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Anfangsverdacht bei Unterhaltspflichtverletzung, oder: „Augen-zu-und-durch-Entscheidung“

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Urheber Norbert Nagel

Ich hatte mit dem (schönen) LG Neubrandenburg, Beschl. v. 12.120.2016 –     82 Qs 58/16 jug – die Woche eröffnet (vgl. Vier Pflichtverteidigungsfragen, oder: Landgerichte können auch anders). Dem folgt dann gleich noch ein LG-Beschluss, und zwar der LG Hagen, Beschl. v. 12.01.2017 – 44 Qs 8/17, den mir der Kollege P. Ziental aus Bochum vor einiger Zeit übersandt hat. Es geht um die nachträgliche Überprüfung einer Durchsuchungsmaßnahme in einem Verfahren wegen des Vorwurfs der Unterhaltsverletzung (§ 170 StGB). Das Verfahren geht zurück auf die Strafanzeige der ehemaligen Partnerin des Beschuldigten. Vorgeworfen wird dem Beschuldigten, dass er nicht die aufgrund eines Unterhaltstitels geschuldeten Unterhaltsbeträge zahle, sondern immer nur 180,00 €.  Im Rahmen einer Zeugenvernehmung bei der Polizei hatte die ehemalige Partnerin als Zeugin ferner angegeben, dass das ihr bekannte Konto des Beschuldigten nicht genügend Deckung aufweise und sie erfahren habe, dass der Beschuldigte über ein weiteres Konto verfügen solle, über das dieser seine Geschäfte abwickele. Als sie noch zusammengelebt hätten (bis ca. Anfang 2010) habe der Beschuldigte monatlich ca. 10.000 bis 15.000 Euro verdient. Er habe sich auch mehrere Immobilien in Kroatien gekauft, welche er teilweise vermiete. Über ihre Tochter habe sie zudem erfahren, dass der Beschuldigte sich eine Eigentumswohnung in pp. gekauft haben soll. Auf der Grundlage wird dann eine Durchsuchung angeordnet und durchgeführt. Der Beschuldigte legt Beschwerde ein. Und darauf stellt das LG nachträglich die Rechtswidrigkeit der Maßnahme fest und findet folgende „Haare in der Suppe“:

„Die Annahme eines ausreichenden Tatverdachts ist nicht haltbar. Der Verdacht der Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 170 Abs. 1 StGB) beinhaltet als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal die Leistungsmöglichkeit des Täters, denn dieser muss tatsächlich zu einer mindestens teilweisen Leistung imstande sein (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl. 2017, § 170 Rn, 8). In der angegriffenen Entscheidung finden sich keine Ausführungen dazu, dass und in welcher Höhe die Einkünfte des Beschuldigten über dem notwendigen Selbstbehalt liegen und er somit leistungsfähig ist.

Der Tatverdacht, dass der Beschuldigte über nicht deklariertes Einkommen in erheblicher Höhe verfügt, das er im Rahmen seiner Unterhaltspflichten nicht einsetzt, wird allein auf die Behauptungen der Kindsmutter in der Strafanzeige bzw. der polizeilichen Zeugenvernehmung gestützt. Dort hatte sie angegeben, dass der Beschuldigte über ein bislang unbekanntes Konto verfüge, über das er seine Geschäfte als selbständiger Trockenbauer abwickle. Zurzeit bezahle der Beschuldigte keinen Unterhalt, obwohl er in der Vergangenheit, als sie noch eine Beziehung geführt hätten, monatlich zwischen 10.000 und 15.000 Euro verdient habe. Sie gehe davon aus, dass er auch jetzt noch einen guten Verdienst habe. Auch habe der Beschuldigte noch Einkünfte aus der Vermietung mehrerer Immobilien in Kroatien.

Hierbei handelt es sich indes nicht um zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer über dem notwendigen Selbstbehalt liegende Einkünfte erzielt und er seine Unterhaltsverpflichtung erfüllen kann. Insoweit hat er durch Schriftsatz seines Verteidigers vom 07.06.2016 der Staatsanwaltschaft Hagen gegenüber erklärt, dass es richtig sei, dass der Beschuldigte lediglich Unterhalt in Höhe von 180,00 Euro gezahlt habe. Hintergrund sei allerdings, dass der Beschuldigte in größerem Umfang nicht leistungsfähig sei, weil seine bereinigten Nettoeinkünfte die 1. Stufe der Düsseldorfer Tabelle nicht überschreiten würden. Aus diesem Grund werde durch ihn, den Verteidiger, derzeit auch ein Abänderungsverfahren gem. § 238 FamFG vorbereitet.

Tatsachenfundierte Anhaltspunkte dafür, dass das Amtsgericht an diesen Angaben des Beschwerdeführers zweifeln durfte, zeigt das Amtsgericht derweil nicht auf. Die Einlassung des Beschuldigten findet in dem Beschluss nicht einmal Erwähnung.

……

b) Überdies ist vorliegend jedenfalls auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen worden.

Eine Durchsuchung scheidet aus, wenn andere, weniger einschneidende — den Ermittlungszweck nicht gefährdende — Maßnahmen verfügbar sind (Meyer-Goßner/Schmitt, aa0, § 103 Rn. 15 m.w.N.). Zudem muss die Durchsuchung auch in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der (konkreten) Straftat und zur Stärke des Tatverdachts stehen. Hierbei sind auch die Bedeutung des potentiellen Beweismittels für das Strafverfahren sowie der Grad des auf verfahrenserheblichen Informationen bezogenen Auffindeverdachts zu berücksichtigen (Meyer-Goßner/Schmitt, aa0, § 103 Rn. 15a m.w.N,)

Bereits mit Schriftsatz vom 07.06.2016 hat der Verteidiger des Beschwerdeführers als Reaktion auf die Vorladung des Beschuldigten vom 11.04.2016 zur Beschuldigtenvernehmung und der erteilten Akteneinsicht mitgeteilt, dass der Beschuldigte in größerem Umfang als der von ihm gezahlten 180,00 Euro nicht leistungsfähig sei und aus diesem Grund werde durch ihn derzeit auch ein Abänderungsverfahren gem. § 238 FamFG vorbereitet. Folglich wusste der Beschwerdeführer bereits seit Mitte April 2016, dass gegen ihn wegen Verletzung der Unterhaltspflicht ermittelt und was ihm von der Kindsmutter konkret vorgeworfen wird. Bei Erlass des Durchsuchungsbeschlusses im Oktober 2016, mithin 6 Monate nach Kenntniserlangung von dem Ermittlungsverfahren, konnte deshalb nicht mehr mit großer Wahrscheinlichkeit mit einem Auffinden von entsprechenden Beweismitteln gerechnet werden….

Wenn ich die Beanstandungen des LG lese, meine ich, dass es sich bei der AG-Entscheidung um eine „Augen-zu-und-durch-Entscheidung“ gehandelt haben dürfte. Dazu passt dann ja auch der Satz des LG: „Die Einlassung des Beschuldigten findet in dem Beschluss nicht einmal Erwähnung.“.

Durchsuchung III: Eigenkonsum von Drogen, oder: Es muss ein bisschen Mehr sein

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Nach den beiden nicht so ganz schönen BGH-Entscheidungen des BGH (vgl. den BGH, Beschl. v. 19.04.2016 – StB 10/16 und dazu Durchsuchung I: Durchsuchung des Verteidigers – darf das Gericht das? und das BGH, Urt. v. 17.o2.2016 – 2 StR 25/15 und dazu Durchsuchung II: Nichts Neues zum Beweisverwertungsverbot, oder: Gesund beten) nun zum Tagesabschluss den LG Trier, Beschl. v. 05.01.2016 – 5 Qs 90/15.

Es geht auch um die Voraussetzungen für eine Durchsuchung. Der Beschuldigte befand sich in einem laufenden Bewährungsverfahren. Ein dort angeordnetes Drogenscreening hat einen auffälligen Befund für Amphetamin ergeben. Dieser Befund v. 06.05.2016 wurde der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des LG Trier beim AG Wittlich durch die Bewährungshelferin des Beschuldigten mitgeteilt. Die Staatsanwaltschaft Trier hat sodann die Anordnung einer Durchsuchung beim Beschuldigten gemäß §§ 102, 94 StPO beantragt und begründet dies mit dem positiven Urintest. Das AG hat sodann mit beschl. v. 01.07.2015 die Durchsuchung der Person sowie der Wohn-, Keller-, Neben-, Geschäfts- und sonstigen Räumen und die Beschlagnahme vorgefundener Beweismittel gemäß §§ 94, 98, 102, 105, 162 StPO angeordnet. Zur Begründung heißt es u. a.:

„Der Tatverdacht ergibt sich aus dem auf Amphetamin positiven Urintest des Beschuldigten vom 06.05.2015 in dem Bewährungsverfahren 10 StVK 280/15 des Landgerichts Trier, das eine Amphetaminaufnahme des Beschuldigten im vorangegangenen Monat belegt. Der Konsum indiziert den Besitz von Betäubungsmitteln. Es ist davon auszugehen, dass sich die gesuchten Betäubungsmittel in den zu durchsuchenden Räumlichkeiten befinden.“

Der Beschluss ist vollzogen. Das LG hat auf die Beschwerde des Beschuldigten die Rechtswidrigkeit der Durchsuchung festgestellt: Ihm reichen die Voraussetzungen für einen Anfnagsverdacht nicht:

„Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung bedarf es mithin der Unterscheidung zwischen dem konkreten und dem weitergehenden, allein auf Rückschlüssen beruhenden Anfangsverdacht bezüglich der hier in Rede stehenden Vorwürfe des Besitzes und Erwerbs von Betäubungsmitteln.

Ein Tatverdacht im Sinne eines Anfangsverdachts kann insoweit allein hinsichtlich des Zeitraums vor und um den 06. Mai 2015, dem Tag der Urinprobenentnahme, angenommen werden. Dieser ergibt sich bereits hinreichend aus dem für Amphetamine positiven Ergebnis der darauf folgenden Untersuchung eines nach DIN ISO EN 17025 akkreditierten Labors. Indes kann zum Zeitpunkt des Beschlusserlasses am 01. Juli 2015 nicht von einem Tatverdacht hinsichtlich weiterer, fortlaufender Verstöße gegen § 29 BtMG geschlossen werden. Ein solcher Rückschluss auf einen weitergehenden Tatverdacht ist ohne weitere Anhaltspunkte nicht möglich und würde auf einen Generalverdacht hinauslaufen, der für eine Durchsuchungsanordnung einer Wohnung unter Berücksichtigung des besonderen Schutzes des Artikels 13 GG nicht ausreichend ist (LG Koblenz, Beschl. v. 28.11.2008, Az. 9 Qs 76/08, zitiert nach juris). Zwar ist auf dem Gebiet der Betäubungskriminalität durchaus von einem wiederholten Vorgehen eines Beschuldigten auszugehen (BVerfG, Beschl. v. 15.12.2004, Az. 2 BvR 1873/04, zitiert nach juris). Gleichwohl darf ohne nähere Anhaltspunkte, insbesondere bei dem hier in Rede stehenden Eigenkonsum, auch bei einer Betäubungsmittelvergangenheit nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, der Beschuldigte konsumiere wieder und weiterhin regelmäßig solche (vgl. bei einem konkreten Tatzeitraum BVerfG, Beschl. v. 29.10.2013, Az. 2 BvR 389/13, BeckRS 2013, 59957).

Vielmehr bestand im Juli 2015 nur noch der allgemeine Verdacht, dass bei Betäubungsmittelkonsumenten immer auch Betäubungsmittel aufzufinden sind (so ausdrücklich LG Koblenz a. a. O.). Insbesondere erfordert die Durchsuchungsanordnung die Beachtung des Bestimmtheitsgebots. Aus dem Beschluss, der die Durchsuchung anordnet, muss sich hinreichend genau ergeben, um welchen konkreten Tatvorwurf es sich handelt (vgl. auch BVerfG a. a. O.). Die Zulassung eines Rückschlusses aus einem Anhaltspunkt auf einen zwei Monate später liegenden generellen Tatverdacht würde diese Anforderung umgehen. Schließlich äußert sich der amtsgerichtliche Beschluss auch nicht dazu, ob der Tatvorwurf sich nunmehr allein auf den Besitz um den Zeitpunkt des 06. Mai 2015 bezieht oder es sich um einen weitergehenden Tatverdacht handelt.

Verbleibt es letztlich bei dem Tatverdacht für den Erwerb und Besitz von Betäubungsmitteln um den 06. Mai 2015 herum, hält die angefochtene Entscheidung den ebenfalls zu beachtenden Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht stand. Zum einen war ein Nachweis des Besitzes und Erwerbs von Betäubungsmitteln durch den Beschuldigten bereits durch das Ergebnis der Untersuchung der Urinprobe gegeben (LG Koblenz a. a. O.). Eine etwaige Behauptung, es hätte sich um einen besitzlosen Konsum gehandelt, kann bei lebensnaher Betrachtung – insbesondere bei Amphetamin – regelmäßig entkräftet werden. Zum anderen war nicht davon auszugehen, dass ca. zwei Monate nach positivem Befund der Urinuntersuchung noch Vorräte hätten aufgefunden werden können, aus denen auf einen Besitz von Betäubungsmitteln zeitnah zum 06. Mai 2015 hätte zurückgeschlossen werden können. Es handelte sich lediglich um den Vorwurf des Erwerbs und Besitzes zum Zwecke des Eigenkonsums. Bei einem solchen ist aber davon auszugehen, dass die Betäubungsmittel zeitnah konsumiert werden.“

Als ein bisschen Mehr muss es schon sein.

Der Bericht des Verfassungssschutzes als Grundlage für eine Durchsuchung?

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Ich habe länger nicht mehr über Durchsuchungsmaßnahmen berichtet bzw. berichten müssen – man kann natürlich sagen: Gott sei Dank. Beim Vorbereiten von Beiträgen bin ich jetzt dann aber auf den schon ein wenig älteren und schön länger in meinem Blogordner hängenden BGH, Beschl. v. 12.08.2015 – StB 8/15 – gestoßen. Ja, auch der BGH macht mal gelegentlich Durchsuchung.

Hier ging es um ein Ermittlungsverfahren, das der GBA gegen mehrere Beschuldigte wegen des Verdachts der Gründung und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung namens „Oldschool Society“ führt. Auf seinen Antrag hatte der Ermittlungsrichter des BGH die Durchsuchung der Person und Wohnung des Beschwerdeführers sowie des von ihm genutzten Kraftfahrzeugs nach näher umschriebenen Beweismitteln angeordnet. Die Durchsuchung ist vollzogen worden. Der Beschuldigte hat Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung eingelegt. Er hat beanstandet, dass der angefochtene Beschluss ausschließlich auf „Angaben vom Hörensagen“ beruhe, die aus unzulässiger Quelle von geringer Glaubwürdigkeit, nämlich dem Verfassungsschutz, stammten; Beweisergebnisse würden zudem nicht ausreichend konkret mitgeteilt.

Der BGH sieht das anders und führt zum Anfangsverdacht aus:

„a) Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlungen in Betracht kommenden Durchsuchung genügt der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer an dieser Tat in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es – unbeschadet der Frage der Verhältnismäßigkeit – nicht (st. Rspr.; vgl. BVerfG Beschluss vom 7. September 2006 – 2 BvR 1219/05, NJW 2007, 1443; BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 – StB 26/08, NStZ-RR 2009, 142, 143). Auch Behördenzeugnisse der Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder können dazu beitragen, einen konkreten Verdacht in diesem Sinne zu begründen. Zwar handelt es sich hierbei regelmäßig nur um sekundäre Beweismittel, welche die unmittelbaren Quellen der dort wiedergegebenen Erkenntnisse nicht oder nur unvollständig offen legen und daher einer vorsichtigen Würdigung und der Heranziehung weiterer zur Verfügung stehender Erkenntnismöglichkeiten bedürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2009 – StB 20/08, BGHSt 53, 238, 247 zu einem hinreichenden Tatverdacht im Sinne des § 203 StPO). Dies nimmt Behördenzeugnissen jedoch nicht von vornherein jeglichen Beweiswert. Der Umfang ihrer Beweiskraft bedarf vielmehr einer Prüfung im Einzelfall. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob sie lediglich zum Beleg eines Anfangsverdachts (§ 160 1 StPO) oder zur Begründung einer höheren Verdachtsstufe herangezogen werden. Soweit in den Behördenzeugnissen der Inhalt primärer Beweismittel wiedergegeben wird, beurteilt sich die Zuverlässigkeit dieser Angaben nach allgemeinen Grundsätzen. Insoweit kann etwa die Konkretheit der Ausführungen ebenso von Bedeutung sein wie deren Umfang oder Objektivierung anhand weiterer, unmittelbar vorliegender Beweismittel.

b) Gemessen an diesen Maßstäben lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses sachlich zureichende Gründe für die Anordnung der Durchsuchung vor. Hinsichtlich der nach § 129a StGB erforderlichen Organisationsstruktur des Personenzusammenschlusses ergibt sich der Anfangsverdacht daraus, …….“

Durchsuchung I: Durchsuchen wir doch mal beim Verteidiger….

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Wenn man den LG Rostock, Beschl. v. 21.07.2015 – 18 Qs 212/14 liest, dann hat man schon den Eindruck, dass das AG Rostock nach der Devise verfahren ist: Ach, durchsuchen wir doch mal beim Verteidiger/die Rechtsanwaltskanzlei. Jedenfalls hat es m.E. wenig Gedanken an den Schutz von Berufsgeheimnisträgern (§§ 53, 160a StPO) und überhaupt an die Voraussetzungen für die Anordnung eines Durchsuchungsmaßnahme verschwendet. Das führt dann zur Feststellung des LG, dass die Durchsuchung der Kanzleiräume des beschuldigten Rechtsanwalts rechtswidrig war. Das LG hat zwei Beanstandungen:

  1. „Inhaltlich leidet die Anordnung der Durchsuchung an Mängeln, da sie nicht hinreichend erkennen lässt, auf welche Straftat sich der die Anordnung begründende Anfangsverdacht richtet. Um die Durchsuchung rechtsstaatlich zu begrenzen, muss der Richter die aufzuklärende Straftat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist (BVerfG, Beschluss vom 9. 2. 2005 – 2 BvR 984/04, 1018/04 und 1030/04, NStZ-RR 2005, 203-205; BVerfG: Beschluss vom 07.09.2007 – 2 BvR 260/03, BeckRS 2007 26569, jew. m.w.Nachw.). In dem Durchsuchungsbeschluss vom 25.09.2014 fehlen konkrete Ausführungen zu der Haupttat, an welcher sich der Beschuldigte als Gehilfe beteiligt haben soll. Dort wird nur ausgeführt, dass es Anhaltspunkte für eine bewusste uneidliche Falschaussage gegeben habe. Ohne die Darstellung, inwieweit die Zeugen falsch ausgesagt haben, ist aber auch die Annahme, dass der Beschuldigte J. „steuernden Einfluss auf die falschen Aussagen der Zeugin S. genommen und diese dazu angestiftet“ habe, nicht zu begründen.“
  1. Die Anordnung der Durchsuchung war zudem auch unverhältnismäßig. Denn: Zum Zeitpunkt der Anordnung der Durchsuchung gab es zwar gewisse Verdachtsmomente dahin, dass zumindest die Zeugen S. und W. in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Rostock im Verfahren 18 KLs 69/13 in Teilen die Unwahrheit gesagt haben könnten. Die Akten, welche dem Ermittlungsrichter vorlagen, bestanden indes hauptsächlich aus einer knappen Darstellung des komplexen Verfahrens und der Hauptverhandlung innerhalb der Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 24.09.2014. Weitgehend auf Vermutungen wurde der Verdacht gestützt, dass der Beschuldigte die Zeugen in rechtswidriger Weise zu einer Falschaussage verleitet oder eine solche unterstützt haben sollte. Die Darstellung ist möglicherweise noch ausreichend, um plausibel einen Anfangsverdacht zu begründen. Eine ausreichende Grundlage für die Anordnung der Durchsuchung einer Rechtsanwaltskanzlei ist sie jedoch nicht.

Ruhe für den „Protzbischof“ Tebartz-van Eltz – kein Anfangsverdacht

entnommen wikimedia.org

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Über LTO bin ich gerade auf die Nachricht gestoßen, dass die Staatsanwaltschaft Limburg nicht weiter gegen den früheren Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wegen Untreue ermitteln wird. Es habe sich kein Anfangsverdacht ergeben. Auch gegen Mitglieder des Vermögensverwaltungsrates soll nicht ermittelt werden (vgl. auch hier).

Interessant, wenn es heißt: „Zwar hat die Staatsanwaltschaft „etliche Verstöße gegen innerkirchliches Recht“ festgestellt. Für diese Fälle sei aber die Kirche zuständig, sagte ein Sprecher.“ Na, da bin ich aber mal gespannt, was man davon hört. Und kein Anfangsverdacht wegen Untreue….?