Bei der dritten Entscheidung handelt es sich heute um den OLG Celle, Beschl. v. 21.09.2018 – 3 Ws 205/18 (MVollz), schon etwas älter, aber erst vor kurzem vom OLG übersandt.
Ihm liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
„Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer ist der Antragsteller bei dem Antragsgegner im Maßregelvollzug gemäß § 63 StGB untergebracht. Der Unterbringung lag ursprünglich das Urteil des Landgerichts Bremen vom 30.10.2009 zu Grunde. Im Juli 2016 wurde vom Landgericht Göttingen rechtskräftig eine weitere Unterbringung gemäß § 63 StGB angeordnet. Eine Alkoholproblematik besteht bei dem Antragsteller nicht. Zusammen mit dem Antragsteller sind jedoch eine Vielzahl von Personen mit verschiedenen Suchtproblematiken gemäß § 64 StGB untergebracht.
Dem Antragsteller wird die Möglichkeit geboten, seine Lebensgefährtin regelmäßig in einem zu diesem Zweck vorhandenen Apartment zu treffen und mit dieser Zeit zu verbringen. Für einen solchen Langzeitbesuch vom 29.12.2017 bis zum 01.01.2018 erwarb der Antragsteller im Rahmen eines Gemeinschaftsausganges eine Flasche von einem schäumenden Getränk aus alkoholfreiem Wein (im Folgenden ungeachtet der lebensmittelrechtlichen Vorgaben als Sekt bezeichnet). Hierbei handelt es sich um ein Getränk, welches auf alkoholischer Weinbasis hergestellt und dem anschließend durch Weiterverarbeitung Alkohol entzogen wird. Aufgrund dieses Herstellungsverfahrens enthält das Getränk gegebenenfalls einen Alkoholrest, der jedoch 0,5 Promille im Regelfall nicht überschreitet. Insoweit unterscheidet sich das Getränk etwa von alkoholfreiem Punsch, der auf Fruchtsaftbasis hergestellt wird. Der Verzehr solchen Punsches wurde dem Antragsteller und weiteren Untergebrachten im Rahmen eines Besuchs des Göttinger Weihnachtsmarktes gestattet.
Am 30.5.2018 beantragte der Antragsteller bei dem Antragsgegner darüber hinaus die Erlaubnis zum Erwerb vollständig alkoholfreien Bieres.
In der Hausordnung des Antragsgegners heißt es dazu unter III.2.b.) u.a.
„Konsum, Erwerb, Besitz und Handel von oder mit Drogen (…), Medikamenten, alkoholischen Getränken (auch alkoholfreiem Bier und Malzbier) sowie alkoholhaltigen Speisen ist untersagt. Für Ausgang, Freigang und Urlaub gelten diese Bestimmungen sinngemäß.“
Die Wirkung sogenannter alkoholfreier Getränke, die eine geringe, physiologisch regelmäßig als unbedenklich angesehene Menge Alkohol enthalten, wird auf im Entzug befindliche oder trockene Alkoholiker kritisch diskutiert. Selbiges gilt für Getränke, bei denen es durch entsprechende nachbereitende Bearbeitung gelungen ist, den Alkoholgehalt auf 0,0 % zu reduzieren. Diskutiert wird dabei insbesondere eine – vom Restalkohol unabhängige – negative Einwirkung auf das Suchtgedächtnis durch Geschmack und Geruch der Getränke sowie durch das äußere Erscheinungsbild.
Die Feststellungen der Strafvollstreckungskammer hinsichtlich der möglichen Wirkung der oben genannten Getränke beruhen u.a. auf einer wissenschaftlichen Studie sowie ärztlichen Stellungnahmen. Zudem führt der Hersteller des oben erwähnten Bieres auf seiner Internetseite folgendes aus:
„den Genuss von alkoholfreiem Bier sollten “trockene“ Alkoholiker vermeiden, da der reine Biergeschmack – wenn auch ohne Alkohol – Reize auslösen kann, die zum Trinken eines alkoholischen Getränkes animieren könnten.“
Mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 27.12.2017 begehrte der Antragsteller die Zulassung des alkoholfreien Sektes, mit Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 28.12.2017 die Zurückweisung einer „Rüge“, die gerichtliche Überprüfung einer durch den Antragsgegner zu erstellenden Liste an verbotenen Getränken sowie die Abänderung der Hausordnung und mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 13.6.2018 die Erlaubnis zum Erwerb des Bieres der Marke „Krombacher 0,0“.
Die StVK hat die Anträge zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde des Untergebrachten hatte keinen Erfolg.
Hier die Leitsätze der OLG-Entscheidung:
1. Der Besitz und Erwerb von alkoholfreiem Bier und Sekt kann im Maßregelvollzug auch bei nicht suchtgefährdeten Patienten beschränkt werden.
2. Die Beschränkung kann erforderlich sein, wenn aufgrund von unkontrollierter Weitergabe oder des Konsums dieser Getränke in Gegenwart von suchtgefährdeten Personen die abstrakt generelle Gefahr besteht, dass aufgrund des Aussehens und Geschmacks das Therapieziel (hier: Befreiung vom Hang) durch suchtauslösende Reize gefährdet wird.