Gemeinschaftliche Vergewaltigung? oder: Das Leuchten mit dem Handy genügt dafür nicht

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Der BGH, Beschl. v. 10.01.2017 – 3 StR 278/16 – behandelt eine Vergewaltigungsproblematik, nämlich die Frage der „gemeinschaftlichen Vergewaltigung“. Das LG hatte den Angeklagten wegen (gemeinschaftlicher) Vergewaltigung verurteilt und hatte dazu folgende Feststellungen getroffen:

„Nach den diesbezüglichen Feststellungen führte J. dem mit dem Oberkörper auf der Motorhaube eines Kraftfahrzeugs liegenden Geschädigten mehrfach einen Dildo in den After ein. Der Geschädigte, der starke Schmerzen erlitt, rief, J. solle aufhören, und versuchte, sich wegzuwinden. Dies gelang ihm aber nicht, weil J. ihn festhielt. B. trug das Vorgehen des J. mit und leuchtete diesem währenddessen mit der Taschenlampenfunktion seines Handys.“

Der BGH sieht das „nur“ als Beihilfe:

„Diese Feststellungen belegen nicht eine gemeinschaftliche Begehung der Vergewaltigung nach § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB aF, der § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 StGB nF entspricht; denn diese Vorschrift setzt ein aktives Zusammenwirken von mindestens zwei Personen als Täter voraus. Hierzu gilt:

Nach § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB aF ist das Regelbeispiel eines besonders schweren Falles der sexuellen Nötigung erfüllt, wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird. Die Norm wurde durch das 33. Strafrechtsänderungsgesetz vom 1. Juli 1997 in das Strafgesetzbuch eingeführt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll strafschärfend wirken, dass bei der Mitwirkung mehrerer Personen die Abwehrchancen des Opfers geringer sind und es in solchen Fällen regelmäßig zu besonders massiven sexuellen Handlungen kommt (BT-Drucks. 13/2463, S. 7). Der Wortlaut der Vorschrift und da-bei insbesondere der Ausdruck „gemeinschaftlich“ nimmt Bezug auf die Rege-lung zur Mittäterschaft in § 25 Abs. 2 StGB. Auch der Vergleich zu einerseits § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB und andererseits § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, die beide durch das Sechste Strafrechtsreformgesetz vom 26. Januar 1998 geschaffen wurden, belegt, dass für die Begehung des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB aF Täterschaft erforderlich ist und sonstige Formen der Teilnahme nicht ausreichen. Anders als in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB aF und § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB, die in gleicher Weise lediglich auf die „von mehreren“ gemeinschaftlich begangene Tat abstellen, ist in § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB geregelt, dass die Tat „mit einem anderen Beteiligten“ gemeinschaftlich begangen wird. Damit unter-scheidet sich der Wortlaut der Normen maßgeblich. Insbesondere aus diesem Grund lässt die Rechtsprechung bei § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB das gemeinsame Wirken eines Täters und eines Gehilfen bei der Begehung einer Körperverletzung genügen (vgl. BGH, Urteil vom 3. September 2002 – 5 StR 210/02, BGHSt 47, 383, 386), während sie bei § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB ein jeweils täterschaft-liches Verhalten verlangt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 4 StR 258/13, BGHSt 59, 28, 32). Vor dem Hintergrund des insoweit identischen Wortlauts besteht kein Anlass, hiervon bei der Auslegung des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB aF abzuweichen (im Ergebnis ebenso Renzikowski NStZ 1999, 377, 382; S/S-Eisele, StGB, 29. Aufl., § 177 Rn. 24; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 177 Rn. 157; MüKoStGB/Renzikowski, 3. Aufl., § 177 Rn. 74; aA LK/Hörnle, StGB, 12. Aufl., § 177 Rn. 225).

Danach scheidet die Begehung des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB aF für beide Angeklagten aus. Denn der Angeklagte B. handelte bei sachgerechter Bewertung des Grades seines Interesses am Erfolg der Tat, dem Umfang seiner Tatbeteiligung sowie seiner objektiven Tatherrschaft und dem Willen hierzu nicht als Täter des Sexualdelikts. Vielmehr unterstützte er mit seinem Beitrag lediglich die Tat des Angeklagten J. . Er ist deshalb insoweit nur der Beihilfe zur Vergewaltigung (§ 177 Abs. 2 Nr. 1, § 27 Abs. 1 StGB) schuldig (vgl. LK/Hörnle aaO, Rn. 220). Demgegenüber verbleibt es bei dem Angeklagten J. bei dem Schuldspruch der Vergewaltigung, da dieser die Voraussetzungen des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB als Täter verwirklichte.

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