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…“Der hilfsweise beantragte „Termin vor dem angerufenen Gericht“…

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Es ist immer wieder erstaunlich, was man u.a. im Zusammenhang mit der Anhörungsrüge (§ 356a StPO) so alles in den BGH-Beschlüssen liest. So auch im BGH, Beschl. v. 21.06.2012 – 1 StR 197/12:

„…Der hilfsweise beantragte „Termin vor dem angerufenen Gericht“ ist für das Anhörungsrügenverfahren nicht vorgesehen (vgl. § 356a Satz 2 StPO). Die am 7. September 2010 durch den Vorsitzenden des Tatgerichts vorgenommene Bestellung zum notwendigen Verteidiger wirkt in der Revisionsinstanz – abgesehen von einer Revisionshauptverhandlung (§ 350 Abs. 3 Satz 1 StPO) – fort.“

Also: Termin im Anhörungsrügenverfahren beantragt und einen Antrag auf Beiordnung zum Pflichtverteidiger bestellt, obwohl das bereits in der 1. Instanz erledigt war.

Der BGH fasst sich zu Recht kurz: Beides liegt neben der sache. Termine im Anhörungsverfahren sind nicht vorgesehen – nun gut, man kann es ja mal hilfsweise beantragen: Dass die Pflichtverteidigerbestellung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens fortwirkt – Ausnahme § 350 Abs. 3 StPO – , sollte man als Verteidiger allerdings wissen.

 

 

Ablehnung (beim BGH) – zeitlich beschränkt

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Der 1. Strafsenat des BGH hat jetzt im BGH, Beschl. v. 02.05.2012 – 1 StR 152/11 (noch einmal) darauf hingewiesen, dass für die Ablehnung der Richter wegen Besorgnis der Befangenheit bei der Entscheidung im Beschlussweg (§ 349 Abs. 2 StPO), die heute die Regel ist, die zeitliche Schranke des § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO gilt. Ablehnung also nur so lange, wie die Entscheidung nicht ergangen ist. Und das kann man auch nicht damit umgehen, dass das Ablehnungsgesuch mit einer Anhörungsrüge (§ 356a StPO) verbunden wird, wenn eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht vorliegt:

„1. Das Ablehnungsgesuch des Verurteilten ist verspätet und daher unzulässig. Entscheidet das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung im Beschlusswege (hier gemäß § 349 Abs. 2 StPO), so kann ein Ablehnungsgesuch in entsprechender Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO nur so lange statthaft vorgebracht werden, bis die Entscheidung ergangen ist (BGH, Beschluss vom 13. Februar 2007 – 3 StR 425/06, BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 17; BGH, Beschluss vom 7. August 2007 – 4 StR 142/07, NStZ 2008, 55; BGH, Beschluss vom 19. August 2010 – 4 StR 657/09). Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Ablehnung mit einem Antrag nach § 356a StPO verbunden wird, der sich, wie auch im vorliegenden Fall (s. unten 2.), deswegen als unbegründet erweist, weil die gerügte Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG nicht vorliegt, so dass insoweit nicht mehr in eine erneute Sachprüfung einzutreten ist.“

Gilt natürlich nicht nur beim BGH, sondern auch in allen anderen vergleichbaren Fällen.

 

Nichts geht mehr… nach der Revisionsverwerfung

Einmal mehr lässt sich aus dem BGH, Beschl. v. 13.03.2012 – 2 StR 19/12 ableiten, dass nach der Verwerfung der Revision „nichts mehr geht“, außer der Anhörungsrüge (§ 356a StPO). Ist die verfristet, hilft auch nicht (mehr) der „Schleichweg“ über eine Gegenvorstellung. Dazu der BGH:

„Der Senat hat mit Beschluss vom 16. Februar 2012 die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kassel vom 29. September 2011 nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Gegen diesen am 22. Februar 2012 zugestellten Beschluss richtet sich die mit Schriftsatz des Verteidigers vom 2. März 2012 erhobene Gegenvorstellung, mit welcher eine Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sowie die Nichtbeachtung des Revisionsvorbringens geltend gemacht wird. Der Rechtsbehelf hat keinen Erfolg.

Eine Gegenvorstellung gegen einen nach § 349 Abs. 2 StPO ergangenen Beschluss ist als solche nicht statthaft. Ein derartiger Beschluss kann grundsätzlich weder aufgehoben noch abgeändert oder ergänzt werden (BGH, Beschluss vom 7. Februar 2006 – 5 StR 481/05; vom 10. Februar 1988 – 3 StR 579/87, BGHR StPO § 349 Abs. 2 Beschluss 2; BGH StraFo 2011, 218).
Als Antrag nach § 356a StPO ist der Rechtsbehelf wegen Verfristung gemäß § 356a Satz 2 StPO unzulässig. Der Senat kann daher offen lassen, ob auch eine Verletzung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts auf den gesetzlichen Richter in entsprechender Anwendung des § 356a StPO in dem dort für die Anhörungsrüge geregelten Verfahren geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2006 – 5 StR 481/05; vom 17. Juli 2008, StraFo 2011, 218).

Kostenansatz beim BGH???

Na, das sieht man aber auch selten. Der BGH entscheidet über den Kostenansatz. So gerade in BGH, Beschl. v. 05.03.2012 – 1 StR 571/11 gesehen. Und warum?

Nund, es wird oft übersehen, dass die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen einer Anhörungsrüge mit zum Rechtszug gehört (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 RVG), dass nach dem KV GKG für die Staatskasse bei erfolgloser Anhörungsrüge (§ 356a StPO) aber nach Nr. 3920 eine Gebühr von 50 € entsteht. Darauf hat der BGH den Verteidiger in dem Beschluss hingewiesen. Eine Erinnerung bringt in den Fällen also nichts, sondern koste im Grunde nur Geld (Vorbem. 4 Abs. 5 VV RVG mit Verweis auf Teil 3 VV RVG).

„Der Verurteilte wurde gehört, aber nicht erhört:“ Will der 1. Strafsenat des BGH sich damit lustig machen?

In der Mailingliste der ARGE Strafrecht weist gerade ein Kollege auf den BGH, Beschl. v. 19.01.2011 – 1 StR 571/11, der heute auf der HP des BGH eingestellt worden ist, hin (ich hatte die Veröffentlichungen noch nicht ausgewertet). Den Hinweis greife ich dann gleich mal auf. In der Sache:

Es geht um eine Anhörungsrüge, die der 1. Strafsenat des BGH zurückgewiesen hat. So weit, so gut. Nur: Der Beschlusstext, mit dem hat der Kollege Probleme, und m.E. zu Recht. Dort heißt es:

„Die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Der Senat hat bei seiner Revisionsentscheidung weder Verfahrensstoff noch Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Angeklagte zuvor nicht gehört worden ist. Auch wurde zu berücksichtigendes Vorbringen nicht übergangen noch in sonstiger Weise der Anspruch des Verurteilten auf rechtliches Gehör verletzt. Der Verurteilte wurde gehört, aber nicht erhört.“

Der Kollege fragt m.E. zutreffend, ob er zu empfindlich sei? M.E. nein, denn das „klingt [schon] das nach einem (leicht?) überhöhten Senat, der sich lustig macht“. Oder bin ich auch zu empfindlich? Jedenfalls eine „unschöne“ Formulierung des 1. Strafsenats des BGH. So etwas muss nicht sein.