG NJW 2007, 1666) ist es daher ohne Weiteres vereinbar, die Bewegung des Unfallbeteiligten vom Unfallort weg als einheitlichen Vorgang zu begreifen, der insgesamt den Tatbestand des § 142 Abs. 1 StGB verwirklicht (dieses Verständnis liegt auch dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 19.5.1993, BGHR StGB § 142 Konkurrenzen 1, zugrunde), auch wenn der Tatbestand bereits dann vollendet ist, wenn andere Unfallbeteiligte oder feststellungsbereite Dritte keinen Bezug mehr des wartepflichtigen Täters zum unmittelbaren Unfallgeschehen herstellen können (LK-Geppert, StGB, 12. Aufl., § 142 Rn. 54 m.w.N.). Ein dem entgegenstehender Wille des Gesetzgebers lässt sich nicht feststellen. Die amtliche Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung – letztlich am 13.6.1975 als Dreizehntes Strafrechtsänderungsgesetz beschlossen (BGBl. I S. 1349) -, mit dem der Begriff des „Entfernens“ anstelle des vormaligen Tatbestandsmerkmals der „Flucht“ in § 142 StGB eingeführt wurde, verhält sich nur dazu, dass damit der Zeitpunkt der Vollendung der Tat wesentlich vorverlegt wird (BT-Drs. 7/2434 S. 7), nicht aber zu der umgekehrten Frage, wann die Tatbestandsverwirklichung endet. Da mit der Fortsetzung des Sich-Entfernens nach der Tatvollendung die Verletzung des geschützten Rechtsguts, das in erster Linie die Sicherung der zivilrechtlichen Interessen der Unfallbeteiligten und Geschädigten ist (BT-Drs. 7/2434 S. 5 f.), intensiviert wird, indem mit der zunehmenden Entfernung vom Unfallort die Möglichkeit von Feststellungen weiter erschwert wird, bedarf es einer teleologischen Einschränkung nur dahingehend, dass ein (weiteres) Sich-Entfernen nicht (mehr) vorliegt, wenn eine Zuordnung des Flüchtigen zu dem Unfallgeschehen aufgrund der äußeren Umstände ausgeschlossen ist. Der Senat schließt sich deshalb der vom Bayerischen Obersten Landesgericht im Urteil vom 20.7.1979 (BayObLGSt 1979, 108) vertretenen Auffassung an, dass das Sich-Entfernen erst endet, wenn der flüchtende Unfallbeteiligte sich durch das Absetzen vom Unfallort endgültig in Sicherheit – vor Feststellungen zugunsten Feststellungsberechtigter – gebracht hat (im Ergebnis auch OLG Zweibrücken VRS 71, 434). Dieser Zeitpunkt kann nicht abstrakt bestimmt werden, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

b) Davon ausgehend hatte der gesondert verfolgte C den Tatbestand des § 142 Abs. 1 StGB zwar bereits verwirklicht, als er sich außerhalb der Sicht- und Rufweite der Unfallstelle auf der Autobahn begeben hatte. Die übrigen dazu vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen belegen aber nicht, dass die Tathandlung des „Sich-Entfernens“ damit bereits zum Abschluss gekommen war. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass C nach dem Unfall, der sich kurz vor 2:03 Uhr ereignet haben muss, über Wald- und Wiesengelände in ein Gewerbegebiet floh, wo er sich in einem Gebüsch versteckte, bevor er zu einem zeitlich nicht näher festgestellten Zeitpunkt nach 3:08 Uhr von dem Angeklagten B abgeholt und in dessen Wohnung verbracht wurde. Zudem lässt sich den Urteilsgründen entnehmen, dass C die Umgebung, in der er sich bei seiner Flucht bewegte, nicht vertraut war. Auch wenn zu weiteren für die Beurteilung maßgeblichen Umständen – etwa der genauen Lage und räumlichen Entfernung des Gewerbegebiets und insbesondere der Niederlassung der „D GmbH“, vor der C von dem Angeklagten B abgeholt wurde, zu der Unfallstelle sowie zu dem Vorhandensein äußerlich sichtbarer Zeichen für eine Unfallbeteiligung Cs (z.B. Verletzungen) – keine Feststellungen getroffen wurden, sprechen die gesamten Umstände dafür, dass die Absatzbewegung Cs vom Unfallort erst zum Ende kam, als er von dem Angeklagten B in dem Gewerbegebiet im Freiburger Norden aufgenommen und in die Wohnung von B verbracht worden war. Aufgrund der vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen liegt es äußerst nahe, dass zwischen C, der mitten in der Nacht in einem Gebiet unterwegs war, das – im Hinblick auf den Umstand, dass C zu Fuß floh, und dem zeitlichen Abstand zum Unfall – nicht allzu weit von der Unfallstelle entfernt gewesen sein kann, und in dem wegen seines Charakters als Gewerbegebiet zu dieser Zeit nicht mit Menschen auf der Straße zu rechnen war, und dem Unfallgeschehen auf der Autobahn noch ein Zusammenhang herzustellen war.

Das Amtsgericht hätte sich danach bei der Prüfung, ob sich die beiden Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort schuldig gemacht haben, nicht – wie geschehen – auf die telefonisch gegebene Hilfezusage an C und die Zusage, ihn abzuholen und für die Nacht aufzunehmen, beschränken dürfen, sondern das gesamte Handeln der beiden Angeklagten bis nach der Abholung Cs aus dem Gewerbegebiet, in dem er sich versteckt hatte, in den Blick nehmen müssen. Damit hat sich das Amtsgericht zugleich den Blick dafür verstellt, dass das Handeln der Angeklagten nicht nur – wie geschehen – unter dem Gesichtspunkt der psychischen Beihilfe, sondern auch dahin zu prüfen war, ob damit die vom Willen, sich den gebotenen Feststellungen zu seiner Unfallbeteiligung zu entziehen, getragene Absatzbewegung Cs vom Unfallort weg objektiv unterstützt wurde. Dies gilt insbesondere auch für die bewusst wahrheitswidrigen Angaben des Angeklagten A gegenüber ermittelnden Polizeibeamten im Hinblick auf den Aufenthaltsort Cs und Kontakte zu ihm, die nach dem Zusammenhang der Feststellungen noch vor der Abholung Cs durch B erfolgt sein dürften und wodurch das Bemühen Cs, sich den Feststellungen zu entziehen, ersichtlich gefördert wurde. Darauf, dass der Haupttäter von der Unterstützung durch den Gehilfen keine Kenntnis hat, kommt es bei der physischen Beihilfe nicht an (BGH StV 1981, 72; BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 8; LK-Schünemann a.a.O., § 27 Rn. 10).

Gemeinschaftliche Vergewaltigung? oder: Das Leuchten mit dem Handy genügt dafür nicht

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Der BGH, Beschl. v. 10.01.2017 – 3 StR 278/16 – behandelt eine Vergewaltigungsproblematik, nämlich die Frage der „gemeinschaftlichen Vergewaltigung“. Das LG hatte den Angeklagten wegen (gemeinschaftlicher) Vergewaltigung verurteilt und hatte dazu folgende Feststellungen getroffen:

„Nach den diesbezüglichen Feststellungen führte J. dem mit dem Oberkörper auf der Motorhaube eines Kraftfahrzeugs liegenden Geschädigten mehrfach einen Dildo in den After ein. Der Geschädigte, der starke Schmerzen erlitt, rief, J. solle aufhören, und versuchte, sich wegzuwinden. Dies gelang ihm aber nicht, weil J. ihn festhielt. B. trug das Vorgehen des J. mit und leuchtete diesem währenddessen mit der Taschenlampenfunktion seines Handys.“

Der BGH sieht das „nur“ als Beihilfe:

„Diese Feststellungen belegen nicht eine gemeinschaftliche Begehung der Vergewaltigung nach § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB aF, der § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 StGB nF entspricht; denn diese Vorschrift setzt ein aktives Zusammenwirken von mindestens zwei Personen als Täter voraus. Hierzu gilt:

Nach § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB aF ist das Regelbeispiel eines besonders schweren Falles der sexuellen Nötigung erfüllt, wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird. Die Norm wurde durch das 33. Strafrechtsänderungsgesetz vom 1. Juli 1997 in das Strafgesetzbuch eingeführt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll strafschärfend wirken, dass bei der Mitwirkung mehrerer Personen die Abwehrchancen des Opfers geringer sind und es in solchen Fällen regelmäßig zu besonders massiven sexuellen Handlungen kommt (BT-Drucks. 13/2463, S. 7). Der Wortlaut der Vorschrift und da-bei insbesondere der Ausdruck „gemeinschaftlich“ nimmt Bezug auf die Rege-lung zur Mittäterschaft in § 25 Abs. 2 StGB. Auch der Vergleich zu einerseits § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB und andererseits § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, die beide durch das Sechste Strafrechtsreformgesetz vom 26. Januar 1998 geschaffen wurden, belegt, dass für die Begehung des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB aF Täterschaft erforderlich ist und sonstige Formen der Teilnahme nicht ausreichen. Anders als in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB aF und § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB, die in gleicher Weise lediglich auf die „von mehreren“ gemeinschaftlich begangene Tat abstellen, ist in § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB geregelt, dass die Tat „mit einem anderen Beteiligten“ gemeinschaftlich begangen wird. Damit unter-scheidet sich der Wortlaut der Normen maßgeblich. Insbesondere aus diesem Grund lässt die Rechtsprechung bei § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB das gemeinsame Wirken eines Täters und eines Gehilfen bei der Begehung einer Körperverletzung genügen (vgl. BGH, Urteil vom 3. September 2002 – 5 StR 210/02, BGHSt 47, 383, 386), während sie bei § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB ein jeweils täterschaft-liches Verhalten verlangt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 4 StR 258/13, BGHSt 59, 28, 32). Vor dem Hintergrund des insoweit identischen Wortlauts besteht kein Anlass, hiervon bei der Auslegung des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB aF abzuweichen (im Ergebnis ebenso Renzikowski NStZ 1999, 377, 382; S/S-Eisele, StGB, 29. Aufl., § 177 Rn. 24; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 177 Rn. 157; MüKoStGB/Renzikowski, 3. Aufl., § 177 Rn. 74; aA LK/Hörnle, StGB, 12. Aufl., § 177 Rn. 225).

Danach scheidet die Begehung des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB aF für beide Angeklagten aus. Denn der Angeklagte B. handelte bei sachgerechter Bewertung des Grades seines Interesses am Erfolg der Tat, dem Umfang seiner Tatbeteiligung sowie seiner objektiven Tatherrschaft und dem Willen hierzu nicht als Täter des Sexualdelikts. Vielmehr unterstützte er mit seinem Beitrag lediglich die Tat des Angeklagten J. . Er ist deshalb insoweit nur der Beihilfe zur Vergewaltigung (§ 177 Abs. 2 Nr. 1, § 27 Abs. 1 StGB) schuldig (vgl. LK/Hörnle aaO, Rn. 220). Demgegenüber verbleibt es bei dem Angeklagten J. bei dem Schuldspruch der Vergewaltigung, da dieser die Voraussetzungen des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB als Täter verwirklichte.

Wenn der Prüfungskandidat mitschummelt, oder: Beihilfe zum Geheimnisverrat

entnommen openclipart.org

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Der erste Beitrag der 4. KW. kommt dann etwas später, musste erst noch ein paar andere Dinge erledigen. Und ich eröffne die Woche dann mit dem OLG Celle, Beschl. v. 05.09.2016 – 2 Ss 103/16. Bei ihm handelt es sich m.E. um einen „Ableger“ aus der Geschichte in Niedersachsen mit der Weitergabe von Prüfungsunterlagen, – ergebnissen usw. an Prüfungskandidaten für die 2. juristische Staatprüfung durch einen Mitarbeiter des Prüfungsamtes. In dem Beschluss geht es aber nicht um den Angehörigen des Prüfungsamtes, sondern um einen von dem Belieferten Prüfling. Der war wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat verurteilt worden, und zwar – wie das OLG Celle dann sagt – zu recht. Hier die Leitsätze der OLG-Entscheidung:

1. Die Weitergabe von Sachverhalts- und Lösungsskizzen des juristischen Staatsexamens an Prüfungskandidaten durch einen Referatsleiter des Landesjustizprüfungsamts erfüllt den Tatbestand des Geheimnisverrats gemäß § 353b Abs. 1 StGB.

2. Ein Prüfungskandidat, der sich nicht darauf beschränkt, die Sachverhalts- und Lösungsskizzen rein passiv entgegenzunehmen, kann sich wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat gemäß §§ 353b Abs. 1, 27 StGB strafbar machen.

3. Durch die mit der Tatbegehung einhergehende Erschütterung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Unparteilichkeit, Unbestechlichkeit und Funktionsfähigkeit öffentlicher Institutionen werden wichtige öffentliche Interessen im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB gefährdet.

Wegen des Strafausspruchs hatte die Revision allerdings Erfolg. Denn – dazu der Leitsatz 4:

4. Eine weitere strafschärfende Berücksichtigung dieses Umstandes bei der Strafzumessung verstößt gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB.“