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StGB I: Karikatur mit Hakenkreuz bei Instagram, oder: Ist das strafbar oder von der Meinungsfreiheit gedeckt?

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In den letzten Tagen/Wochen sind von den OLG einige Entscheidungen zum Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB)  oder zu 3 86a StGB – Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisation – vor veröffentlicht worden. Dabei handelt es sich meist um das Verwenden von bestimmten (verbotenen) Kennzeichen, wie z.B das Hakenkreuz, aber auch um andere Bilder. Zu der Problematik stelle ich hier heute drei Entscheidungen vor, daher StGB-Entscheidungen.

Ich beginne die Berichterstattung mit dem BayObLG, Beschl. v. 07.10.2022 – 202 StRR 90/22 – zur Strafbarkeit nach § 86a StGB wegen Einstellens einer ein Hakenkreuz enthaltenden Karikatur in soziales Netzwerk.

Das AG hatte den Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. § 86 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 StGB verurteilt. Dagegen die Berufung des Angeklagten, die zum Freispruch aus rechtlichen Gründen geführt hat. Dagegen dann die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die Erfolg hatte.

Das BayObLG ist von folgendem vom LG getroffenen Feststellungen und Wertungen ausgegangen:

„Der als Kind türkischer Eltern in Deutschland geborene Angeklagte ist deutscher Staatsangehöriger. Er gehört der muslimischen Gemeinschaft seiner Heimatstadt an und ist seit Mai 2020 (parteiloses) Mitglied des Stadtrats; der Angeklagte hat mit Erfolg die erste Juristische Staatsprüfung abgelegt.

Am 17.05.2021 erstellte der Angeklagte unter seinem Instagram-Account eine sog. ‚Highlight-Story‘ mit dem Titel „#FreePalastine“, zu der jeder auf dem sozialen Netzwerk ‚Instagram‘ registrierte Nutzer Zugang und damit Einsicht hatte. Im Rahmen der Story veröffentlichte der Angeklagte im Zeitraum vom 17. bis zum 20.05.2021 verschiedene eigene Schrift- und Videobeiträge zum Nahostkonflikt, ferner Pressebeiträge und -artikel sowie Bilder und Darstellungen dritter Personen.

Am 19.05.2021 stellte der Angeklagte eine nicht von ihm geschaffene Karikatur mit dem Titel „The irony of becoming what you once hated“ in seine vorgenannte ‚Highlight-Story‘ ein.

Die Karikatur zeigt einen Soldaten, der einen Helm mit der Flagge Israels trägt und eine vor ihm am Boden liegende, ein Kopftuch tragende Frau mit einem Gewehr bedroht. Der Soldat blickt dabei zugleich in einen Spiegel, in dem ein Soldat mit Hakenkreuzarmbinde dargestellt ist, der lächelnd einen am Boden liegenden Mann mit einem Gewehr bedroht. Im unteren Übergang von der Zeichnung zum Rand der Karikatur hin wird mit einem roten Symbolpfeil mit der Aufschrift „vote“ auf folgende Frage hingeleitet: „Trifft die Karikatur die Geschichte auf den Punkt?“ Die als (Strich) Zeichnung im Übrigen in schwarz-weiß gefertigte Karikatur weist für die israelische Flagge eine blaue Kolorierung und für die Hakenkreuzbinde eine das Hakenkreuz auf weißem kreisförmigem Grund rot einfassende Farbe auf.

2. Das Landgericht sieht den Straftatbestand der §§ 86a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. 86 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 StGB aus rechtlichen Gründen im Ergebnis deshalb nicht als erfüllt an, weil es sich bei dem vom Angeklagten im Rahmen der Karikatur verwendeten Hakenkreuz zwar um eine für alle Instagram-Nutzer sichtbares Kennzeichen der verbotenen NSDAP handele, zugunsten des Angeklagten jedoch von einer in der höchstrichterlichen Rechtsprechung wegen der weiten Fassung des Tatbestandes und wegen des Schutzzwecks der Norm anerkannten Tatbestandsrestriktion auszugehen sei, die zur Straffreiheit des Angeklagten führten.§

Das BayObLG hat das anderes gesehen und den Freispruch aufgehoben und das Verfahren an das LG zurückverwiesen.

Ich stelle hier nicht den gesamten Beschluss bzw. Teil davon ein, sondern verweise – wegen der Länge – auf den verlinkten Volltext.

Hier stelle ich nur die (amtlichen) Leitsätze ein, die lauten:

    1. Das Einstellen einer Karikatur, in der ein Hakenkreuz abgebildet ist, in einen Instagram-Account erfüllt grundsätzlich den Straftatbestand des § 86a Abs. 1 StGB.
    1. Eine aufgrund des Schutzzwecks des § 86a Abs. 1 StGB erforderliche Restriktion des Tatbestands ist nur dann gerechtfertigt, wenn sich auf Anhieb aus der Abbildung in eindeutiger und offenkundiger Weise die Gegnerschaft des Angeklagten zur NS-Ideologie ergibt.

Corona II: Gebrauch eines verfälschten Impfausweises, oder: Was muss im Urteil stehen?

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Die zweite Entscheidung, der BayObLG, Beschl. v. 22.07.2022 – 202 StRR 71/22 – kommt dann auch vom BayObLG. Er nimmt Stellung zu den Feststellungsanforderungen einer bei Verurteilung wegen Gebrauchs eines verfälschten Impfausweises.

Das AG hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe verurteilt. Dagegen die Sprungrevision, die Erfolg hatte: .

„1. Die Feststellungen des Amtsgerichts genügen nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO. Nach dieser Bestimmung müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen, also das Tatgeschehen, mitteilen, in dem die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Dies muss in einer geschlossenen Darstellung aller äußeren und jeweils im Zusammenhang damit auch der dazugehörigen inneren Tatsachen in so vollständiger Weise geschehen, dass in den konkret angeführten Tatsachen der gesetzliche Tatbestand erkannt werden kann; denn nur dann kann das Revisionsgericht auf die Sachrüge prüfen, ob bei der rechtlichen Würdigung eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden (st.Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. v. 08.03.2022 – 1 StR 483/21 bei juris; 17.11.2020 – 4 StR 390/20 = NStZ-RR 2021, 83 = StV 2021, 226 = BGHR GVG § 169 S 1 Öffentlichkeit 5; 08.10.2019 – 4 StR 421/19 = NStZ-RR 2020, 28; 24.05.2017 – 1 StR 176/17 = wistra 2017, 445 = StV 2018, 39 = NStZ 2018, 341= NZWiSt 2018, 3839 = BeckRS 2017, 120582; 01.10.2015 – 3 StR 102/15 = NStZ-RR 2016, 12 = StV 2017, 89).

2. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.

a) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts brachte sich der Angeklagte „zu einem nicht genauer bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 18.11.2021 […] entweder in den Besitz eines Impfausweises bzw. -zertifikates oder verfälschte einen solchen Impfausweis/ein solches Impfzertifikat selbst in einer Weise, dass dieser Impfausweis bzw. dieses Impfzertifikat seine eigene (vollständige) Impfung gegen COVID19 auswies, obwohl die dort dokumentierte Impfung bei ihm nicht durchgeführt worden war. Im Wissen hierüber legte der Angeklagte am 18.11.2021 gegen 13.00 Uhr diesen von ihm erworbenen oder von ihm selbst erstellten verfälschten Impfausweis gegenüber der T-Apotheke in der G.-Straße in S. vor, in der Absicht, dass die Apotheke ihm das Impfzertifikat in einem digital erfassten QR-Code als inhaltlich unrichtigen Nachweis für den (vermeintlich) bestehenden Impfstatus umwandelt […]“ Die „Zeugin F. erkannte aber die Fälschung und stellte das digitale Dokument nicht aus“.

b) Diese Urteilsfeststellungen belegen bereits nicht, ob es sich bei dem Impfausweis überhaupt um eine Urkunde im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB handelte. Eine Urkunde setzt das Vorhandensein einer verkörperten Gedankenerklärung voraus, die zum Beweis bestimmt und geeignet ist und einen Aussteller erkennen lässt (vgl. statt vieler nur BGH, Beschl. v. 30.01.2019 – 4 StR 385/18 bei juris; OLG Bamberg, Urt. v. 14.05.2014 – 3 Ss 50/14 = OLGSt StGB § 267 Nr 17; BeckOK StGB/Weidemann StGB [53. Ed.] § 267 Rn. 3; Fischer StGB 69. Aufl. § 267 Rn. 3; Schönke/Schröder/Heine/Schuster StGB 30. Aufl. § 267 Rn. 2 m.w.N.). Keines dieser Merkmale kann den Urteilsgründen entnommen werden. Der Impfausweis und etwaige Eintragungen werden überhaupt nicht beschrieben. Vielmehr beschränkt sich das Tatgericht auf die unbehelfliche, eine Sachdarstellung nicht ersetzende Verwendung von reinen Rechtsbegriffen.

aa) Den Feststellungen des Amtsgerichts ist schon nicht zu entnehmen, ob und gegebenenfalls für welche Person der vorgelegte Impfausweis ausgestellt wurde.

bb) Ferner wird die im Impfausweis angeblich dokumentierte „vollständige Impfung gegen COVID19“ nicht im Einzelnen beschrieben. Das tatrichterliche Urteil stellt nicht fest, ob etwa ein Aufkleber mit einer Chargen-Nummer in dem Impfausweis eingeklebt war und welchen Inhalt dieser gegebenenfalls hatte. Auch zum Zeitpunkt der angeblich erfolgten Impfung verhalten sich die Urteilsgründe nicht.

cc) Völlig offen ist nach den äußerst knappen Feststellungen des Amtsgerichts überdies, ob im Zusammenhang mit der angeblichen Impfung ein Aussteller der Impfbescheinigung ersichtlich wird.

c) Unabhängig davon, dass sich bereits der Urkundenbegriff aus den unzulänglichen Feststellungen des Amtsgerichts nicht ableiten lässt, kann auch nicht beurteilt werden, ob der Angeklagte mit der Vorlage des Impfausweises, sollte dieser die Voraussetzungen einer Urkunde im oben genannten Sinne überhaupt erfüllen, von einer unechten oder verfälschten Urkunde Gebrauch gemacht hat.

aa) Unecht ist eine Urkunde dann, wenn sie nicht von demjenigen stammt, der in ihr als Aussteller bezeichnet ist. Entscheidendes Kriterium für die Unechtheit ist die Identitätstäuschung: Über die Person des wirklichen Ausstellers wird ein Irrtum erregt; der rechtsgeschäftliche Verkehr wird auf einen Aussteller hingewiesen, der in Wirklichkeit nicht hinter der in der Urkunde verkörperten Erklärung steht. Nicht tatbestandsmäßig ist dagegen die Namenstäuschung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Aussteller nur über seinen Namen täuscht, nicht aber über seine Identität (BGH, Beschl. v. 19.11.2020 – 2 StR 358/20 bei juris m.w.N.). Nachdem das Amtsgericht aber schon nicht mitteilt, ob die Eintragung über die Impfung im Impfausweis einen Aussteller erkennen lässt, unterbleiben auch die gebotenen Feststellungen dazu, ob nicht gegebenenfalls die Urkunde von dem Aussteller, sollte ein solcher ersichtlich sein, tatsächlich erstellt wurde. Eine Beweiswürdigung zu dieser für die rechtliche Einstufung der Urkunde als unecht maßgeblichen Frage findet schon gar nicht statt. Das Urteil führt nur aus, dass sich der Angeklagte „entweder in den Besitz des Impfausweises […] brachte oder er einen solchen Impfausweis […] verfälschte, obwohl die dokumentierte Impfung bei ihm nicht durchgeführt worden war.“ Bei der vom Amtsgericht lediglich unterstellten, allerdings nicht beweiswürdigend belegten ersten Alternative kann von einem „unechten“ Dokument nicht die Rede sein. Denn sollte ein aus dem Impfausweis ersichtlicher Aussteller die Eintragung vorgenommen haben, würde es sich um eine echte Urkunde handeln, deren Gebrauch nicht nach § 267 Abs. 1 3. Alt. StGB strafbar wäre.

bb) Den Ausführungen des Amtsgerichts kann ebenfalls nicht entnommen werden, ob es sich um eine Verfälschung einer ursprünglich echten Urkunde handelte. Zwar geht das Tatgericht hiervon alternativ aus, schildert aber auch insoweit keine tatsächlichen Vorgänge, sondern verwendet wiederum nur den Rechtsbegriff des Verfälschens. Eine Verfälschung liegt in der inhaltlichen Veränderung der gedanklichen Erklärung einer ursprünglich echten Urkunde (vgl. BGH, Beschl. v. 21.09.999 – 4 StR 71/99 = BGHSt 45, 197 = EBE/BGH 1999, 348 = NJW 2000, 229 = VersR 1999, 1554 = DAR 1999, 557= MDR 1999, 1503 = ZfSch 2000, 36 = StraFo 2000, 24 = NZV 2000, 47 = wistra 2000, 62 = VRS 98, 129 [2000] = VerkMitt 2000, Nr 17 = BGHR StGB § 267 Abs 1 Verfälschen 2 = JZ 2000, 424 = DAR 2000, 194), was nur dann der Fall sein kann, wenn die Urkunde von dem aus ihr hervorgehenden Aussteller stammte. Auch insoweit kann den Urteilsgründen aber nichts zum tatsächlichen Aussteller und zur Echtheit entnommen werden; schon gar nicht wird der vom Amtsgericht schlicht unterstellte Verfälschungsvorgang beschrieben……“

Corona I: Kann man „unter freiem Himmel sitzen?, oder: Was ist „Außengastronomie“?

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Und dann -seit längerem mal wieder – zum Wochenauftakt zwei Entscheidungen aus dem Bereich „Corona“.

Ich beginne mit dem BayObLG, Beschl. v. 09.08.2022 – 201 ObOWi 903/22, der sich u,a, miz dem Begriff der zulässigen ‚Außengastronomie‘ nach § 27 der 12. BayIfSMV befasst.

Das AG hat hat den Betroffenen schuldig gesprochen, vorsätzlich entgegen § 13 der 12. BayIfSMV einen Gastronomiebetrieb geöffnet und betrieben zu haben, und hat deshalb eine Geldbuße in Höhe von 2.500 Euro gegen ihn verhängt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen. Die Rechtsbeschwerde hatte teilweise Erfolg:

1. Das Urteil hat – soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren relevant – im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Der Betroffene ist Geschäftsführer eines Gastronomiebetriebs. Am 22.05.2021 im Zeitraum zwischen 13:00 und 15:30 Uhr öffnete der Betroffene einen Bereich des Lokals für die Bewirtung von Gästen auf der baurechtlich als „Freischankfläche Terrasse“ zugelassenen Fläche, welche jedoch an einer Seite von einer Mauer und an drei Seiten durch fest mit dem Boden verbundene Metallprofile, die mit Glasscheiben ausgefüllt sind, umgrenzt wird, wobei ein Zeltdach, welches teilweise auf den Metallprofilen der Seitenwände aufliegt, die gesamte Fläche von rund 100 m² überspannte. Eine der drei Glasfronten war vollständig geschlossen, bei zwei der Glasfronten waren die fünf Meter breiten Durchgänge vollständig geöffnet, sodass der umgrenzte Raum durch Dach und Seitenwände nicht vollständig gegen Regen und Zugluft geschützt war. Der Betroffene, der den äußeren Sachverhalt weitgehend eingeräumt hat, hat sich dahingehend eingelassen, dass er den Bereich für Außengastronomie gehalten habe und sich deshalb zur Öffnung berechtigt gesehen habe. Außengastronomie war nach Mitteilung des zuständigen Landratsamts zum Tatzeitpunkt zugelassen. Der Betroffene habe vorsätzlich gehandelt, da er sämtliche Tatbestandsmerkmale gekannt habe und hinsichtlich des Vorliegens von Außengastronomie lediglich einem Subsumtionsirrtum unterlegen sei.

2. Die rechtliche Einordnung des Tatrichters, dass der von dem Betroffenen unterhaltene Gastronomiebetrieb nicht der Außengastronomie zuzurechnen ist, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft München in ihrer Stellungnahme Folgendes ausgeführt:

„Entgegen der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers liegt keine Bewirtung im Außenbereich des Ausnahmetatbestands des § 27 Abs. 1 bzw. Abs. 2 der 12. BayIfSMV vor.

Zwar definiert die 12. BayIfSMV nicht den in § 27 verwendeten Begriff der ‚Außengastronomie‘, die insoweit zutreffende Beurteilung des Gerichts lässt sich jedoch aus der Rechtsprechung und den Gesetzesmaterialien zum Rauchverbot nach dem Bay. Gesundheitsschutzgesetz ableiten, zumal es sich um eine gleich gelagerte Gesundheitsgefährdung Dritter durch Aerosole und Partikel in der Luft handelt.

In seiner Entscheidung vom 12.08.2009 – 2 Ss OWi 795/09 formuliert das OLG Bamberg (Anm. d. Senats: vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 12.08.2009 – 2 Ss OWi 795/09 bei juris = OLGSt OWiG § 3 Nr 2 = BeckRS 2009, 26732) zum Begriff ‚Innenraum‘ i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayGSG: ‚Von einem Innenraum kann nach dem allgemeinen sprachlichen Verständnis sowie auch nach dem Willen des Gesetzgebers nur bei einem geschlossenen Raum ausgegangen werden, der nach allen Seiten von Wänden oder Fenstern eingegrenzt wird, ohne dass es aber auf das Material oder die Beschaffenheit der den Raum umgrenzenden Wände, Türen und Fenster ankommt. Der Innenbereich ist damit abzugrenzen vom Außen- und Freibereich. Dem Freibereich sollen danach nicht (vollständig) überdachte Innenhöfe, überdachte aber nicht geschlossene Sportstadien und insbesondere Frei- und Außenbereiche der Gastronomie, zum Beispiel in Wirts- und Biergärten, zugerechnet werden.‘

Auch der Bay. Verwaltungsgerichtshof geht in seiner Entscheidung vom 18.11.2011 (Anm. d. Senats: vgl. BayVGH, Beschl. v. 18.11.2011 – 22 CS 11.2007 bei juris = BeckRS 2011, 34392), von dieser Entscheidung aus und stützt sich dabei auf die Begründung im Gesetzgebungsverfahren. Unter der Rn. 13 führt der Senat in den Gründen aus: ‚Die Einzelbegründung zu Art. 3 Abs. 1 GSG a.F. [LT-Drs. 15/8603, S  9 f.] definiert Innenräume als geschlossene Räume, ‚die nach allen Seiten von Wänden oder Fenstern eingegrenzt werden. Abgegrenzt wird der Begriff des Innenraums von dem des Außen- oder Freibereichs […] in den Freibereichen wie nicht (vollständig) überdachten Innenhöfen […] und insbesondere im Frei- und Außenbereich der Gastronomie, z.B. in Wirts- und Biergärten, ist das Rauchen weiterhin erlaubt […]. In der Außenluft können sich die Schadstoffe des Tabakrauchs besser verteilen, sodass die Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen erheblich vermindert sind.‘ Die Einzelbegründung zu Art. 6 Abs. 4 GSG a.F. (vgl. LT-Drs. 15/8603, S. 11) spricht insofern vom Rauchen unter freiem Himmel, bei welchem der Nichtraucher nicht zwangsläufig den Risiken des Passivrauchens ausgesetzt ist, da er sich dem Qualm leicht durch Weggehen entziehen kann. Die Gesetzesmaterialien unterscheiden erkennbar nur zwei Bereiche: Räume und Flächen in allseits umschlossenen und vollständig überdachten Gebäuden als Innenbereich einerseits sowie Frei- und Außenflächen im Außengelände andererseits. Einen dritten Bereich gibt es nach den den Gesetzesmaterialien zu Grunde liegenden Vorstellungen […] nicht.‘

Ausgehend von diesen Definitionen des Innenbereichs von Gaststätten und des Außenbereichs ist die vom Gericht getroffene Beurteilung des Betriebs einer Gaststätte im gegebenen Fall nicht zu beanstanden.[.. ]. Es handelt sich insoweit nicht um Außengastronomie, bei der begrifflich die Gäste ‚unter freiem Himmel‘ sitzen müssen.“

Der Senat schließt sich diesen zutreffenden Ausführungen nach eigener Überprüfung an. Der Betroffene hat damit entgegen § 13 Abs. 1 der 12. BayIfSMV einen Gastronomiebetrieb geöffnet und betrieben.

3. Der Schuldspruch erweist sich hingegen als rechtsfehlerhaft, soweit der Tatrichter von vorsätzlicher Tatbegehung ausgeht. Vielmehr befand sich der Betroffene ausweislich der Urteilsfeststellungen in einem Tatbestandsirrtum (§ 11 Abs. 1 Satz 1 OWiG), der die Ahndung wegen vorsätzlicher Tatbegehung ausschließt…….“

Rechtsfolgen II: Keine „günstige Sozialprognose“, oder: Doch, positive Prognose trotz Bewährungsbruch?

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Die zweite Entscheidung kommt vom BayObLG. Das hat im BayObLG, Beschl. v. 05.07.2022 – 202 StRR 68/22 – zur Frage der Strafaussetzung zur Bewährung und zur Bedeutung neuer Umstände für eine positive Legalprognose Stellung genommen. Das LG hatte die gegen den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt. Das gefällt dem BayObLG nicht:

„2. Dagegen hält die Entscheidung der Berufungskammer, die Vollstreckung der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe nicht zur Bewährung auszusetzen, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Das Landgericht hat vor allem mit Blick auf die Vorverurteilungen und das Bewährungsversagen eine günstige „Sozialprognose“ verneint und dabei maßgebliche Gesichtspunkte, die für die nach § 56 Abs. 1 StGB zu stellende Kriminalprognose von Bedeutung sind, zwar erkannt, aber nicht rechtsfehlerfrei gewichtet.

aa) Allerdings entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Senats, dass einem Bewährungsbruch ganz erhebliche Bedeutung für die Prognose nach § 56 Abs. 1 StGB zukommt (BayObLG, Urt. v. 01.04.2022 – 202 StRR 35/22; 24.09.2021 – 202 StRR 98/21, jew. bei juris). Denn die Begehung von Straftaten während laufender Bewährung belegt grundsätzlich, dass die frühere Prognose falsch war.

bb) Gleichwohl schließt ein Bewährungsversagen eine nochmalige Strafaussetzung zur Bewährung nicht von vornherein aus (BGH, Urt. v. 14.04.2022 – 5 StR 313/21 bei juris; Beschluss vom 21.03.2012 – 1 StR 100/12 = NStZ-RR 2012, 201; Urt. v. 22.07.2010 – 5 StR 204/10 = NStZ-RR 2010, 306; 10.11.2004 – 1 StR 339/04 = NStZ-RR 2005, 38; Beschl. vom 04.01.1991 – 5 StR 573/90 = BGHR StGB § 56 Abs. 1 Sozialprognose 15; BayObLG a.a.O.). Freilich kann in solchen Fällen eine günstige Prognose nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Gesichtspunkte infrage kommen. Im Falle der nochmaligen Bewilligung von Strafaussetzung zur Bewährung ist deshalb eine sorgfältige Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte geboten, in die vor allem Umstände einzubeziehen sind, die der Tatbegehung zeitlich nachfolgten (BayObLG a.a.O.).

cc) Die Berufungskammer hat diese Grundsätze im Ansatz nicht verkannt, sondern bei der Prognoseentscheidung auch berücksichtigt, dass sich die finanzielle Situation des Angeklagten mittlerweile gebessert hat und die Taten längere Zeit zurückliegen. Jedoch hat es diesen Gesichtspunkten mit nicht tragfähigen Überlegungen keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen.

(1) Der Hinweis der Berufungskammer darauf, dass der Angeklagte mehrfach vorbestraft ist und die verfahrensgegenständlichen Taten während laufender Bewährungszeit begangen hat, vermag insbesondere den Gesichtspunkt der nachhaltigen Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse, die nach Begehung der verfahrensgegenständlichen Taten eingetreten ist, nicht zu entkräften. Das Landgericht hat dabei vor allem dem Umstand nicht ausreichend Rechnung getragen, dass, wie sich aus der detaillierten Schilderung der zugrunde liegenden Sachverhalte im Berufungsurteil ergibt, sämtliche Vorstrafen ausschließlich auf die beengte wirtschaftliche Situation des Angeklagten zurückzuführen waren, der in jungen Jahren den landwirtschaftlichen Betrieb seiner früh verstorbenen Eltern im Jahr 2003/2004 übernehmen musste und sich von vornherein einer Schuldenlast in Höhe von ca. 650.000 Euro, die zu erheblichen Liquiditätsengpässen führte, ausgesetzt sah. Die Haupteinnahmequellen, nämlich die Milchgeldzahlungen in Höhe von 6.000 Euro monatlich und die Einnahmen aus Ausgleichszulagen in Höhe von ca. 36.500 Euro jährlich, waren zu den Tatzeitpunkten wegen Steuerschulden, die sich im Jahr 2019 noch auf ca. 140.000 Euro beliefen, an das Finanzamt abgetreten bzw. von diesem gepfändet. Die monatlichen Einnahmen aus einer Photovoltaikanlage waren wegen eines Darlehens in Höhe von ca. 100.000 Euro von einem Kreditinstitut gepfändet. Bis Ende 2021 wurden nach den Urteilsfeststellungen, die auf der Vernehmung des Steuerberaters des Angeklagten basieren, die Steuerschulden und die Verbindlichkeiten gegenüber der Bank aufgrund von Vollstreckungsmaßnahmen bzw. Tilgungsleistungen vollständig zurückgeführt. Bei Berücksichtigung dieser deutlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation einerseits und des Umstands andererseits, dass die Vorstrafen ebenso wie die verfahrensgegenständlichen Taten gerade ihren Ursprung in den früher vorherrschenden Liquiditätsengpässen hatten, vermag der Hinweis des Landgerichts auf die Vorverurteilungen und das Bewährungsversagen eine negative Kriminalprognose für sich genommen nicht zu rechtfertigen. Ein solches Verständnis würde darauf hinauslaufen, dass nachträglich eingetretenen Umständen von vornherein keine Bedeutung zukäme, was mit § 56 Abs. 1 StGB nicht in Einklang stünde. Denn für die nach dieser Vorschrift vorzunehmende Prognose kommt es gerade auf den Zeitpunkt der jetzigen Entscheidung an (vgl. nur BGH, Beschluss vom 30.04.2019 – 2 StR 545/18 = NStZ-RR 2019, 242 = StraFo 2019, 338 = StV 2019, 734 = BGHR StGB § 56 Abs. 1 Sozialprognose 35).

(2) Auch die zusätzlichen Erwägungen der Berufungskammer, die auf die „Zusammenarbeit“ des Angeklagten mit der Bewährungshilfe abstellen, vermögen die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung nicht zu rechtfertigen. Hiernach habe der Angeklagte bis August 2021 die Termine bei der zuständigen Bewährungshelferin noch ordnungsgemäß wahrgenommen. In der Folgezeit sei er aber „unzuverlässig“ geworden; vereinbarte Termine habe er kurzfristig verschoben. Diese Wertungen sind schon nicht hinreichend mit Tatsachenfeststellungen belegt, sodass der Senat nicht beurteilen kann, wie oft und aus welchen Gründen der Angeklagte um Terminsverlegungen nachgesucht hat. Zudem bleibt offen, welche Auswirkungen dies auf die Kriminalprognose haben soll. Die von der Bewährungshelferin bei ihrer Vernehmung geschilderte Ablehnung einer „Schuldnerberatung“ durch den Angeklagten stellt für sich genommen mit Blick auf die Betreuung durch den Steuerberater einerseits und die deutliche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation andererseits ebenfalls keinen Gesichtspunkt dar, der im Rahmen des § 56 Abs. 1 StGB von Bedeutung wäre.

(3) Soweit die Berufungskammer bei der Prognoseentscheidung nach § 56 Abs. 1 StGB berücksichtigt hat, dass der Angeklagte in der Vergangenheit Bewährungsauflagen in Form von Geldzahlungen nur unzureichend nachgekommen war, ist dies insbesondere im Hinblick auf die prekäre wirtschaftliche Situation, in der sich der Angeklagte damals befand, und die Rückführung der bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern kein Umstand, der einer günstigen Legalprognose entgegensteht. Im Gegenteil hätte das bewährungsaufsichtsführende Gericht vielmehr eine Abänderung der Bewährungsauflagen in Erwägung ziehen müssen.

b) Diese Rechtsfehler, die dem Landgericht bei der Kriminalprognose unterlaufen sind, haften auch den hilfsweisen Erwägungen, mit denen die Berufungskammer besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB verneint hat, an. Denn in die gebotene Gesamtschau wären auch die erhebliche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation im allgemeinen und vor allem die hieraus möglicherweise resultierenden Auswirkungen auf die Kriminalprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB im besonderen einzubeziehen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 30.04.2019 – 2 StR 545/18 a.a.O.; 28.06.2018 – 1 StR 171/18 = StV 2019, 559; 23.01.2018 – 3 StR 654/17 = NStZ-RR 2018, 105; 10.05.2016 – 4 StR 25/16 = StraFo 2016, 425; BayObLG, Beschluss vom 08.12.2020 – 202 StRR 123/20 = Blutalkohol 58 [2021], 34; StV 2022, 27 = VerkMitt 2021, Nr 22)….“

StGB III: Die „schikanöse Schandtat“ des Richters, oder: „der Richter hat sich an meinem Guthaben vergriffen.“

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Und als dritte StGB-Entscheidung dann noch der BayObLG, Beschl. v. 04.07.2022 – 202 StRR 61/22 – zur Strafbarkeit wegen Beleidigung eines Richters im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Untreue.

Folgender Sachverhalt bzw. folgende Feststellungen des LG liegen der Entscheidung zugrunde:

„… Der Angeklagte führte vor dem Amtsgericht einen Zivilrechtsstreit, in dem er als Kläger die Räumung seiner Eigentumswohnung durch den damaligen Mieter geltend machte. Mit Anerkenntnisurteil vom 22.07.2019 verpflichtete das Amtsgericht den Beklagten, die Wohnung des Angeklagten zu räumen und an den Angeklagten herauszugeben, wobei die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt wurden. Nach Abschluss des Streitverfahrens wurde ein Teilbetrag in Höhe von 203 Euro aus dem vom Angeklagten einbezahlten Gerichtskostenvorschuss auf die Gerichtskosten verrechnet und der Restbetrag an ihn ausbezahlt. Obwohl der Angeklagte in der Folgezeit insgesamt dreimal, unter anderem durch den erkennenden Richter im Rahmen eines Verfahrens über die vom Angeklagten betriebene Kostenerinnerung sowie seitens des Direktors des Amtsgerichts schriftlich darauf hingewiesen worden war, dass er den verrechneten Betrag nicht zurückerhalten könne, sondern sich wegen Erstattung an den unterlegenen Beklagten im Rahmen eines von ihm anzustrengenden Kostenfestsetzungsverfahrens gemäß den §§ 103 ff. ZPO halten müsse, erhob der Angeklagte mit am selben Tag eingegangenem Schreiben vom 06.10.2020, dem Anlagen beigefügt wurden, gegen den mit der vom Angeklagten angestrengten Kostenerinnerung befasst gewesenen Richter Dienstaufsichtsbeschwerde zum Präsidenten des Landgerichts „wegen Entnahme von Geld aus einem Guthaben von mir (monatelang (!) ohne mich zu benachrichtigen!!?), um – ohne Not – die Schuld eines Dritten (!!?) zu begleichen!!? § 266 StGB (Untreue).“ In dem Schreiben führte der Angeklagte weiterhin aus: „Der Beklagte musste aber aufgrund der extrem parteiischen Schandtat (Geldtransaktion) des Amtsrichters [namentliche Nennung des Richters, Anm. d. Senats] die 1. Gerichtskostenzahlung überhaupt nicht zahlen (!!?), wohl aber den ganzen Rest (2/3) […]. Ferner wurde wiederum die angebliche „Entnahme aus dem Guthaben“ durch den zuständigen Richter, der namentlich genannt wurde, unter Hinweis auf § 266 StGB wiederholt. Die Dienstaufsichtsbeschwerde endete mit der Frage: „WIE bekomme ich jetzt meine 203,- € zurück? Billigt Präsident […] auch diese Schandtat des Herrn“ [namentliche Nennung des Richters, Anm. d. Senats]“.

In einer beigefügten Anlage zu der Dienstaufsichtsbeschwerde bezeichnete der Angeklagte den Richter am Amtsgericht mit dessen namentlicher Nennung als „ekelig parteiischen Amtsrichter“, wiederholte den Vorwurf, der Richter habe sich „an einem Guthaben von mir vergriffen (§ 266 StGB/Untreue)“ und wertete dessen Verhalten als „schikanöse Schandtat“.“

Das Amtsgericht hat den Angeklagten, einen promovierten Mediziner im Ruhestand, wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 EUR verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten hat das LG als unbegründet verworfen. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft, die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt war, hat das LG das AG-Urteil dahingehend abgeändert, dass es die Höhe des Tagessatzes auf 50 EUR festgesetzt hat; die weitergehende Berufung der Staatsanwaltschaft wurde verworfen. Mit seiner gegen das Berufungsurteil gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.

Die Revision führte zu einer Änderung des Schuldspruchs, nämlich zur Verurteilung wegen Beleidigung.

Hier dann (nur) die Leitsätze zu der Entscheidung:

    1. Bezichtigt ein Angeklagter einen Richter, der mit einem Kostenerinnerungsverfahren befasst war, der strafbaren Untreue, weil er nach Auffassung des Angeklagten eine fehlerhafte Entscheidung zu dessen Lasten getroffen habe, stellt dies auch dann keine Behauptung falscher Tatsachen im Sinne des § 186 StGB dar, wenn zusätzlich vorgetragen wird, es gehe um die „Entnahme von Geld aus seinem Guthaben“.
    1. Eine Schmähkritik ist bei einer Beanstandung eines konkreten dienstlichen Verhaltens im Rahmen einer Dienstaufsichtsbeschwerde auch dann noch nicht anzunehmen, wenn die Entscheidung des Richters als „schikanöse Schandtat“ eines „ekelig parteiischen Amtsrichters“ bezeichnet wird.
    1. In die im Rahmen des § 193 StGB i.V.m. Art. 5 Abs. 1 GG gebotene Abwägung der Meinungsäußerungsfreiheit und des Rechts der persönlichen Ehre sind die konkreten Umstände des Einzelfalls einzustellen. Dabei ist einerseits vor allem der Gesichtspunkt der „Machtkritik“ als besonderer Ausfluss der Meinungsäußerungsfreiheit von Bedeutung. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass kein nachvollziehbarer Anlass für die außerordentlich ehrverletzenden Äußerungen bestanden hat, es sich nicht um spontane Entgleisungen im Meinungskampf, sondern um eine schriftlich fixierte und deshalb mit größerem Bedacht erstellte Eingabe handelte und der Angeklagte sich nach seinem Bildungsstand auch ohne weiteres anders hätte verhalten können, um sein Anliegen zu verfolgen.