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Geldempfangsvollmacht im Festsetzungsverfahren, oder: Elektronisches Dokument als Scan des Originals

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Und dann zum Wochenschluss – na ja, fast – noch RVG-Entscheidungen.

Ich beginne mit dem KG, Beschl. v. 12.01.2023 – 1 Ws 122/23, über den in dieser Woche in der FB-Gruppe „Strafverteidiger“ diskutiert worden ist. Inzwsichen liegt mir der Beschluss vor und ich will dann gleich über ihn berichten.

In der Sache geht es um die Frage der Vorlage der Originalvollmacht im Kostenfestsetzungsverfahren, wenn der Verteidiger das Kostenfestsetzungsverfahren betreibt und Auszahlung an sich beantragt. Darum ist beim LG Berlin gestritten worden. Die Staatskasse bestand auf Vorlage der Originalvollmacht. Der Verteidiger hat die Vollmacht nur als elektronisches Dokument in Form eines Scans des schriftlichen Originals über sein beA vorlegt. Das LG hat daraufhin dann schließlich den Festsetzungsantrag zurückgewiesen. Dagegen die sorfortige Beschwerde, die vom KG keinen Erfolg hatte:

„2. Der Kostenfestsetzungsantrag des Beschwerdeführers ist durch den angefochtenen Beschluss zu Recht zurückgewiesen worden, weil Rechtsanwalt X seine wirksame Bevollmächtigung nicht in der hierfür erforderlichen Form nachgewiesen hat.

Zu den nach § 464b Satz 3 StPO im Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend anzuwendenden Vorschriften der Zivilprozessordnung gehören auch die für alle Verfahrensarten gültigen grundsätzlichen Bestimmungen über Prozessbevollmächtigte und Beistände in den §§ 78-90 ZPO (vgl. BGH NJW 2011, 3722 m.w.N.). Gemäß § 80 Satz 1 ZPO ist die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten zu reichen. Die Bezirksrevisorin des Landgerichts hat die Nichteinreichung der Vollmacht gerügt, so dass das Landgericht trotz des Umstandes, dass es sich bei dem als Bevollmächtigten Auftretenden hier um einen Rechtsanwalt handelte (§ 88 Abs. 2 ZPO), die Bevollmächtigung auch zu Recht geprüft hat.

Ebenfalls zu Recht ist es dabei von deren nicht wirksamem Nachweis ausgegangen. Bei der von Rechtsanwalt X per beA übersandten und signierten Datei des Scans der Vollmachtsurkunde handelt es sich nicht um eine schriftlich zu den Gerichtsakten gereichte Vollmacht iSd des § 80 Abs. 1 ZPO. Diese Norm verlangt die schriftliche Einreichung der Vollmacht zum Nachweis der tatsächlichen Bevollmächtigung, der grundsätzlich nur durch die Vorlage der Originalvollmacht oder einer öffentlich beurkundeten Vollmacht, nicht aber durch Kopie, Telefax oder beglaubigte Abschrift geführt werden kann (vgl. BGHZ 126, 266, NJW 1994, 2298; Toussaint in: MüKo-ZPO, 6. Aufl. 2020, § 80 Rn 17; Althammer in: Zöller, 35. Aufl. 2024, § 80 Rn 8)

Ein elektronisches Dokument in Form eines Scans des schriftlichen Originals steht insoweit sonstigen Kopien gleich und ist zum Nachweis der Vollmacht nicht ausreichend. Zwar kann die Schriftform gemäß § 126 Abs. 3 BGB durch die elektronische Form ersetzt werden, dies setzt aber gemäß § 126a Abs. 1 BGB voraus, dass der Aussteller der Erklärung seinen Namen hinzufügt und das elektronische Dokument mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versieht. Dies ist hier jedoch nicht geschehen, weil Aussteller der Vollmacht nicht Rechtsanwalt X, sondern der Antragsteller ist. Rechtsanwalt X konnte den Nachweis auch nicht dadurch führen, dass er als verantwortende Person nach § 130a Abs. 3 ZPO das elektronische Dokument signierte. Denn diese elektronische Signatur ersetzt lediglich die nach § 130 Nr. 6 ZPO erforderliche Unterschrift (vgl. BGHZ 184, 75, NJW 2010, 2134; Fritsche in: MüKo-ZPO, 6. Aufl. 2020, § 130a Rn 9 m.w.N.), ermöglicht aber nicht die Erfüllung der Formerfordernisse anderer Vorschriften (vgl. Greger in: Zöller, 35. Aufl. 2024, § 130a ZPO Rn 2a).

Soweit mit der Beschwerde geltend gemacht wird, dass das Oberlandesgericht Oldenburg die Vorlage des Originals eines Berechtigungsscheines der Beratungshilfe für nicht erforderlich gehalten und einen per beA übermittelten Scan hat ausreichen lassen (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 1. April 2022 – 12 W 25/22 –), ist diese Konstellation mit dem Nachweis der Bevollmächtigung nach § 80 ZPO bereits nicht vergleichbar. Denn es besteht bereits keine gesetzliche Pflicht zur Vorlage des Originals des Beratungshilfescheins, während § 80 Abs. 1 ZPO die schriftliche Einreichung der Vollmacht verlangt.“

Dazu zwei Dinge;

1. Das KG referiert die Rechtsprechung des BGH zur Vorlage einer Geldempfangsvollmacht zutreffend und zieht daraus auch grundsätzlich die richtigen Schlüsse. Aber: Es bleibt m.E. eine Antwort auf die Frage schuldig, warum diese zivilgerichtliche Rechtsprechung des BGH auch im Strafverfahren Anwendung findet. Ansatzpunkt für eine solche Diskussion wäre m.E. § 464b S. 3 StPO gewesen, wonach die Vorschriften der ZPO (nur) „entsprechend“ anzuwenden sind. Und das wird in der Literatur und auch Rechtsprechung zum Anlass genommen, die Vorlage der Vollmacht im Original in den Festsetzungsfällen nicht immer zur fordern (vgl. dazu Volpert in: Burhoff/Volpert/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Teil A Rn 1448 unter Hinweis auf LG Duisburg StraFo 2003, 104 = AGS 2003, 219;

Und: M.E. hätte sich das KG auch zu der Frage äußern können, wenn nicht müssen, warum eigentlich der Antrag insgesamt zurückgewiesen wird? Hätte es nicht ausgereicht, die Auszahlung an den Verteidiger/Rechtsanwalt abzulehnen und zugunsten des antragstellenden Mandanten festzusetzen? Das wäre doch als Minus gegenüber dem geltend gemachten Anspruch m.E. möglich gewesen.

2. Im Übrigen: Unverständlich ist mir das Verhalten „beider Seiten“.

Ich kann nach den Beschlussgründen weder nachvollziehen, warum die Bezirksrevisorin auf der Vorlage der Originalvollmacht beharrt hat. Man hat den Eindruck, dass die Vertreterin der Staatskasse es dem Verteidiger – aus welchen Gründen auch immer – „mal zeigen wollte“. Erreicht hat sie damit m.E. nichts, außer dass über den Antrag ggf. noch einmal entschieden werden muss. Denn in der Sache ist darüber ja nicht entschieden worden. Also: Doppelte Arbeit.

Aber auch das Verhalten des Verteidigers ist nicht nachvollziehbar. Denn das Bestehen auf einer rechtsmittelfähigen Entscheidung bringt ja nun kein Geld in die Kasse, sondern macht einen neuen Antrag erforderlich. Warum erspart man sich also die Arbeit nicht und erfüllt den Wunsch der Staatskasse, wenn auch „zähneknirschend“?. Oder noch besser: Warum lässt man sich nicht den Kostenerstattungsanspruch des Mandanten abtreten – ggf. auch noch nachträglich? Dann braucht man nämlich keine Geldempfangsvollmacht (mehr), weil man ja dann als Verteidiger/Rechtsanwalt einen eigenen Anspruch geltend macht (vgl. dazu AG Hamburg-Harburg, Beschl. v. 25. 4.2023 – 664 Ds 4/22 jug).

StGB III: Die „schikanöse Schandtat“ des Richters, oder: „der Richter hat sich an meinem Guthaben vergriffen.“

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Und als dritte StGB-Entscheidung dann noch der BayObLG, Beschl. v. 04.07.2022 – 202 StRR 61/22 – zur Strafbarkeit wegen Beleidigung eines Richters im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Untreue.

Folgender Sachverhalt bzw. folgende Feststellungen des LG liegen der Entscheidung zugrunde:

„… Der Angeklagte führte vor dem Amtsgericht einen Zivilrechtsstreit, in dem er als Kläger die Räumung seiner Eigentumswohnung durch den damaligen Mieter geltend machte. Mit Anerkenntnisurteil vom 22.07.2019 verpflichtete das Amtsgericht den Beklagten, die Wohnung des Angeklagten zu räumen und an den Angeklagten herauszugeben, wobei die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt wurden. Nach Abschluss des Streitverfahrens wurde ein Teilbetrag in Höhe von 203 Euro aus dem vom Angeklagten einbezahlten Gerichtskostenvorschuss auf die Gerichtskosten verrechnet und der Restbetrag an ihn ausbezahlt. Obwohl der Angeklagte in der Folgezeit insgesamt dreimal, unter anderem durch den erkennenden Richter im Rahmen eines Verfahrens über die vom Angeklagten betriebene Kostenerinnerung sowie seitens des Direktors des Amtsgerichts schriftlich darauf hingewiesen worden war, dass er den verrechneten Betrag nicht zurückerhalten könne, sondern sich wegen Erstattung an den unterlegenen Beklagten im Rahmen eines von ihm anzustrengenden Kostenfestsetzungsverfahrens gemäß den §§ 103 ff. ZPO halten müsse, erhob der Angeklagte mit am selben Tag eingegangenem Schreiben vom 06.10.2020, dem Anlagen beigefügt wurden, gegen den mit der vom Angeklagten angestrengten Kostenerinnerung befasst gewesenen Richter Dienstaufsichtsbeschwerde zum Präsidenten des Landgerichts „wegen Entnahme von Geld aus einem Guthaben von mir (monatelang (!) ohne mich zu benachrichtigen!!?), um – ohne Not – die Schuld eines Dritten (!!?) zu begleichen!!? § 266 StGB (Untreue).“ In dem Schreiben führte der Angeklagte weiterhin aus: „Der Beklagte musste aber aufgrund der extrem parteiischen Schandtat (Geldtransaktion) des Amtsrichters [namentliche Nennung des Richters, Anm. d. Senats] die 1. Gerichtskostenzahlung überhaupt nicht zahlen (!!?), wohl aber den ganzen Rest (2/3) […]. Ferner wurde wiederum die angebliche „Entnahme aus dem Guthaben“ durch den zuständigen Richter, der namentlich genannt wurde, unter Hinweis auf § 266 StGB wiederholt. Die Dienstaufsichtsbeschwerde endete mit der Frage: „WIE bekomme ich jetzt meine 203,- € zurück? Billigt Präsident […] auch diese Schandtat des Herrn“ [namentliche Nennung des Richters, Anm. d. Senats]“.

In einer beigefügten Anlage zu der Dienstaufsichtsbeschwerde bezeichnete der Angeklagte den Richter am Amtsgericht mit dessen namentlicher Nennung als „ekelig parteiischen Amtsrichter“, wiederholte den Vorwurf, der Richter habe sich „an einem Guthaben von mir vergriffen (§ 266 StGB/Untreue)“ und wertete dessen Verhalten als „schikanöse Schandtat“.“

Das Amtsgericht hat den Angeklagten, einen promovierten Mediziner im Ruhestand, wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 EUR verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten hat das LG als unbegründet verworfen. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft, die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt war, hat das LG das AG-Urteil dahingehend abgeändert, dass es die Höhe des Tagessatzes auf 50 EUR festgesetzt hat; die weitergehende Berufung der Staatsanwaltschaft wurde verworfen. Mit seiner gegen das Berufungsurteil gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.

Die Revision führte zu einer Änderung des Schuldspruchs, nämlich zur Verurteilung wegen Beleidigung.

Hier dann (nur) die Leitsätze zu der Entscheidung:

    1. Bezichtigt ein Angeklagter einen Richter, der mit einem Kostenerinnerungsverfahren befasst war, der strafbaren Untreue, weil er nach Auffassung des Angeklagten eine fehlerhafte Entscheidung zu dessen Lasten getroffen habe, stellt dies auch dann keine Behauptung falscher Tatsachen im Sinne des § 186 StGB dar, wenn zusätzlich vorgetragen wird, es gehe um die „Entnahme von Geld aus seinem Guthaben“.
    1. Eine Schmähkritik ist bei einer Beanstandung eines konkreten dienstlichen Verhaltens im Rahmen einer Dienstaufsichtsbeschwerde auch dann noch nicht anzunehmen, wenn die Entscheidung des Richters als „schikanöse Schandtat“ eines „ekelig parteiischen Amtsrichters“ bezeichnet wird.
    1. In die im Rahmen des § 193 StGB i.V.m. Art. 5 Abs. 1 GG gebotene Abwägung der Meinungsäußerungsfreiheit und des Rechts der persönlichen Ehre sind die konkreten Umstände des Einzelfalls einzustellen. Dabei ist einerseits vor allem der Gesichtspunkt der „Machtkritik“ als besonderer Ausfluss der Meinungsäußerungsfreiheit von Bedeutung. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass kein nachvollziehbarer Anlass für die außerordentlich ehrverletzenden Äußerungen bestanden hat, es sich nicht um spontane Entgleisungen im Meinungskampf, sondern um eine schriftlich fixierte und deshalb mit größerem Bedacht erstellte Eingabe handelte und der Angeklagte sich nach seinem Bildungsstand auch ohne weiteres anders hätte verhalten können, um sein Anliegen zu verfolgen.

Die Beteiligten im Kostenfestsetzungsverfahren, oder: Ist der Prozessbevollmächtigte Verfahrensbeteiligter?

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Auch die zweite Entscheidung hat nur mittelbar mit Gebühren/Kosten zu tun. Ihr liegt ein Kostenfestsetzungsverfahren beim VG Berlin zugrunde, das sich an ein asylrechtliches Klage- und Eilverfahren angeschlossen hat. In dem hat der Kläger des hiesigen Verfahrens als Rechtsanwalt einen armenischen Staatsangehörigen vertreten. In den Verfahren hatte das VG der beklagten Bundesrepublik Deutschland die Kosten auferlegt.

Nach Abschluss des Verfahrens reichte der Kläger dann mit Schriftsatz vom 11.04.2019 einen Kostenfestsetzungsantrag unter dem Kurzrubrum der asylrechtlichen Verfahren ein, mit dem gemäß § 164 VwGO gegen die Beklagte festzusetzende Kosten in Höhe von insgesamt 944,15 EUR geltend gemacht wurden. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die „nach den Anträgen des Antragstellers/Klägers“ aufgrund der gerichtlichen Kostenentscheidung „von der Antragstellerin/Beklagten“ zu erstattenden Kosten antragsgemäß mit Beschluss vom 03.06.2019 unter dem Rubrum der asylrechtlichen Verfahren fest. Mit der hiergegen gerichteten Erinnerung wandte sich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gegen die Berücksichtigung der Dokumentenpauschale, deren Erforderlichkeit nicht belegt sei.

Da eine Entscheidung des Gerichts nicht erging, rügte der Kläger am 17.02.2020 die Verzögerung des Verfahrens und reichte am 11.11.2020 Entschädigungsklage ein, die dem Beklagten am 02.12.2020 zugestellt wurde. Während des Entschädigungsklageverfahrens hob das VG den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin mit Beschluss vom 09.02..2021 teilweise auf und lehnte den Kostenfestsetzungsantrag insoweit ab. Die gegen diesen Beschluss erhobene Anhörungsrüge wies das VG mit Beschluss vom 11.03.2021 zurück.

Gestritten wird nun um eine Entschädigung wegen überlanger Dauer des Kostenfestsetzungsverfahrens beim VG Berlin. Der klagende Rechtsanwalt hat zur Begründung seiner Entschädigungsklage vorgetragen, das Kostenfestsetzungsverfahren habe unangemessen lang gedauert. Die Vermutung des nichtvermögensrechtlichen Nachteils sei nicht entkräftet und die bloße Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer reiche zur Wiedergutmachung nicht aus. Er hat die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung von 1.000 EUR beantragt. Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, dass es sich bei dem Kläger um einen Rechtsanwalt handele, der im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens einen Gebührenanspruch verfolge. In solchen Konstellationen reiche regelmäßig die Feststellung der Überlänge aus. Das OVG hat die Klage mit dem OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 07.09.2021 – OVG 3 A 34/20 – abgewiesen:

„Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen das beklagte Land keinen Anspruch auf Ausgleich eines immateriellen Nachteils nach § 173 Satz 2 VwGO, § 198 GVG wegen einer unangemessenen Dauer des vor dem Verwaltungsgericht durchgeführten Kostenfestsetzungsverfahrens.

Bei einem Kostenfestsetzungsverfahren einschließlich des gerichtlichen Erinnerungsverfahrens gemäß §§ 164 f. VwGO handelt es sich zwar um ein eigenständiges Gerichtsverfahren im Sinne von § 198 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1 GVG (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 2021 – 5 C 15.19 D – juris Rn. 8). Der Kläger ist jedoch für den von ihm ausdrücklich im eigenen Namen verfolgten Entschädigungsanspruch nicht aktivlegitimiert.

Materielle oder immaterielle Entschädigung steht gemäß § 198 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 GVG einem Verfahrensbeteiligten zu. § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG definiert diesen als jede Partei und jeden Beteiligten eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind. Maßgebend ist danach die Beteiligtenstellung in dem als überlang gerügten Ausgangsverfahren.

Mit der Einordnung von Parteien und Beteiligten als Verfahrensbeteiligte berücksichtigt die Vorschrift den in den verschiedenen Prozessordnungen unterschiedlichen Sprachgebrauch (BT-Drs. 17/3802 S. 23). Dies legt ein funktionsgebundenes Verständnis nahe (vgl. Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 198 Rn. 10; Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Februar 2021, § 173 Rn. 341). Erfasst werden demzufolge diejenigen Personen, die nach Maßgabe der jeweiligen Prozessordnungen kraft eigenen Rechts gestaltend auf den Prozessgegenstand des Verfahrens einwirken und die durch eine Verzögerung des Verfahrens in ihren Rechten beeinträchtigt werden können (vgl. Roderfeld, in: Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2012, GVG § 198 Rn. 190; Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 198 Rn. 10; Lückemann, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, GVG § 198 Rn. 12).

Demgegenüber fallen die Prozessbevollmächtigten einer Partei bzw. eines Beteiligten aufgrund der fehlenden eigenen Rechte in Bezug auf den Verfahrensgegenstand und ihrer nur unterstützenden Funktion nicht unter den Begriff des Verfahrensbeteiligten im Sinne von § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 23; Lückemann, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, GVG § 198 Rn. 12; Zimmermann, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2017, GVG § 198 Rn. 20; Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 198 Rn. 11; Roderfeld, in: Marx/Roderfeld, Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, 2012, GVG § 198 Rn. 190).

Für das Kostenfestsetzungsverfahren nach § 164 VwGO gilt nichts anderes. Gegenstand dieses Verfahren ist nach dem Wortlaut der Norm der „Betrag der zu erstattenden Kosten“. Damit knüpft es unmittelbar an die in der gerichtlichen Kostenentscheidung des vorangegangenen Erkenntnisverfahrens erfolgte Zuordnung der Verfahrenskosten zu den Beteiligten dieses Gerichtsverfahrens an und dient nur noch der betragsmäßigen Bezifferung des danach festgelegten materiellen Kostenerstattungsanspruchs. Entschieden wird ausschließlich im Verhältnis der Beteiligten des Erkenntnisverfahrens untereinander über deren zu erstattende Kosten. Beteiligte am Kostenfestsetzungsverfahren einschließlich des Erinnerungsverfahrens können daher nur die Personen sein, die nach der Kostengrundentscheidung zur Kostenerstattung berechtigt oder verpflichtet sind, nicht aber deren anwaltliche Vertreter, die nicht zu den in § 63 VwGO aufgeführten Beteiligten zählen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1997 – 1 BvR 1174/90 – juris Rn. 7; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. September 2017 – OVG 3 K 96.17 – juris Rn. 3; OVG Münster, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 1 E 32/11 – juris Rn. 7 ff.; Beschluss vom 22. Februar 2008 – 12 E 165/08 – juris Rn. 1; Beschluss vom 12. Juli 2005 – 15 E 424/05 – juris Rn. 1 f.; Beschluss vom 9. März 1999 – 3 E 853/97 – juris Rn. 4; VGH Kassel, Beschluss vom 23. Oktober 1986 – 10 TJ 1586/86 – juris Rn. 10; Beschluss vom 6. Oktober 1997 – 14 S 2808/97 – juris Rn. 4; VGH Mannheim, Beschluss vom 29. Januar 1990 – 5 S 1030/87 – juris Rn. 1; OVG Koblenz, Urteil vom 2. Oktober 1984 – 7 A 27/84DVBl. 1985, 1075; VGH München, Beschluss vom 15. Juni 1977 – 172 I 76 – BayVBl. 1977, 611; Neumann/Schaks, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 164 Rn. 38, § 165 Rn. 15; Olbertz, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Februar 2021, § 164 Rn. 7, § 165 Rn. 4; Just, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, VwGO § 164 Rn. 12, § 165 Rn. 2; Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 164 Rn. 1, § 165 Rn. 2; Kunze, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand: 1. Juli 2021, § 164 Rn. 5, § 165 Rn. 3; Wysk, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 164 Rn. 11, § 165 Rn. 2; Jeromin, in: Gärditz, VwGO, 2. Aufl. 2018, § 164 Rn. 5, § 165 Rn. 1; Kugele, VwGO, 2013, § 165 Rn. 9).

Vor diesem Hintergrund ist die vereinzelt – vor allem in der älteren Rechtsprechung – vertretene gegenteilige Auffassung (OVG Weimar, Beschluss vom 4. August 1998 – 2 VO 386/96 – juris Rn. 1; VGH Kassel, Beschluss vom 21. Januar 1988 – 2 TI 2628/87 – juris Rn. 1; OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. April 1972 – III B 16/72NJW 1972, 2015; Hug, in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 165 Rn. 4; Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 7. Aufl. 2018, § 165 Rn. 3; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 165 Rn. 4) abzulehnen. Unabhängig davon ergäbe sich hier auch nichts anderes, wenn man der abweichenden Auffassung folgte, weil der Kläger im Kostenfestsetzungsverfahren bzw. im Erinnerungsverfahren keine eigenen Rechte geltend gemacht hat.

Beteiligte des Kostenfestsetzungsverfahrens sind hier allein der Kläger und Antragsteller sowie die Beklagte und Antragsgegnerin des asylrechtlichen Klage- bzw. Eilrechtsschutzverfahrens. Nur zwischen ihnen hat das Verwaltungsgericht mit der abschließenden Entscheidung gemäß § 161 Abs. 2 VwGO eine Kostenverteilung vorgenommen. Entsprechend dieser Rollenverteilung wurden das Kostenfestsetzungs- und das Erinnerungsverfahren auch rechtlich und tatsächlich geführt. Weder der Kostenfestsetzungsantrag vom 11. April 2019 noch die weiteren Schriftsätze des hiesigen Klägers lassen erkennen, dass er gegenüber der Bundesrepublik Deutschland Kostenerstattungsansprüche im eigenen Namen geltend machen wollte. Vielmehr ergibt sich aus der einleitenden Formel des Kostenfestsetzungsantrags „in den verwaltungsgerichtlichen Verfahren B… ./. BRD – VG A – VG A – wird beantragt …“, die sich nahezu gleichlautend im Schriftsatz vom 14. Mai 2019 findet, dass es allein um Erstattungsansprüche zwischen der Beklagten bzw. Antragsgegnerin und dem Kläger bzw. Antragsteller der asylrechtlichen Verfahren ging. Die Schriftsätze des Klägers im Erinnerungsverfahren mit den dort angegebenen Kurzrubren („Bundesrepublik Deutschland ./. V…“ und „BRD ./. V…“) machen dies schließlich ebenso deutlich wie die Anhörungsrüge vom 23. Februar 2021, in der der Kläger den Betreff „in der Kostensache BRD ./. B…“ angab.

…“

Überzeugend begründet. Gilt natürlich nicht für die gesetzlichen Gebühren des Pflichtverteidigers und/oder die Pauschgebühr.

Kostenfestsetzungsverfahren, oder: Beginn der Verzinsungspflicht

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Am heutigen „Gebührenfreitag“ stelle ich zwei Entscheidungen vor, die mit „Verzinsungsfragen“ befassen.

Die erste ist der KG, Beschl. v. 29.10.2019 – 1 Ws 31/19, der sich zum Beginn der Verzinsungspflicht im Kostenfestsetzungsverfahren äußert, und zwar auf der Grundlage folgenden Sachverhalts:

„Der Verurteilte hat mit Festsetzungsantrag seiner Verteidigerin Rechtsanwältin RA1 vom 27. Dezember 2015 seine notwendigen Auslagen infolge der erstinstanzlichen Verteidigung durch Rechtsanwältin RA1 und die Mitverteidigerin Rechtsanwältin RA2 sowie seiner revisionsinstanzliche Verteidigung durch — insoweit klargestellt (erst) durch Schriftsatz vom 24. Januar 2018 — Rechtsanwalt RA3 geltend gemacht und auf einen Betrag von 77.041,31 Euro zuzüglich Verzinsung ab Eingang des Antrags (27. Dezember 2015) beziffert. Mit einem ergänzenden Festsetzungsantrag vom 29. Dezember 2015 (Eingang am selben Tag) hat er einen zusätzlichen Betrag von 5.981,17 Euro nebst Verzinsung gefordert, mithin insgesamt 83.022,48 Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Schriftsätze verwiesen. Es folgte ein Schriftwechsel zwischen dem Rechtspfleger des Landgerichts und Rechts-anwältin RA1, u.a. mit einem (so auch bezeichneten) korrigierten Festsetzungsantrag vom 25. Oktober „2015″ (gemeint 2017) und schließlich einem weiteren Festsetzungsantrag vom 3. Juli 2018, eingegangen am 5. Juli 2018. In letzterem bezifferte Rechtsanwältin RA1 die zu erstattenden notwendigen Auslagen des Verurteilten infolge der Verteidigung durch sie und Rechtsanwältin RA2 im vorbereitenden Ver-fahren und in der ersten Instanz sowie infolge der Verteidigung durch sie, Rechtsanwältin RA2 und Rechtsanwalt RA3 in der Revisionsinstanz auf insgesamt 60.550,71 Euro nebst Verzinsung seit dem 27. Dezember 2015.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 1. November 2018 hat der Rechtspfleger des Landgerichts die notwendigen Auslagen des Verurteilten auf einen Betrag von 23.329,81 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 5. Juli 2018 aus 22.223.11 Euro und seit dem 26. Oktober 2017 aus 1.106,70 Euro festgesetzt; wobei er eine Quote von 40 % für den auf die Landeskasse entfallenden Anteil auf die Vergütung der Verteidigung in der ersten Instanz bestimmte. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen. Von einer Entscheidung über die gemäß Nrn. 4100, 4104 und 4112 VV RVG geltend gemachten Gebühren der Rechtsanwältin RA1 hat der Rechtspfleger abgesehen und insoweit die Entscheidung zurückgestellt.“

Das KG führt zur Verzinsung aus:

„Rechtsfehlerhaft ist die angefochtene Verzinsungsentscheidung.

Es trifft nicht zu, dass der (zuletzt gestellte) Antrag vom 3. Juli 2018 ein „neuer“ Antrag gewesen und „davon auszugehen“ sei, dass „alle bisher gestellten Anträge zu-rückgenommen sein sollen“. Es handelt sich hier um ein komplexes Kostenfestsetzungsverfahren, in dessen Verlauf der ursprüngliche Kostenfestsetzungsantrag mehrfach in Reaktion auf verschiedene Verfügungen des Rechtspflegers modifiziert wurde. Es wurden hierbei auch Teile des ursprünglichen Antrags, nicht jedoch der Antrag insgesamt zurückgenommen. Letztlich geht auch der angefochtene Beschluss nicht von der (vollständigen) Rücknahme des ursprünglichen Antrags vom 27. Dezember 2015 und die Anbringung eines neuen Antrags durch den Schriftsatz vom 3. Juli 2018 aus. Denn sonst wäre nicht nachvollziehbar, warum für einen Teilbetrag in Höhe von 1.106,70 Euro die Verzinsung ab dem 26. Oktober 2017. mithin einen Zeitpunkt vor der Anbringung des Antrages vom 3. Juli 2018 festgesetzt worden ist.

§ 464b Satz 2 StPO bestimmt, dass die Auslagen von der Anbringung des Festsetzungsantrags an zu verzinsen sind. Nach der Rechtsprechung des Senats gilt dies erst, wenn der Antrag den Anforderungen des § 103 Abs. 2 Satz 2 ZPO entspricht, d.h. die Kostenberechnung und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze dienenden Belege enthält (vgl. Beschlüsse vom 11. November 2010 – 1 Ws 157/10 ¬und 13. Dezember 2011 – 1 Ws 101/11 -).

Hier verhielt es sich so. dass die Anträge vom 27. und 29. Dezember 2015 teilweise erhebliche Lücken aufwiesen und — insoweit — den Anforderungen des § 103 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht entsprachen. Denn es war nicht dargetan und erst recht nicht belegt, dass Rechtsanwältin RA2 und Rechtsanwalt RA3 die sie betreffenden Gebühren bestimmt hatten im Sinne des § 14 RVG. Entsprechende Erklärungen dieser beiden Verteidiger wurden erst sehr viel später eingereicht (Schriftsätze vom 26. Oktober 2017 bzw. 24. Januar 2018). Zudem blieb unklar, für welchen der drei Rechts-anwälte die am 27. Dezember 2015 beantragte Gebühr für die Verteidigung in der Revisionsinstanz geltend gemacht worden war; auch dies wurde erst sehr viel später klargestellt (Schriftsatz vom 24. Januar 2018). Eine Entscheidung betreffend Rechtsanwältin RA2 und Rechtsanwalt RA3 konnte daher nicht ergehen mit der Folge, dass eine Verzinsung erst ab dem Zeitpunkt festzusetzen war. als die Festsetzungshindernisse behoben waren.

Anders liegt es hinsichtlich der Vergütung der Rechtsanwältin RA1. Die Anträge vom 27. und 29. Dezember 2015 enthielten zwar „handwerkliche“ Mängel, soweit darin für die jeweiligen Hauptverhandlungstage Gebühren „nach RVG VV Nr. 4118 RVG“ (gemeint Nr. 4114) und unter Zugrundelegung eines nicht dem geltenden Recht entsprechenden Gebührenrahmens geltend gemacht wurden. Dies stand jedoch einer Teilentscheidung über die Anträge vom 27. und 29. Dezember 2015 nicht im Wege. bei der es die Aufgabe des Rechtspflegers gewesen wäre, die im Sinne des § 14 RVG angemessenen Gebühren der Rechtsanwältin RA1 und insbesondere die dem Verurteilten zu erstattende Quote seiner notwendigen Auslagen festzusetzen. Der in der Verfügung vom 7. Juli 2016 enthaltenen, das Verfahren nicht fördernden Belehrung der Rechtsanwältin, dass für den vorgelegten Kostenfestsetzungsantrag die Differenzmethode anzuwenden sei, alternativ auch gemäß § 464d StPO eine Quotelung möglich sei — ohne die hier in Betracht kommende Quote zu nennen —. bedurfte es nicht. Die Sache war (abgesehen von der Einholung der Stellungnahme der Bezirksrevisorin des Landgerichts) insoweit entscheidungsreif.

 

Der Senat ändert die Verzinsungsentscheidung dementsprechend ab. ….“

Berücksichtigung von Umsatzsteuer bei der Kostenfestsetzung, oder: Glaubhaftmachung erforderlich?

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Und als zweite Entscheidung dann nochmals die Frage der Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen im Kostenfestsetzungsverfahren und der Erforderlichkeit/Form einer Erklärung des Antragstellers zur Vorsteuerabzugsberechtigung. Geäußert hat sich dazu das OLG Brandenburg im OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.02.2019 – 6 W 16/19, und zwar wie folgt:

„Nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO genügt zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen im Kostenfestsetzungsverfahren, dass der Antragsteller erklärt, er könne die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen. Er braucht seine Erklärung nicht glaubhaft zu machen oder sonst irgendwie zu bekräftigen. Die Richtigkeit der Erklärung ist in dem Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu überprüfen, um dieses Verfahren nicht mit schwierigen Fragen des materiellen Umsatzsteuerrechts zu belasten (BVerfG, Beschluss vom 17.02.1995 – 1 BvR 697/93; KG, Beschluss vom 18.04.2006 – 2 W 21/06; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.11.2003 – I-5 W 53/03; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 19.09.1998 – 6 W 232/98; jew. zit. nach juris). Gegen eine Festsetzung von Umsatzsteuer, die aufgrund einer unrichtigen Erklärung vorgenommen wurde, kann sich der Vollstreckungsschuldner gegebenenfalls durch eine auf § 767 ZPO oder § 812 BGB gestützte Klage schützen. Das vor dem Richter mit grundsätzlich zwingender mündlicher Verhandlung durchzuführende Verfahren über derartige Rechtsbehelfe ist besser geeignet, schwierige umsatzsteuerrechtliche Fragen zu klären als das vor dem Rechtspfleger im grundsätzlich schriftlichen Verfahren durchzuführende Kostenfestsetzungsverfahren (KG, Beschluss vom 04.09.2007 – 2 W 151/07; zit. nach Beckonline).

Eine Ausnahme von § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO lässt die Rechtsprechung dann zu, wenn die Richtigkeit der Erklärung des Antragstellers durch entsprechenden, vom Antragsgegner zu erbringenden Beweis bereits entkräftet ist oder sich die offensichtliche Unrichtigkeit der Erklärung aus anderen, dem Gericht bekannten Umständen zweifelsfrei ergibt (BGH, Beschluss vom 11.02.2003 – VIII ZB 92/02; OLG Düsseldorf a.a.O; jew. zit. nach juris). Die Voraussetzungen für das Eingreifen eine der genannten Ausnahmen sind vorliegend nicht gegeben. Insbesondere kann aus der bloßen Tatsache, dass die Antragstellerin eine juristische Person in Form einer GmbH ist, nicht zweifelsfrei auf deren Vorsteuerabzugsberechtigung geschlossen werden. Vorsteuerabzugsberechtigt ist nach § 15 Abs. 1 S. 1 UStG nur ein „Unternehmer“; nicht jede GmbH übt allerdings, wie in § 2 Abs. 1 S. 1 UStG dafür vorausgesetzt, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig aus (KG, a.a.O). Die Verfügungsbeklagte hat insoweit geltend gemacht, infolge der Öffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen keine unternehmerische Tätigkeit mehr zu entfalten. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten.“