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Verfahrensrüge II: Vortrag bei Beweisantragsrügen. oder: Aufklärungsrüge, Bedeutungslos, Zeugenbeweis

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Und dann hier der BGH, Beschl. v. 22.02.2023 – 6 StR 509/22 -, in dem der BGH zu sog. Beweisantragsrügen und den Anforderungen an die Begründung Stellung genommen hat:

„a) Dem Senat ist es im Rahmen der erhobenen „Verfahrensrüge 1“ mangels vollständigen Vortrags der rügebegründenden Tatsachen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) verwehrt, eine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) abschließend zu prüfen. Es fehlt schon an ausreichendem Vortrag dazu, weshalb sich dem Gericht trotz der im Ablehnungsbeschluss vom 3. Juni 2022 ausgeführten gewichtigen Umstände die Beiziehung von „Rohdaten über das Bundeskriminalamt“ zum Zwecke der näheren Auswertung von Standortdaten aufdrängen musste (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. September 2022 – 5 StR 191/22, NStZ 2023, 116; vom 16. März 2021 – 5 StR 35/21, Rn. 13; im Einzelnen Becker in Löwe/Rosenberg, 27. Aufl., § 244 Rn. 369 mwN). Der Beschwerdeführer erwähnt zwar einzelne Umstände, die der vom Landgericht vorgenommenen Zuordnung des EncroChat-Accounts entgegenstehen könnten, insbesondere „auch“ Ergebnisse einer Wohnraumdurchsuchung. Diese werden indes nicht vollständig vorgetragen.

b) Die „Verfahrensrüge 2“ ist jedenfalls unzulässig. Für die Prüfung der vom Landgericht in seinem Beschluss vom 5. August 2022 angenommenen Bedeutungslosigkeit der mit Antrag vom selben Tage behaupteten Beweistatsachen (§ 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO) hätte auch die im Ablehnungsbeschluss hinsichtlich der übrigen Gründe für die Zuschreibung des EncroChat-Accounts in Bezug genommene weitere Entscheidung der Strafkammer vom 3. Juni 2022 vorgetragen werden müssen. Dass dieser Beschluss Gegenstand des Vortrags einer weiteren Verfahrensrüge war, enthebt von dieser Vortragspflicht nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 1986 – 4 StR 496/86, NStZ 1987, 36; Urteil vom 21. September 2022 – 6 StR 47/22, Rn. 17).

c) Soweit der Beschwerdeführer die Ablehnung der beantragten Vernehmung eines Zeugen mit Blick auf ein diesem zugestandenes umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht (§ 55 StPO) beanstandet, erfüllt auch diese Rüge die gesetzlichen Vortragspflichten nicht. Insoweit wird schon der vom Ablehnungsbeschluss in Bezug genommene, inhaltlich allerdings nicht erschöpfend wiedergegebene Vermerk der Strafkammervorsitzenden über ein Telefonat mit dem Zeugen nicht vollständig mitgeteilt. Dies war zur Beurteilung etwaiger Willensmängel des Zeugen bei der Ausübung seines Zeugenrechts ebenso notwendig wie für die Frage, ob der Zeuge für den Fall seines Erscheinens zu einer Aussage hätte veranlasst werden können (vgl. Bachler in BeckOK-StPO, 46. Ed., § 244 Rn. 84 f. mwN.).

d) Erfolglos bleibt schließlich die Beanstandung, die Strafkammer habe zu Unrecht den Antrag als bedeutungslos abgelehnt (§ 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO), zum Beweis der Tatsache, dass „in den Jahren 2016-2019“ an einer näher bezeichneten Anschrift „Personen aus Durres/Albanien“ angetroffen worden sind, Auskunft „über sämtliche Polizeieinsätze“ einzuholen. Insoweit fehlt es dem Antrag an der Angabe eines Strengbeweismittels (vgl. Alsberg/Güntge, Der Beweisantrag im Strafprozess, 8. Aufl., Kap. 3 A.II Rn. 5 mwN) und – auch für eine etwaige Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) – an einer hinreichend konkreten Beweisbehauptung.“

Das was der BGH hier verlangt, ist aber nun kein Hexenwerk.

BGH I: Erfolgreiche Aufklärungsrüge gibt es, oder: Sondermeldung

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Heute dann mal ein wenig BGH 🙂 . Und ich starte mit einer „Sondermeldung“, nämlich mit dem BGH, Beschl. v. 12.02.2020 – 1 StR 451/19. „Sondermeldung“ deshalb, weil es um eine erfolgreiche (!!) Aufklärungsrüge geht. Dass man das noch erlebt 🙂 :

„1. Nach den Feststellungen des Landgerichts raubte der Angeklagte im Zusammenwirken mit dem nicht revidierenden Mitangeklagten P. in den frühen Morgenstunden des 30. Juni 2017 der Nebenklägerin und ihrem mittlerweile verstorbenen Ehemann mindestens 78.000 € Bargeld, 855,61 Gramm Feingold in Barrenform sowie Schmuck und Münzen. Der Angeklagte und der Mitangeklagte setzten bei der Tat in der Wohnung der Geschädigten in einer Seniorenresidenz in A. Fesselungswerkzeug aus Vliesmaterial gegen die zur Tatzeit 73-jährige, von der Brust abwärts querschnittsgelähmte Nebenklägerin ein.

Das Landgericht hat seine Überzeugung von dem konkreten Tatablauf und der Tatbeteiligung des Angeklagten, der sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache eingelassen hat und bei seinen polizeilichen Vernehmungen eine Tatbeteiligung bestritten hatte, maßgeblich auf die (geständigen) Angaben des Mitangeklagten gestützt, die es durch objektive Umstände bestätigt gesehen hat.

2. In zulässiger Weise (vgl. zu den Anforderungen BGH, Beschluss vom 9. Januar 2018 – 3 StR 605/17 Rn. 4) beanstandet die Revision, dass die Strafkammer nicht die Ehefrau des Angeklagten A. als Zeugin zu den Abläufen am frühen Morgen des 30. Juni 2017 vernommen hat. Nach dem Vorbringen in der Verfahrensrüge hätte A. angegeben, erst einmal mit dem Mitangeklagten gemeinsam im Fahrzeug gesessen zu sein, dass dies aber nicht am 30. Juni 2017 gewesen sei, und dass sie nicht gemeinsam von dem Angeklagten, dem Mitangeklagten und ihrer Tochter in ihrem Fahrzeug, das der Angeklagte geführt habe, zu ihrer Arbeitsstelle in H. gebracht worden sei.

3. Die Aufklärungsrüge ist begründet, denn das Landgericht hätte sich ausweislich des vorgetragenen Akteninhalts zu der Vernehmung der Ehefrau des Angeklagten gedrängt sehen müssen (§ 244 Abs. 2 StPO).

a) Der Mitangeklagte hat in seiner geständigen Einlassung Angaben zu der gemeinsamen Fahrt zum Tatort nach A. und zur Rückkehr zu den jeweiligen Wohnorten in B. (Angeklagter) sowie S. (Mitangeklagter) gemacht, die mit den von seinem Mobiltelefon generierten Standort-Verbindungsdaten übereinstimmen. Danach war das Mobiltelefon des Mitangeklagten am 29. Juni 2017 um 22.01 Uhr und am 30. Juni 2017 um 2.49 Uhr in demselben Funkmast in M. – etwa 60 km von B. auf der Strecke von B. nach A. gelegen – und sodann um 6.04 Uhr in einem Funkmast in H. eingebucht, wo sich der Arbeitsplatz der Ehefrau des Angeklagten befindet. Zudem hat der Mitangeklagte sich dahingehend eingelassen, nach dem von beiden begangenen Raub von A. in die Wohnung des Angeklagten in B. gefahren zu sein und dort im Keller einen mitgenommenen Möbeltresor aufgebrochen und die Beute geteilt zu haben. Sodann habe er gemeinsam mit dem Angeklagten und dessen Tochter die Ehefrau des Angeklagten zur Arbeit in H. gefahren; anschließend habe ihn der Angeklagte zum Bahnhof nach B. gebracht, von wo aus er mit der Bahn nach S. zurückgefahren sei. Aus dem vorgetragenen Akteninhalt ergibt sich, dass der Angeklagte um 4.47 Uhr versuchte, seine Ehefrau anzurufen.

b) Vor dem Hintergrund der den Angeklagten insgesamt belastenden Angaben des Mitangeklagten und der gegebenen Beweissituation, dass dessen Angaben das maßgebliche Beweismittel für eine Tatbeteiligung des Angeklagten waren, war die Strafkammer gehalten, die Angaben des Mitangeklagten weitergehend durch eine Vernehmung der Ehefrau des Angeklagten zu überprüfen. Insoweit ist von Bedeutung, dass bei dem von dem Mitangeklagten geschilderten Aufenthalt beider in der Wohnung des Angeklagten in B. nicht ohne Weiteres nachvollziehbar ist, weshalb der Angeklagte seine Ehefrau, die sich zumindest vor der Abfahrt zur Arbeitsstelle ebenfalls vor Ort befand, anzurufen versuchte. Die Ehefrau hätte daher – entsprechend dem Vorbringen in der Verfahrensrüge – Angaben zu dem für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Einlassung des Mitangeklagten relevanten Geschehen am frühen Morgen des 30. Juni 2017, insbesondere hinsichtlich der Fahrt zur Arbeit machen können. Die Vernehmung der A. als Zeugin lag auch nahe, da aus dem in der Verfahrensrüge vorgetragenen Akteninhalt ersichtlich ist, dass sie mehrfach gegenüber KHK F. Angaben zur Sache machte, so am 25. Oktober 2017 anlässlich der Durchsuchung dahingehend, dass der Angeklagte in der Nacht vom 29. Juni 2017/30. Juni 2017 bei ihr zu Hause gewesen sei. Am 2. Mai 2018 gab die Ehefrau des Angeklagten auf Nachfrage von KHK F. an, dass sie nur einmal mit dem Mit- angeklagten im Fahrzeug gesessen habe, dieser aber noch nie im Fahrzeug gewesen sei, als sie zu ihrer Arbeitsstelle gefahren sei oder gefahren worden sei. Im Übrigen ist auch in der Anklageschrift ein Arbeitszeitnachweis betreffend A. als Be- weismittel benannt, aus dem sich deren Arbeitsbeginn am 30. Juni 2017 um 6.02 Uhr ergibt und der zur Bestätigung der Richtigkeit der Einlassung des Mitangeklagten dient.

c) Dem von der Revision vorgetragenen Akteninhalt, aus dem sich unter anderem Vermerke über verschiedene (informatorische) Befragungen der A. durch KHK F. ergeben, ist nicht zu entnehmen, dass die Ehefrau des Angeklagten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO Gebrauch gemacht hätte; auch Anhaltspunkte dafür, dass sie sich in einer Hauptverhandlung auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen könnte, ergeben sich aus der Akte – entsprechend dem Revisionsvorbringen – nicht. Soweit in einem Vermerk vom 3. Mai 2018 von KHK F. über Angaben der Ehefrau des Angeklagten am 2. Mai 2018 niedergelegt ist, sie habe eine Vernehmung aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt, kann darin eine Ausübung ihres Zeugnisverweigerungsrechts nicht gesehen werden. Dies gilt umso mehr, als A. am 3. Mai 2018 gegenüber KHK F. wieder Angaben zur Sache gemacht hat.

d) Schließlich steht auch der Umstand, dass ein entsprechender Beweisantrag des Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht gestellt worden ist, dem Erfolg der Rüge nicht im Weg. Die Aufklärungspflicht besteht grundsätzlich unabhängig vom Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten; die Rüge einer Verletzung der Aufklärungspflicht kann deshalb nicht daran scheitern, dass der Beschwerdeführer die vermisste Aufklärung in der Hauptverhandlung nicht verlangt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2016 – 2 StR 116/16 BGHR StPO § 244 Abs. 2 Aufklärungspflicht 1 Rn. 5; Urteil vom 22. Januar 2002 – 1 StR 467/01 Rn. 8; LR-StPO/Becker, 27. Aufl., § 244 Rn. 362; MüKo-StPO/Trüg/Habetha, § 244 Rn. 390). Voraussetzung ist freilich, dass dem Gericht das Beweismittel und die hiermit verbundene Möglichkeit, den Sachverhalt ergänzend aufzuklären, ohne den – etwa mit einem Beweisantrag verbundenen – Sachvortrag bekannt, jedenfalls erkennbar war (LR-StPO/Becker, 27. Aufl., § 244 Rn. 362; MüKo-StPO/Trüg/Habetha, § 244 Rn. 390). Dies ist – wie dargestellt – der Fall.

4. Auf der unterbliebenen Beweiserhebung beruht das Urteil (§ 337 Abs. 1 StPO). Der Senat vermag auch unter Berücksichtigung der weiteren Beweisergebnisse nicht auszuschließen, dass die Strafkammer, hätte sich ergeben, dass die Angaben des Mitangeklagten zu der gemeinsamen Fahrt zur Arbeitsstelle der A. unzutreffend waren, anders entschieden hätte. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.“

StPO I: Beweisantrag, oder: Der wird in der Hauptverhandlung gestellt

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Heute dann noch einmal drei „StPO-Entscheidungen“.

An der Spitze der KG, Beschl. v. 12.09.2018 – (2) 161 Ss 141/18 (40/18). Es geht um außerhalb der Hauptverhandlung gestellte Beweisanträge. Mit der Revisin war gerügt worden, dass das Tatgericht nicht vor der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträgen nachgegangen ist. Dazu das KG:

„1. Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge genügt nicht der gebotenen Form. Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO sind bei Erhebung der Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß begründenden Tatsachen anzugeben. Sie müssen ohne Bezugnahmen und Verweisungen so umfassend und vollständig mitgeteilt werden, dass das Revisionsgericht allein aufgrund dieser Angaben prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revi­sion zutrifft (vgl. BGH, Beschluss vom 7. April 2016 – 1 StR 579/15 –, juris; KG Berlin, Beschluss vom 12. Juli 2017 – 3 Ws (B) 166/17 –, juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl. § 344 Rdn. 21, mwN).

Die Revision rügt einen Verstoß gegen § 244 Abs. 3 und 6 StPO, obwohl – insoweit in der Gegenerklärung klargestellt – in der Hauptverhandlung am 17. April 2018 ein Beweisantrag nicht gestellt wurde. Dabei handelt es sich auch nicht – wie der Revisionsführer meint – um eine bloße Förmelei, weil der Zeuge zu den zuvor stattge­fundenen Hauptverhandlungsterminen regelmäßig geladen worden war. Nur für Beweisanträge in der Hauptverhandlung sind Ablehnungsgründe abschließend normiert (§ 244 Abs. 3, 4 und 5 StPO) und hat eine Ablehnung durch Beschluss zu erfolgen (§ 244 Abs. 6 Satz 1 StPO). Bei der Behandlung von Beweisanträgen die vor der Hauptverhandlung gestellt wurden, ist der Tatrichter gerade nicht an § 244 Abs. 3 und 6 StPO gebunden, sondern kann im Rahmen seiner Amtsaufklärungspflicht entscheiden (vgl. Trüg/Habetha, Münchener Kommentar zur StPO, 1. Aufl. 2016, § 244 Rn. 93, Rn. 55). Diese verpflichtet ihn nur dann zur Erhebung des Beweises, wenn bekannte oder erkennbare Umstände vorliegen, die zur Erhebung des Beweises drängen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1952 – 3 StR 374/52 –, BGHSt 3, 169; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 244 Rn. 12 mwN). Zudem handelt es sich bei dem von der Revision vorgetragenen Begehren schon nicht um einen Beweisantrag, da er bereits eine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung vermissen lässt. Ob der Angeklagte sich „aggressiv“ verhalten und die Zeugin „verbal angegriffen“ hat, ist eine reine Wertungsfrage, die einem Beweis nicht zugänglich ist (vgl. BGHSt 37, 162).

Eine fehlerhafte Nichterhebung des beantragten Beweises könnte somit lediglich mit der Aufklärungsrüge beanstandet werden. Eine solche Verfahrensrüge ist vorliegend aber nicht erhoben worden. Die Revision rügt (nur) einen Verstoß gegen § 244 Abs. 3 und 6 StPO. Doch selbst wenn die Aufklärungsrüge in der Beweisantragsrüge mit angelegt wäre – wovon der Senat nicht ausgeht –, wäre sie erfolglos geblieben. Die Verfahrensrüge der Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO wäre bereits nicht ordnungsgemäß unter Beachtung des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeführt und daher unzulässig. Es sind weder konkrete Tatsachen bezeichnet, die der Tatrichter unterlassen hat zu ermitteln (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt aaO, § 244 Rn. 102) noch ist vorgetragen, welche konkreten Umstände das Gericht zu weiteren Ermittlungen hätte drängen müssen (vgl. BGH NStZ 1999, 45 mwN; KG, Beschluss vom 16. Oktober 2017 – [5] 121 Ss 143/17 [65/17] –, juris).“

Revision I: Aufklärungsrüge, oder: Das wollen wir lesen

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Heute dann mal ein wenig Revisions- bzw. Rechtsbeschwerderecht – ist ja kein so großer Unterschied – und zwar mit drei Entscheidungen zur Begründung des Rechtsmittels.

Den Opener macht das OLG Bamaberg, Urt. v. 09.02.2018 – 3 OLG 110 Ss 138/17, das zu den Anforderungen an die Aufklärungsrüge bei Zeugenbeweis und wegen unterbliebener Schuldfähigkeitsbegutachtung Stellung nimmt. Es reichen – wie häufig beim OLG Bamberg – die (amtlichen) Leitsätze. Die lauten:

  1. Die Aufklärungsrüge, mit der die unterbliebene Vernehmung eines Zeugen beanstandet wird, ist nicht zulässig erhoben, wenn dessen ladungsfähige Anschrift nicht mitgeteilt wird .
  2. Eine zulässige Aufklärungsrüge erfordert ferner den Vortrag, welche konkreten Angaben der nicht vernommene Zeuge hätte machen können.
  3. Die Aufklärungsrüge, mit der die unterlassene Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zu den Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB gerügt wird, ist unzulässig, wenn ausreichend bestimmte Behauptungen dazu, welche konkreten Tatsachen das Gericht hätte aufklären können und was es zu der vermissten Beweiserhebung drängen musste, unterbleiben.

Also: Beachten!!

StPO II: Anfängerfehler, oder: Wenn die StA die Aufklärungsrüge „nicht auf die Reihe bekommt“.

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Und als zweite Entscheidung dann eine weitere BGH- Entscheidung, und zwar der BGH, Beschl. v. 08.08.2018  – 2 StR 131/18. Ergangen ist der Beschluss ebenfalls in einem Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das BtMG. Das LG hatte nicht über das Ergebnis einer Wohnungsdurchsuchung, auf das sich der Anklagevorwurf maßgeblich stützte, Beweis erhoben und hatte die aufgefundenen Beweismittel nicht verwertet, da die Durchsuchung und damit auch die Bekundung der durchsuchenden Beamten einem Beweisverwertungsverbot unterfielen. Hierzu hat die Strafkammer im Urteil festgestellt, dass die Polizei am 06.08.2016 im Zuge von Ermittlungen wegen eines Raubes einen Fahndungsaufruf veröffentlicht habe, in welchem der Tathergang und eine Täterbeschreibung mitgeteilt worden seien. Aufgrund dieses Fahndungsaufrufes habe ein anonymer Anrufer der Polizei (lediglich) mitgeteilt, dass der Angeklagte K. neben einem N. und einer Frau an der Raubtat beteiligt gewesen seien. Gleichwohl habe das Amtsgericht Aachen in Kenntnis des vorangegangenen Fahndungsaufrufs am 09.09.2016 einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss gegen den Angeklagten K. und den weiteren benannten Täter N. erlassen. Den insoweit erforderlichen Anfangsverdacht habe es allein auf die Angaben des anonymen Anrufers und den Umstand gestützt, dass eine Täterbeschreibung durch den Geschädigten des Raubüberfalls auf den Beschuldigten N. passe.

Die Strafkammer hat die Beschlagnahme- und Durchsuchungsanordnung als willkürlich angesehen, was ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehe, so dass die bei der rechtswidrigen Durchsuchung erlangten Beweise in der Hauptverhandlung nicht zu erheben gewesen seien. Weitere Beweismittel, durch die den Angeklagten die ihnen vorgeworfene Tat mit dem erforderlichen Grad an Überzeugung hätte nachgewiesen werden können, seien nicht vorhanden. Sie hate frei gesprochen. Dagegen dann die Revision der StA, die keinen Erfolg hatte, u.a. hatte die StA die Aufklärungsrüge „nicht auf die Reihe bekommen“:

1. Die auf die unzutreffende Annahme eines Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbots gestützte Aufklärungsrüge (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 9. März 1995 – 4 StR 77/95, NStZ 1995, 462) ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

a) Danach sind im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenen Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darzulegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und – in der Regel durch wörtliche Zitate beziehungsweise eingefügte Abschriften oder Ablichtungen – zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318 ff.; Beschluss vom 24. Januar 2012 – 4 StR 493/11, juris; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 ff. mwN; ebenso Nr. 156 Abs. 3 RiStBV).

Rügt der Beschwerdeführer, das Gericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbotes für Beweismittel angenommen, die aufgrund einer Wohnungsdurchsuchung erlangt worden sind, ist in aller Regel zunächst der Beschluss mitzuteilen, durch den das zuständige Amtsgericht die Wohnungsdurchsuchung angeordnet hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 – 3 StR 337/10, NStZ 2011, 471, 472). Fehlt es an einer ausreichenden Darstellung der Verdachts- und Beweislage im ermittlungsrichterlichen Beschluss oder wird die Rechtmäßigkeit der Maßnahme im Übrigen konkret in Zweifel gezogen, ist darüber hinaus die Verdachts- und Beweislage, die im Zeitpunkt der Anordnung gegeben war, anhand der Aktenlage zu rekonstruieren und mitzuteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2018 – 3 StR 400/17, juris Rn. 17; Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, aaO; Urteil vom 13. Januar 2011 – 3 StR 337/10, aaO). Erst auf dieser Grundlage kann das Revisionsgericht die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung umfassend beurteilen und gegebenenfalls weitergehend prüfen, ob, sollte die ermittlungsrichterliche Anordnung rechtsfehlerhaft sein, aus dem Verfahrensfehler im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt. Denn über das Bestehen eines Beweisverwertungsverbotes ist regelmäßig nach den Umständen des Einzelfalls unter Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte sowie der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. November 2010 – 2 BvR 2101/09, NStZ 2011, 103, 104; BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, aaO).

b) Diesen Anforderungen wird das Revisionsvorbringen nicht gerecht. Die Beschwerdeführerin hat die Darstellung der Verfahrenstatsachen auf die von ihr in die Revisionsbegründung eingerückten Urteilsgründe, die vom Senat ohnehin zur Kenntnis zu nehmen sind (BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, aaO; KK-StPO/Gericke, aaO, § 344 Rn. 39 mwN), sowie auf die Wiedergabe von Teilen des Ablaufs der Hauptverhandlung beschränkt. Dies genügt hier nicht.

Die Beschwerdeführerin hat bereits den Wortlaut der amtsgerichtlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung vom 9. September 2016 nicht mitgeteilt. Ohne dessen Kenntnis vermag der Senat die Rechtsmäßigkeit des Beschlusses nicht zu beurteilen. Es ist nicht erkennbar, ob sich der Wortlaut der Anordnung in dem im angegriffenen Urteil dargestellten Inhalt erschöpft. Daneben fehlt es an der Mitteilung maßgeblicher Teile des Ermittlungsstandes zum Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Beschlussfassung. Es mangelt an der Darlegung des Inhalts der anonymen Anzeige und des Fahndungsaufrufs sowie der Täterbeschreibung durch den Geschädigten des Raubüberfalls, sodass der Senat nicht beurteilen kann, ob das Amtsgericht dem Umstand, dass diese Täterbeschreibung auf den weiteren benannten Täter N. passte, zu Recht als ein den anonymen Hinweis stützendes Beweismittel angesehen hat. Zudem hätte es der näheren Darstellung des Verfahrensganges, mithin des Inhalts des Widerspruchs der Verteidigung gegen die von der Staatsanwaltschaft erstrebte Beweiserhebung, sowie des Beschwerdeverfahrens bedurft, in dem das Landgericht Aachen durch Beschluss vom 31. Oktober 2016 die Rechtswidrigkeit des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses festgestellt hat. Ohne Mitteilung des Beschwerdeverfahrens bleibt offen, ob dieses weitere Erkenntnisse zum Ermittlungsverfahren offenbart.

Tja, das nennt man dann wohl Anfängerfehler. Den sollte man als Verteidiger vermeiden 🙂 .