In diesem zweiten Posting geht es dann auch noch einmal um Ablehnung, und zwar um den „richtigen“ = nicht zu späten Ablehnungszeitpunkt. Dazu habe ich zwei BGH-Entscheidungen, und zwar:
- BGH, Beschl. v. 18.02.2025 – 1 StR 543/24:
1. Die Verfahrensrüge, mit welcher der Angeklagte die rechtsfehlerhafte Ablehnung eines Befangenheitsantrags beanstandet, ist zwar zulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Sie ist aber bereits deswegen unbegründet, weil der Angeklagte entgegen § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO die Ablehnung im Unterbrechungszeitraum ab dem 26. April 2024 nicht unverzüglich geltend gemacht hat. Denn er hat drei Werktage verstreichen lassen. Am 16. Mai 2024 war er in der Lage, sich mit seinem Pflichtverteidiger über die weitere Vorgehensweise abzustimmen, nachdem er an diesem Tag von den Äußerungen der Vorsitzenden und einer Beisitzerin vom 26. April 2024 erfahren hatte. Dies folgt aus der – nicht angegriffenen – Einschätzung des Sachverständigen W. , der die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten zu begutachten hatte. Am 17. Mai 2024 besprach sich der Angeklagte zudem mit seiner Pflichtverteidigerin (vgl. zum Ganzen die Stellungnahme der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft vom 28. Mai 2024; Seite 67 der Revisionsbegründung). Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte ab diesem Tag sogar wieder verhandlungsfähig war. Damit durfte er aufgrund des an das Tatbestandsmerkmal „unverzüglich“ anzulegenden strengen Maßstabs nicht bis zum 23. Mai 2024 mit dem Anbringen des Ablehnungsantrags abwarten (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 – 3 StR 470/14 Rn. 46; Beschluss vom 10. Juni 2008 – 5 StR 24/08 unter a)). Nach alledem kann offenbleiben, wie die beanstandeten Äußerungen der Vorsitzenden und der Beisitzerin in der Sache zu beurteilen gewesen wären.“
- BGH, Beschl. v. 21.09.2024 – AnwSt (B) 3/21:
„a) Wie der Senat bereits mit Beschluss vom 16. Juni 2023 zum Ablehnungsgesuch des Klägers vom 8. Mai 2023 ausgeführt hat, ist die Regelung des § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO, nach der eine Ablehnung nach dem letzten Wort des Angeklagten unzulässig ist, auf Verfahren, in denen die abschließende Entscheidung ohne Hauptverhandlung im Beschlusswege ergeht (wie etwa bei Verwerfung der Revision durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO), sinngemäß anzuwenden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. August 1993 – 3 StR 277/93, NStZ 1993, 600; vom 13. Februar 2007 – 3 StR 425/06, NStZ 2007, 416, 417; vom 7. August 2007 – 4 StR 142/07, NStZ 2008, 55 und vom 15. November 2012 – 3 StR 239/12, juris Rn. 4). Demnach ist eine Ablehnung der beschließenden Richter wegen Besorgnis der Befangenheit jedenfalls nach Erlass der Abschlussentscheidung nicht mehr zulässig. Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Ablehnung mit einer Anhörungsrüge nach § 356a StPO verbunden wird, die sich jedoch deswegen als unbegründet erweist, weil die gerügte Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG nicht vorliegt, so dass nicht mehr in eine neue Sachprüfung einzutreten ist, ob der Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. November 2006 – 1 StR 180/06, JR 2007, 172; vom 13. Februar 2007 – 3 StR 425/06, NStZ 2007, 416, 417; vom 7. August 2007 – 4 StR 142/07, NStZ 2008, 55 und vom 15. November 2012 – 3 StR 239/12, juris Rn. 4).
b) Danach ist das Ablehnungsgesuch des Antragstellers vom 29. Juli 2024 nach § 116 Abs. 1 Satz 2 BRAO i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO verspätet. Das anwaltsgerichtliche Verfahren gegen den Antragsteller war gemäß § 145 Abs. 5 Satz 3 BRAO bereits mit dem Beschluss des Senats vom 12. Juli 2021, mit dem die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 145 Abs. 5 Satz 1 und 2 BRAO verworfen wurde, rechtskräftig abgeschlossen. Damit war bereits ab diesem Zeitpunkt ein Ablehnungsgesuch des Antragstellers nicht mehr zulässig, selbst wenn er es mit seiner Anhörungsrüge vom 1. September 2021 verbunden hätte, da diese nicht nur unzulässig, sondern – wie im Beschluss vom 29. Oktober 2021 ergänzend ausgeführt – mangels entscheidungserheblicher Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG auch unbegründet war. Für das nunmehr erst mehrere Jahre nach dem Beschluss des Senats vom 29. Oktober 2021 gestellte Ablehnungsgesuch des Antragstellers vom 29. Juli 2023 gilt das erst recht.“